KulturFenster Nr. 02|2015 - April 2015
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Komponisten im Porträt<br />
Mit Blasmusik durch die EU<br />
Komponisten aus den EU-Ländern – 14. Teil<br />
Ein weiteres Mal machen wir auf unserer blasmusikalischen EU-Reise, bei der Joachim Buch ebenso<br />
namhafte wie interessante Komponisten vorstellt, Halt in Skandinavien, diesmal in Schweden.<br />
(26) Schweden - Christian Lindberg<br />
Land<br />
Fläche<br />
Schweden<br />
438.575 km²<br />
Der schwedische Komponist und Posaunist<br />
Christian Lindberg pfl egt einen unverkrampften<br />
Umgang mit der/seiner Musik.<br />
Einwohner ca. 9.645.000<br />
Hauptstadt<br />
Stockholm<br />
Tiefe Blechbläser können sich im Opernorchester<br />
oft unterbeschäftigt fühlen, zumindest<br />
wenn es um die Aufführung von Werken<br />
aus dem frühen 19. Jahrhundert oder noch älteren<br />
Stücken geht. Wenn ein Kontrabassposaunist<br />
eines deutschen Orchesters erzählt,<br />
dass es selbst in einer Puccini-Oper kaum<br />
mehr als 150 Takte zu spielen gibt, dann hat<br />
er wahrscheinlich seine langen Pausen genutzt,<br />
um eben diese Takte zu zählen.<br />
Der Schwede Christian Lindberg begann<br />
seine Karriere mit 19 Jahren als Posaunist<br />
im Orchestergraben der Stockholmer<br />
Oper, beendete diesen Job jedoch nach nur<br />
einem Jahr, denn er wollte seine Arbeitszeit<br />
nicht vorwiegend mit dem Zählen von Pausen<br />
verbringen. Selbst in großen Opern wie<br />
den „Meistersingern von Nürnberg“ habe<br />
man bis zu 25 Minuten am Stück nichts zu<br />
tun. Trotzdem sei der Job an der Oper keineswegs<br />
nur langweilig gewesen. Der aufregendste<br />
Abend sei eine „Tosca“-Vorstellung<br />
gewesen, wo er ohne vorherige Probe<br />
die 1. Posaune habe übernehmen müssen<br />
Die „ruhelose Person mit viel Energie“<br />
(Lindberg über Lindberg) entschloss sich,<br />
eine Solistenkarriere aufzunehmen. Dass<br />
ein kreativer Mensch wie er sich inzwischen<br />
auch erfolgreich dem Komponieren<br />
und Dirigieren gewidmet hat, verwundert in<br />
diesem Zusammenhang nicht. Dass Lindberg<br />
kompositorisch aktiv wurde - und als<br />
Posaunist dabei vor allem Kammermusik<br />
für Blechbläser und Werke für Blasorchester<br />
schrieb, ist die „Schuld“ seines komponierenden<br />
Landsmanns Jan Sandström,<br />
der Lindberg eines Tages anrief und sagte:<br />
„Christian, du hast inzwischen 65 Posaunenkonzerte<br />
uraufgeführt. Es wird Zeit,<br />
dass du selbst eines schreibst.“ Auf Lindbergs<br />
abwehrende Antwort kam ein insistierendes<br />
„Doch, du kannst. Schreib einfach<br />
und schau, was dabei herauskommt.“<br />
Sein erstes ernsthaftes Stück - nach<br />
einem Werk mit nicht ganz seriösen Variationen<br />
über den „Karneval von Venedig“ -<br />
hieß „Arabenne“, instrumentiert für Posaune<br />
und Streichorchester, und er war sehr überrascht<br />
über die positiven Reaktionen von<br />
allen Seiten: Orchester, Publikum, Presse<br />
und Plattenfi rma. Lindberg war zunächst<br />
pessimistisch, aber seit der Uraufführung<br />
1997 - der Komponist war damals bereits<br />
39 Jahre alt - ist das Stück inzwischen weit<br />
über 200 Mal aufgeführt worden.<br />
Lindberg ist als Gastdirigent und Posaunensolist<br />
sehr viel unterwegs. Da schätzt er<br />
es, wenn er im Flugzeug auf seinem Laptop<br />
komponieren kann. Ein erstes „Übungsstück“<br />
in dieser Beziehung war sein Opus<br />
4 „Mandrake in the Corner“, das in sechs<br />
verschiedenen Versionen vorliegt, entstan-<br />
Werkauswahl<br />
den zwischen 1999 und 2002. Lindberg<br />
sah das Stück zunächst als eine Art Etüde<br />
an, um das Komponieren am Computer zu<br />
erlernen. In der Mitte des Werks kamen<br />
plötzlich Erinnerungen an den Helden seiner<br />
Kindheit hoch: Mandrake, der Zauberer.<br />
Stilistisch folgt der Komponist Lindberg<br />
keiner bestimmten Richtung. „Ich hasse es,<br />
wenn man Musik in verschiedene Stile oder<br />
Sprachen unterteilt. Individualität zeichnet<br />
einen Komponisten aus. Schauen Sie sich<br />
Jannis Xenakis, Toru Takemitsu oder Luciano<br />
Berio an. Sie sind alle fantastisch, aber<br />
sie unterscheiden sich total in ihrem Stil.“<br />
Wer so oft auf Tour ist wie Lindberg, muss<br />
sich auch entspannen können. Spezielle Rituale<br />
hat Lindberg dabei nicht entwickelt.<br />
„Ich liebe meine drei Berufe so sehr, dass<br />
es keinen Grund gibt, sich dabei zu verkrampfen.<br />
Spaß an der Arbeit ist für mich<br />
ein wunderbares Mittel, um entspannt zu<br />
bleiben. Und wenn er mal wirklich weder<br />
Posaune spielt, noch dirigiert, noch komponiert?<br />
„Entspannen kann ich mich auch<br />
beim Lesen, Schwimmen, bei gutem Essen,<br />
beim Skifahren und beim Schlafen.“<br />
Opuszahl Titel Besetzung<br />
2 Arabenne Pos., Streichorchester<br />
Mandrake in the Corner<br />
1 oder 2 Pos, Blasorchester<br />
5 Fafner Fanfare for four Frogs 4 Pos<br />
7 Doctor Decker’s Daydream 4 Pos<br />
8 An awfully ugly Tune 6 Pos<br />
13 Time for Surgery 4 Pos<br />
20 Concerto for Winds and Percussion Blasorchester<br />
21 Helkon Wasp dirigierender Posaunist, Orchester<br />
32b Brainrubbish Blasorchester<br />
43 Suite from Galamanta Blasorchester<br />
46 Panda in Love Tuba, Orchester<br />
47 Creeping out of the Muddeded Saxophon, Blasorchester<br />
50 Lightning over Kythonos Bläserquintett, Orchester<br />
detailliertere Infos auf Lindbergs<br />
Homepage www.tarrodi.se/cl)<br />
22<br />
<strong>KulturFenster</strong>