Die Juden - unsere Geschwister im Glauben - Erzbistum Freiburg
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Zur Behandlung des <strong>Juden</strong>tums <strong>im</strong> Religionsunterricht<br />
Prof. Dr. Peter Fiedler, Professor für Katholische Theologie / Religionspädagogik an der<br />
Pädagogischen Hochschule <strong>Freiburg</strong>.<br />
Aus der kirchlichen Neubesinnung auf das Verhältnis zum <strong>Juden</strong>tum läßt sich diese allgemeine<br />
Zielsetzung für Religionsunterricht und Katechese begründen:<br />
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem jüdischen und christlichen <strong>Glauben</strong> und<br />
Leben in Vergangenheit und Gegenwart sollen so erfahren und verstanden werden:<br />
1 . daß das <strong>Juden</strong>tum als eigenständige, durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart lebendige<br />
und vom Christentum unabhängige Religionsgemeinschaft in Theorie und Praxis anerkannt<br />
und geachtet wird,<br />
2. daß die bleibende Bezogenheit des Christentums auf das <strong>Juden</strong>tum erfaßt wird,<br />
3. daß ein neuer Begründungszusammenhang für das Christsein aus der jüdischen Wurzel<br />
erkannt und realisiert wird,<br />
4. daß Dialogfähigkeit mit <strong>Juden</strong> in ihrer vielfältigen Lebenswirklichkeit heute und morgen<br />
erreicht wird.<br />
Für diese allgemeine Zielsetzung ist es <strong>im</strong> einzelnen u.a. nötig,<br />
1. daß die Hebräische Bibel als <strong>Glauben</strong>surkunde des <strong>Juden</strong>tums ernstgenommen und<br />
deshalb nicht ausschließlich und vordergründig als das »Alte Testament« auf die (<strong>im</strong><br />
»Neuen Testament« bezeugte) Erfüllung in Jesus Christus hin ausgelegt wird. <strong>Die</strong> <strong>Glauben</strong>sentscheidung,<br />
die einer solchen Beziehung der beiden Testamente zugrunde liegt,<br />
muß ebenso deutlich gemacht werden wie der Verheißungsüberschuß, der auch für uns<br />
Christen besteht: »Dein Reich komme!« beten wir gemeinsam mit den <strong>Juden</strong>;<br />
2. daß die Eigenbedeutung und fortdauernde Gültigkeit der Erwählung des jüdischen Volkes<br />
durch Gott und seiner universellen Berufung anerkannt wird: der Bund mit den Vätern<br />
und am Sinai / Horeb, wiederholte Bundeserneuerungen, die Heilsgaben der Tora<br />
und des verheißenen Landes, die Propheten und (messianische) Heilszusagen (einschließlich<br />
der vom «Neuen Bund»);<br />
3. daß der Unterschied zwischen Christen und <strong>Juden</strong> dort gesehen wird, wo er besteht,<br />
nämlich <strong>im</strong> Christusglauben, aber nicht in der Ausrichtung an der kommenden Gottesherrschaft,<br />
die beiden gemeinsam ist: Wir sehen uns in die Nachfolge Jesu Christi berufen,<br />
der für uns Ermöglichungsgrund und Maßstab eines dem Willen Gottes entsprechenden<br />
Lebens ist. Für die <strong>Juden</strong> ist es die Tora, und zwar die schriftliche und die<br />
mündliche, d.h. mit ihren biblischen und nachbiblischen (vor allem talmudischen) Auslegungstraditionen,<br />
die die Lebendigkeit und Vielfalt der jüdischen <strong>Glauben</strong>sgeschichte und<br />
des heutigen <strong>Juden</strong>tums bedingt;<br />
4. daß bei der Erarbeitung von Jesus-Themen der Verkündigungscharakter der Evangelien<br />
herausgestellt wird: Sie deuten von ihrem jeweiligen Standpunkt und Aussageanliegen<br />
aus (»Sitz <strong>im</strong> Leben«) Person und Auftreten Jesu <strong>im</strong> Licht des Osterglaubens. <strong>Die</strong> Evangelien<br />
wollen und können jedoch kein »objektives« Bild des <strong>Juden</strong>tums der Zeit Jesu und<br />
der Urkirche zeichnen. Um ein angemessenes Bild dieses Frühjudentums zu gewinnen,<br />
ist die Beachtung zeitgenössischer jüdischer Quellen unerläßlich;<br />
5. daß das Leben und Wirken Jesu in ihrer jüdischen Identität <strong>im</strong> Kontext des damaligen<br />
<strong>Juden</strong>tums des Mutterlandes vermittelt werden. Seine Gottesreichbotschaft bewegt sich<br />
<strong>im</strong> weiten Horizont zeitgenössischer <strong>Glauben</strong>sauffassungen. <strong>Die</strong>s muß ebenso deutlich<br />
gemacht werden wie die eng damit verknüpfte Tatsache, daß Jesu Heilsmittleranspruch,<br />
den die Evangelien je auf ihre Weise verkünden, in seiner Geltung historisch nicht bewiesen<br />
(oder widerlegt), sondern nur <strong>im</strong> <strong>Glauben</strong> angenommen werden kann. Deshalb ist<br />
eine Beschuldigung von <strong>Juden</strong> oder gar »der <strong>Juden</strong>«, die sich Jesus trotz seiner offenkundigen<br />
Bevollmächtigung durch Gott verweigert hätten, ausgeschlossen;