Tassilo - das Magazin um Weilheim und die Seen, März/April 2016
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Ammersee-Südufer: Internationaler Schutz <strong>und</strong> Behutsamkeit vor Ort<br />
Bei den Ramsar-Vögeln<br />
Dießen | Auch <strong>die</strong>ses Frühjahr führen<br />
Franz Wimmer <strong>und</strong> Christian<br />
Niederbichler wieder regelmäßig<br />
Exkursionen in <strong>die</strong> „Vogelfreistätte<br />
Ammersee-Südufer“. Treffpunkt<br />
ist <strong>die</strong> Brücke über <strong>die</strong> neue Ammer<br />
zwischen Dießen <strong>und</strong> Fischen.<br />
Beide sind Betreuer des „Ramsar-<br />
Gebietes Ammersee“, <strong>die</strong> Bezeichnung<br />
geht zurück auf eine Stadt im<br />
Iran, wo 55 Staaten im Jahr 1971 ein<br />
„Übereinkommen für den Schutz<br />
von Feuchtgebieten als Lebensra<strong>um</strong><br />
für Wasser- <strong>und</strong> Watvögel<br />
von internationaler Bedeutung“<br />
unterzeichneten. Weltweit war<br />
es eines der ersten Naturschutzabkommen<br />
überhaupt. Die Staaten<br />
verpflichteten sich, wichtige<br />
Feuchtgebiete — Sümpfe, Moore,<br />
Feucht- <strong>und</strong> Nasswiesen, Fließgewässer<br />
<strong>und</strong> <strong>Seen</strong> — unter Schutz zu<br />
stellen <strong>und</strong> zu erforschen.<br />
In Deutschland sind 29 Ramsar-Gebiete<br />
ausgewiesen, sieben in Bayern,<br />
eines davon ist der Ammersee.<br />
Die Betreuung wird getragen<br />
vom Landesb<strong>und</strong> für Vogelschutz,<br />
Fördermittel kommen vom Bayerischen<br />
Naturschutzfonds, vom Bezirk<br />
Oberbayern <strong>und</strong> dem Landkreis<br />
<strong>Weilheim</strong>-Schongau. Das Ramsar-<br />
Gebiet <strong>um</strong>fasst den gesamten See<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Naturschutzgebiete Ampermoos<br />
im Norden <strong>und</strong> <strong>die</strong> Vogelfreistätte<br />
im Süden. Nicht nur für<br />
heimische, hier brütende Vögel ist<br />
<strong>das</strong> Gebiet von großer Bedeutung,<br />
sondern auch als Rastplatz für Zugvögel<br />
<strong>und</strong> Wintergäste.<br />
Eine bunte Gruppe, vom Kindergartenkind<br />
bis z<strong>um</strong> Rentner mit<br />
Ferngläsern, hat sich an der Brücke<br />
eingef<strong>und</strong>en. Zur Begrüßung<br />
patrouilliert ein Gänsesägerpärchen<br />
vorbei. Wimmer erzählt von<br />
Pflanzengesellschaften <strong>und</strong> deren<br />
Bewohnern, wie der See, <strong>die</strong><br />
Moore <strong>und</strong> Feuchtflächen nach<br />
der Würmeiszeit entstanden sind,<br />
<strong>das</strong>s <strong>die</strong> Ammer, der Hauptzufluss,<br />
einst bei Schongau in den Lech<br />
mündete. Ihr Delta ist klein, bietet<br />
aber vielzählige Lebensrä<strong>um</strong>e. Die<br />
Buchten rühren aus der Zeit, als<br />
<strong>die</strong> Ammer noch unreguliert war<br />
<strong>und</strong> bei Hochwasser immer wieder<br />
<strong>die</strong> Mündung verlagerte.<br />
Die neue Mündung, wo sich ein<br />
kleines Delta bildete, ist mit Deichen<br />
in den See gebaut. Sie grenzen<br />
den Binnensee ab, der nur<br />
über einen Kanal mit dem Ammersee<br />
verb<strong>und</strong>en ist. In den Buchten<br />
ist <strong>das</strong> Wasser unterschiedlich tief.<br />
In sogenannten flachen Schwimmblattzonen<br />
wächst <strong>und</strong> blüht <strong>die</strong><br />
gelbe Teichrose, <strong>um</strong>rahmt vom<br />
Schilfgürtel am Ufer. Landeinwärts<br />
schließen sich Streuwiesen an. Bei<br />
einer <strong>um</strong>fassenden Erhebung am<br />
Südufer Mitte der 1990er-Jahre<br />
wurden 520 Farn- <strong>und</strong> Blütenpflanzenarten<br />
gef<strong>und</strong>en, teilweise<br />
vom Aussterben bedroht, darunter<br />
14 Orchideen, etwa <strong>das</strong> fleischfarbene<br />
Knabenkraut. Besonders<br />
prächtig sind hier im Mai <strong>und</strong> Juni<br />
<strong>die</strong> blauen Iriswiesen.<br />
Manche Vogelarten sehen<br />
nicht mal <strong>die</strong> Experten<br />
Für Tiere sind <strong>die</strong> Wasserflächen<br />
<strong>und</strong> Pflanzengesellschaften ein<br />
idealer Lebensra<strong>um</strong>: Über 300<br />
Vogelarten wurden beobachtet;<br />
oder nur gehört, denn manche<br />
„heimlich lebenden Vögel“ bekommen<br />
selbst Experten nie zu<br />
Gesicht. Fast <strong>die</strong> Hälfte der Arten<br />
brütet hier, einige nur selten oder<br />
mit nur wenigen Brutpaaren: der<br />
große Brachvogel, Eisvögel, Bekassinen.<br />
Auch <strong>die</strong> wenigen Paare<br />
sind für den Erhalt seltener Arten<br />
Der Vogelbeobachtungsturm südlich von Dießen ist über einen Holzsteg<br />
erreichbar. Infotafeln erklären am Weg <strong>die</strong> Bedeutung des Schutzgebietes<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Vogelarten.<br />
immens wichtig: So wurde für <strong>die</strong><br />
Flussseeschwalbe im Binnensee<br />
ein Brutfloß verankert, <strong>das</strong> <strong>die</strong> mit<br />
der Regulierung verschw<strong>und</strong>enen<br />
Kiesbänke ersetzte.<br />
Wimmer führt <strong>die</strong> Gruppe am östlichen<br />
Ammerdamm in Richtung<br />
Mündung, vorbei an Grünland<br />
<strong>und</strong> Streuwiesen, wo im Frühjahr<br />
der große Brachvogel <strong>und</strong> Kibitze<br />
brüten. Wie Braunkehlchen, Wiesenpieper<br />
<strong>und</strong> Uferschnepfe gehören<br />
sie zu Wiesenbrütern, <strong>die</strong> ihr<br />
Gelege auf Feuchtwiesen anlegen<br />
<strong>und</strong> in der Brutzeit empfindlich auf<br />
Störungen reagieren, etwa freilaufende<br />
H<strong>und</strong>e. Bei Gefahr verlassen<br />
<strong>die</strong> Elternvögel <strong>das</strong> Gelege, <strong>die</strong> Eier<br />
werden leichte Beute für Räuber<br />
wie Fuchs, Krähen <strong>und</strong> Möwen. Die<br />
Ramsar-Gebietsbetreuer appellieren<br />
eindringlich, <strong>das</strong>s Besucher<br />
auf den Wegen <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e an der<br />
Leine bleiben.<br />
Radweg abgelehnt<br />
wegen Wiesenbrütern<br />
Mit der Intensivierung der Landwirtschaft<br />
verloren Wiesenbrüter<br />
großflächig Lebensra<strong>um</strong>: Gemäht<br />
wird früher <strong>und</strong> häufiger, feuchte<br />
Wiesen sind trockengelegt, trockenere<br />
<strong>um</strong>gebrochen <strong>und</strong> als<br />
16 | tassilo