Tassilo - das Magazin um Weilheim und die Seen, März/April 2016
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Zu Besuch auf der neuen Werft am Starnberger See<br />
KREUZFAHRT<br />
MIT ALPENPANORAMA.<br />
Gönnen Sie sich <strong>die</strong>sen Ausblick –<br />
am besten bei einem Kaffee auf<br />
den weitläufigen Sonnendecks des<br />
Katamaran MS STARNBERG<br />
<strong>und</strong> MS SEESHAUPT.<br />
DREHEN SIE AM<br />
RAD DER ZEIT.<br />
Pure Romantik, Naturgenuss<br />
<strong>und</strong> viel Abwechslung. Dies <strong>und</strong><br />
noch viel mehr verspricht eine<br />
Schifffahrt mit den Raddampfern<br />
HERRSCHING <strong>und</strong> DIESSEN.<br />
© agentur.POLAKandFRIENDS.com<br />
Eine Winterpause<br />
haben nur <strong>die</strong> Schiffe<br />
Starnberg | Gut gelaunt schwingt<br />
Günter Engel seinen langstieligen<br />
Pinsel, taucht ihn immer wieder<br />
in eine Dose mit braunroter Rostschutzfarbe<br />
<strong>und</strong> bemalt Leitersprossen<br />
aus Vierkantstahlrohr.<br />
Die Steighilfen hat Karl-Heinz<br />
Stöckner mit Kollegen vor ein<br />
paar Tagen in der Schlosserei geschweißt,<br />
jetzt entgraten sie dort<br />
massive Stahlrohrstücke. Die werden<br />
für Reparaturen am Schiffssteg<br />
von Seeshaupt gebraucht.<br />
Nebenan in der Schreinerei jault<br />
eine Oberfräse. Wolfgang Fischer<br />
baut mit einem Kollegen Büroregale,<br />
passgenau für <strong>die</strong> Rä<strong>um</strong>e<br />
der Verwaltungsmitarbeiter von<br />
Ralph Schlemmert: „Es stellt sich<br />
erst nach <strong>und</strong> nach heraus, was<br />
wir noch alles brauchen“, sagt<br />
der 51-jährige Betriebsleiter der<br />
Schifffahrt in Starnberg.<br />
Vor ziemlich genau einem Jahr, am<br />
7. <strong>April</strong> 2015 bei der Einweihung,<br />
hatte Bayerns Finanzminister Markus<br />
Söder gesagt: „Die Bayerische<br />
<strong>Seen</strong>schifffahrt hat mit dem neuen<br />
Werft- <strong>und</strong> Verwaltungsgebäude<br />
einen der schönsten Arbeitsplätze<br />
Bayerns geschaffen.“ Die Worte<br />
findet bestätigt, wer <strong>die</strong> Menschen<br />
in dem lichten Zehn-Millionen-<br />
Euro-Neubau aus Glas, Lärchenholz<br />
<strong>und</strong> Beton am Starnberger<br />
Nepomukweg hantieren, werkeln<br />
oder mit Schlemmert fachsimpeln<br />
<strong>und</strong> scherzen sieht. Hier lässt es<br />
sich arbeiten. Im Sommer, wenn<br />
es gilt, den Linien- <strong>und</strong> Ausflugsverkehr<br />
reibungslos am Laufen zu<br />
halten. Und auch im Winter, wenn<br />
in den modernen, warmen, hellen<br />
Werkstätten Reparaturen oder<br />
Ausbesserungen anstehen oder<br />
Vorarbeiten fürs Frühjahr.<br />
Ein Büro wie eine<br />
Kommandobrücke<br />
Den allerschönsten Arbeitsplatz hat<br />
Schlemmert. Sein Büro im ersten<br />
Stock erinnert an eine Schiffsbrücke:<br />
Auf zwei Seiten verglast, fällt<br />
innerhalb des Gebäudes der Blick<br />
in eine breite Durchfahrtshalle<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Werkstätten hinter hohen<br />
Glastürfronten im Osttrakt. Gen<br />
Süden blickt Schlemmert auf den<br />
See <strong>und</strong> <strong>die</strong> Berge. Und auf „seine“<br />
Flotte. Jetzt im Winter liegen <strong>die</strong><br />
sechs Schiffe vertäut im Werfthafen.<br />
Oder sie sind an Land gehoben wie<br />
<strong>2016</strong> <strong>die</strong> „MS Bernried“. Für Revisionsarbeiten<br />
ruht<br />
<strong>das</strong> Passagierschiff,<br />
<strong>das</strong> früher einmal <strong>die</strong><br />
Weser bei Bremen<br />
befuhr <strong>und</strong> 300 Personen<br />
fasst, auf der<br />
Helling-Anlage, deren<br />
sechs Lastbrücken auf<br />
Schienen ins Wasser<br />
unter den R<strong>um</strong>pf fahren<br />
können, <strong>um</strong> ein<br />
Schiff aus dem See zu<br />
heben oder es wieder<br />
zu Wasser zu lassen.<br />
Alle fünf Jahre verbringt<br />
ein <strong>Seen</strong>schiff<br />
den Winter auf dem<br />
Trockenen. Dann steht<br />
<strong>die</strong> TÜV-Prüfung an:<br />
Hat der R<strong>um</strong>pf Löcher?<br />
Wie dick ist<br />
<strong>die</strong> Schiffswand?<br />
Wie sieht es mit Rost aus? „Diese<br />
Gelegenheit nutzen wir, <strong>um</strong> <strong>die</strong><br />
Schiffsschale sauber zu machen<br />
<strong>und</strong> ihr einen neuen Anstrich zu<br />
verpassen“, erzählt Schlemmert.<br />
Wie viel Liter Farbe jedes Mal nötig<br />
sind, hat er nicht ausgerechnet,<br />
„aber es geht schon einiges drauf“.<br />
Malermeister Engel würde einen<br />
größeren Pinsel benötigen als bei<br />
den Steighilfen, <strong>die</strong> er im Warmen<br />
streichen kann. Wenn es draußen<br />
zu kalt ist, ruhen <strong>die</strong> Malerarbeiten<br />
am R<strong>um</strong>pf der „Bernried“.<br />
Die Schifffahrt ist<br />
Handwerkersache<br />
Die Schifffahrt auf dem Starnberger<br />
See beschäftigt 30 Menschen, in<br />
der Verwaltung, in den Werkstätten,<br />
Maler, Elektriker, Schreiner,<br />
Zimmerer, fünf sind Saisonmitarbeiter.<br />
„Auch <strong>die</strong> Kapitäne sind<br />
Handwerker, <strong>die</strong> nach der Bayerischen<br />
Binnenschifffahrtsordnung<br />
ihre Schiffsführerprüfung abgelegt<br />
haben“, erklärt Schlemmert. Er<br />
selbst stammt ursprünglich aus<br />
Thüringen <strong>und</strong> arbeitete früher als<br />
Elektriker bei der Berliner S-Bahn.<br />
Nach der Wende heuerte er 1992 in<br />
Starnberg an, zunächst als Matrose,<br />
seit 2005 ist er Betriebsleiter.<br />
„Den Schritt habe ich nicht bereut“,<br />
sagt er mit zufriedenem Blick aus<br />
dem Bürofenster.<br />
Unten am Werfthafen angelt ein<br />
Spezialfahrzeug mächtige, nur<br />
noch lose mit verrosteten Stahlseilen<br />
verb<strong>und</strong>ene Stämme aus dem<br />
See. Ein Hinterrad hebt sich be-<br />
Die etwas über 100 Tonnen schwere „MS Bernried“ auf der Helling-Anlage.<br />
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