23.02.2016 Aufrufe

Tassilo - das Magazin um Weilheim und die Seen, März/April 2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Lehrgangsangebote der Hauptstelle für <strong>das</strong> Grubenrettungswesen<br />

Brandaktuelles Bergbauerbe<br />

Das Verwaltungsgebäude der Hauptstelle für <strong>das</strong> Grubenrettungswesen<br />

in Hohenpeißenberg. Links hinter dem Haus liegt <strong>die</strong> Halle mit den<br />

Übungs- <strong>und</strong> der Keller mit den Brandsimulationsstollen.<br />

Hohenpeißenberg | Eingedenk der<br />

längst vergangenen Epoche des<br />

Kohlebergbaus im Pfaffenwinkel<br />

klingt <strong>die</strong> Bezeichnung wie<br />

aus längst vergangenen Zeiten:<br />

„Hauptstelle für <strong>das</strong> Grubenrettungswesen<br />

Hohenpeißenberg“.<br />

Doch an der Hauptstraße prangen<br />

<strong>die</strong>se Worte auf einem blitzblanken<br />

Schild. Die Institution ist seit<br />

1955 im Ort ansässig, <strong>und</strong> ihre<br />

Aufgaben sind brandaktuell, im<br />

unmittelbaren Wortsinn: „Unser<br />

Potenzial ist riesig“, sagt Hauptstellenleiter<br />

Martin Rauscher.<br />

Knapp 2 000 Gäste hat er im Jahr<br />

2015 begrüßt: 950 Atemschutzgeräteträger<br />

von Freiwilligen<br />

Feuerwehren, 870 Menschen, <strong>die</strong><br />

hauptberuflich in einer Werksfeuerwehr<br />

arbeiten oder für Atemschutz<br />

<strong>und</strong> Noteinsätze etwa in<br />

Chemiewerken zuständig sind,<br />

dazu 170 Mitarbeiter von Grubenwehren.<br />

Für sie koordiniert Alois<br />

Kirchbichler in Hohenpeißenberg<br />

Lehrgänge, teils über mehrere<br />

Tage, auch wieder <strong>2016</strong>.<br />

Die Schulungsstätte ist eine von<br />

b<strong>und</strong>esweit vier, <strong>die</strong> <strong>die</strong> „Berufsgenossenschaft<br />

Rohstoffe <strong>und</strong><br />

chemische Industrie“ (BG RCI) unterhält.<br />

Die anderen sind ansässig<br />

in Herne, Leipzig <strong>und</strong> Clausthal-<br />

Zellerfeld, Rauscher hat dort Bergbauwesen<br />

stu<strong>die</strong>rt. Vor drei Jahren<br />

kam er nach Bayern, wo noch in<br />

drei Bergwerken industriell geschürft<br />

wird: Graphit in Kropfmühl<br />

bei Passau, Salz in Berchtesgaden<br />

<strong>und</strong> Gips im fränkischen Hüttenheim<br />

bei Iphofen. Sicherheitskräfte<br />

von dort kommen ebenso nach Hohenpeißenberg<br />

wie von vier Standorten<br />

in Baden-Württemberg: Aus<br />

der „Grube Clara“ in Oberwolfach<br />

im Schwarzwald, wo Fluss-Spat<br />

<strong>und</strong> Schwerspat abgebaut wird,<br />

vom Gipsbruch in Obrigheim <strong>und</strong><br />

aus zwei Salzbergwerken, in Heilbronn<br />

<strong>und</strong> Stetten auf der Schwäbischen<br />

Alb.<br />

Sie lernen bei Kirchbichler, wie<br />

Menschen aus Notsituationen gerettet<br />

werden, oder frischen mit<br />

ihm ihr Wissen auf. Die Ausbildungsstätte<br />

geht zurück auf Dr. Josef<br />

Engelmann, ihren ersten Leiter,<br />

der sie zu jener Zeit, als der Kohlebergbau<br />

in Peißenberg, Hohenpeißenberg<br />

<strong>und</strong> Peiting noch auf<br />

Hochtouren lief, zentral zwischen<br />

den drei Standorten aufbaute, <strong>um</strong><br />

Retter auf den Ernstfall vorzubereiten.<br />

An <strong>das</strong> cremefarbene Gebäude<br />

mit der bezeichnenden Adresse<br />

Unterbau 71 ¹/8, <strong>das</strong> heute Verwaltungsrä<strong>um</strong>e<br />

<strong>und</strong> einen Schulungssaal<br />

mit modernster Präsentationstechnik<br />

beherbergt, schließt sich<br />

ein Gebäudekomplex an, der von<br />

außen wie eine triste Industriehalle<br />

anmutet. Ihr Inneres hat es aber<br />

in sich.<br />

Engelmann plante <strong>und</strong> baute hier<br />

zwei riesige, dreistöckige, r<strong>und</strong><br />

acht Meter hohe Stahlcontainer,<br />

<strong>und</strong> richtete auf vier Ebenen<br />

Stollengänge ein. Sie können per<br />

Steuerpult von außen verraucht,<br />

erhitzt <strong>und</strong> verdunkelt werden<br />

<strong>und</strong> sind mit allen Hindernissen<br />

ausgestattet, denen Bergleute<br />

begegnen: Loren zur Kohleabfuhr,<br />

rutschige Schrägpassagen,<br />

am Boden liegende Förderketten,<br />

hölzerne Stützpfosten <strong>und</strong> Querstreben,<br />

Flachgänge nicht höher<br />

als 40 Zentimeter, Durchlässe aus<br />

Stahlrohr, durch <strong>die</strong> sich <strong>die</strong> Retter<br />

zwängen. „Das Innenleben ist<br />

einzigartig, ein originaler Nachbau<br />

des Bergwerks in Peißenberg,<br />

<strong>das</strong> damals zu den modernsten<br />

in Deutschland zählte — <strong>das</strong> war<br />

Stand der Technik“, erzählt Kirchbichler.<br />

Falls drinnen jemand in<br />

Panik gerät, sind mehrere Fenster<br />

<strong>und</strong> Türen als Notausgänge von<br />

außen über Treppen <strong>und</strong> Wege<br />

aus Stahlgitterrost erreichbar.<br />

Lehrgänge auch für<br />

Fremdfirmen<br />

Was wie ein Muse<strong>um</strong> anmutet,<br />

leistet bis heute beste Dienste. Neben<br />

Mitgliedsunternehmen der BG<br />

RCI — zu denen im Landkreis etwa<br />

Roche in Penzberg <strong>und</strong> UPM in<br />

Schongau gehören — buchen aktuell<br />

auch Fremdfirmen <strong>die</strong> Lehrgänge,<br />

<strong>die</strong> Tunnels für <strong>das</strong> Bahnprojekt<br />

„Stuttgart 21“ durch <strong>die</strong><br />

Schwäbische Alb treiben. „Eine<br />

normale Feuerwehr geht dort<br />

nicht rein“, weiß Rauscher. Die<br />

Ausschreibungen verpflichteten<br />

<strong>die</strong> Tunnelbauunternehmen, eigene<br />

Rettungskräfte auszubilden.<br />

„In den vergangenen zweieinhalb<br />

Jahren hatten wir einige 100 Leute<br />

Z<strong>um</strong> Film:<br />

4 | tassilo

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!