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Auf seiner einwöchigen Westbalkanreise<br />
lobte Österreichs<br />
Außenminister Sebastian Kurz<br />
den Fortschritt des kleinen Balkanlandes.<br />
Montenegro steckt derzeit in<br />
intensiven Verhandlungen über den<br />
EU-Beitritt, zum Ende des vergangenen<br />
Jahres trat es der NATO bei. Die<br />
Nachbarstaaten Mazedonien, Bosnien<br />
und Kosovo können davon nur träumen.<br />
Doch, soll man tatsächlich diesem<br />
Beispiel folgen?<br />
ZUERST RUSSLAND, DANN EU<br />
Durch einen Putsch im Jahr 1989 kam<br />
der heutige Ministerpräsident, damals<br />
ein junger kommunistischer Leader,<br />
Milo Đukanović, an die Macht. Nach<br />
Straßendemonstrationen, welche<br />
mit Hilfe von Slobodan Milosevic und<br />
anderen serbischen Nationalisten<br />
organisiert wurden, regiert er souverän<br />
das Land. Im Dezember 2012 wurde<br />
er vom Parlament zum Ministerpräsidenten<br />
bestellt.<br />
Đukanović wechselte auf außenpolitischer<br />
Ebene seine Verbündeten,<br />
aber auch sämtliche Ideologien. In den<br />
letzten Jahren wandte er sich vollkommen<br />
von Russland ab, nachdem er<br />
zuvor große Geschäfte mit russischen<br />
Oligarchen gemacht hatte. Die Russen<br />
befinden sich im Besitz von 30 Prozent<br />
aller Immobilien auf der montenegrinischen<br />
Küste. Sie machen etwa 30<br />
Prozent ausländischer Touristen aus.<br />
Zudem waren die Russen bis zuletzt<br />
im Besitz des Aluminiumwerkes, eines<br />
strategisch wichtigen Unternehmens,<br />
seines Zeichens größtes Exportunternehmen<br />
im Lande. Die Idylle mit den<br />
Russen endete mit der Krise in der<br />
Ukraine, als Montenegro den Sanktionen<br />
der EU gegenüber Moskau<br />
zustimmte. Die Beziehungen kühlten<br />
endgültig ab, als die NATO dem kleinen<br />
Adriastaat die offizielle Beitrittseinladung<br />
schickte.<br />
Bereits zuvor hatte Đukanović seine<br />
westlichen Freunde frohgestimmt. Der<br />
einstige Kriegsverbündete Miloševićs,<br />
der die Konflikte in Kroatien und Bosnien<br />
tatkräftig unterstützte, erkannte<br />
vor einigen Jahren Kosovo offiziell<br />
an. Heute pflegt Đukanović friedliche<br />
Beziehungen zu den Nachbarstaaten<br />
Dukanovic empfing Außenminister Kurz während seiner Westbalkan-Reise im Februar<br />
WIEN<br />
PODGORICA<br />
und unterstützt die Bemühungen des<br />
Westens, die Schlüsselkonflikte der<br />
Weltpolitik zu lösen. So sind montenegrinische<br />
Truppen etwa in Afghanistan<br />
stationiert.<br />
Die amerikanische Zeitschrift<br />
Foreign Policy reihte Montenegro<br />
wegen der Beziehungen zwischen der<br />
Mafia und der Führungsspitze in die<br />
sogenannten Mafia-Staaten ein. Selbst<br />
Ministerpräsident Đukanović fand sich<br />
wegen des Verdachts des Zigarettenschmuggels<br />
in den 90er Jahren auf<br />
internationalen Fahndungslisten wieder.<br />
In Italien etwa schloss man den<br />
Fall wieder, nachdem sich Đukanović<br />
auf seine diplomatische Immunität<br />
berufen hatte.<br />
Der britischen Tageszeitung<br />
Independent zufolge zählt Đukanović,<br />
obwohl er eines der kleinsten Länder<br />
Europas (650.000 Einwohner) regiert,<br />
zu den 20 reichsten Politikern auf der<br />
Welt – mit einem Vermögen, das auf<br />
über zehn Millionen Pfund geschätzt<br />
wird.<br />
MONTENEGRO<br />
Hauptstadt: PODGORICA<br />
Die ehemalige Teilrepublik von Jugoslawien<br />
ist seit 6. Juni 2006 unabhängig.<br />
Montenegro hat nur knapp 600.000 Einwohner,<br />
der wichtigste Wirtschaftszweig<br />
ist der Tourismus an der montenegrinischen<br />
Küste. Seit 2015 ist Montenegro<br />
NATO-Mitglied, was Verstimmungen mit<br />
Serbien und Russland zufolge hatte. Der<br />
derzeitige Ministerpräsident Milo Djukanovic<br />
war seit 1992 sowohl Staatspräsident<br />
als auch mehrfach Premierminister<br />
des Landes.<br />
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