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BIBER 03_16 AR final ansicht

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<strong>BIBER</strong>: Mario, warum machst du<br />

Comedy?<br />

M<strong>AR</strong>IO: Vor drei Jahren bin ich arbeitslos<br />

geworden, wurde gekündigt, weil<br />

ich zu faul war. Und da dachte ich mir:<br />

Ich muss doch irgendwas im Leben<br />

können. Und ich bin halt nicht unbedingt<br />

witzig, aber komisch. Dinge,<br />

die ich mache, sind eben komisch zu<br />

erzählen. Also habe ich begonnen<br />

Sketches zu schreiben, nach vier<br />

Monaten stand ich auf der Bühne und<br />

ein Jahr später habe ich den Neulingsnagel<br />

(Anm. Red.: Kabarett-Newcomer-Preis)<br />

gewonnen.<br />

Dann warst du aber lange weg.<br />

Genau, ich habe den Preis erhalten<br />

und wurde direkt danach schwer<br />

krank. Ich hatte Achalasie, der Magenmuskel<br />

war ganz zu, konnte nicht<br />

essen, nicht trinken, nicht atmen.<br />

Habe in fünf Monaten 30kg verloren.<br />

Musste mich acht Eingriffen unterziehen<br />

und war praktisch ein halbes Jahr<br />

nur im Spital. Jetzt ist zum Glück alles<br />

ok.<br />

Aufgeben ist offensichtlich nicht dein<br />

Ding. Woher nimmst du eigentlich<br />

deine Inspiration?<br />

Der Gemeindebau am Rennbahnweg<br />

ist der Grundstein meines Programms.<br />

Es geht auch um Erfahrungen beim<br />

AMS und die ganzen Amtswege, dieses<br />

Tschuschending ist so mein roter<br />

Faden. Es geht um dieses Untensein.<br />

Ich mache mir immer Notizen und<br />

mein Programm hat sich quasi von<br />

selbst geschrieben, ich war in fünf<br />

Tagen fertig. Alles 100% ehrlich und<br />

straight.<br />

Wie bist du aufgewachsen?<br />

Meine Eltern waren ganz klischeehaft<br />

Hausbesorger, bin aber auch<br />

mit Austropop aufgewachsen, meine<br />

Mutter redet im Dialekt. Ich war in drei<br />

Schulen, in einer waren nur Ausländer,<br />

in der anderen nur Österreicher. Am<br />

Rennbahnweg waren dann die Leute<br />

halb Nazi, ua org, und halb Tschuxl, ua<br />

org – von einem Extrem ins andere. Ich<br />

kann das alles machen, weil ich beide<br />

Perspektiven kenne und immer in der<br />

Mitte war. Ich hatte jedenfalls als Ausländer<br />

in Wien nie solche Probleme,<br />

dass ich jetzt geknickt wäre. Ansonsten<br />

bin ich mit <strong>16</strong> von der Schule<br />

gegangen, habe eine Lehre gemacht<br />

und nur gekifft. Ich war schon ein<br />

Mongo: Rauchen und Park.<br />

Du bist also die Problemschicht aus<br />

den Nachrichten. Deine Zielgruppe<br />

auch?<br />

Meine Hauptzielgruppe sind schon<br />

Austro-Tschuschen. Bühne und Internet<br />

sind aber nicht dieselben Leute, es<br />

ist gemischt von 15-jährigen Mädchen<br />

bis zu 50-jährigen Österreichern. Es<br />

sind aber auf jeden Fall Leute, die<br />

sonst nicht ins Theater gehen würden.<br />

Was fühlst du auf der Bühne? Hast du<br />

Angst, dass niemand lacht?<br />

Energie, geil. Davor bin ich kribbelig<br />

und wenn ich dann das erste Lachen<br />

höre, geht’s ua ab. Zurückweisung<br />

habe ich schon gespürt, also habe ich<br />

keine Angst davor. Vor zwei Jahren<br />

hatte ich einen Auftritt und mein Material<br />

war ua scheiße und ich wusste<br />

das. Ich musste aber auf die Bühne<br />

und mich meier machen lassen, damit<br />

ich weiß wie das ist. Man muss auch<br />

mal auf die Goschn fliegen.<br />

Lebst du gerade deinen Traum?<br />

Ich bewege mich in die richtige Richtung.<br />

Mein Traum ist es der beste<br />

Comedian aller Zeiten zu werden,<br />

im deutschsprachigen Raum. Ich<br />

orientiere mich dabei nicht am österreichischen<br />

Kabarett, eher an den USamerikanischen<br />

Stand-Up-Comedians<br />

und dem King Dave Chapelle. Mein<br />

konkreter Traum ist es, die Stadthalle<br />

auszuverkaufen. Ich bilde mir ein, dass<br />

es klappen wird, es gibt für mich kein<br />

Nein. Ich suche mir auch keine Arbeit,<br />

denn entweder ich gehe mit diesem<br />

Ding unter oder ich steige auf. Wenn<br />

es klappen soll, darf es keinen Plan B<br />

geben, so denke ich mir das.<br />

Du hast auf deiner Seite auch Motivationssprüche<br />

– bist du sehr gläubig?<br />

Ja, extrem. Früher wollten meine<br />

Eltern immer, dass ich in die Kirche<br />

gehe und ich konnte das nicht akzeptieren,<br />

weil es mir so aufgezwungen<br />

wurde. Als ich krank wurde, habe ich<br />

meinen Glauben aber gefunden. Es<br />

ist natürlich schlecht, nur zu glauben,<br />

wenn man krank ist, aber besser spät<br />

als nie. Ich war kurz vorm Sterben und<br />

mein Glaube hat mich gehalten.<br />

Wie ist das, wenn man kurz vorm Tod<br />

steht?<br />

Ich wollte mich umbringen, darüber<br />

spreche ich auch im Programm. Ich<br />

wollte aus dem Fenster springen,<br />

denn für mich gab es nichts mehr. Ich<br />

konnte nicht essen, trinken, sprechen.<br />

Dann dachte ich mir aber: Ich sterbe<br />

jetzt sicher nicht, bevor ich nicht nochmal<br />

auf die Bühne gehe. Jetzt muss<br />

ich auf meine Ernährung und meinen<br />

Lebensstil achten und führe eigentlich<br />

ein besseres Leben als davor.<br />

Die Krankheit hat mir ‘ne Watsch‘n<br />

gegeben.<br />

Wie geht ein Österreicher, der sich<br />

damit nicht wirklich identifizieren kann,<br />

aus deinem Programm raus?<br />

Ich glaube, er findet es geil. Wir kennen<br />

es alle, weil wir es erleben und die<br />

denken sich einfach „geil“. Ich male<br />

quasi Bilder und bin detailverliebt in<br />

diesen Dingen – zum Beispiel knacksende<br />

Sessel beim AMS. ●<br />

Welche Werte sind uns wichtig?<br />

Die Universität Wien sucht Interessierte für ein<br />

Gruppengespräch.<br />

Reden Sie jetzt mit! Wir freuen uns auf Ihre Meinung.<br />

Anmeldung unter www.werteforschung.at,<br />

per Mail werteforschung@univie.ac.at oder Telefon 01-4277-49226.<br />

Alle Teilnehmer/innen erhalten eine Aufwandsentschädigung als kleines Dankeschön!<br />

/ KULTURA / 65

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