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<strong>BIBER</strong>: Mario, warum machst du<br />
Comedy?<br />
M<strong>AR</strong>IO: Vor drei Jahren bin ich arbeitslos<br />
geworden, wurde gekündigt, weil<br />
ich zu faul war. Und da dachte ich mir:<br />
Ich muss doch irgendwas im Leben<br />
können. Und ich bin halt nicht unbedingt<br />
witzig, aber komisch. Dinge,<br />
die ich mache, sind eben komisch zu<br />
erzählen. Also habe ich begonnen<br />
Sketches zu schreiben, nach vier<br />
Monaten stand ich auf der Bühne und<br />
ein Jahr später habe ich den Neulingsnagel<br />
(Anm. Red.: Kabarett-Newcomer-Preis)<br />
gewonnen.<br />
Dann warst du aber lange weg.<br />
Genau, ich habe den Preis erhalten<br />
und wurde direkt danach schwer<br />
krank. Ich hatte Achalasie, der Magenmuskel<br />
war ganz zu, konnte nicht<br />
essen, nicht trinken, nicht atmen.<br />
Habe in fünf Monaten 30kg verloren.<br />
Musste mich acht Eingriffen unterziehen<br />
und war praktisch ein halbes Jahr<br />
nur im Spital. Jetzt ist zum Glück alles<br />
ok.<br />
Aufgeben ist offensichtlich nicht dein<br />
Ding. Woher nimmst du eigentlich<br />
deine Inspiration?<br />
Der Gemeindebau am Rennbahnweg<br />
ist der Grundstein meines Programms.<br />
Es geht auch um Erfahrungen beim<br />
AMS und die ganzen Amtswege, dieses<br />
Tschuschending ist so mein roter<br />
Faden. Es geht um dieses Untensein.<br />
Ich mache mir immer Notizen und<br />
mein Programm hat sich quasi von<br />
selbst geschrieben, ich war in fünf<br />
Tagen fertig. Alles 100% ehrlich und<br />
straight.<br />
Wie bist du aufgewachsen?<br />
Meine Eltern waren ganz klischeehaft<br />
Hausbesorger, bin aber auch<br />
mit Austropop aufgewachsen, meine<br />
Mutter redet im Dialekt. Ich war in drei<br />
Schulen, in einer waren nur Ausländer,<br />
in der anderen nur Österreicher. Am<br />
Rennbahnweg waren dann die Leute<br />
halb Nazi, ua org, und halb Tschuxl, ua<br />
org – von einem Extrem ins andere. Ich<br />
kann das alles machen, weil ich beide<br />
Perspektiven kenne und immer in der<br />
Mitte war. Ich hatte jedenfalls als Ausländer<br />
in Wien nie solche Probleme,<br />
dass ich jetzt geknickt wäre. Ansonsten<br />
bin ich mit <strong>16</strong> von der Schule<br />
gegangen, habe eine Lehre gemacht<br />
und nur gekifft. Ich war schon ein<br />
Mongo: Rauchen und Park.<br />
Du bist also die Problemschicht aus<br />
den Nachrichten. Deine Zielgruppe<br />
auch?<br />
Meine Hauptzielgruppe sind schon<br />
Austro-Tschuschen. Bühne und Internet<br />
sind aber nicht dieselben Leute, es<br />
ist gemischt von 15-jährigen Mädchen<br />
bis zu 50-jährigen Österreichern. Es<br />
sind aber auf jeden Fall Leute, die<br />
sonst nicht ins Theater gehen würden.<br />
Was fühlst du auf der Bühne? Hast du<br />
Angst, dass niemand lacht?<br />
Energie, geil. Davor bin ich kribbelig<br />
und wenn ich dann das erste Lachen<br />
höre, geht’s ua ab. Zurückweisung<br />
habe ich schon gespürt, also habe ich<br />
keine Angst davor. Vor zwei Jahren<br />
hatte ich einen Auftritt und mein Material<br />
war ua scheiße und ich wusste<br />
das. Ich musste aber auf die Bühne<br />
und mich meier machen lassen, damit<br />
ich weiß wie das ist. Man muss auch<br />
mal auf die Goschn fliegen.<br />
Lebst du gerade deinen Traum?<br />
Ich bewege mich in die richtige Richtung.<br />
Mein Traum ist es der beste<br />
Comedian aller Zeiten zu werden,<br />
im deutschsprachigen Raum. Ich<br />
orientiere mich dabei nicht am österreichischen<br />
Kabarett, eher an den USamerikanischen<br />
Stand-Up-Comedians<br />
und dem King Dave Chapelle. Mein<br />
konkreter Traum ist es, die Stadthalle<br />
auszuverkaufen. Ich bilde mir ein, dass<br />
es klappen wird, es gibt für mich kein<br />
Nein. Ich suche mir auch keine Arbeit,<br />
denn entweder ich gehe mit diesem<br />
Ding unter oder ich steige auf. Wenn<br />
es klappen soll, darf es keinen Plan B<br />
geben, so denke ich mir das.<br />
Du hast auf deiner Seite auch Motivationssprüche<br />
– bist du sehr gläubig?<br />
Ja, extrem. Früher wollten meine<br />
Eltern immer, dass ich in die Kirche<br />
gehe und ich konnte das nicht akzeptieren,<br />
weil es mir so aufgezwungen<br />
wurde. Als ich krank wurde, habe ich<br />
meinen Glauben aber gefunden. Es<br />
ist natürlich schlecht, nur zu glauben,<br />
wenn man krank ist, aber besser spät<br />
als nie. Ich war kurz vorm Sterben und<br />
mein Glaube hat mich gehalten.<br />
Wie ist das, wenn man kurz vorm Tod<br />
steht?<br />
Ich wollte mich umbringen, darüber<br />
spreche ich auch im Programm. Ich<br />
wollte aus dem Fenster springen,<br />
denn für mich gab es nichts mehr. Ich<br />
konnte nicht essen, trinken, sprechen.<br />
Dann dachte ich mir aber: Ich sterbe<br />
jetzt sicher nicht, bevor ich nicht nochmal<br />
auf die Bühne gehe. Jetzt muss<br />
ich auf meine Ernährung und meinen<br />
Lebensstil achten und führe eigentlich<br />
ein besseres Leben als davor.<br />
Die Krankheit hat mir ‘ne Watsch‘n<br />
gegeben.<br />
Wie geht ein Österreicher, der sich<br />
damit nicht wirklich identifizieren kann,<br />
aus deinem Programm raus?<br />
Ich glaube, er findet es geil. Wir kennen<br />
es alle, weil wir es erleben und die<br />
denken sich einfach „geil“. Ich male<br />
quasi Bilder und bin detailverliebt in<br />
diesen Dingen – zum Beispiel knacksende<br />
Sessel beim AMS. ●<br />
Welche Werte sind uns wichtig?<br />
Die Universität Wien sucht Interessierte für ein<br />
Gruppengespräch.<br />
Reden Sie jetzt mit! Wir freuen uns auf Ihre Meinung.<br />
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