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Ärzteblatt Mai 2009 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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GESCHICHTLICHES<br />

Georg Ganter – ein Pionier der Peritonealdialyse*<br />

Im Dezemberheft 2008 des <strong>Ärzteblatt</strong>es M-V hat PD Dr. Bernhard<br />

Scholz an die St. Georgs Klinik in Rostock erinnert. Mit<br />

diesem Beitrag soll Wissenswertes über den Lebensweg und<br />

die Lebensleistung des mehrjährigen Direktors der „Katholischen<br />

Klinik St. Georg“ in Rostock, Prof. Dr. Georg Ganter,<br />

vermittelt werden. Sein beruflicher Werdegang, seine wissenschaftliche<br />

Tätigkeit und Leistung, die aufrichtige humanistische<br />

Haltung als Hochschullehrer in einem nationalsozialistischen<br />

Umfeld an der Universität Rostock sowie die seit<br />

1935 bestehende Freundschaft mit Ernst Barlach sollen dabei<br />

besonders herausgestellt werden.<br />

Abb.1: Porträt von Prof. Dr. Georg<br />

Ganter, geb. 18.04.1885,<br />

gest. 05.05.1940<br />

Fotos: Universitätsarchiv<br />

Georg Ganter (Abb. 1)<br />

wurde am 18.04.1885 in<br />

Unterschönmattenwag<br />

(Hessen) als Sohn eines<br />

Landwirtes geboren. In<br />

Freiburg und München<br />

studierte er Humanmedizin.<br />

1912 Promotion in<br />

Freiburg, danach Assistenzarzt<br />

der Medizinischen<br />

Klinik in Tübingen.<br />

Von 1918 – 1921 war er<br />

an der Klinik für Innere<br />

Medizin der Universität<br />

Greifswald tätig. Hier<br />

auch Habilitation und Privatdozentur.<br />

1921 wechselte<br />

er an die Innere Klinik<br />

der Universität Würzburg,<br />

wird Oberarzt und<br />

außerplanmäßiger Professor. Anfang 1926 erhielt er einen Ruf<br />

auf eine Professur für Pathologische Physiologie an die Medizinische<br />

Fakultät der Universität Würzburg. Im April 1926 folgte<br />

der Ruf als planmäßiger Professor und Direktor der Medizinischen<br />

Poliklinik Rostock.<br />

Ab Dezember 1935 beginnt ein langfristig inszeniertes und<br />

widerliches Amtsenthebungsverfahren, u. a. weil Ganter in<br />

seiner universitären Privatpraxis jüdische Mitbürger behandelte.<br />

Nach wiederholter Denunzierung durch den Röntgenologen<br />

Dr. Werner Böhm vollzog der Rektor Prof. Dr. Ernst-<br />

Heinrich Brill, Lehrstuhlinhaber der Universitäts-Hautklinik,<br />

mit der Begründung „Die Persönlichkeit Ganters ist abzu-<br />

* Herrn Prof. Dr. Külz zum 80. Geburtstag gewidmet.<br />

lehnen, da ich ihn als einen inneren Gegner der nationalsozialistischen<br />

Weltanschauung stets empfunden habe“ die<br />

vorzeitige Pensionierung. Professor Ganter wurde am<br />

24.05.1937 im 52. Lebensjahr seines Amtes als Direktor der<br />

Medizinischen Poliklinik der Universität Rostock enthoben<br />

und aus politischen Gründen aus dem Universitätsdienst<br />

suspendiert.<br />

Georg Ganter hatte während seiner ärztlichen Tätigkeit in<br />

Greifswald (1918) und Würzburg (1926) auf der Basis klinischer<br />

Beobachtungen und wissenschaftlicher Forschungen<br />

Diffusionsvorgänge an biologischen Membranen beobachtet<br />

und mittels tierexperimenteller Untersuchungen belegen<br />

und beweisen können. Diese Beobachtungen und tierexperimentellen<br />

Untersuchungen beschrieb Ganter in einer<br />

Publikation in der Münchener Medizinischen Wochenschrift<br />

(MMW) im Jahre 1923 (Abb.2) u. a. so: „Der erste Fall, bei<br />

dem ich auf den Gedanken kam, die Infusion zu diesem<br />

Zwecke zu benutzen, wurde 1918 in der Medizinischen Klinik<br />

Greifswald eingeliefert. Es handelte sich um einen Mann<br />

mittleren Alters, bei dem die urämischen Symptome ziemlich<br />

ausgesprochen waren ... . Ich ließ durch Punktion etwa<br />

¾ Liter aus der Pleurahöhle abfließen und infundierte im<br />

Anschluss daran, durch dieselbe Nadel, die gleiche Menge<br />

physiologische Kochsalzlösung. Sehr bald trat eine ausgesprochene<br />

Aenderung des Krankheitsbildes ein. Aus äusseren<br />

Gründen bin ich erst später dazu gekommen der Frage<br />

im Tierexperiment näher zu treten.“<br />

Abb.2: Titel der Publikation in der MMW 192<br />

In der gleichen Arbeit sind die aussagekräftigen Tierexperimente<br />

mit Kaninchen und Meerschweinchen beschrieben,<br />

wobei durch Unterbindung der Ureteren ein Nierenversagen<br />

erzeugt wurde, welches durch peritoneale Spülungen mit<br />

Kochsalzlösung erfolgreich behandelt werden konnte.<br />

Während seiner Würzburger Tätigkeit wurden von Ganter<br />

zwei weitere Patienten mittels peritonealer Spülungen be-<br />

Seite 164 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN

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