Ärzteblatt Mai 2009 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
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BUCHVORSTELLUNGEN<br />
Für Sie gelesen<br />
Das schwere Gespräch<br />
Einschneidende Diagnosen menschlich vermitteln<br />
E. Bucka-Lassen<br />
Deutscher Ärzte-Verlag Köln 2005<br />
Broschiert, 168 Seiten, 13 Abb., 13 Tab., € 19,95<br />
ISBN 978-3-7691-0501-8<br />
Der dänische Facharzt für<br />
Allgemeinmedizin, Edlef<br />
Bucka-Lassen, bekannter<br />
Autor von Büchern über<br />
Kommunikation, Image<br />
und Organisation, beschreibt<br />
das schwere<br />
Arztgespräch, z. B. mit<br />
todkranken Patienten.<br />
Zu diesem Thema gibt es<br />
eine Vielzahl von Veröffentlichungen,<br />
jedoch<br />
nicht immer mit einer<br />
praxisbezogenen Ausrichtung.<br />
Das vorliegende Buch<br />
vermittelt keine Anweisungen,<br />
wie Schweres<br />
gesagt werden muß oder gesagt werden soll, sondern wie es<br />
gesagt werden kann.<br />
Der Text gliedert sich in drei Abschnitte: Im ersten Teil erfolgen<br />
Informationen zur elementaren Kommunikation, insbesondere<br />
wird das Kommunikationsmodell erörtert. Danach<br />
wird das Gespräch von Mensch zu Mensch behandelt und<br />
letztlich geht es um das zentrale Thema: „das schwere Gespräch“.<br />
Für Ärzte ist „das schwere Gespräch“ eine der größten Herausforderungen<br />
ärztlichen Handelns, besonders wenn es um Krankheit<br />
und Tod geht. „Das schwere Gespräch“ – für wen ist es eigentlich<br />
schwer? Für den Arzt, der die Botschaft überbringt?<br />
Oder für den Patienten, der sie vermittelt bekommt?<br />
Sicher schwer für beide – und das wird vom Autor sachkundig<br />
dargestellt.<br />
Das Einfühlen in das Leid des anderen („empathia“), das wohlwollende<br />
Mitfühlen („sympathia“) und der Beistand im Leid<br />
(„therapia“) ist die Grundkonstellation jeder Kommunikation<br />
zwischen Arzt und Patient.Dabei ist zu berücksichtigen, daß<br />
Menschen eine individuelle Wahrheit, eine persönliche Weltsicht<br />
und einen eigenen Wertmaßstab haben.<br />
Ärzte vertreten meistens ihre Fachmeinung und – häufig unreflektiert<br />
– ihre eigenen Wertmuster.<br />
„Das Leben eines Kranken kann nicht nur durch die Handlungen<br />
eines Arztes verkürzt werden, sondern auch durch seine<br />
Worte und sein Verhalten“, hieß es schon 1847 in der Gründungsschrift<br />
der American Medical Association.<br />
Und daran hat sich in Klinik und Praxis bis heute nicht viel<br />
geändert. Die Professionalität der ärztlichen Kommunikation<br />
ist weder selbstverständlich, noch nimmt sie im Selbstlauf mit<br />
den Berufsjahren zu. So liegt der Schlüssel für die Unzufriedenheit<br />
in der Medizin vielfach in der mangelhaften, teilweise<br />
sogar fehlenden Redekultur.<br />
Und fachlich gesehen, stolpert so mancher Arzt durch diese<br />
„Sprachlosigkeit“ in vermeidbare diagnostische Fallen.<br />
„Am Anfang war das Wort“ – so sollte „das Wort“ auch in der<br />
Medizin am Anfang und im Verlauf jeder Beziehung zwischen<br />
Arzt und hilfesuchendem Menschen stehen.<br />
Das persönliche Gespräch mit dem kompetenten Arzt des Vertrauens<br />
ist immer noch die wichtigste Orientierungshilfe für<br />
den Patienten.<br />
Nun gibt es Situationen, wo die „richtigen Worte“ nicht einmal<br />
annähernd zu finden sind.<br />
In diesen Minuten liegt mehr Empathie im Schweigen als im<br />
Reden, mehr Verständnis im Sein (im Da-Sein) als im Tun.<br />
Aufgrund ihres Wissens- und Kompetenzvorsprungs werden<br />
Ärzte häufig dazu verleitet, mehr zu reden als zuzuhören. Ärzte<br />
sollten sich bewußt sein, daß nach Goethe „der liebe Gott<br />
(uns) zwei Ohren, aber nur einen Mund gegeben hat, damit<br />
wir doppelt so viel zuhören wie sprechen“.<br />
Der Taktik und Technik der Aufklärung schwerkranker Patienten<br />
muß in der Aus- und Weiterbildung von Studenten und<br />
Ärzten mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, und Vorgesetzte<br />
in Klinik und Praxis sollten sich an ihre Vorbildfunktion<br />
erinnern.<br />
Medizinstudenten merken bereits im „Praktischen Jahr“, daß<br />
Defizite im verbalen Training des Arzt-Patienten-Gespräches<br />
bestehen.<br />
Das Buch wäre aber auch Medizinischen Fachangestellten zu<br />
empfehlen, die viel mit Patienten kommunizieren müssen. Unterschätzt<br />
wird vom Arzt auch hier seine wichtige Vorbildrolle, denn<br />
engere Mitarbeiter integrieren sein Kommunikationsmuster in<br />
ihr Sprachverhalten und setzen es im Patientengespräch ein.<br />
Der charismatische Arzt ist seinen Patienten ein souveräner<br />
und einfühlsamer Helfer, Heiler und Gesprächspartner.<br />
Kompetenz, Höflichkeit und Lächeln erleichtern das Leben<br />
und fördern den beruflichen Erfolg.<br />
Es lohnt sich, dieses Buch zu lesen.<br />
Prof. H. H. Büttner, Wismar<br />
Seite 178 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN