Glareana_45_1996_#2
Thomas Drescher Zum Inventarisierungsprojekt der GEFAM Inge Hartmann-Bögl Der Klavierbauer Mathias Schautz (1755-1831). (1. Teil) Ein Beitrag zur Geschichte des Augsburger Klavierbaus Thomas Drescher "L'instrument de musique dans les musées: Quelle restauration pour quelle esthétique?" [Bericht über ein Kolloquium in Lausanne am 6. Nov. 1996] Brigitte Bachmann-Geiser Vermillion SD 57069 - 2390 USA [Bericht über die Jahrestagung 1996 der American Musical Instrument Society]
Thomas Drescher
Zum Inventarisierungsprojekt der GEFAM
Inge Hartmann-Bögl
Der Klavierbauer Mathias Schautz (1755-1831). (1. Teil) Ein Beitrag zur Geschichte des Augsburger Klavierbaus
Thomas Drescher
"L'instrument de musique dans les musées: Quelle restauration pour quelle esthétique?" [Bericht über ein Kolloquium in Lausanne am 6. Nov. 1996]
Brigitte Bachmann-Geiser
Vermillion SD 57069 - 2390 USA [Bericht über die Jahrestagung 1996 der American Musical Instrument Society]
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Was die Rekonstruktion von Clavichorden betrifft, sind die historischen Quellen weit<br />
spärlicher und zumeist jünger als fOr die Psalterien. Auf einem 21-saitigen gebundenen<br />
Clavichord, dessen Proportionen auf den Angaben der Instrumentenkunde Juan Bermudas<br />
(1555) basieren, interpretiert van Ree Bernard vierstimmige Villancicos von Juan del<br />
Encina und Juan Vasquez, zwei der bedeutendsten spanischen Komponisten des frühen<br />
16. Jahrhunderts. Einen zumindest diskutablen Eindruck von frühen Formen des<br />
Clavichords geben hypothetische Rekonstruktionen eines gebundenen Tastenmonochords<br />
und eines ebenfalls gebundenen chromatischen Tetrachords.<br />
ln diesem Arbeiten mit Hypothesen liegt allerdings auch eine problematische Seite des<br />
vorliegenden Unternehmens: die Grenzen zwischen historisch getreuer Rekonstruktion und<br />
Spekulation verschwimmen - beim Nachbau einzelner Instrumente wie in der<br />
Interpretation der dargebotenen Auswahl von Stücken. Von inspirierten "Improvisationen<br />
und Variationen·, wie sie der Titel der Platte verheisst, kann hier nicht eigentlich die Rede<br />
sein.<br />
Am wenigsten befriedigen unter diesem Gesichtspunkt die sogenannten "sefardischen<br />
Lieder", die Ober ein Drittel des zusammengestellten Programms ausmachen. Dabei<br />
handelt es sich nicht - wie der Begleittext behauptet - um primär jüdisches Liedgut,<br />
sondern um anonym überlieferte Gesänge, die wohl noch von der einstigen friedlichen<br />
Koexistenz der drei Schriftreligionen im mittelalterlichen Spanien zeugen, aber zumeist in<br />
Liedsammlungen erhalten sind, welche erst zur Zeit der Vertreibung von Juden (1492) und<br />
Musilimin (1502) entstanden.<br />
Die zwischen die instrumentale Wiedergabe der Melodien eingestreuten Rezitationen der<br />
Liedtexte wirken bei aller Einfachheit und trotz der verhältnismassig akzentfreien Sprache<br />
aufgesetzt und stereotyp. Der Verzicht auf Gesang ist unzureichend kompensiert mit dem<br />
falschen Pathos einer etwas unbeholfenen Märchentantenstimme.<br />
Den Interpretationen van Ree Bernards mangelt es auf der einen Seite an der Perfektion<br />
und der professionelle Stilsicherheit, mit der etwa das Ensemble Hesperion XX am<br />
gleichen Repertoire - der ungerechte Vergleich drängt sich auf - hohe Massstäbe gesetzt<br />
hat; auf der anderen Seite vermag sie aber auch kaum etwas von der volkstümlichen<br />
Unmittelbarkeit und Lebendigkeit zu vermitteln, wie wir sie von authentischen Aufnahmen<br />
gerade aus der sefardischen Tradition kennen.<br />
Was an der vorliegenden Aufnahme interessieren wird, sind mithin weniger die<br />
Einspielungen eines mehr oder weniger bekannten Repertoires als vielmehr die klanglichen<br />
und spieltechnischen Möglichkeiten der in beeindruckender Vielfalt rekonstruierten<br />
Instrumente. Diese zur Diskussion zu stellen, ist sicher eine lohnende Sache.<br />
Heidy Zimmermann