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99 Sachen, die wir im Mühlviertel machen

Mühlviertler Schätze. Das Buch zu "99 Sachen, die wir im Mühlviertel machen". Geschichten von Leuten für Leute.

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<strong>99</strong> <strong>Sachen</strong>, <strong>die</strong> <strong>wir</strong> <strong>im</strong> <strong>Mühlviertel</strong> <strong>machen</strong>: Altes Handwerk<br />

PECHÖLBRENNEN<br />

Fritz Früh<strong>wir</strong>th aus St. Leonhard erzeugt<br />

ein Naturheilmittel für Mensch und Tier<br />

ZITAT<br />

Seit Jahrhunderten <strong>wir</strong>d <strong>die</strong> Volksmedizin Pechöl hergestellt.<br />

Foto © Manfred Horvath<br />

„Es ist höchste Zeit, dass<br />

verborgene Schätze in Form<br />

von besonderen<br />

Fertigkeiten mit der<br />

Aktion ‘<strong>99</strong> <strong>Sachen</strong>‘ wieder<br />

entdeckt werden. Das<br />

<strong>Mühlviertel</strong> hat sicher<br />

jede Menge davon.“<br />

BH Ing. Mag. Werner Kreisl<br />

(EUREGIO-Vorstand/BH Perg)<br />

36<br />

Um <strong>die</strong> medizinische Versorgung am<br />

Land war es früher nicht <strong>im</strong>mer gut<br />

bestellt. In ihrer Not mussten sich <strong>die</strong><br />

Menschen selber helfen. So entdeckte<br />

man <strong>die</strong> heilende Wirkung des Pechöls.<br />

„Heilsam“ heißt <strong>die</strong>se Jahrhunderte alte<br />

Naturmedizin <strong>im</strong> Volksmund. 2014 hat<br />

<strong>die</strong> Unesco das Handwerk des Pechölbrennens<br />

zum <strong>im</strong>materiellen Weltkulturerbe<br />

ernannt, denn auch heute noch<br />

<strong>wir</strong>d es ausgeübt. Fritz Früh<strong>wir</strong>th aus<br />

St. Leonhard/Fr. hat viel Erfahrung auf<br />

<strong>die</strong>sem Gebiet.<br />

Pechöl ist destilliertes Harz und ein Nebenprodukt<br />

der Holzkohleerzeugung.<br />

„Einmal <strong>im</strong> Jahr, zur Sonnenwende,<br />

<strong>wir</strong>d es gebrannt. Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt<br />

ist <strong>die</strong> Umgebungstemperatur am<br />

wärmsten, dann ist der Stein gut aufgewärmt“,<br />

erklärt Fritz. Die Herstellung ist<br />

eine Wissenschaft für sich. Man braucht<br />

dazu harzreiches Holz, ideal ist <strong>die</strong> Rotkiefer.<br />

In kleine Stücke gehackt <strong>wir</strong>d es<br />

ganz dicht auf den Stein geschlichtet –<br />

„eine Sisyphusarbeit“. Der Stapel <strong>wir</strong>d<br />

mit Zweigen und Rasenziegeln abgedeckt<br />

und angezündet. Die Luftregulierung<br />

ist besonders wichtig, denn das<br />

Holz soll ganz langsam dahinkohlen. So<br />

kann das Harz destillieren. Zuerst rinnt<br />

Wasser aus den Rillen des Steins, dann<br />

Tropfen für Tropfen das Pechöl.<br />

Die Verwendungsmöglichkeiten sind<br />

vielfältig: Mit einer Pechölsalbe oder<br />

dem puren Destillat wurden Verletzungen<br />

und Wunden behandelt. „Es<br />

hilft auch bei Rheuma, Gicht, Asthma,<br />

Fersensporn, Warzen und und und.<br />

Das haben <strong>wir</strong> alles erprobt“, sagt Fritz.<br />

Erkrankten Tieren gab man einen mit<br />

Pechöl getränkten Strohballen zu Fressen.<br />

Das half gegen <strong>die</strong> weit verbreitete<br />

Maul- und Klauenseuche. War <strong>die</strong><br />

Schweinepest <strong>im</strong> Anzug wurden <strong>die</strong><br />

Ställe mit dem Öl bestrichen. Auch <strong>die</strong><br />

Wagenräder pflegte man damit: Mit<br />

Rindertalg vermengt war es ein gutes<br />

Schmiermittel.

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