30 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL | NEW YORK Künstlerisch: Graffiti in der South Bronx Fotos: M. Winckler
TRAVEL | NEW YORK <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 31 Dafür ist der Empfang im Marmara Boutique-Hotel in Manhattan Uptown umso herzlicher. Neslie Cafer, Marketingchefin des Hauses, hat uns etwas früher erwartet und schenkt türkischen Rotwein ein. Sie bezeichnet die lange Wartezeit am Flughafen als eine „Zumutung“. Die Beschwerden häuften sich und die zuständige US-Sicherheitsbehörde gerate immer stärker unter Druck, die Passkontrolle zu beschleunigen. Sie habe angekündigt, die Situation durch mehr Personal zu verbessern, geschehen sei aber noch nichts. Es müsse aber endlich was passieren, denn New York sei die „aufregendste Stadt der Welt“. Es ist einfach unwürdig, ihren Besuchern solch extrem lange Wartezeiten zuzumuten. Diese Kritik äußert jeder New Yorker, den wir treffen. Am nächsten Morgen entspannen das Schwimmen im 15 Meter langen Pool und einige Minuten im Hamam. Frühstück gibt es in der hellen Lobby mit zwei Kaminen und Bistrotischen vor der Bar. Von der Terrasse des Penthouses in der 18. bis 20. Etage schweift der Blick über Dächer mit hölzernen Wassertanks und begrünten Hinterhöfen bis zum nahen Empire State Building, das sich über alle anderen Wolkenkratzer des Quartiers erhebt. In der Lobby wartet Daniel Abatelli auf uns. Der frühere Geschichtslehrer will uns die South Bronx zeigen. Wir fahren mit der U-Bahn 40 Minuten und steigen an der Station 138 St./Alexander Av NW Corner aus. Der U-Bahnhof heruntergekommen und vernachlässigt. Hinter den Gleisen an den Wänden kleben nur noch vereinzelt Kacheln auf geschwärztem Beton. Dumpfes, gelbes Licht fällt träge auf den Bahnsteig. Die Schienen zwischen den Plattformen dämmern in tiefem Schwarz. Nur wenige, scheinbar in sich versunkene Fahrgäste, Weiße, Schwarze, Latinos, Mütter mit Kinderwagen, warten auf den nächsten Zug. Einige hören Musik über Kopfhörer, wippen mit den Füßen, andere sind mit ihrem Handy beschäftigt, tippen SMS. Die South Bronx ist ein Gewerbegebiet mit Sozialwohnungen, wo sich urbane Entwicklung abzeichnet, vielleicht die spannendste in New York. Graffiti-Kunst an Häuserwänden, Kneipen, Minirestaurants, breite Straßen, wenig Verkehr, kaum Menschen auf den Trottoirs, ganz im Gegensatz zu Manhattan. Eine Frau verkauft illegal Sandwiches aus dem Kofferraum ihres Autos. Ihre Kunden sind Maurer, Klempner, Elektriker, Installateure, Maler. Sie arbeiten in alten Fabrikgebäuden und Handelshäusern, in denen Lofts, Appartements, Ateliers, Kneipen, Clubs und Galerien entstehen. Die South Bronx sei bei Künstlern angesagt, da die Mieten von Ateliers und Wohnungen hier noch bezahlbar seien, sagt Daniel. Vor zehn Jahren noch habe man sich in manchen Quartieren der Bronx abends und zuweilen auch tagsüber nicht auf die Straßen gewagt, fügt er hinzu. Heute sei New York eine der sichersten Städte der USA. Wir kehren in eine Schnapsbrennerei ein. Inhaber Manny Munoz: „Die Bronx ist der einzige Stadtteil New Yorks, den man sich zurzeit leisten kann.“ Die Kriminalität sei in den vergangenen