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1-2 /09 - Erzherzog Johann - Steiermark

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Das Beten in dieser Kapelle hat uns, also meine<br />

Generation, in der Jugend sehr stark geformt. In<br />

den großen Ferien hat es täglich Messen gegeben,<br />

denn meine Großmutter und auch noch meine<br />

Eltern haben in den Sommermonaten immer einen<br />

Priester eingeladen, der dort seinen Urlaub verbringen<br />

konnte. Es ist natürlich keiner von uns<br />

gezwungen worden, die heilige Messe zu besuchen,<br />

aber wir haben es gerne getan. Im Sommer waren<br />

von den 45 Enkeln meiner Großmutter oft bis zu<br />

30 am Brandhof oben. Der Brandhof war auch<br />

immer von einer starken, natürlichen religiösen<br />

Atmosphäre geprägt. Unsere Großmutter hat uns<br />

immer eine halbe Stunde vor dem Mittagessen<br />

zusammengefischt und mit uns – immer vor dem<br />

Hintergrund ihres sehr starken Glaubens – religiöse<br />

Gespräche geführt; auch darüber, wie man mit<br />

verschiedenen Lebenssituationen fertig wird. Ein<br />

Tischgebet war selbstverständlich. Und Mariazell<br />

war für uns wie auch für die nächste und übernächste<br />

Generation der Ort, wo man gerne hingepilgert<br />

ist. Oft haben meine Vettern und Cousinen<br />

gesagt: So, morgen gehen wir nach Mariazell. Das<br />

war ein vier- bis viereinhalbstündiger Weg, und<br />

wir mussten früh aufstehen, dass wir rechtzeitig<br />

zur Acht-Uhr-Messe dort waren.<br />

Ist <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> regelmäßig gewallfahrtet?<br />

Das kann ich nicht sagen. Die Wallfahrten haben<br />

zu dieser Zeit gerade erst wieder begonnen. Unter<br />

Kaiser Josef II. waren sie ja verboten. Zu <strong>Erzherzog</strong><br />

<strong>Johann</strong>s Zeiten hat man sich allerdings nicht mehr<br />

daran gehalten. Es gibt übrigens ein schönes Bild,<br />

wo <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> auf einer Wallfahrt zu sehen<br />

ist: kniend, den Gnadenort schon in der Weite<br />

erblickend. Dieses Motiv wird in Mariazell auch als<br />

Postkarte verkauft.<br />

Und wie sieht es aus mit persönlichen Glaubensaussagen<br />

<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>s?<br />

Man hat zu dieser Zeit nicht so viel über Religion<br />

in der Gesellschaft gesprochen – auch in meiner<br />

Kindheit war das noch nicht üblich. So wie man<br />

auch über intimere persönliche Dinge nicht ge-<br />

sprochen hat. Es war vielmehr eine Selbstverständlichkeit,<br />

dass man aus dem Glauben heraus gehandelt<br />

hat. Und der Glaube ist so vorgelebt worden,<br />

dass man nicht viel darüber sprechen musste.<br />

Ein Ausspruch von <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> ist allerdings<br />

ziemlich bekannt, den er vor dem Bau der Kapelle<br />

tätigte: „Am Hause meines Herrn will ich selbst<br />

mit Hand anlegen.“ Er hat auch tatsächlich selbst<br />

als Maurer mitgearbeitet. Außerdem hat er gesagt:<br />

„Beim Bau des Brandhofs soll die Kapelle die Mitte<br />

des Hauses ausmachen.“ Offensichtlich war es ihm<br />

sehr wichtig, dass eben der Herrgott den Haupt-<br />

Platz in seinem Haus hatte – mit der Kapelle als<br />

einem Ort der Geborgenheit für eine zukünftige<br />

große Familie.<br />

Ich danke für das Gespräch.<br />

Gertraud Schaller-Pressler<br />

… darum gehe ich bald auf den Brandhof arbeiten,<br />

wie jeder andere, an dem Haus meines Gottes,<br />

an dem schönsten Teil meines Gebäudes;<br />

da arbeite ich als Maurer wie jeder andere und denke dabei an den Gott,<br />

dem ich so vieles zu danken habe, Friede, Ruhe und sie meine Th: N: [teure<br />

Nani], die er mir gab, um mich sonderbar zum Guten zu führen.<br />

er z h e r zo g Jo h a n n v. Ös t e r r e ic h.<br />

se i n wi r K e n in s e i n e r ze i t, Fe s t s c h r i F t, h r sg. v. o. pic K L, gr a z 1982.<br />

Votivbild mit<br />

dem Brandhof.<br />

johann.<br />

1-2/<strong>09</strong> steirische berichte 25

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