1-2 /09 - Erzherzog Johann - Steiermark
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fen. Doch sein Plan flog auf, er wurde beschuldigt,<br />
ein „Königreich Rätien“ gründen zu wollen, und<br />
daraufhin verurteilt. Nach dieser erneuten Niederlage<br />
zog er sich endgültig aus allen militärischen<br />
Angelegenheiten zurück und widmete sich fortan<br />
der <strong>Steiermark</strong>, die er aufgrund seiner zahlreichen<br />
Reisen während des Aufbaus der Landwehr kennen<br />
gelernt hatte. Bereits 1805 hatte er einen Landsitz<br />
in Thernberg in der Buckligen Welt erworben, dort<br />
konnte er nun seinen Studien nachgehen.<br />
Voller neuer Ideen für die<br />
<strong>Steiermark</strong><br />
Ursprünglich wollte <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> seine naturwissenschaftlichen<br />
Sammlungen und Aufzeichnungen<br />
der Innsbrucker Universität überlassen, doch<br />
die angesprochenen militärischen und politischen<br />
Wendungen zwangen ihn, sich neu zu orientieren.<br />
Er erkannte, dass es in der <strong>Steiermark</strong>, genauer<br />
gesagt in Graz, lediglich ein Lyzeum, eine höhere<br />
Schule zur Ausbildung von Staatsbeamten, gab und<br />
widmete sich ab nun der Bildung und Ausbildung<br />
in der <strong>Steiermark</strong>. Er sprach mit dem Kaiser über<br />
die Idee, dem Lyzeum in Graz seine Sammlungen<br />
zu schenken und war davon besessen, ein eigenes<br />
Institut zu gründen. 1811 wurde eine Schenkungsurkunde<br />
ausgestellt, und die ersten Kuratoren des<br />
Museums Joanneum traten ihr Amt an.<br />
Nachdem es 1815 zur endgültigen Niederlage<br />
Napoleons gekommen war, reiste <strong>Johann</strong> mit<br />
seinem Bruder Ludwig nach England und konnte<br />
dort die Erneuerungen der industriellen Revolution<br />
eingehend studieren. Heimgekommen mit einem<br />
Rucksack voller neuer Ideen, wollte er Industrie und<br />
Landwirtschaft durch eine verbesserte Ausbildung<br />
der Bevölkerung fördern.<br />
1816 kehrte <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> nach Graz zurück.<br />
Auf einer seiner zahlreichen Wanderungen durch<br />
das Salzkammergut lernte er 1819 Anna Plochl,<br />
Tochter eines Ausseer Postmeisters kennen. In den<br />
folgenden Jahren trafen die beiden einander immer<br />
wieder zufällig bei festlichen Anlässen und lernten<br />
sich so kennen und lieben. Anna musste nach dem<br />
Tod ihrer Mutter den Haushalt führen, und so<br />
konnten sich die Liebenden immer nur zu Besuchen<br />
des Prinzen im Ausseerland treffen. Im August<br />
1822 verlobten sich die beiden auf der Ennsbrücke<br />
bei Irdning. 1822 kaufte der Prinz ein Radwerk in<br />
Vordernberg und war damit Radmeister geworden.<br />
Er holte Anna als Wirtschafterin ins Vordernberger<br />
Radmeisterhaus. Nach anfänglichem Missfallen des<br />
Kaisers gegen eine Heirat fand im Februar 1829 die<br />
kirchliche Hochzeit in der Kapelle des sich seit 1818<br />
im Besitz des Prinzen befindlichen Brandhofes bei<br />
Mariazell statt. 1834 wurde Anna zur Freifrau von<br />
Brandhofen und 1850 von Kaiser Franz Joseph zur<br />
Gräfin von Meran erhoben.<br />
Die beiden hatten einen Sohn, Franz Ludwig <strong>Johann</strong><br />
Baptist, der 1839 zur Welt kam und 1845 als Graf<br />
von Meran geadelt wurde. <strong>Johann</strong>es Müller hatte<br />
<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> seinerzeit auf das Leben der einfachen<br />
Bevölkerung aufmerksam gemacht. <strong>Johann</strong><br />
gab von 1810 bis 1840 eine Studie in Auftrag, in<br />
der er die Verhältnisse der steirischen Bevölkerung<br />
untersuchen ließ. Über ausgeschickte Fragebögen<br />
wollte er Einblick in Dinge wie Aberglaube, Brauchtum<br />
bei Taufen, Heirat, Tod, Rebsorten, Dienstbotenlohn,<br />
Kost, Wohnhaus, Stall und Wirtschaftsgebäude<br />
gewinnen. Pfarrer, Ärzte oder Herrschaftsverwalter<br />
nahmen sich dieser Befragung an, die zu<br />
jener Zeit als einmalig galt. Das Tragen des Steireranzugs,<br />
der heute mehr Beliebtheit denn je genießt,<br />
drückte die Verbundenheit des Prinzen mit der<br />
steirischen Bevölkerung aus.<br />
Noch einmal, während der großen Revolution<br />
des Jahres 1848, wurde <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> in die<br />
Ereignisse der Weltgeschichte verstrickt. Nachdem<br />
der beliebte Habsburger kurze Zeit die Übergangsregierung<br />
in Wien geleitet hatte, wurde er wegen<br />
seiner liberalen Anschauungen von der in Frankfurt<br />
neu einberufenen Nationalversammlung zum<br />
Deutschen Reichsverweser gewählt. Doch schon<br />
1849 legte <strong>Johann</strong> dieses Amt nieder, um in „seine“<br />
<strong>Steiermark</strong> zurückzukehren.<br />
Am 11. Mai 1859 starb <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> 78jährig<br />
in seinem Palais in Graz, dem heutigen Palais<br />
Meran. Er wurde im Mausoleum in Graz beigesetzt,<br />
1869 überführte man den Leichnam jedoch nach<br />
Schenna (Südtirol). Auch seine 1885 verstorbene<br />
Gattin und sein Sohn Franz mit seiner Frau<br />
Theresia fanden dort ihre letzten Ruhestätten.<br />
Rückblickend betrachtet waren es seine nicht gerade<br />
erfolgreichen Verstrickungen in die damaligen<br />
Ereignisse der Weltgeschichte, die <strong>Johann</strong> zum<br />
Glücksfall für die <strong>Steiermark</strong> werden ließen, wo er<br />
letztlich auch seine wirkliche Berufung und sein<br />
persönliches Glück fand.<br />
Patrizia D’Alessandro<br />
Verwendete Literatur (Auszug):<br />
Lieselotte Jontes, <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> von Österreich<br />
(1782–1859). Zum 225. Geburtstag des Steirischen Prinzen<br />
(= Universitätsbibliothek der Montanuniversität Leoben.<br />
Ausstellungskataloge 11), Leoben 2007.<br />
Anton L. Schuller, <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> … und was von ihm blieb.<br />
Graz 1981.<br />
Viktor Theiss, <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>. Der steirische Prinz.<br />
Zweite, erweiterte Auflage herausgegeben von<br />
Grete Klingenstein, Wien 1981.<br />
grenzenlos.<br />
Das Radwerk IV in<br />
Vordernberg am Fuß<br />
des Präbichl in den<br />
Eisenerzer Alpen<br />
dient heute als<br />
Museum und ist der<br />
einzige noch vollausgestattete<br />
Holzkohlenhochofen<br />
Österreichs.<br />
Fo t o: mar K t g e m e i n d e<br />
vo r d e r n b e r g<br />
1-2/<strong>09</strong> steirische berichte 53