1-2 /09 - Erzherzog Johann - Steiermark
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wissenschaft.<br />
kunst.<br />
kultur.<br />
40<br />
steirische berichte 1-2 /<strong>09</strong><br />
Die Kammermaler<br />
des <strong>Erzherzog</strong>s <strong>Johann</strong><br />
Bildnerische Dokumentaristen ihrer Zeit<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts beschäftigte <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>, der Tradition der Hof- und Kammermaler folgend, eine<br />
Reihe von Künstlern, u. a. <strong>Johann</strong> Kniep, Jakob Gauermann, Karl Russ, Matthäus Loder und Thomas Ender. Seine Beweggründe<br />
waren durch neue aufklärerische Ideen geprägt.<br />
Abdruck der drei<br />
Faksimiles<br />
mit freundlicher<br />
Genehmigung der<br />
Steiermärkischen<br />
Landesbibliothek.<br />
Die Kammermaler sollten im Sinne von volksbildnerischen<br />
und naturwissenschaftlichen Interessen<br />
die Landschaft der <strong>Steiermark</strong> und deren Bevölkerung<br />
möglichst wirklichkeitsgetreu erfassen, wofür<br />
der <strong>Erzherzog</strong> genaue Anleitungen vorgab. Dies<br />
war eine neue Herausforderung und Aufgabe für<br />
die akademisch geschulten Künstler.<br />
Zwischen 1801 und 1848 entstanden so zahlreiche<br />
Landschaftsbilder, meist Aquarelle, die die Stimmung<br />
des Biedermeier einfangen. So sind die<br />
Landschaften sowohl durch einen ausgeprägten<br />
Realismus in der Darstellung geprägt, als auch von<br />
einer romantischen Sehnsucht nach einem Ideal<br />
durchdrungen. Diese bildnerischen Landschaftsbeschreibungen<br />
bildeten den Kern der Kunstsammlung<br />
des 1811 gegründeten Joanneums.<br />
Zwischen Aufklärung und Romantik:<br />
Fortschrittsglaube und<br />
das „Eigene“ als Verteidigung<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Natur ins<br />
Zentrum gestellt, sie wurde zum Symbol für das<br />
Schöne und Reine. Die Sehnsucht nach einer<br />
unberührten, ursprünglichen Natur steht in engem<br />
Zusammenhang mit der zunehmenden Industrialisierung,<br />
welche das 19. Jahrhundert prägte. Trotz<br />
aller Begeisterung für den Fortschritt und die<br />
damit verbundenen Möglichkeiten sah man auch<br />
die Nachteile dieses Prozesses: Verstädterung und<br />
Landflucht, Anonymisierung und Mechanisierung<br />
der Gesellschaft, Verlust des traditionellen sozialen<br />
Lebens. Die Natur wurde hierzu als Gegensatz<br />
stilisiert.<br />
<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> ist in diesem Sinne ein Mensch<br />
des Biedermeier: Obwohl er sehr fortschrittsbezogen<br />
und zukunftsgläubig war – so studierte er<br />
z. B. in London alles, was für Ökonomie und die<br />
maschinelle Entwicklung nützlich und übertragbar<br />
zu sein schien: Maschinenwerkstätten, Gusswerke,<br />
Stahlöfen, Hammerwerke etc. –, war er überzeugt,<br />
dass damit auch die Werte seiner Zeit wie Gemeinsinn,<br />
Glauben, Familie usw. verloren gingen.<br />
Sein Bestreben war daher, einerseits die Wirtschaft<br />
durch Modernisierung anzukurbeln, aber auch<br />
den Menschen durch Arbeit „menschenwürdige<br />
Lebensverhältnisse zu schaffen“.<br />
Damit verbunden war der tiefe Glaube an das<br />
„Eigene“, das es, beeinflusst vom Krieg Österreichs<br />
gegen Frankreich, zu verteidigen galt und das man<br />
in der Natur, verkörpert durch die alpine Bergwelt,<br />
gespiegelt sah. Die Entdeckung dieses „Eigenen“<br />
sollte einen nationalen Stolz entfachen. Basis<br />
dieses Strebens waren Beschreibungen von<br />
Landschaften und Bewohnern und deren Sitten,<br />
Habitus und Kleidung.