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1-2 /09 - Erzherzog Johann - Steiermark

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Bilder eines persönlichen Lebens<br />

Die Kammermaler hatten neben der anstrengenden<br />

Erfassung des Landes mittels Fußmärschen auch<br />

die Aufgabe, das persönliche Leben des Auftraggebers<br />

zu dokumentieren. Jener Künstler, der diesbezüglich<br />

am berühmtesten und über ein Jahrzehnt<br />

zu <strong>Johann</strong>s engstem Vertrauten wurde, war<br />

Matthäus Loder (1781–1828).<br />

1819 traf der 37jährige <strong>Johann</strong> auf einer seiner<br />

Wanderungen beim Toplitzsee auf Anna Plochl,<br />

die Tochter des Ausseer Postmeisters, damals 15<br />

Jahre alt, und verliebte sich in sie. Loder wurde<br />

der künstlerische Historiograph der Beziehung.<br />

Der Künstler schuf u. a. ab 1826 eine Anzahl von<br />

miniaturhaften Aquarellen, vom Künstler auf eine<br />

goldverzierte Unterlage montiert, das sogenannte<br />

Stammbuch der Anna Plochl, heute im Familienbesitz<br />

der Grafen Meran. Das Stammbuch wurde zu<br />

Annas Geburtstag begonnen und zeigt die wichtigsten<br />

Momente der Liebe zwischen <strong>Erzherzog</strong><br />

<strong>Johann</strong> und ihr. Die Geschichte dieser Liebe wurde<br />

schon zu Lebzeiten romantisch verändert.<br />

<strong>Johann</strong> gab hierfür genaue Anweisungen, wie aus<br />

einem Brief vom 3. Jänner 1826 ersichtlich wird:<br />

... und für dein Stammbuch nach der Aussicht<br />

von Aussee und deines väterlichen Hauses, das<br />

erste Sehen am Gössl, am Toplitzsee … ich bringe<br />

die Fortsetzung mit, es wird eine Geschichte in<br />

hübschen Bildern werden. So oft ich allen dem zurückdenke,<br />

habe ich eine innige Freude. Hoffentlich<br />

werden noch viele Bilder folgen, die ich im Kopfe<br />

habe, die mich noch weit mehr freuen werden …<br />

(zit. nach: Matthäus Loder, 1978, S. 36–37.)<br />

Acht Blätter in einer Mappe mit Faksimile-Wiedergaben<br />

im Originalformat „Aus dem Stammbuch der<br />

Anna Plochl“ befinden sich in der Steiermärkischen<br />

Landesbibliothek, das Umschlagbild stammt von<br />

einer Glückwunschkarte an Anna, datiert 1824 und<br />

vom Künstler signiert. Drei dieser Blätter werden<br />

hier kurz vorgestellt.<br />

Matthäus Loder war, wie viele Künstler seiner Zeit,<br />

tuberkulös und starb früh, 1828 in Vordernberg,<br />

wohin er mit seiner Frau gezogen war.<br />

Das dokumentarische Programm des <strong>Erzherzog</strong>s<br />

aber musste weitergehen. Er übergab Loders Skizzen<br />

und Aquarelle zur Fertigstellung dem bereits<br />

erfolgreichen Maler Thomas Ender, der sein letzter<br />

Kammermaler wurde. Ender reiste ab 1829 zwanzig<br />

Jahre umher und schuf nach einem systematischen<br />

Plan ein wichtiges Gesamtwerk österreichischer<br />

Ansichten. Einen so engen Kontakt wie Loder erreichte<br />

jedoch kein anderer Maler, auch begründet<br />

in der Tatsache, dass sich <strong>Johann</strong> immer mehr von<br />

den Wanderungen zurückzog und durch seine wirtschaftlichen<br />

Vorhaben sesshafter geworden<br />

Bettina Messner<br />

war. li.: Anna und <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>, im Hintergrund<br />

sein Radwerk in Vordernberg. Anna ist im Vordergrund<br />

sitzend mit einer jüngeren Schwester dargestellt. Die<br />

Kleine reicht dem <strong>Erzherzog</strong>, der aufrecht im Hintergrund<br />

steht, einen Blütenkranz. Neben Anna befindet<br />

sich ein Korb mit Rosen als Sinnbild der Liebe, und mit<br />

Lilien, die für die Unschuld stehen. Hinter Anna bildet<br />

eine Ranke ein Oval, das ein J., das Monogramm des<br />

<strong>Erzherzog</strong>s, umschließt. <strong>Johann</strong> wird dargestellt auf<br />

dem Weg von der sachlichen Arbeit, seinem Radwerk im<br />

Hintergrund, zu Anna, seiner Liebe und Gefühlswelt:<br />

Nur noch eine letzte Hürde, in Form einer Holzlatte,<br />

die die Felsen überbrückt, trennt ihn von den freudig<br />

Wartenden. <strong>Johann</strong> gleicht einer Erscheinung. In dieser<br />

Zeit wurde das heute noch vorherrschende „Idealbild“<br />

des <strong>Erzherzog</strong>s im grauen Rock geprägt.<br />

Die Szene wird zum Abbild romantischer Gefühlsstimmungen,<br />

die realistisch geschilderte Landschaft spielt<br />

hier nur eine Nebenrolle.<br />

mi.: Abschied beim Gatter ober der Traunmühle<br />

1819 war <strong>Johann</strong>s erste Begegnung mit Anna bei einer<br />

Wanderung. Das Bild zeigt den Abschied nach der<br />

ersten gemeinsam verbrachten Zeit. <strong>Johann</strong> und Anna<br />

reichen einander die Hände, hinter Anna stehen drei<br />

Freundinnen, hinter <strong>Johann</strong> seine Begleiter. Die Szene<br />

ist eingebettet in eine realistische, klare Naturschilderung.<br />

Der wichtigste Moment, die Berührung der beiden<br />

Liebenden, wird durch natürliche Elemente, die dahinter<br />

ersichtliche Baumgruppe, optisch hervorgehoben.<br />

1823 gestattete der Kaiser seinem erzherzoglichen Bruder,<br />

die bürgerliche Anna zu heiraten. Doch Intrigenspiele<br />

des Hofes vereitelten durch Rufschädigungen den<br />

Plan. <strong>Johann</strong> griff seinerseits zu einer List: Er stellte<br />

Anna als Haushälterin für sein Wohnhaus in Vordernberg<br />

ein. Nach sechs Jahren wurde ihm die Heirat doch<br />

noch gewährt.<br />

re.: Anna und <strong>Johann</strong> auf dem Gipfel des Erzberges<br />

Ab 20. September 1823 lebte Anna als Haushälterin<br />

beim <strong>Erzherzog</strong>. Am 1. Oktober gehen die beiden allein<br />

auf den Erzberg. Die Darstellung der beiden Gestalten<br />

auf dem überdimensionalen und steinigen Erzberg,<br />

schon auf einem Gipfel, aber noch nicht beim Gipfelkreuz,<br />

spiegeln ihre Gefühle wider: Auch wenn die<br />

ersehnte Hochzeit nicht stattfinden kann, können die<br />

Liebenden doch gemeinsam ihre Zeit verbringen. Die<br />

detaillierte Naturschilderung jedoch überragt und überdauert<br />

die menschliche Geschichte.<br />

Literatur, (in Auswahl):<br />

Walter Koschatzky, <strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong>. Die Kammermaler,<br />

Ausstellungskatalog, Galerie und Auktionshaus<br />

Hassfurther, Wien 1996.<br />

Inge Schwarz, Einleitung. Aus dem Stammbuch der<br />

Anna Plochl. Faksimile-Wiedergaben im Originalformat,<br />

Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1982.<br />

wissenschaft.<br />

kunst.<br />

kultur.<br />

1-2/<strong>09</strong> steirische berichte 41

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