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1-2 /09 - Erzherzog Johann - Steiermark

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Glorifizierendes Bild<br />

Das unwirkliche, glorifizierende Bild Hofers trug in<br />

den letzten Jahrzehnten in intellektuellen Kreisen<br />

und auch in der Schule dazu bei, ihn durch Verdrängen<br />

zu vergessen. Der aufdringliche Anachronismus<br />

rief nicht selten eine abweisende, peinliche Beschämung<br />

hervor.<br />

So verlor sich auch das Wissen um Hofers 41 Lebensjahre<br />

vor dem Aufstandsjahr 18<strong>09</strong>, welches<br />

ohnehin nur spärlich historisch belegbar ist. Einen<br />

wichtigen Beitrag dazu wird die vom jungen Historiker<br />

Andreas Oberhofer verfasste Biografie leisten.<br />

Damit kann allmählich auch im Geschichteunterricht<br />

ein Umdenken zu Gunsten unseres „armen<br />

Helden“ geschehen.<br />

Denn ob wir es wollen oder nicht, Hofer bleibt eine<br />

höchst politische Identifikationsfigur im Lande, die<br />

auch weiterhin zur trennenden Polarisation der<br />

Gesellschaft im dreisprachigen Südtirol oder zum<br />

gemeinschaftlichen Verständnis der sozialen, wirtschaftlichen<br />

und politischen Beweggründe aller<br />

Beteiligten der damaligen Zeit, wie auch heute,<br />

beitragen kann.<br />

Wissen schafft Interesse bei den Jugendlichen, und<br />

so glaubt auch Lisa: Wenn ich vielleicht mehr wüsste,<br />

einen Film gesehen oder Bücher gelesen hätte,<br />

würde mich sein Leben mehr interessieren!<br />

Hofer war 1767 am Sandhof geboren worden, verlor<br />

früh seine Mutter und den Vater, lernte leidlich lesen<br />

und schreiben und übernahm, nachdem er Anna<br />

Ladurner aus Algund geheiratet hatte, als einziger<br />

Sohn das Wirtshaus am Sand. Zuvor hatte er, wie<br />

in Bürgersfamilien in Tirol üblich, einige Jahre als<br />

Lehrjunge am italienischen Nonsberg verbracht<br />

und lernte dabei die italienische Umgangssprache<br />

und Sitten. Dieses Wissen kam Hofer als Wein- und<br />

Viehhändler, der rastlos viel im ganzen Lande unterwegs<br />

war, sehr zugute.<br />

Dieses historisch-biografische Wissen, von den<br />

Italienischlehrerinnen aufgegriffen und in den<br />

Unterricht eingebaut, blieb bei den Jugendlichen in<br />

lebendiger Erinnerung. Es widerspiegelt eine realwirtschaftliche,<br />

soziale Offenheit unseres „Helden“,<br />

welche ihm im Hinblick auf seine deutschnationale<br />

Vereinnahmung nicht zugestanden worden wäre.<br />

Es kann einen kleinen Beitrag zu einer etwas gelösteren<br />

Haltung vieler Jugendlicher im Erlernen der<br />

zweiten Landessprache leisten.<br />

Hofer, Vater von fünf Kindern, war ein leutseliger<br />

und gottesfürchtiger Mann mit einem imposanten<br />

Äußeren, der es mit seinem charismatischen Wesen<br />

verstand, seine Landsleute zu begeistern. Er bekam<br />

mit ihnen den wirtschaftlich-politischen Niedergang<br />

des Landes in der bayrischen Verwaltungszeit<br />

zu spüren. Wagemutig, und auf die Hilfe des österreichischen<br />

Kaisers vertrauend, ließ er sich von<br />

den schwärmerischen Ideen des Freiheitskampfes<br />

für sein Land Tirol begeistern. Durch den jungen<br />

<strong>Erzherzog</strong> <strong>Johann</strong> an ihn herangetragen, wurde er<br />

zu dessen politischem Instrument. Er war der führende<br />

Kopf, der die Aufstandspläne im Geheimen<br />

unter die Leute brachte, der die Tiroler Schützen<br />

als ernannter Oberkommandant in die Schlachten<br />

führte und der für zwei Monate die Landesregentschaft<br />

in der Innsbrucker Hofburg übernahm.<br />

Er war eine gute und überzeugende Wahl für das<br />

Land gewesen. Mit seinem einfachen<br />

und ehrlichen Wesen verkannte er<br />

im Herbst des Jahres 18<strong>09</strong> nun aber<br />

die kriegspolitische Realität Europas,<br />

zumal Tirol darüber durch die österreichische<br />

Regierung in Wien lange<br />

Zeit im Unklaren gelassen wurde<br />

(Friedensschluss vom 14. Oktober in<br />

Schönbrunn).<br />

In seinem Bestreben, es allen recht<br />

machen zu wollen, ließ er sich durch radikale und<br />

starrköpfige Gruppen zu Fehlentscheidungen verleiten.<br />

Im zu späten Erkennen derselben entschied<br />

er, die gottergebene Buße für sein Tun auf sich zu<br />

nehmen und dem Schicksal seinen Lauf zu lassen.<br />

Trotz allem hoffte er bis zum Ende auf eine unwirkliche<br />

Hilfe von seinem Kaiser Franz.<br />

Zuviele Opfer<br />

Nachdem die letzten Kämpfe im Passeiertal blutig zu<br />

Ende gegangen waren und das Tal endgültig mit<br />

französischen Truppen besetzt wurde, floh er bis zu<br />

seiner Verhaftung am 29. Jänner 1810 auf die Pfandler<br />

Alm, nicht weit von seinem Sandhof entfernt.<br />

So hat Hofer dazu beigetragen, die Kampfhandlungen<br />

seiner Tiroler unnötig zu verlängern, wodurch<br />

die Zahl der Toten um ein Vielfaches anstieg.<br />

All zu oft wird auch heute noch diese Endphase des<br />

Aufstandsjahres als tapferer Freiheits- und Verteidigungskampf<br />

der Tiroler dargestellt und die Sinnlosigkeit<br />

jeder kriegerischen Auseinandersetzung<br />

mit dem damit verbundenen menschlichen Elend<br />

nicht wahrgenommen.<br />

Er hat für sein Land gekämpft, deswegen ist er<br />

auch so bekannt, schreibt David. Judith meint:<br />

Ich weiß nicht ganz genau, ob er es war, der das<br />

Herz-Jesu-Feuer erfunden hat, damit Gott ihm<br />

hilft, den Kampf gegen Napoleon zu gewinnen.<br />

Die Zerrbilder seiner Heldengestalt zu hinterfragen,<br />

wird die Aufgabe der Zukunft sein. Damit er zu<br />

einer identitätstiftenden Gestalt für junge Menschen<br />

werden kann und Tobias sagen kann: Ich freue<br />

mich, dass es ihn gegeben hat, damit Passeier auch<br />

einmal bekannt wird.<br />

Monika Mader<br />

Weiterführende Informationen zum Andreas-Hofer-<br />

Gedenkjahr 18<strong>09</strong>-20<strong>09</strong>:<br />

www.museum.passeier.it, www.18<strong>09</strong>-20<strong>09</strong>.eu<br />

Andreas Hofers<br />

Erschießung am<br />

20. Februar 1810<br />

in Mantua in<br />

Oberitalien,<br />

nachdem er auf<br />

der Pfandleralm in<br />

Südtirol gefangen<br />

genommen<br />

worden war.<br />

Fo t o: K K<br />

grenzenlos.<br />

1-2/<strong>09</strong> steirische berichte 51

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