Jagd Juli/August 2007.indd - Tiroler Jägerverband
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20<br />
Reportage Aus der Geschäftsstelle<br />
Wild<br />
aus dem<br />
Wald<br />
Festrede des LJM Mag. Paul Steixner bei der<br />
Vollversammlung des TJV<br />
Ich habe einmal einen Vortrag in Galtür<br />
gehalten, dessen Th ema lautete: „Wild<br />
aus dem Wald!?“ Der Titel für das Referat<br />
wurde natürlich nicht zufällig so ausgewählt,<br />
sondern wegen der Ambivalenz die<br />
in dieser Formulierung steckt. Denn die Begriff<br />
skombination „Wild aus dem Wald“ ist<br />
auf jeden Fall eindeutig zweideutig:<br />
1.) Kann „Wild aus dem Wald“ bedeuten,<br />
dass man damit eigentlich meint: „Raus<br />
mit dem Wild aus dem Wald“; weg mit<br />
dem Wild, es gibt ja viel zu viel davon, das<br />
zerstört die Natur, und bedroht unseren<br />
Wald oder<br />
2.) kann man damit ganz einfach und unbe-<br />
fangen eben jene Köstlichkeit meinen,<br />
die vor unserer Haustür jedes Jahr nachwächst<br />
und durch die <strong>Jagd</strong> geerntet wird:<br />
das Wildbret.<br />
Und tatsächlich ist es sinnvoll, auf beide<br />
Th emenkreise einmal gemeinsam einzugehen,<br />
weil die Frage eins: „Gibt es zuviel, also<br />
unnatürlich viel Wild und frisst es plakativ<br />
gefragt unserem Wald auf?“ ganz eng mit<br />
der Frage zwei verknüpft ist, nämlich der,<br />
ob das, was wir an Wildbret ernten, auch gesamtökologisch<br />
betrachtet tatsächlich eine<br />
nachhaltige Ernte ist, also in dem Sinne, dass<br />
sie nicht nur jedes Jahr nachwächst, sondern<br />
auch nicht auf Kosten der Qualität und Stabilität<br />
des Lebensraumes Wald einfach „herausgewirtschaft<br />
et“ wird.<br />
Zunächst zur Frage eins: Die Forderung<br />
nach weniger Wild im Wald ist ja seit Jahrzehnten<br />
ein zentraler Dauerbrenner in jeder<br />
Diskussion zwischen <strong>Jagd</strong> und Forst. Im<br />
Sog von apokalyptischen Vorstellungen und<br />
Darstellungen über sauren Regen, Schadstoffe<br />
und Waldsterben erreichte die Wildschadensthematik<br />
Anfang der 80er Jahre ihren<br />
Höhepunkt und wurde mit großer Vehemenz<br />
und sehr fundamentalistisch geführt.<br />
Die offi zielle Proklamation damals war<br />
klar: Ohne dramatische Reduktion der Wildbestände<br />
ist das Aus für die Wälder im Alpenraum<br />
absehbar.<br />
Ohne jetzt auf Einzelheiten dazu einzugehen,<br />
kann man ganz allgemein sagen, dass<br />
diese Debatten damals jedenfalls weniger<br />
biologischen oder wissenschaft lich Charak-<br />
Foto: Klaus Schneider, Schöffthaler<br />
ter hatte, sondern eher von Ideologien dominiert<br />
und mit missionarischem Eifer geführt<br />
wurde. Und zwar von beiden Seiten.<br />
Mit Sprüchen: „Nur ein totes Reh ist ein<br />
gutes Reh“ wurde die Stimmung soweit angeheizt,<br />
dass auf jagdlicher Seite sogar der<br />
letzte Funken Ironie auf der Strecke blieb,<br />
denn man hätte wenigstens mit einem Augenzwinkern<br />
dazusagen können, dass dieser<br />
Satz, zumindest das den Rehbraten anbelangt,<br />
durchaus seine Berechtigung hat.<br />
Um zum wesentlichen Kern der Auseinandersetzungen<br />
zu kommen, muss zunächst<br />
aber noch eine grundsätzliche Vorfrage geklärt<br />
werden.<br />
Nämlich die, ob das, was Schalenwild<br />
nicht nur zum Ärger von Grundbesitzern,<br />
Forstleuten, sondern auch der Jäger im Wald<br />
tut, eben verbeißen, schälen und fegen, ein<br />
ungewöhnliches, unnatürliches oder gar artfremdes<br />
Verhalten ist oder nicht?<br />
Und dazu gibt’s aus biologischer oder zoologischer<br />
Sicht keine Zweifel: Schalenwild<br />
tut das ganz einfach, immer und überall, seit<br />
zigtausend Jahren: Ob bei uns in den Alpen<br />
JAGD IN TIROL 07-08/2007