Jagd Juli/August 2007.indd - Tiroler Jägerverband
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Hier möchte ich<br />
als Steinbock<br />
nicht leben....!<br />
In Zusammenhang mit dem<br />
Beitrag „Tirol – Heimat des<br />
Alpensteinbockes“ möchte ich<br />
folgende Anekdote wiedergeben.<br />
Von HR. Dipl. Ing. Karl Bauer<br />
Am Plansee besteht seit Mitte der<br />
A50erJahr eine Steinwildkolonie. Diese<br />
mehr schlecht als recht gedeihende<br />
Kleinstkolonie wurde durch mehrmalige<br />
Zusetzungen bis heute am Leben erhalten.<br />
Nun wollte der von mir sehr geschätzte<br />
GD Dr. Rudolf Machenschalk, als Vertreter<br />
des nunmehrigen Pächters „Planseewerke“<br />
wieder einmal der Kolonie „ frisches Blut“<br />
zuführen.<br />
Er wandte sich an mich als damaligem<br />
<strong>Jagd</strong>leiter der Landesjagd, ob es nicht möglich<br />
wäre, aus dem Pitztal einige Wildfänge<br />
zu bekommen, da er off ensichtlich mit Zootieren<br />
schlechte Erfahrungen gemacht hatte.<br />
Ich musste ihm allerdings mitteilen, dass in<br />
der Landesjagd aus verschiedenen Gründen<br />
schon seit längerem kein Steinwild mehr<br />
gefangen werde.<br />
Ich bot ihm aber an, mit Dr. Ratti in Chur<br />
zwecks allfälliger Lieferung von Steinwild<br />
aus der Schweiz/Graubünden Verbindung<br />
aufzunehmen. Natürlich wollte Ratti sich<br />
das für die Aussetzung vorgesehene Gebiet<br />
zuerst ansehen.<br />
Zum vereinbarten Termin kam dann<br />
Ratti mit seinem Mitarbeiter Eggenberger<br />
an den Plansee, wo wir (Dr. Machenschalk,<br />
Berufsjäger, Amtstierarzt und ich) dann<br />
gemeinsam das Gebiet in Augenschein<br />
nahmen. Mit von der Partie war auch Armin<br />
Plattner (ehem. Steinwildreferent von<br />
Vorarlberg). Man bekam auch gleich einmal<br />
Steinwild zu sehen, unter anderem einen<br />
zwischen Bäumen und Sträuchern in<br />
der sich in „der Ruhe“ befi ndlichen älteren<br />
Bock. Ratti beobachtete lang und schweigsam,<br />
bis er zu analysieren begann. „schauen<br />
Sie sich den Bock an“ sagte er „der Bock<br />
ist total unruhig. Dauernd schüttelt er das<br />
Haupt und kratzt sich mit dem Gehörn. Das<br />
Tier wird von Insekten geplagt und das ist<br />
unnatürlich. Dort wo sich das Steinwild um<br />
diese Zeit, nämlich in Hochlagen außerhalb<br />
des Strauchgürtels, normal aufh ält gibt es<br />
keine lästigen Insekten. Der Bock fühlt sich<br />
absolut nicht wohl.“<br />
Soweit so gut. Nach verschiedenen Erklärungen<br />
und Austausch von Erfahrungen<br />
über Steinwild wurde Ratti nun um seine<br />
Expertenmeinung gefragt. Diese fi el bündnerisch<br />
kurz und prägnant aus, indem er in<br />
seiner bekannt gutturalen Art zu sprechen<br />
einfach und trocken zu Dr. Machenschalk<br />
sagte: „Von mir bekommen Sie keinen<br />
Steinbock. Wenn ich ein Steinbock wäre,<br />
ich möchte hier nicht leben!“<br />
Auch unser (Plattner und Unterfertigter)<br />
Ansinnen, ob man Machenschalk angesichts<br />
des langjährigen Bestehens der Kolonie<br />
nicht doch irgendwie entgegenkommen<br />
könnte, wies Ratti kategorisch zurück, auch<br />
mit dem Hinweis, dass das gegenständliche<br />
Gebiet schon in der von mir erstellten Lebensraumkartierung<br />
als suboptimal bzw.<br />
nicht geeignet für Steinwild ausgewiesen<br />
sei. Wobei er durchaus Recht hatte.<br />
Ich muss nun festhalten, dass Dr. Machenschalk<br />
trotz des eindeutigen negativen<br />
Urteils nicht enttäuscht schien, dass ihm,<br />
wie er ( nicht nur ) mir gegenüber mehrmals<br />
versicherte, die off ene und entschlossene<br />
Art des Dr Ratti imponierte und auch<br />
bereit war, diese Meinung zu respektieren.<br />
Deshalb und weil auch mir die Haltung<br />
von Dr. Machenschalk imponierte, habe<br />
ich mich getraut diese Geschichte, die auch<br />
zum Th ema „ Einbürgerung - Wiedereinbürgerung“<br />
passt, hier wiederzugeben. ■<br />
8 Foto: Archiv<br />
JAGD IN TIROL 07-08/2007