IBBP-Arbeitsbericht Nr. 73 - IBBP - Otto-von-Guericke-Universität ...
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1 Demografischer Wandel in Deutschland<br />
Für die Unternehmen hat dies unter anderem zur Folge, dass weniger Personen im ausbildungsrelevanten<br />
Alter zur Verfügung stehen werden. Im Jahr 2005 sind vier Millionen<br />
Personen im ausbildungsrelevanten Alter <strong>von</strong> 16 bis unter 20 Jahre. Bereits 2012 werden<br />
es nur noch drei Millionen Personen sein („mittlere“ Bevölkerung, Untergrenze) (vgl. Statistisches<br />
Bundesamt (2006), S. 20). Bis zum Jahr 2050 wird das Niveau <strong>von</strong> 2005 um<br />
mehr als 40 Prozent unterschritten (siehe ebenda). Bei einem höheren Wanderungssaldo<br />
(„mittlere“ Bevölkerung Obergrenze) würde die Anzahl der unter 20-jährigen Personen<br />
für das Jahr 2050 um zehn Prozent höher liegen. Des Weiteren nehmen die höheren Altersgruppen<br />
zu und verursachen insgesamt eine Alterung der deutschen Bürger.<br />
Die Veränderungen im generativen Verhalten, die die Geburtenentwicklung beeinflussen,<br />
lassen sich auf ein vielschichtiges Ursachengefüge zurückführen. Nach Geißler lassen sich<br />
grundsätzlich die folgenden strukturellen Trends feststellen (vgl. Geißler, R. (2002), S.<br />
57ff):<br />
− der Funktions- und Strukturwandel in der Familie,<br />
− die Emanzipation und Enthäuslichung der Frau,<br />
− das vorherrschende Konsumdenken und der anspruchsvolle Lebensstil,<br />
− und die strukturelle Rücksichtslosigkeit.<br />
Neben Geißlers strukturellen Trends bilden Individualisierungstendenzen einen weiteren<br />
Erklärungsansatz für das generative Verhalten (siehe Nolte, B. (2007), S. 27). Damit einhergehen<br />
die Heterogenisierung sozialer Lagen und Entstandardisierung <strong>von</strong> Lebenslaufmustern<br />
(siehe Beck, U. (1986), S. 209). Darüber hinaus kommt es durch die<br />
Erodierung traditioneller Werte und Normen zur Erhöhung der Freiheit der Individuen,<br />
vorgeprägte biografische Muster zu verlassen (siehe Dienel, C. (2005), S. 12). Als Folge<br />
dieser Entwicklung kommt es zur Lösung der jüngeren Generationen <strong>von</strong> traditionellen<br />
Herkunftsmilieus und zur Einbindung in Milieus in denen Berufe und Wohnorte frei wählbar<br />
sind (siehe Nolte, B. (2007), S. 24). Die Individualisierung und Pluralisierung <strong>von</strong> sozialer<br />
Lagen und Lebenslaufmustern führt zu einer Erweiterung der Handlungsoptionen der<br />
Individuen. Es entsteht eine verminderte Bereitschaft sich langfristig festzulegen, wie<br />
beispielsweise bei der Entscheidung für ein Kind (siehe Geißler, R. (2002), S. 58). Kinder<br />
vermindern die oben dargestellten Tendenzen und Eltern werden für längere Zeit in ihren<br />
Wahlmöglichkeiten und ihrer Flexibilität eingeengt. Im Zuge der Pluralisierung und Differenzierung<br />
der gesellschaftlichen Privatheit stößt Kinderlosigkeit auf eine zunehmende<br />
gesellschaftliche Akzeptanz (siehe ebenda). So tritt Kinderlosigkeit in eine legitime Konkurrenz<br />
zur Normalfamilie 6<br />
.<br />
Ein weiterer Erklärungsansatz für den Rückgang der Geburtenzahlen ist die Rationalisierung<br />
der Familienplanung, die durch sexuelle Aufklärung und verbesserte Formen der<br />
Empfängnisverhütung immer planbarer wird (siehe ebenda, S. 59). Somit wird deutlich,<br />
dass das generative Verhalten allgemeinen Rationalisierungs- und Säkularisierungspro-<br />
6 Dies entspricht der idealtypischen Form der Kernfamilie, nach dem Schema Vater- Mutter- Kind(er) in der Familienform<br />
der ehelichen Lebensgemeinschaft <strong>von</strong> Ehemann und Ehefrau (vgl. Lenzen, D. (1994), S. 186).<br />
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