RE KW 46

So war es früher…
Schulhaus (Pfeil) in Kleinstockach
seit 1. 11. 1902.
Kleinstockach. Eine recht erhabene
Feier ging gestern im benachbarten
Kleinstockach, einer
Fraktion der Gemeinde Berwang,
vor sich. Es handelte sich, das
neuerbaute, sehr zweckmäßige
und allen Anforderungen der
Gegenwart entsprechende Schulhaus
in der genannten Fraktionsgemeinde
in möglichst feierlicher
Weise zu eröffnen. Um ca. 11 Uhr
vormittags versammelten sich in
Festtagskleidern die Bewohner des
Ortes und der hier eingeschulten
Fraktion Bichlbächle, die Hochw.
Herren Pfarrer von Heiterwang,
Bichlbach, Lähn, Biberwier und
Namlos, dann der Hochw. Herr
Kooperator von Berwang, der
Ortsseelsorger, der Herr k. k. Bezirksschulinspektor
Josef Knittel
und einige benachbarte Lehrpersonen
in der schön dekorierten
Kirche des Ortes. Hier begann die
Zeremonie der Einweihung des
Schulhauses, welche der Herr Pfarrer
Jußl von Bichlbach vornahm.
Nach Abbetung der Allerheiligen-
Litanei zog man in Prozession zu
dem Schulhause, wo die weitere
Benediktion vorgenommen wurde.
Hierauf hielt der Ortsseelsorger
eine ergreifende Ansprache an
die im großen, geräumigen Schulzimmer
versammelte Gemeinde.
Er ermahnte besonders die Eltern
zu fleißiger Mithilfe im Erziehungsgeschäfte
und erörterte, wie
dies geschehen soll. Er schloss mit
RUNDSCHAU Seite 2
einem kräftigen Hoch auf Papst
und Kaiser, im Weiteren dankte
der Redner den Schulbehörden
für die erwirkte Staatssubvention
und brachte auch auf dieselbe ein
Hoch aus. Zum Schlusse ergriff der
k. k. Bezirksschulinspektor Herr
Josef Knittel das Wort. Derselbe
verglich zunächst das bisherige
Schulhaus mit der neuen Unterrichtsstätte
und forderte die Schüler
auf, sich ihrer Eltern, welche
zur Erbauung des neuen Schulhauses
so viele Opfer gebracht
haben, dankbar zu erinnern, indem
sie ihre Pflichten als Schüler
stets getreulich erfüllen. Sodann
schilderte er in wahrhaft begeisternden
Worten die Erhabenheit
des Lehrberufes und forderte im
Weiteren die Lehrpersonen auf,
in ihrem Eifer nie zu erkalten,
die übernommenen Pflichten mit
Mut und Ausdauer zu erfüllen,
stets Freunde der Kinder zu sein,
und nie zu ermüden, dieselben
mit Liebe und Ernst zu allem Guten
zu führen. – Er schloss seine
Rede mit dem Wunsche, dass dies
neue Gebäude stets bleiben möge
eine Heimstätte treuer Arbeit für
Licht und Wahrheit, eine Segensstätte
für das Vaterland und ein
unentweihter Tempel für die Ehre
Gottes. Das sei sein Beruf! Ein
reichhaltiges Mahl vereinigte hierauf
die Festgäste im nahen Pfarrhofe.
(Innsbrucker Nachrichten,
4.11.1902)
Foto und Text: Peter Linser
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