Der Autofahrer, der auf der Staatsstraße von Au (im Landkreis Freising) nach Wolnzach (im Landkreis Pfaffenhofen) unterwegs ist, passiert nicht nur eine Landkreisgrenze, er quert auch einen der attraktivsten Flecken der Hallertau. Hier ist die tertiäre Hügellandschaft besonders stark ausgeprägt: Nach meist waldbedeckten Erhebungen öffnen sich kleine Täler, die von besonders zahlreichen Hopfengärten dominiert werden. Kleine Orte und Weiler lassen sich hier entdecken, die Namen tragen wie Grubwinn, Weingarten (mitten im Hopfenland!), Wilhelm, Barthhof, Buch und Egg. Letzteres Dorf sei all jenen ans Herz gelegt, die beim Begriff „Landgasthof“ nicht an Jodelarchitektur, Reisebus-Einkehr oder Konvektomaten-Küche denken. Sondern an einen gastlichen, authentischen Ort zum Wohlfühlen. Wie an den Landgasthof Siebler eben. Wenn man ihn findet. Er ist zwar leidlich gut ausgeschildert, aber nicht wenige fahren versehentlich an dem Gehöft vorbei, dessen Ursprung bis ins 14. Jahrhundert zurückgehen soll. Durch ein Tor passiert man den Dreieckshof, wo Antonie und Michael Siebler noch bis kurz vor der Jahrtausendwende Hopfen anbauten und Schweine züchteten. Von den drei Söhnen verblieb nur Ludwig (45) auf dem Hof. Der hatte Metzger gelernt und bei verschiedenen namhaften Betrieben in Deutschland gearbeitet, die auch hochwertiges Catering anbieten. So entstand bei Ludwig („wollte eigentlich nicht Gastronom werden“) die Idee, seine Fähigkeiten in der Fleisch- und Wurstverarbeitung im eigenen Gasthof einzubringen. Seit 1992 gibt es den Landgasthof Siebler nun schon. Die schmucke, unprätentiöse Gaststube ist im ehemaligen Kuhstall untergebracht, dessen Kreuzgewölbe dem Raum eine heimelige Atmosphäre verschafft – getoppt von einem mächtigen Bullerofen gleich neben der Theke. Aus der einstigen Scheune wurde ein uriger Theatersaal (mit regelmäßigen Aufführungen des Theatervereins Geroldshausen), der bei Veranstaltungen mehr als 100 Personen Platz bietet. Ungefähr genauso viele Gäste bringt Ludwig Siebler auch auf seiner geschützten Sonnenterrasse unter. Wurstspezialitäten mit Hopfen Neben dem Landgasthof betreibt er eine Hofmetzgerei, in der er neben der Produktion von Fleisch- und Wurstwaren, die in der Küche des Landgasthofes zubereitet werden, noch eine besondere Hallertauer Spezialität anbietet: Vor rund 18 Jahren hat der pfiffige Metzgermeister damit begonnen, das „grüne Gold“, den Hopfen, zur Herstellung von Schinken, Bratwürsten, Leber- und Mettwurst, Salami oder Kamin wurzen zu verwenden. Auf 13 dieser „würzigen“ Hopfen-Produkte hat Siebler inzwischen ein Patent. Der Verkauf („ausschließlich ab Hof“) läuft bestens, verlässt doch kaum ein Besucher den Gasthof, ohne von diesem exklusiven Angebot etwas mitzunehmen. 38 <strong>hallertau</strong>-Magazin Ludwig Siebler verwendet Hopfen bei der Herstellung von Schinken- und Wurstprodukten. Auf 13 seiner Hopfenprodukte hält der 45-Jährige sogar ein Patent. Wenn der Metzger gleichzeitig den Küchenchef gibt, ist die Speisekarte wenig verwunderlich stark fleischlastig. Es gibt zwar immer auch vegetarische Angebote, aber am meisten werden beim „Siebler z’Egg“ Schweinsbraten, Schweinshaxn, Span - ferkel, Enten oder Wildgerichte nachgefragt. An Sonn- und Feiertagen gibt es eine kleine, feine Karte mit Tagesspezialitäten. Darunter auch regelmäßig die „Hopfenspezialitäten“ in einer Qualität und zu Preisen, die den Landgasthof längst zu einem beliebten Ausflugsziel selbst für Münchner, Ingolstädter oder Regensburger gemacht haben. „Viele Gäste verbinden den Besuch bei uns mit einer Radltour“, erzählt der Gastwirt-Metzger, „die traumhafte Umgebung ist dafür ja wie geschaffen.“ Durchgehend warme Küche Aus der Region kommen die Rohstoffe, die verarbeitet auf dem Teller der Gäste landen. Wild bezieht Siebler aus der Jagd von Egg, das Fleisch von landwirtschaftlichen Betrieben der Nachbarschaft und von seinem Bruder, der bei Freising einen Hof bewirtschaftet. „Für unser Konzept ist das entscheidend“, versichert Siebler, „wir setzen auf Ehrlichkeit und auf Glaubwürdigkeit, das wissen unsere Gäste zu schätzen.“ Neben dem „normalen“ Geschäftsbetrieb in Metzgerei und Gasthaus mit ganztägiger (!) warmer Küche wird der Landgasthof gerne für Firmen- und Familienfeiern gebucht. Darunter renommierte Unternehmen und bekannte Persönlichkeiten. Die Sieblers erinnern sich z. B. gerne an den Besuch des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günter Beckstein, der zur Hochzeitsfeier seiner Sekretärin in Egg weilte. Ganz besonders beliebt bei den vielen Stammgästen sind die saisonalen Schmankerl oder traditionelle Angebote: ab Kirchweih gibt es frisch zubereitete Gänse und Enten; immer samstags auf Vorbestellung (ab 10 Personen) ein Kessel fleischessen. Eine Institution sind die Weißwurstessen am 24. Dezember und an Sylvester, wenn der Saal ab 8.00 Uhr morgens bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Danach gönnt sich Ludwig bis zum Dreikönigstag die einzige Auszeit des Jahres. Eine arg kurze Zeit zum Verschnaufen – auch für seine Eltern, die ihn im Ausschank und Service unterstützen. Senior Michael Siebler, der sich schon mal zu Gästen auf ein Gespräch an den Tisch setzt, hat die Idee seines Sohnes, einen Landgasthof einzurichten, von Anfang an mitgetragen. Die schwere Arbeit auf dem landwirtschaftlichen Betrieb wollten er und seine Frau Antonie nicht mehr leisten, aber im Landgasthof packen sie tatkräftig mit an. Dem Hopfen weine er keine Träne nach, betont der Senior, „Auch wenn’s heuer wieder alle jubeln, kann es nächstes Jahr schon ganz anders sein. Der Hopfen ist ein Tropf!“ Lehmann ah, Fotos: Rainer
Zwischenlandung in Egg: Wenn Pferdeflüsterer Bill aus den USA einfliegt, um deutschen Pferdefreunden das „Western Riding“ zu lehren, stärkt er sich vor der Weiterfahrt erst einmal bei seinen Freunden, den Sieblers in Egg. Privat Antonie und Michael Siebler unterstützen ihren Sohn Ludwig in der Gastronomie. Nicht zuletzt deshalb sind durchgehende Öffnungszeiten möglich. Früher haben die Sieblers den Hof als Landwirtschaft geführt. <strong>hallertau</strong>-Magazin 39