s'Positive Magazin 12.2016
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LANDWIRT BERNHARD ALLEMANN<br />
Mehr als die Hälfte?<br />
Teilweise schon. Wir sind hier im Mittelland<br />
fast am schlechtesten dran. Wir haben kaum<br />
mehr Möglichkeiten, die Betriebe zu vergrössern.<br />
Aber am meisten Subventionen gibt es<br />
entweder durch ganz grosse Flächen auf<br />
einer bestimmen Höhenlage, beispielsweise<br />
auf den Jurahöhen, oder aber für Betriebe<br />
mit möglichst vielen Sträuchern, Bäumen<br />
und Blüemliwiesen.<br />
Sie sollten also bei der Ausrichtung des<br />
Betriebes darauf achten, die höchstmöglichen<br />
Subventionen zu bekommen?<br />
Eigentlich müsste ich das. Aber das ist nicht<br />
meine Strategie. Wie ich vorhin sagte, bekomme<br />
ich am meisten Zuschüsse dann,<br />
wenn ich Hochstammbäume pflanze oder<br />
Buntbrachen anlege, also möglichst ökologische<br />
Landwirtschaft betreibe. Die Landwirtschaftspolitik<br />
zielt darauf ab, die Bauern<br />
«Was ist, wenn die Importe<br />
aus irgendeinem Grund zurückgehen?<br />
Wir sollten die<br />
zur Verfügung stehende<br />
Fläche für möglichst hohe<br />
Produktion nutzen.»<br />
dazu zu bringen, möglichst wenig zu produzieren.<br />
Aber ich bin nicht sicher, ob das langfristig<br />
die richtige Strategie ist.<br />
Wo sehen Sie das Problem?<br />
Solange wir per Telefon jede gewünschte<br />
Menge Lebensmittel im Ausland bestellen<br />
können, gibt es kein Problem. Aber was passiert<br />
in einem Land mit einem so tiefen<br />
Selbstversorgungsgrad wie der Schweiz,<br />
wenn die Importe aus irgendeinem Grund<br />
zurückgehen? Ohne Importe kommt es bei<br />
einem schlechten Sommer wie in diesem<br />
Jahr schnell zu einer Hungersnot. Ich will ja<br />
nicht den Teufel an die Wand malen. Aber<br />
die Frage ist schon, ob es nicht besser wäre,<br />
die noch zur Verfügung stehende Fläche für<br />
eine möglichst hohe Produktion zu nützen.<br />
Ich sehe den Landwirt als Unternehmer, der<br />
aus der ihm zur Verfügung stehenden Fläche<br />
im Interesse der Versorgung nach der grössten<br />
und qualitativ besten Produktion streben<br />
sollte.<br />
Uns ist aufgefallen, dass auf Ihrem Hof<br />
verhältnismässig wenig Maschinen herumstehen,<br />
und wir haben auch keinen<br />
dieser modernen, grossen, vollautomatisierten<br />
Monstertraktoren entdeckt.<br />
Ohne Mechanisierung geht es nicht, wir sind<br />
gut mechanisiert. Aber für mich sind Maschinen<br />
ein notwendiges Übel. Ich kaufte erst<br />
Die Kühe auf Allemanns Betrieb<br />
fressen täglich rund drei Tonnen Futter.<br />
vor kurzem zum ersten Mal einen neuen<br />
Traktor. Aber einen ohne Computer. Also<br />
einen komplett mechanischen. Es geht mir<br />
darum, den Kapitaleinsatz für Maschinen zu<br />
minimieren. So ist es möglich, viel Geld zu<br />
sparen. Ich habe das Geld schon immer lieber<br />
in bauliche Verbesserungen des Betriebes<br />
investiert. Ich baue lieber, als mit dem neusten<br />
Traktor herumzufahren.<br />
Mit wie vielen Personen bewirtschaften<br />
Sie Ihren Betrieb?<br />
Mit meinem Sohn und einem Lehrling. Meine<br />
Frau hat auswärts eine 30-Prozent-Stelle.<br />
Sie haben zu Beginn unseres Gesprächs<br />
den Vergleich zum Spitzensport gezogen.<br />
Der Vergleich ist wirklich treffend: Ihre<br />
Leidenschaft für das, was Sie tun, mahnt<br />
an die Leidenschaft, die ein Spitzensportler<br />
braucht, um überdurchschnittliche<br />
Leistungen zu erbringen.<br />
Schön, wie Sie das sagen. Was wir tun, ist<br />
nicht einfach Arbeit. Bauer zu sein, ist eine<br />
Leidenschaft! Dazu gehört beispielsweise<br />
auch, dass ich jeden Abend noch einmal einen<br />
Rundgang durch den Stall mache und<br />
nach meinen Tieren sehe. Auch dann, wenn<br />
ich ausnahmsweise erst nach 23 Uhr nach<br />
Hause komme.<br />
Früher nannte man dieses Ritual<br />
«d’Schtröi mache», was so viel bedeutete<br />
wie den Kühen das Nachtlager zu richten.<br />
Das ist so. Ohne den Gang durch den Stall,<br />
um in aller Ruhe noch einmal nach den Tieren<br />
zu sehen, geht es nicht, und ich könnte<br />
so auch nicht ruhig schlafen. Nur so sehe ich,<br />
wie es meinen Tieren geht.<br />
10 s’Positive 12 / 2016