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FILM<br />
Interview<br />
ISABELLE<br />
HUPPERT<br />
„Ich bin tatsächlich<br />
ein Katzenmensch“<br />
Im Januar gewann der Film „Elle“ mit ihr<br />
einen Golden Globe. Wir sprachen mit<br />
dem Weltstar.<br />
MADAME HUPPERT, SIE SPIELEN IN „ELLE“<br />
DAS OPFER EINER VERGEWALTIGUNG.<br />
WAS REIZTE SIE AN DER ROLLE?<br />
Es war gar nicht so sehr die Frau, die<br />
ich nun spiele, für die ich mich interessierte,<br />
als ich das erste Mal den Roman<br />
von Philippe Dijan und später das<br />
Drehbuch gelesen habe. Und auch nicht<br />
die Vergewaltigung, auch wenn die<br />
natürlich in gewisser Weise im Zentrum<br />
des Films steht. Mich faszinierte eher<br />
die Vielschichtigkeit dieser Geschichte,<br />
denn was diese Frau ausmacht, sind all<br />
die unterschiedlichen Beziehungen in<br />
ihrem Leben: zu ihrem Ex-Ehemann,<br />
ihrem Geliebten, ihrem Sohn, ihrer Mutter<br />
und nicht zuletzt zum inhaftierten<br />
Vater.<br />
SIE SEHEN DEN FILM ALSO NICHT ALS<br />
DIE GESCHICHTE EINER VERGEWALTI-<br />
GUNG?<br />
Nicht in erster Linie jedenfalls. Für mich<br />
ist sie eher das Porträt eines Lebens.<br />
Und letztlich auch der Versuch, etwas<br />
über die weibliche Psyche zu verstehen.<br />
Wobei es mir gefällt, dass eben ganz<br />
bewusst keine konkreten Antworten<br />
gegeben werden. „Elle“ ist in gewisser<br />
Weise sehr schleierhaft. Und gleichzeitig<br />
doch glasklar.<br />
EMPFINDEN SIE DEN FILM IN SEINER HE-<br />
RANGEHENSWEISE AN DAS THEMA ALS<br />
PROVOKATION?<br />
Wir sprechen hier von einem Film von<br />
Paul Verhoeven, also muss er eigentlich<br />
per se provokant sein. Verhoeven<br />
ging es schon immer darum, sein<br />
Publikum irgendwie zu verstören und<br />
keine Erwartungen zu erfüllen. Nicht<br />
umsonst geht mir sein Film „Türkische<br />
Früchte“ nicht mehr aus dem Kopf, seit<br />
ich ihn als junge Frau gesehen habe.<br />
DASS „ELLE“ IM VERGLEICH DAZU KAUM<br />
FÜR KONTROVERSEN SORGT, IST FAST<br />
ERSTAUNLICH ...<br />
Sie sagen es! Seit der Weltpremiere<br />
vergangenen Mai in Cannes staune ich<br />
darüber, wie positiv die Reaktionen auf<br />
den Film sind. Und zwar nicht nur in<br />
Frankreich, sondern inzwischen überall<br />
auf der Welt. Die Menschen scheinen zu<br />
verstehen, wie dieser Film funktioniert.<br />
NÄMLICH WIE GENAU?<br />
Er ist gleichzeitig unmoralisch und<br />
moralisch. Letzteres in dem Sinne, dass<br />
es ein Verbrechen gibt und den Täter am<br />
Ende eine Strafe ereilt wird. Auch wenn<br />
die vielleicht nicht so ausfällt, wie es in<br />
einer Geschichte über eine Vergewaltigung<br />
gemeinhin erwartet wird. Aber was<br />
es ist eben nicht gibt, ist eine Botschaft.<br />
Ganz im Sinne meines Freundes Michael<br />
Haneke, der immer sagt, wer eine Botschaft<br />
habe, der solle sie doch bitte per<br />
Post verschicken.