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TITELINTERVIEW<br />
Zweimal im Jahr haben sie einen großen, gemeinsamen<br />
Auftritt – zur Eröffnungs- und<br />
Schlussfeier der Berlinale, des wichtigsten<br />
Filmfests der Welt neben Cannes und Venedig.<br />
Dieter Kosslick als Berlinale-Chef seit<br />
15 Jahren und Anke Engelke als Moderatorin,<br />
die seit elf Jahren so charmant wie unerschrocken<br />
in zwei, manchmal auch drei<br />
Sprachen mit ihm durch die Gala führt. Im<br />
Berliner Hotel Grand Hyatt am Potsdamer<br />
Platz kommen sie für das Foto shooting und<br />
Interview für DB MOBIL zusammen – und<br />
machen gleich den Eindruck guter Freunde.<br />
Beim Frühstück in einer Hotelsuite erzählen<br />
sie Witze (Engelke: „Es gibt drei Arten<br />
von Menschen, die einen können zählen,<br />
die anderen nicht“) und frotzeln, wer die<br />
größere Hotelsuite haben wird während der<br />
67. Berlinale vom 9. bis 19. Februar.<br />
Kosslick hat sich als Festivalchef, erst der<br />
vierte insgesamt, besonders zu Beginn seiner<br />
Ära für deutsche Filme stark gemacht, aber<br />
auch gute Kontakte zu Hollywoodstars aufgebaut<br />
wie George Clooney, Cate Blanchett,<br />
Leonardo DiCaprio oder Meryl Streep, die<br />
gern zur Berlinale kommen. Sein schwäbischer<br />
Lausbubencharme und das kauzig-komische<br />
Denglisch, ebenso berühmt wie sein<br />
roter Schal, kommen beim internationalen<br />
Publikum an. Wer die Eröffnungsgala noch<br />
nie live gesehen hat: Unbedingt am 9. Februar<br />
um 19.20 Uhr auf 3sat verfolgen. Großes<br />
Anke-Kino.<br />
Augen zu und ran an<br />
die Stars! Engelkes<br />
charmant-aufdringliche<br />
Art ist unter<br />
Hollywoodgrößen<br />
beliebt und berüchtigt<br />
Frau Engelke, wie bereiten Sie sich auf so einen wichtigen<br />
Abend wie die Eröffnungsgala vor?<br />
Anke Engelke: Das liebe ich so an der Berlinale: dass ich erst wenige<br />
Tage vor der Eröffnung alle wichtigen Fakten kenne – Jury-Zusammensetzung,<br />
Wettbewerbsfilme, Gala-Premieren. Da geht es<br />
mir nicht anders als allen anderen Filmfreaks. Wer im Saal sitzt und<br />
wen ich ansprechen soll oder darf, erfahre ich sogar erst kurz vor<br />
der Gala. Der Rest ist Prinzessin: Meine schönen Kleider werden<br />
Wochen zuvor geplant, angepasst, genäht, ich werde geschminkt<br />
und kriege die Haare schön. Mit meinem Autor schraube ich bis<br />
kurz vor dem Auftritt an den Texten. Teleprompter oder Moderationskarten<br />
habe ich nicht, ich möchte ja spontan auf alles reagieren.<br />
Herr Kosslick, worin liegt für Sie der Charme der Gala?<br />
Dieter Kosslick: In der Nichtkalkulierbarkeit des Abends, bei aller<br />
Professionalität von Anke. Zum Beispiel unsere Inszenierung bei<br />
der Berlinale 2012, inspiriert durch den damals aktuellen Kinofilm<br />
„Die Muppets“. Als der Vorhang aufging, war niemand auf der Bühne.<br />
Anke und ich saßen stattdessen oben in einer Loge wie Waldorf<br />
und Statler, die beiden Alten aus der „Muppet Show“, und haben<br />
uns auch so benommen. Das führte dazu, dass der damalige Regierende<br />
Bürgermeister Klaus Wowereit in seiner offiziellen Begrüßungsrede<br />
meinte, man könnte denken, dass wir keine Lust mehr<br />
hätten, so ein grandioses Festival zu eröffnen. Entweder versteht<br />
man unseren Humor oder eben nicht.<br />
Wie haben Sie sich gefunden?<br />
Kosslick: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr. Jedenfalls nicht bei<br />
Parship …<br />
Engelke: Als wir angefangen haben, gab’s nicht mal Internet, oder?<br />
Kosslick: Ich ahnte gleich, sie ist die Beste. Und das ist sie auch.<br />
Und wieso ist es so eine lange Beziehung geworden?<br />
Kosslick: Anke kann unglaublich schnell und gut auf Situationen<br />
eingehen, und sie kennt sich mit Kino aus. Es ist alles richtig, was<br />
nicht den Erwartungen der Leute aus dem Publikum entspricht,<br />
und das erfüllt Anke wunderbar. Wir hatten 2003 Richard Gere,<br />
Renée Zellweger und Catherine Zeta-Jones, die von ihrem Mann<br />
Michael Douglas begleitet wurde, zur Weltpremiere von „Chicago“<br />
zu Gast. Douglas kam nach der Veranstaltung hinter die Bühne und<br />
hat uns zur Moderation gratuliert. Er meinte, sie habe Oscar-Qualität.<br />
Da ist Anke gleich um einige Zentimeter gewachsen.<br />
Engelke: … seitdem bin ich einen Meter fünfundsechzig (lacht; das<br />
ist tatsächlich ihre Körpergröße, Anm. d. Red.). Es ist aber wirklich<br />
kompliziert. Ich bekomme oft über die Managements der Stars<br />
mitgeteilt, wen ich während der Veranstaltung ansprechen darf<br />
und wen nicht. Bei „Chicago“ habe ich einfach spontan entschieden,<br />
mit dem Regisseur Rob Marshall zu sprechen, das war wunderbar.<br />
Und nach der Veranstaltung beschwerten sich einige aus<br />
der Filmbesetzung bei mir, dass ich sie nicht angesprochen habe.<br />
Wie hat sich Hollywoodstar James Franco verhalten, nachdem<br />
Sie ihn 2015 vor dem Saalpublikum hartnäckig anflirteten?<br />
Engelke: Er hat mich auf einen Drink eingeladen, wie das ein Gentleman<br />
eben macht. War herrlich.<br />
Kosslick: Ich traf Franco ein paar Wochen später im Museum of<br />
Modern Art in New York, da stand ihm immer noch der Schweiß auf<br />
der Stirn. Aber natürlich führt Ankes Spon ta ne i tät dazu, dass manche<br />
Leute Angst davor haben, in die Eröffnungsfeier einbezogen zu<br />
sein, ohne dass es abgesprochen ist.<br />
Frau Engelke, sind Sie auch mal befangen vor Gästen?<br />
Engelke: Nein, ich bin ja nicht privat da, sondern beruflich. Das<br />
geht Dieter Kosslick genauso. Da sollten Sympathien und Antipathien<br />
keine Rolle spielen. Ich sehe das so: Ich möchte ja Men-<br />
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dbmobil.de<br />
02/2017<br />
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