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REISE<br />

s zieht unter dem Dach der Seilbahnstation, die an diesem Novembermorgen<br />

eröffnet werden soll. Föhnwind, leider. Sein warmer<br />

Atem hat den Neuschnee zum Schmelzen gebracht. „Wir können<br />

dafür sorgen, dass die Bahn pünktlich fährt“, sagt Jakob Falkner,<br />

ein kleiner Mann mit kerniger Stimme, „aber den Schnee können<br />

wir noch nicht per Knopfdruck einschalten.“<br />

Er hätte es sich anders gewünscht. Dass die Hügel der Almen<br />

weiß leuchten statt grünbraun dampfen. So ist das natürlich kein<br />

Foto, das die Welt begeistert. Dabei hat man 25 Journalisten und<br />

Fotografen herbestellt, um das Ereignis zu bestaunen: die leistungsfähigste<br />

Seilbahn der Welt. 4500 Personen soll die neue Giggijochbahn<br />

in der Stunde von der Talstation bis auf 2283 Meter<br />

befördern, in nur neun Minuten. „Die fährt 6,5 Meter in der Sekunde,<br />

eine normale Zehner-Gondel-Bahn schafft 4,5 Meter“, erklärt<br />

Falkner. „Benchmark, Leute!“<br />

Ich frage ihn, ob man das braucht. „Ja“, beschwört Falkner, „die<br />

Leute sind nicht bereit, zehn Minuten vor der Gondel anzustehen.<br />

Die wollen am liebsten hochfliegen.“ Schneller, höher, weiter – nach<br />

der Devise krempelt der umtriebige Geschäftsmann den Ort im Ötztal<br />

seit Jahren um. Wirbt für das einzige Gebiet mit drei Dreitausender-Gipfeln<br />

in Österreich, der größten Disco in den Alpen, dem spektakulärsten<br />

Restaurant auf dem Gletscher. Und wird erhört. Der<br />

Glaskubus, genannt Ice Q, wurde zum Drehort für Szenen des James-<br />

Bond-Films „Spectre“. Und verschaffte dem Ort Gäste aus China und<br />

Brasilien. Im Hotel Bergland, das von Falkners Schwester geleitet<br />

wird, nächtigte einst Schauspieler Daniel Craig; jetzt kann man dort<br />

eine James-Bond-Suite bewohnen – für 350 Euro die Nacht.<br />

Superlative verkaufen sich: Nach dieser Logik rüstet nicht nur<br />

Sölden auf. Überall in den Alpen liefern sich die Skigebiete einen<br />

Wettkampf um mehr Größe, mehr Luxus, mehr Nervenkitzel. In<br />

Sölden wurden 30 Millionen Euro in eine Seilbahn investiert, nicht<br />

weit entfernt, im Stubaital setzte man mit der Eisgratbahn 64 Millionen<br />

Euro in den Gletscherschnee. Die Aufrüstung geht weit<br />

über die Skipisten hinaus. In Hochgurgl wurde ein gläsernes Motorradmuseum<br />

auf 2175 Meter Höhe errichtet, am Schweizer<br />

Schilthorn schmiegt sich seit dieser Saison ein 200 Meter langer<br />

„Thrill Walk“ um den Fels. Und im Schweizer Titlis kann man auf<br />

einer Hängebrücke jetzt 500 Meter in den Abgrund schauen.<br />

Warum nur wird so viel investiert in den Alpen? Vor allem:<br />

Lohnt sich das?<br />

Fast ein Jahr zuvor, im Februar 2016, Besuch in Fieberbrunn in<br />

Tirol. Der kleine Ort im Pillerseetal ist der Gegenentwurf zu Sölden,<br />

beschaulich, unaufgeregt, im Schatten des mondänen Kitzbü-<br />

SUPERLATIVE<br />

SOLLEN GÄSTE<br />

ANLOCKEN – OB<br />

MIT KÜHNEM<br />

DESIGN ODER<br />

NERVENKITZEL<br />

hels. Ein Gebiet mit 40 Pistenkilometern,<br />

klein und fein. So war es mal. Bis das kleine<br />

Fieberbrunn beschloss, mit den Großen des<br />

Skizirkus mitzuhalten. Einer der Verantwortlichen<br />

für den Ausbau ist Seilbahnbetreiber<br />

Toni Niederwieser, den ich in seinem<br />

Büro, direkt an der Seilbahnstation<br />

treffe. An den Wänden hängen von ihm<br />

selbst gemachte Schwarz-Weiß-Fotos im<br />

Großformat. Sie zeigen eine unverbaute<br />

Natur. Die Gipfelflanken von Wildseeloder<br />

und Henne, idyllisch und rein. Bilder, die<br />

nur Wanderer zu Gesicht bekommen, die<br />

abseits der Pisten unterwegs sind. Geschäftlich<br />

gilt Niederwiesers Interesse allerdings<br />

dem Ziel, genau diese Pisten stärker<br />

zu bevölkern. Dafür hat er investiert.<br />

Mit Partnern zusammen 47 Millionen Euro,<br />

ein gewaltiger Betrag für einen Skiort dieser Größe. Nach der Zusammenlegung<br />

mit Saalbach-Hinterglemm weist der jetzt statt 40<br />

rund 270 Pistenkilometer aus. Ob es sich rechnet? Man werde sehen,<br />

sagt Niederwieser, ein Mann der leisen Töne. „Wir hatten hier<br />

keinen großen Rückgang der Besucherzahlen“, sagt er, „aber wer<br />

weiß, was die Zukunft bringt?“ Er führt Studien an, nach denen die<br />

Gäste ihre Entscheidung heute vor allem davon abhängig machen,<br />

wie groß ein Skigebiet ist. „Da wollen wir vorne dabei sein.“<br />

Niederwieser thront in seinem Büro über der Seilbahn „Tirol S“<br />

wie ein Kassierer, der dabei zuschaut, wie das Geld durch den<br />

Gut gelandet? Wie<br />

ein Ufo thront das<br />

Café 3440 über dem<br />

Pitztaler Gletscher.<br />

Solche Attraktionen<br />

sollen auch im<br />

Sommer Gäste<br />

in die Berge locken<br />

Schlitz fällt. Heute fällt viel, dafür, dass<br />

die Pisten wegen der warmen Temperaturen<br />

sehr sulzig sind. Fast 10 000 gescannte<br />

Skipässe wird er bis 16 Uhr verbuchen.<br />

Es sind Gäste, die schon vor langer<br />

Zeit gebucht haben. Denn der Februar ist<br />

ein schneesicherer Monat, eigentlich.<br />

Aber sicher ist eben nichts mehr in den<br />

Alpen, weiß Niederwieser. „2015 konnten<br />

wir wochenlang keinen Schnee produzieren,<br />

es war zu mild“, sagt er. Deshalb<br />

wurden neue Maschinen angeschafft,<br />

um in kurzer Zeit mehr Kunstschnee erzeugen<br />

zu können. „Wir mussten die<br />

Schlagkraft erhöhen.“<br />

72 dbmobil.de<br />

02/2017<br />

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