Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong> Nr. <strong>618</strong> 16. Februar 2017 Seite 17<br />
Serie des <strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong>s: Wie Martin Luther die Welt veränderte<br />
Stationen auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017<br />
Von Arnold Pöhlker<br />
In diesem Jahr, am 31. Oktober,<br />
jährt sich zum 500. Mail die Veröffentlichung<br />
der 95 Thesen, die Martin<br />
Luther, der Überlieferung nach, an<br />
die Tür der Schlosskirche in Wittenberg<br />
schlug. Das war der Beginn der<br />
Reformation. „Wie Martin Luther<br />
die Welt veränderte“ lautet eine<br />
Serie, die bis Oktober erscheint. In<br />
einem frei erfundenen Interview fragt<br />
unser Redakteur Arnold Pöhlker den<br />
Wegbereiter der Reformation, was er<br />
immer schon von ihm wissen wollte.<br />
Und der Reformator antwortet in<br />
der Sprache unserer Zeit. Bisher<br />
erschienen „Luther: Kultperson oder<br />
regionale Prägekraft?“, „Luther und<br />
die deutsche Sprache“, „Luther und<br />
seine Musik“, „Luther und seine vier<br />
Soli“, „Luther und seine Familie“<br />
sowie „Luther: Von der Freiheit eines<br />
Christenmenschen“. Nachzulesen in<br />
den Ausgaben des <strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong>s<br />
Nr. 612 – 617.<br />
Heute folgte ein neues Gespräch:<br />
„Von weltlicher Obrigkeit, wie weit<br />
man ihr Gehorsam schuldig sei“.<br />
<strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong>: Herr Dr. Luther,<br />
im Herbst 1522 erschien Ihre<br />
deutsche Übersetzung des Neuen<br />
Testamentes, das sogenannte „Septembertestament“.<br />
Ein Riesenerfolg<br />
– und doch gab es sogleich Ärger.<br />
Martin Luther: Ausgelöst durch<br />
den Herrscher im albertinischen Teil<br />
Sachsens, Herzog Georg der Bärtige.<br />
Er übte sofort Zensur aus und verbot<br />
den Handel mit der „ketzerischen“<br />
Bibelübersetzung, wie er sagte. Er<br />
stellte den Kauf und Verkauf unter<br />
Strafe.<br />
StAz: Welchen Schluss haben Sie<br />
daraus gezogen?<br />
Luther: Ich schrieb eine Obrigkeitsschrift,<br />
die ich Weihnachten<br />
1522 fertigstellte, und die dann<br />
Anfang 1523 erschienen ist.<br />
StAz: Warum reagierten Sie so?<br />
Luther: Das verdeutlicht schon der<br />
Titel meiner Schrift: „Von weltlicher<br />
Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam<br />
schuldig sei“. Erster Grund<br />
war, dass ich damit auf das Verbot<br />
Herzog Georgs zum Besitz und<br />
zur Verbreitung meiner deutschen<br />
Bibelübersetzung regieren wollte.<br />
Ähnliche Verbote hatte auch der Rat<br />
der Reichsstadt Nürnberg und der<br />
Kurfürst von Brandenburg verhängt.<br />
Es gab auch andere Anlässe. So meinten<br />
einige Vertreter des radikaleren<br />
linken Flügels der Reformation,<br />
dass die weltliche Herrschaft mit<br />
obrigkeitlichen Ämtern wie die eines<br />
Fürsten, Amtmanns oder Soldaten<br />
grundsätzlich unvereinbar sei mit<br />
dem Leben als Christ. Außerdem bat<br />
mich Herzog Johann von Sachsen,<br />
der mir freundschaftlich zugetan<br />
war, um Klarstellung, wie sich seine<br />
landesfürstliche Herrschaft mit dem<br />
christlichen Glauben vereinbaren<br />
lässt.<br />
StAz: Es waren also gleich mehrere<br />
Konfliktfelder zu klären. Wie gingen<br />
Sie vor?<br />
Luther: Von folgenden Fragestellungen<br />
ließ ich mich leiten: Darf ein<br />
Landesfürst eine Bibelübersetzung<br />
verbieten? Darf sich ein Christ gegen<br />
willkürliches Verhalten seiner Obrigkeit<br />
auflehnen? Wie weit vertragen<br />
sich überhaupt weltliche Macht und<br />
geistliche Freiheit miteinander? Wie<br />
weitreichend ist die Freiheit eines<br />
Christenmenschen in Wirklichkeit?<br />
StAz: Die Beantwortung dieser<br />
Fragen war von höchster Brisanz<br />
und bedurfte diplomatischen Geschicks…<br />
Luther: …ja, es war riskant und<br />
nicht so einfach. Spätestens, als<br />
Herzog Georg der Bärtige den<br />
Buchhändler Johannes Herrgott auf<br />
dem Leipziger Markplatz hinrichten<br />
ließ, weil in seiner Werkstatt meine<br />
deutsche Übersetzung des Neuen<br />
Testamentes entstanden ist. Ich<br />
musste auch darauf achten, dass<br />
ich die Fürsten nicht gänzlich vor<br />
den Kopf stieß, nachdem ich ihnen<br />
vorher bereits eine Verantwortung<br />
bei der Erneuerung der Kirche zugesprochen<br />
hatte.<br />
StAz: Und wie lautete nun Ihre<br />
Antwort?<br />
Luther: Mit derartigen Befehlen,<br />
Bibelübersetzungen zu verbieten,<br />
handelt der weltliche Herrscher<br />
jenseits seiner Kompetenz. In Fragen<br />
des Glaubens und Gewissens kommt<br />
ihm keine Autorität und Weisungsbefugnis<br />
zu. Die Untertanen dürfen<br />
– ja sollen ihnen dann den Gehorsam<br />
verweigern und sich mutig den<br />
Konsequenzen ihres Ungehorsams<br />
stellen.<br />
StAz: Eine Kernthese Ihrer Schrift<br />
ist aber auch, dass die weltliche<br />
Macht nicht überflüssig ist.<br />
Luther: Der Mensch lebt nun einmal<br />
in zwei sich einander berührenden<br />
und durchdringenden Bereichen:<br />
dem Reich (oder Regiment) der Welt<br />
und dem Reich (oder Regiment)<br />
Gottes. Ein späterer Theologe (Karl<br />
Barth) erfand daraus die sogenannte<br />
„Zwei-Reiche-Lehre“. Leider haben<br />
sich im Verständnis und Umgang<br />
damit auch Irritationen ergeben.<br />
Meine Erkenntnis war einfach nur<br />
die: Man sollte beide Regimente<br />
bleiben lassen: Eins, das fromm<br />
macht, das andere, das äußerlich<br />
Frieden schafft und bösen Werken<br />
wehrt. Keins kommt ohne das andere<br />
aus in der Welt.<br />
StAz: Bitte noch genauer…<br />
Luther: …mit der Trennlinie zwischen<br />
beiden Reichen (Regimente)<br />
wollte ich die Kirche an ihren Auftrag<br />
erinnern, der in der Verkündigung des<br />
Wortes Gottes besteht und direkten<br />
Niederschlag im reinen Dienst- aber<br />
nicht Führungscharakter des kirchli-<br />
chen Amtes hat. Und den Regierenden<br />
wollte ich sagen, dass sie mit<br />
politischer Klugheit den Menschen<br />
ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit,<br />
Gleichheit und Gerechtigkeit<br />
ermöglichen sollen.<br />
StAz: Damit waren Sie Wegbereiter<br />
einer späteren präzisen<br />
Grenzziehung zwischen kirchlicher<br />
und – wir sagen heute – staatlicher<br />
Institution…<br />
Luther: …mir lag daran, gegenüber<br />
dem Mittelalter, wo Christen- und<br />
Bürgergemeinde nahezu eins waren,<br />
eine grundsätzliche Unterscheidung<br />
zwischen kirchlich-geistlichen und<br />
weltlichen Zwecken vorzunehmen<br />
und in eine politische Ethik einzuführen.<br />
Dabei sind die Grenzen der weltlichen<br />
Gewalt immer dann erreicht<br />
und überschritten, wenn sich die<br />
weltliche Obrigkeit nicht damit<br />
begnügt, die äußerlichen irdischen<br />
Belange zu ordnen, sondern eine<br />
Autorität über des Menschen Seele<br />
und seinen Glauben beansprucht.<br />
StAz: Worin besteht - positiv - die<br />
Aufgabe weltlicher Gewalt?<br />
Luther: Aufgabe der politischen<br />
Obrigkeit ist es, die Bösen daran zu<br />
hindern, Böses zu tun, die Guten vor<br />
den Bösen zu schützen und so äußerlich<br />
dem Frieden und der Ordnung<br />
zu dienen.<br />
Die Werte und Normen, nach denen<br />
sie handelt, sind in der Moderne<br />
nicht spezifisch christlich, sondern<br />
solche einer natürlichen Ethik, wie<br />
sie für alle Menschen zugänglich<br />
und verbindlich sind. Der Zweck<br />
staatlicher Ordnung ist auch kein<br />
religiöser. Ein Gedanke, der Euch<br />
mit dem weltanschaulich neutralen<br />
Staat heute selbstverständlich geworden<br />
ist.<br />
StAz: Sie wollten doch Regierenden<br />
und den Menschen auch etwas<br />
Verbindendes mitgeben?<br />
Luther: Es wäre schön, wenn beide<br />
in ihrem Tun und Handeln Gottes<br />
Gebote im Blick haben und befolgen.<br />
Das fällt aber nicht immer leicht,<br />
ist mitunter auch nicht möglich.<br />
Schließlich lebt der Mensch in einer<br />
ihm vorgegebenen Wirklichkeit. Wir<br />
wissen doch, dass es Entscheidungen<br />
gibt, die nicht nach dem Maßstab<br />
getroffen werden können, auf diese<br />
Art nicht schuldig zu werden, sondern<br />
nur weniger schuldig zu werden<br />
als bei einer entgegengesetzten<br />
Entscheidung.<br />
Hier unterliegt der Entscheidungsträger<br />
der Rechtfertigung. Damit<br />
meine ich: Wir sind Gott recht allein<br />
aus Gnade, allein aus dem Glauben.<br />
Landestheater-Produktion gewinnt beim Festival<br />
„Monospektakel“ in Reutlingen<br />
„Der Heiler“ landet<br />
auf Platz eins<br />
Szene aus „Der Heiler“ mit Achim Ruczynski in der Rolle des Professor<br />
Grebenhoeve.<br />
Mit seiner Inszenierung von Oliver Bukowskis „Der Heiler“ (Regie: Jessica<br />
Sonia Cremer) gewann das Landestheater beim Theaterfestival „Monospektakel“<br />
in Reutlingen den ersten Preis. Das Stück mit Achim Ruczynski<br />
in der Rolle des Professor Grebenhoeve wurde von einer sechsköpfigen<br />
Jury als beste Produktion geehrt. Ausschlaggebend für die Ehrung sei die<br />
intensive darstellerische Leistung und die sensible inszenatorische Umsetzung<br />
des Stoffes gewesen, heißt es in dem Votum der Jury. Schauspieler<br />
Achim Ruczynski und Regisseurin Jessica Sonia Cremer wurden bei der<br />
Ehrung mit viel Applaus bedacht und nahmen dankbar den ersten Preis<br />
entgegen. Ruczynski erhielt zudem die Preisträger-Skulptur „Tonnella“.<br />
Am Landestheater Detmold ist „Der Heiler“ noch am 5. März ab 18 Uhr<br />
und am 11. März ab 19.30 Uhr im Grabbe-Haus zu sehen. APÖ<br />
Treffen im Autohaus Kurt Stricker in Horn<br />
Wirtschaftsgespräch in Horn<br />
Die Industrie- und Handelskammer lädt Unternehmer aus Horn-Bad<br />
Meinberg am 1. März 2017 um 18.30 Uhr zu einem kommunalen<br />
Wirtschaftsgespräch ein. „Gemeinsam mit Ihnen möchten wir den<br />
Wirtschaftsfaktor voranbringen“, heißt es in einer Einladung, die<br />
Anfang Februar bei vielen Unternehmen ankam.<br />
Als Ort dient nicht der Rathaussaal oder die Burgscheune, sondern<br />
ein Unternehmen aus Horn-Bad Meinberg: Das Autohaus Kurt Stricker<br />
in Horn, Weidenweg 4.<br />
Im Vordergrund stehen Themen und Wünsche zur Situation und<br />
Entwicklung in Horn-Bad Meinberg, so IHK-Hauptgeschäftsführer<br />
Axel Martens. Neben dem Bürgermeister stehen auch weitere Verwaltungsmitarbeiter<br />
Rede und Antwort. Dabei werden auch Themen<br />
wie Industriepark, Ankauf von Immobilien in der Mittelstraße und<br />
die Entwicklung bei Glunz und an der Bahnhofstraße behandelt. Für<br />
die Teilnahme ist eine Anmeldung notwendig. Ansprechpartnerin ist<br />
Jenny Krumov, Tel. 05231-7601-70.<br />
Kostensteigerung um 131.000 Euro<br />
Sekundarschule teurer<br />
Die Sekundarschule in Horn wird deutlich teurer. Im August 2016<br />
legte das beauftragte Fachingenieurbüro eine Kostenschätzung für die<br />
Elektroarbeiten des 5. und 6. Bauabschnitts vor, die in die Haushaltsplanungen<br />
Eingang fand. Anfang Februar 2017 korrigierte das Büro<br />
seine Planungen und nannte einen um 131.000 Euro höheren Betrag<br />
(Gesamtkosten 1,683 Millionen Euro. Diese Kostensteigerung will<br />
der <strong>Stadt</strong>rat untersucht wissen.<br />
Manfred Vogt (SPD) forderte, die Kostenentwicklung detailliert und<br />
differenziert aufzulisten, die Darstellung der Verwaltung nannte er<br />
lapidar, die Entwicklung ärgerlich. Reinhard Gehrke (Grüne) witterte<br />
Planungsfehler und forderte eine Deckelung der Kosten nach dem<br />
Vorbild des Mensabaus. Andreas Mickel (FDP) zog Vergleiche mit<br />
der Elbphilharmonie und Frank Kuhlmann (Bürgerbündnis) will den<br />
Planer prüfen lassen. Uwe Huber (SPD) will prüfen lassen, ob es sich<br />
um einen Planungsfehler handelte, um den Planer in Regress nehmen<br />
zu können.<br />
M.H.