Mai 2008 - Lazarus Orden in Deutschland
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Predigt im Ökumenischen Festgottesdienst<br />
mit Investitur des <strong>Lazarus</strong> <strong>Orden</strong>s<br />
Evangelische Friedenskirche, Potsdam - Sanssouci<br />
Sonnabend, 27. Oktober<br />
Liebe Festgeme<strong>in</strong>de, liebe Schwestern und Brüder,<br />
WEGE IN DIE ZUKUNFT, unter diesem vielversprechenden Motto stehen Ihre Tage als <strong>Orden</strong> des Heiligen <strong>Lazarus</strong> <strong>in</strong> diesem<br />
Jahr. Doch wer Wege <strong>in</strong> die Zukunft f<strong>in</strong>den oder gar weisen will, der ist dazu aufgerufen, sich se<strong>in</strong>er eigenen Vergangenheit,<br />
dem Gestern, zu stellen. Denn nur wer bereit ist, den Blick <strong>in</strong> die Vergangenheit zu wagen, der wird mit freiem Gewissen<br />
und fröhlichem Glauben Schritte auf dem Weg <strong>in</strong> die Zukunft setzen können.<br />
E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Szene vor gut zwei Wochen vor diesem Altar und dieser Kanzel; Adele Stolte, die große Sopranist<strong>in</strong> feiert ihren<br />
75. Geburtstag. Ich warte mit anderen auf die Möglichkeit, ihr zu gratulieren. Mit e<strong>in</strong>em jüdischen Freund stehe ich hier und<br />
erzähle ihm von diesem Festgottesdienst. Er macht e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Bemerkung, die für mich persönlich die Szene schlagartig<br />
erhellt hat. „Ach, mit Kreuz und Schwert gegen uns – damals, und wie ist es heute?“ Ich lasse diese kle<strong>in</strong>e, mich stark bewegende<br />
Szene so stehen. In den Lesungen haben wir gerade gehört, dass Gottes Wort das geistliche Schwert ist!<br />
Die biblischen Lesungen, die wir <strong>in</strong> diesem Gottesdienst gehört haben, s<strong>in</strong>d die Epistel und als Evangelium der Predigttext<br />
des morgigen Sonntags, des 21. Sonntags nach Tr<strong>in</strong>itatis, bzw. 22 Sonntage nach Pf<strong>in</strong>gsten. Jener berühmte Text aus dem<br />
letzten Kapitel des 5. Mosebuches schildert die Begegnung der Brüder mit ihrem Bruder Joseph mit dem großen Wort der<br />
Vergebung begangener Schuld: Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was<br />
jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten e<strong>in</strong> großes Volk.<br />
WEGE IN DIE ZUKUNFT hat es mit Heilung schuldhafter Vergangenheit zu tun, mit der Bitte um Versöhnung für Übertretung<br />
der Gebote Gottes. Wo wir uns mit freiem Herzen diesem Prozess der <strong>in</strong>neren Ause<strong>in</strong>andersetzung zu stellen bereit<br />
s<strong>in</strong>d, öffnen sich für uns Tore auf dem Weg <strong>in</strong> die Zukunft. Andernfalls s<strong>in</strong>d wir gebunden und gehalten durch Stricke der<br />
Unversöhnlichkeit und der Schuld. In jener alten Josephs Geschichte senden die Brüder vor der Begegnung diese Botschaft:<br />
Vergib doch de<strong>in</strong>en Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat<br />
uns, den Dienern Gottes de<strong>in</strong>es Vaters. Nicht Aufrechnung noch Abrechnung, sondern Vergebung und Versöhnung s<strong>in</strong>d<br />
die geheimnisvollen Worte, die Türen öffnen können.<br />
Im Text aus dem Johannes Evangelium fallen beim ersten Hören zwei Worte besonders auf: Liebe und Freunde als Beschreibung<br />
der Art und Weise der Weggefährtenschaft auf dem Weg <strong>in</strong> die Zukunft. „Bleibt <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Liebe“ grüßt uns dieser<br />
Jesustext über zwei Jahrtausende. Nichts darf von diesem Ruf unterschlagen werden. „Bleibt <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Liebe“ wird zur<br />
Umschreibung unseres Lebensortes, unseres Lebenszentrums auf dem „Weg <strong>in</strong> die Zukunft“. Jede andere Gemütsverfassung<br />
würde unnütz Kräfte absorbieren und uns Kraft nehmen, se<strong>in</strong>e Gebote zu halten, nämlich das Dreifachgebot der Gottes-,<br />
Nächsten- und Selbstliebe. Die Liebe, die uns <strong>in</strong> der Gestalt, im Wort und Werk Jesu Christi entgegen kommt, ist das „Sesam<br />
öffne dich“ für unseren neuen Lebensentwurf, auch für die Wege <strong>in</strong> die Zukunft des <strong>Lazarus</strong> <strong>Orden</strong>s. Diese Liebe nimmt uns<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Urdialog zwischen Gott und uns Menschen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Dialog der offenen Begegnung und herzlichen Freundschaft.<br />
Liebe ist die Urquelle gel<strong>in</strong>genden Lebens und stellt uns h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft der Lobenden, der glücklich<br />
Befreiten, der Töchter und Söhne Gottes.<br />
E<strong>in</strong>deutig kl<strong>in</strong>gt das Jesuswort: Das ist me<strong>in</strong> Gebot, dass ihr euch untere<strong>in</strong>ander liebt, wie ich euch liebe! Unsere Liebe<br />
untere<strong>in</strong>ander, unsere Offenheit mite<strong>in</strong>ander, unser Vertrauen zue<strong>in</strong>ander ist e<strong>in</strong>e Antwort auf die vorurteilslose Zuwendung<br />
Jesu. Nichts brauchen wir mitzubr<strong>in</strong>gen, nichts vorzuweisen – als e<strong>in</strong> hörend Ohr, e<strong>in</strong> verstehend Herz, offene Hände, die<br />
zum Helfen und Geben bereit s<strong>in</strong>d.<br />
Wir gehören <strong>in</strong> den Kreis der Freunde Jesu, als christliche Geme<strong>in</strong>de als Geschwister im <strong>Lazarus</strong> <strong>Orden</strong>. Diese Bezeichnung<br />
ist hier im Evangelium nach Johannes e<strong>in</strong>malig, sonst s<strong>in</strong>d es die Jünger, die Apostel. In e<strong>in</strong>em Schlager von 1930 heißt<br />
es: E<strong>in</strong> Freund, e<strong>in</strong> guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt. E<strong>in</strong> Freund bleibt immer Freund, und wenn die<br />
ganze Welt zusammenfällt... Die Commedian Harmonist mussten im Laufe der 30er Jahre am eigenen Leibe erfahren, wie<br />
brüchig diese Beschreibung der Freundschaft werden konnte! Das Berufsverbot der Nazis spaltete die Gruppe. Drei „nichtarische“<br />
Sänger mussten emigrieren.<br />
Von Dietrich Bonhoeffer wissen wir, wie hoch er echte Freundschaft schätzte. Eberhard Bethge, se<strong>in</strong> Freund, wurde <strong>in</strong> den<br />
dunklen Jahren für ihn lebenswichtig. Bonhoeffer dachte im Gefängnis darüber nach, ob Freundschaft e<strong>in</strong> sogenanntes Man-<br />
<strong>Lazarus</strong> Journal 13