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Mai 2008 - Lazarus Orden in Deutschland

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Leben und Sterben für die E<strong>in</strong>heit der Christen<br />

Glockengeläut erfüllt das Innere der<br />

Basilika St. Johannes der Täufer auf<br />

Johannisberg. Klagend kündigt es den<br />

Abschied von dem sehr geliebten und<br />

hoch geschätzten ehemaligen Pfarrer<br />

und <strong>Lazarus</strong> <strong>Orden</strong>skaplan Jean Hörnis<br />

an. Die Glocken brausen auf, ihr<br />

Klang schw<strong>in</strong>gt sich bis zum Gewölbe<br />

empor, die e<strong>in</strong>zelnen Glocken vere<strong>in</strong>igen<br />

sich nach und nach zu e<strong>in</strong>er Melodie,<br />

die bei aller Trauer über den<br />

schmerzlichen Verlust dieses lieben,<br />

außergewöhnlichen Menschen auch<br />

Freude und Zuversicht verströmt. Man<br />

fühlt es – hier nimmt der Herr e<strong>in</strong>en<br />

se<strong>in</strong>er treuen Diener zu sich. Er hat ihn<br />

reichlich mit Liebe beschenkt, e<strong>in</strong><br />

Geschenk, das er als Auftrag verstand,<br />

um es an se<strong>in</strong>en Nächsten weiterzuverschenken.<br />

So war es vor allem das Wort<br />

LIEBE, das bei dieser Trauerfeier über<br />

allem stand. Sie erfüllte nicht nur die<br />

Herzen der Trauernden, sie erklang<br />

immer wieder auch <strong>in</strong> den Reden der<br />

Abschiednehmenden.<br />

Denn selten im Leben begegnet man<br />

e<strong>in</strong>em Menschen, der die Liebe so<br />

überzeugend verkörperte wie er. Jeder,<br />

der Jean Hörnis kannte, war von se<strong>in</strong>er<br />

stillen Liebenswürdigkeit stark bee<strong>in</strong>druckt,<br />

die e<strong>in</strong>e echte, ungekünstelte<br />

Frömmigkeit ausstrahlte. E<strong>in</strong> freundliches<br />

Lächeln und e<strong>in</strong>e schöne, melodiöse,<br />

sonore Stimme halfen dem Seelsorger,<br />

Vertrauen und Zuversicht bei<br />

den Ratsuchenden zu erwecken. Se<strong>in</strong>e<br />

außergewöhnliche Beliebtheit wider-<br />

- Abschied von Jean Hörnis -<br />

spiegelte nicht zuletzt die übervolle<br />

Kirche. Jeder, der nur konnte, kam,<br />

um ihm, dem Pfarrer und Seelsorger<br />

Jean Hörnis, die letzte Ehre zu erweisen<br />

und sich im stillen Gedenken von<br />

ihm zu verabschieden:<br />

Zu den offiziellen Gästen zählten –<br />

allen voran – der Altbischof Franz<br />

Kamphaus, der ihn noch vier Wochen<br />

vor se<strong>in</strong>em Tod besucht hat, ebenso<br />

der Bezirksdekan Holger Daniel, se<strong>in</strong><br />

Nachfolger Pfarrer Otto Franzmann,<br />

die geme<strong>in</strong>sam die hl. Messe zelebrierten,<br />

se<strong>in</strong>e Priesterkollegen aus dem<br />

Bistum Limburg, die Nonnen und die<br />

<strong>Orden</strong>sbrüder aus der Umgebung, die<br />

Brüder und Schwestern des <strong>Lazarus</strong>ordens,<br />

dessen erster, durch den Fürsten<br />

Metternich berufener <strong>Orden</strong>skaplan<br />

er war. Und natürlich auch<br />

se<strong>in</strong>e ehemaligen Pfarrk<strong>in</strong>der, die bis<br />

zuletzt rührend für ihn Sorge trugen.<br />

Sie alle kamen. um Abschied von ihm<br />

zu nehmen. Es passiert nicht oft im<br />

Leben, dass e<strong>in</strong>em Pfarrer fast e<strong>in</strong> Vierteljahrhundert<br />

nach se<strong>in</strong>er Pensionierung<br />

noch so viel Liebe und Ehrerbietung<br />

entgegengebracht werden. Die<br />

Liebe, die Jean Hörnis an se<strong>in</strong>e Mitmenschen<br />

mit vollen Händen verschenkte,<br />

kehrte auf Umwegen zu ihm<br />

zurück. Er musste nicht wie viele Pfarrer<br />

den Ruhestand <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>samkeit<br />

verbr<strong>in</strong>gen. Da er bis zuletzt <strong>in</strong>mitten<br />

se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Johannisberg<br />

geblieben war, blieb er von Freunden<br />

umgeben. Der Deutsch-Schweizer aus<br />

dem fernen Genf, mit se<strong>in</strong>em unnachahmlich<br />

charmanten französischen<br />

Akzent, fand im Rhe<strong>in</strong>gau e<strong>in</strong> wirkliches<br />

Zuhause und e<strong>in</strong>e treue Geme<strong>in</strong>de.<br />

Sie ermöglichte es ihm, se<strong>in</strong>en stillen<br />

Wunsch zu erfüllen – zu Hause zu<br />

sterben. Vor allem mit dem Diakon<br />

Josef Weser und se<strong>in</strong>er Familie war<br />

Jean Hörnis <strong>in</strong>nig verbunden. Zusammen<br />

mit der Haushälter<strong>in</strong> Draz<strong>in</strong>a<br />

pflegten sie den Kranken. Weser<br />

ermöglichte es dem gebrechlichen<br />

Pfarrer täglich an der Eucharistie teilzunehmen<br />

und er organisierte auch<br />

das Begräbnis bis zu dem geme<strong>in</strong>samen<br />

Versperbrot, e<strong>in</strong>em ausdrückli-<br />

chen Wunsch von Jean Hörnis, um all<br />

jene noch e<strong>in</strong>mal zusammenzuführen,<br />

die ihn bei se<strong>in</strong>em irdischen<br />

Dase<strong>in</strong> begleiteten.<br />

Das zweite Wort, das bei der Trauerfeier<br />

immer wieder auftauchte, war<br />

Ökumene. Oder, wie Jean Hörnis es<br />

lieber formulierte – DIE EINHEIT IN<br />

CHRISTUS – für ihn e<strong>in</strong> ganz wichtiges<br />

Anliegen se<strong>in</strong>er Tätigkeit. Er,<br />

obwohl se<strong>in</strong>er Ges<strong>in</strong>nung nach eigentlich<br />

eher e<strong>in</strong> Konservativer, setzte sich<br />

oft über alle Konventionen h<strong>in</strong>weg. So<br />

setzte er als e<strong>in</strong>er der Ersten im Bistum<br />

Mädchen als M<strong>in</strong>istranten e<strong>in</strong>. Schon<br />

sehr früh sah er die Zukunft der Christen<br />

nur <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>heit. Durch se<strong>in</strong>e<br />

doppelte Funktion als Geme<strong>in</strong>depfarrer<br />

und <strong>Lazarus</strong> <strong>Orden</strong>skaplan, strahlte<br />

die Ökumene auch nach Johannisberg<br />

aus. Dazu kam die tiefe Freundschaft,<br />

die ihn mit se<strong>in</strong>em evangelischen<br />

<strong>Orden</strong>skaplan Wolfgang Schöne<br />

verband. Hörnis empfand es als e<strong>in</strong>e<br />

besondere Fügung, die sie zusammenführte.<br />

Se<strong>in</strong>e Stärke war se<strong>in</strong>e pastorale<br />

Ausstrahlung, se<strong>in</strong> pastorales Gebet.<br />

Das Theologische wiederum sah er bei<br />

Wolfgang Schöne besser aufgehoben.<br />

So ergänzten sie e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> idealer<br />

Weise. Durch Pfarrer Schöne kam er<br />

auch mit der evangelischen Kommunität<br />

<strong>in</strong> Volkenroda und Gnadenthal <strong>in</strong><br />

Berührung, wo er, so lange es ihm<br />

se<strong>in</strong>e Gesundheit erlaubte, an den<br />

Gottesdiensten teilnahm.<br />

Er g<strong>in</strong>g von uns gut vorbereitet auf<br />

das Jenseits. Alt und gebrechlich, wie er<br />

war, wusste er nun allzu gut, dass se<strong>in</strong>e<br />

Zeit hier auf Erden sich dem Ende<br />

näherte. Und es war sicherlich wiederum<br />

e<strong>in</strong>e Fügung, dass sogar se<strong>in</strong> Tod<br />

im Zeichen der Ökumene stand. Es<br />

war se<strong>in</strong> Freund und ökumenischer<br />

Partner Wolfgang Schöne, der ihm <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er letzten Stunde zur Seite stand<br />

und ihn <strong>in</strong> den Tod begleitete. Nach<br />

dem geme<strong>in</strong>samen Abendgebet :<br />

„Herr, nun lässt du de<strong>in</strong>en Diener im<br />

Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn<br />

me<strong>in</strong>e Augen haben de<strong>in</strong>en Heiland<br />

<strong>Lazarus</strong> Journal 29

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