Mai 2008 - Lazarus Orden in Deutschland

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Dienen -Weitergeben -Verändern Hospitalischer Bericht 2007 Leprosier und Almosier Dr. Klaus Winter KCLJ, GCMLJ, Bad Lauterbach Unserem ökumenischen Orden ist die praktische Nächstenliebe als Ideal und Aufgabe zugeordnet: Neben den vielen und vielfältigsten Engagements einzelner Ordensmitglieder in Eigeninitiative stehen die übergeordneten Hilfsaktionen der gesamten Großballei Deutschland, für die sich der Orden besonderer karitativer Einrichtungen zusätzlich bedienen kann. Die Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (C.H. Bartels Fund) (HDZ) ist eine dieser Einrichtungen. Dem siebenköpfigen Kuratorium des HDZ gehören neben seinem Vorsitzenden vier weitere Kuratoren dem Lazarus Orden an. Das HDZ leistet – ebenso wie der Lazarus-Orden – bei unterschiedlicher Aufgabenstellung weltweit karitativsoziale Arbeit, d.h. Menschen in Not und Elend zu helfen. Das tragende Motiv für den Dienst am Nächsten ist für mich persönlich die christliche Caritas und Diakonie. Damit wird dieses Motiv zum lnhalt einer gesamtchristlichen Ausrichtung aller Hilfsmassnahmen. Die zahlreichen HDZ-Projekte, die seit vielen Jahren auch Bestandteile der Hospitalischen Berichte sind, erfüllen deshalb inhaltlich ganz und gar die Ziele unseres Ordens. Nicht die großen Zahlenkolonnen der Jahresbilanzen sind zu bewerten, sondern die unmittelbare Hilfe am Nächsten. Das ist der eigentliche Erfolg in der Erfüllung unserer karitativ-sozialen Aufgaben. Dies schicke ich deswegen stets meinem Bericht voraus, weil regelmäßig bei mir hinterfragt wird, ob der Lazarus-Orden sich ohne weiteres die Leistungen des HDZ anheften kann. Mein Hospitalischer Bericht 2007 steht ganz im Zeichen des 20jährigen Bestehens der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete. Auf meiner Inspektionsreise nach Kenia im Frühjahr 2007 besuchte ich die in den vergangenen Jahren errichteten Projekte in Juja und Thika, unweit von Nairobi. In Zusammenarbeit mit dem fränkischen Kenia-Hilfswerk. begleitete mich der Zahnarztkollege Dr. Paul Festl, der als aktives Mitglied der katholischen Pfarrgemeinde in Katzwang/Nürnberg die lnitiativen für diese Region vor längerer Zeit ergriffen hatte. Hier vor Ort arbeitet seit vielen Jahren die Dominikanerin Sr. Luise Radlmeier. Den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit legt sie auf die Versorgung von Aids-Waisen und deren Großmütter, von Findel- und Flüchtlingskindern, von ganz jungen Mädchen, die an Männer verkauft wurden und geflohen sind und von ehemaligen Kindersoldaten. Das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte hat mit seinen Spenden für diese aufopferungsvolle Tätigkeit gezielt ,,hineinfinanziert.“ Mit der Errichtung eines Ambulatoriums und eines Schwesternhauses wurde die Arbeit von Schwester Luise maßgeblich unterstützt. (Bayern alpha hat am Welt-Aids-Tag, 02.12.2007, mit dem Titel: „Die Kinder der Nonne, Liebe, Tod und Hoffnung in Kenia“ darüber berichtet.) Bei der offiziellen Übergabe der neu erbauten Grundschule im Februar 2007 konnte ich mich von der Notwendigkeit unserer Hilfsmaßnahmen noch einmal überzeugen und gleichzeitig den Erweiterungsbau der Schule (geplant 2008 für 300 Schüler) zusammen mit den Verantwortlichen vor Ort besprechen. Unweit von Juja – in der kenianischen Industriestadt Thika – befindet sich seit 1990 das St. Mulumba Hospital, das vor wenigen Jahren durch viele fränkische Spendenmittel errichtet wurde. Das HDZ finanzierte die Betten für die Neugeborenen-Station und einen dringend benötigten Groß-Generator, der die Stromversorgung für das Krankenhaus bei den häufigen Ausfällen nun sichert. Die vorhandene renovierungsbedürftige Zahnstation ist unser neuestes Projekt. Hier führte ich während meines dreitägigen Aufenthaltes konkrete Gespräche mit dem Architekten und dem Dental-Depot in Nairobi. Hier wurden das dafür zu bebauende Grundstück auf dem Hospitalgelände besichtigt und die jeweiligen Kostenanalysen für Bau und Einrichtung eingeholt. Inzwischen ist das Haus fertig und das Equipment auf dem Weg. Das Vorhaben hat einen lnvestitionswert von fast 70.000 Euro. Im Frühjahr 2008 werde ich zusammen mit meiner Frau wieder nach Kenia reisen, um die Arbeit von Sr. Luise mit neuen Projekten zu unterstützen. Auch wollen wir in Ruanda die Resozialisierung ehemaliger Kindersoldaten vorantreiben. Erst kürzlich habe ich hierfür Kontakt mit Eugenie Musayidire aufgenommen. Sie ist die diesjährige Preisträgerin des 7. Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises, und leitet hier in Ruanda ein Therapiezentrum für traumatisierte Kinder, wie die Kindersoldaten. An einem Beispiel – wie hier in Kenia – hat das HDZ in den vergangenen 20 Jahren über 800 Projekte in einem Gesamtwert von weit mehr als 18 Mio Euro realisieren können. 20 Lazarus Journal
Die in der Jubiläumsbroschüre vorgestellten Projekte sind keine Präsentation eigener Leistungen, sondern dankbares Hinweisen von Ergebnissen, die durch gemeinsames Handeln entstanden sind. Allen, die dabei mitgewirkt haben und dies in großer Treue noch immer tun, bin ich zutiefst dankbar: Dankbar verbunden bin ich in erster Linie den vielen kleinen Einzelspendern, unseren Patienten deutschlandweit. Sie versetzen uns erst in die Lage, unseren Dienst am Nächsten so zu tun. Tausende von kleinen an das HDZ adressierten Versandbeutelchen mit Zahnaltgold sind von ihnen angekommen. Auch in diesem Jahr konnten wir mit deren Erlösen wiederum fast 40 Projekte unterstützen, die schon heute einen Gesamtwert von über 900.000 Euro haben. Damit Sie einen kurzen Überblick bekommen, welches Ausmaß unsere Projekte in den letzten 20 Jahren hatten, möchte ich zusammengefasst ganz kurz in Erinnerung rufen: > Ca. 181 Zahnstationen haben wir in Göttingen eigenhändig verpackt und per Container in die Entwicklungsländer bringen lassen; zusätzliche 154 zahnärztliche Einrichtungen mit Materialien, Instrumentarien und Medikamenten haben hilferufende Empfänger erreicht; > Ca. 18 Grundschulen wurden gebaut und /oder unterstützt, u.a. 3 Schulen in Mondulkiri in Kambodscha, Bordenia in Indien sowie ein Gymnasium in Satu Mare in Rumänien; > Ca. 10 Jugendzentren wurden erstellt, u.a. in Wohku, Russland, und an der Elfenbeinküste und in Ghana. > Bei der Rückschau habe ich ca. 35 Häuserprogramme ermittelt. u.a. ein Hausbauprogramm zur Frauenförderung in Makuyo/Kenia und das Frauenhaus in Goa; mehrere Neubausiedlungen für Lepra-Kranke, z.B. mit 110 Häusern in Balaramapuram in der Nähe von Madras in Indien. Vielfältig haben wir in bestehende Lepraprogramme investiert, wie das in Myikyna in Burma oder das Lepra-Projekt in Bombay/Indien. > Etwa 15 Kinderheime bzw. Kindergärten sind gebaut oder unterstützt worden, u.a. das Marie Luisen Kinderheim in Buenos Aires, Argentinien; das Kinderheim San Leopolde in Sao Paulo, Brasilien und das Dr. Horst Sebastioan Village – ein Waisenheim – in Lamay, Peru, und nicht zu vergessen den Kindergarten in Frumoasa, Rumänien Hierzu schrieb mir erst vor wenigen Tagen Schwester Dolore folgende Zeilen: 20 Jahre Hilfswerk Deutscher Zahnärzte hat sichtlich ein großes Netzwerk der Nächstenliebe ausgebreitet und somit eine Menge Not gelindert und viel Gutes bewirkt. Möge dieses Netzwerk weiterhin ein Segen für die Notleidenden und Bedürftigen bleiben. Gerne schreibe ich Dir ein paar Punkte auf, was aus unserem Kindergartenprojekt geworden ist. Der Kindergarten ist zu einer Modelleinrichtung geworden und es kommen immer wieder Fachkommisionen und Fortbildungsgruppen vom Schulamt um diesen Kindergarten zu besichtigen. Vierundachtzig Kinder sind derzeit in vier Gruppen aufgeteilt und der Staat hat noch einen Zuschuß gegeben, so daß eine Tagesgruppe auch das Mittagessen bekommen kann. Der Nachbar hat sein Haus restauriert und Baustil und Außenfarben dem Kindergartengebäude angepaßt. Das Betteln vor unserer Haustüre hat sich etwas beruhigt. Wenn unser Kinderheim aus Hilfstransporten Überschuß an Spielwaren und Bekleidung bekommt, geben wir diesen über den Kindergarten und die Schule an die Bedürftigen weiter. Die Zusammenarbeit mit dem Kindergartenpersonal ist sehr lebendig geworden und im Vergleich zu früheren müden Gewohnheiten, bemüht sich der Bürgermeister jetzt sichtlich eifrig darum, daß auch die Spielplatz- und Gartenpflege nicht vernächlässigt wird. Die Dorfleute haben erfahren, dass Deutschland nicht nur für das Waisenhaus etwas Gutes getan hat, sondern auch für die Kinder des Dorfes. Somit ist auch unser Waisenhaus noch mehr akzeptiert. Wir können nicht genug dankbar sein, daß dieses Projekt zustande gekommen ist. Viele Reiche haben das Gefühl, dass sie wegen ihrer höheren Steuerbelastung schon genug für das Gemeinwesen tun. Und: Arme haben einen direkten Bezug zur Not und Bedürftigkeit als andere. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Nicht nur die kränkelnde Spendenbereitschaft der Wohlhabenden, sondern auch das Scheitern der Ideen von Marx in der Praxis zeigen, dass es für den Menschen schlecht ist, zum Gefangenen seines Bewusstseins zu werden. Der scheidende britische Botschafter Sir Peter Torry brachte dies jetzt in einem Toast vor überwiegend deutschen Gästen seines Abschiedempfangs in Berlin auf den Punkt: „Erheben Sie Ihr Glas, das Sie gern als halb leer sehen. Erkennen Sie, dass es halb voll ist. Dies ist ein wunderschönes, reiches Land. Wenn der Rest der Welt die Probleme Deutschlands hätte – wie gut ginge es uns allen!“ Damit das Geld des HDZ nicht in falsche Kanäle fließt, dafür sorgt auch die wiederholte Auszeichnung durch das Deutsche Zentralinstituts für soziale Fragen mit dem Spendensiegel. Eine Art TÜV-Plakete für soziale Einrichtungen. Es bestätigt zum wiederholten Male, dass der Anteil der Werbe- und Verwaltungsausgaben beim HDZ niedrig liegt und damit das Gros des Geldes nahezu ausschliesslich in Projekte fließt. Warum bin ich 20 Jahre ehrenamtlich überhaupt dabei? Frau Dr. Margot Käßmann, Bischöfin der Evangelischen-lutherischen Landeskirche Hannover, brachte es in einem Artikel Praktizierte Nächstenliebe über die Hilfsaktionen der deutschen Zahnärzte – für mich – auf den Punkt: ,,Die Zuwendung zu anderen verändert uns immer auch selbst. Sie befreit uns aus der Gefangenschaft im Alltagstrott und erweitert unseren Horizont. So sind wir als Gebende immer auch Empfangende." Ich bin mir dessen bewusst, dass unsere Hilfe allein nicht das Elend die- Lazarus Journal 21
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