mit Einbindung vernetzter Elektronik - FKFS
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Werkzeuggestützte Echtzeit-Fahrsirnulation<br />
<strong>mit</strong> <strong>Einbindung</strong> <strong>vernetzter</strong> <strong>Elektronik</strong><br />
Von der Fakultät 11 ascliinenbau<br />
der Uiiiversität Stutt gart<br />
zur Erlailgung der Würde eines<br />
Doktor-Irigeriieurs @r.-11ig.)<br />
geiieliinigt e Al~liaiitlliing<br />
vorgelegt von<br />
Gerd Baurnann<br />
aiis Essliiigen<br />
Hauptberichter: Prof. Dr .-Ing. J. \Yietleiiianri<br />
1Zitb~richter:<br />
Prof. Dr.-Iiig. Dr. 11. C. P. C'.h 10 ner<br />
Tag der iriündlichen Prüfurig: 15. Juli 2003<br />
Institut für \Terbrennungsmotoren und I
Werkzeuggestützte<br />
Echtzeit-Fahrsimulation<br />
<strong>mit</strong> <strong>Einbindung</strong><br />
<strong>vernetzter</strong> <strong>Elektronik</strong><br />
Gerd Baumann<br />
Schriftenreihe des Instituts<br />
für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen<br />
der Universität Stuttgart<br />
Lehrstuhl Kraftfahtwesen<br />
Herausgegeben von Prof. Dr.-lng. Jochen Wiedemann<br />
Band 22
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im lnternet über<br />
httrxlldnb.ddb.de abrufbar.<br />
Bibllographic Information published by Die Deutsche Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek lists this Publication<br />
in the Deutsche Nationalbibliografie;<br />
detailed bibliographic data is available in the lnternet at<br />
http://dnb.ddb.de .<br />
ISBN 3-8169-231 1-9<br />
Bei der Erstellung des Buches wurde <strong>mit</strong> großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem können Fehler<br />
nicht vollständig ausgeschlossen werden. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und<br />
deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen.<br />
Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar.<br />
O 2004 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71 272 Renningen<br />
Tel.: +49 (0) 71 59-92 65-0, Fax: +49 (0) 71 59-92 65-20<br />
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Alle Rechte vorbehalten<br />
Printed in Germany<br />
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer-<br />
halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig<br />
und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und<br />
die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Vorwort<br />
Diese Arbeit ist während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher hlitar-<br />
beiter am Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren<br />
Stuttgart (<strong>FKFS</strong>) entstanden.<br />
Ilein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. J. IViedemann, dem<br />
Ordinarius für Kraftfahrwesen an der Universität Stuttgart. für die Eber-<br />
nahme des Hauptberichtes und die wohlwollende Förderung der Arbeit.<br />
sowie Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. h. C. P. Göhner, dem Leiter des Insti-<br />
tuts für Automatisierungs- urid Software-Technik (IAS) der Universität<br />
Stuttgart, für die freundliche Übernahme des Mitberichts.<br />
Bei den Mitarbeitern der Institute <strong>FKFS</strong> und IVK, insbesondere al-<br />
len Kollegen aus dem Bereich Kfz-Mechatronik und Software, bedan-<br />
ke ich mich für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung bei der<br />
Durchführung der Arbeiten. Stellvertretend seien die Herren 3lichael<br />
Grimm, Jens Neubeck und Werner Krantz genannt.<br />
Besonders erwähnen möchte ich auch die früheren Kollegen Dieter Hötzer<br />
und Ulrich Sailer, die <strong>mit</strong> kreativen Anregungen und fachlichen Diskus-<br />
sionen zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben.<br />
Meiner Frau Andrea danke ich herzlich für die stetige Motivation, die<br />
Arbeit fertig zii stellen, obwohl dies für sie und unsere beiden Kinder<br />
zeitweise Verzicht bedeutet hat.<br />
Stilttgart,, in1 Juli 2003 Gerd Baumanri
Inhalt<br />
Vorwort 3<br />
Formelzeichen und Abkürzungen 8<br />
Zusammenfassung 20<br />
Abstract<br />
1 Einleitung 24<br />
1.1 Motivation .......................... 24<br />
1.2 Stand der Forschung und Technik .............. 25<br />
1.2.1 Fahrsimulatoren ................... 27<br />
1.2.2 Hardware-in-the-Loop-Simulation .......... 30<br />
1.2.3 Echtzeitsimulation von Kraftfahrzeugen ...... 34<br />
1.2.4 Datenkommunikation im Kraftfahrzeug ...... 38<br />
1.2.5 Das CAN-Protokoll ................. 43<br />
1.3 Aufgabenstellung ....................... 45<br />
1.4 Inhalt und Aufbau der Arbeit ................ 46<br />
2 Methoden und Werkzeuge 48<br />
2.1 Definition der Echtzeitsiniulation .............. 48<br />
2.1.1 Anwendungen in der Fahrzeugtechnik ....... 50<br />
2.1.2 Fahrsimulatoren ................... 52<br />
2.2 Erstellung echtzeitfähiger Modelle ............. 54<br />
2.2.1 Grundlegende Anforderungen ............ 54<br />
2.2.2 Numerische Anforderungen ............. 55<br />
2.2.3 Strukturierung .................... 57<br />
2.3 Auswahl und Kopplung von Software-Werkzeugen .... 59<br />
2.3.1 Konzept ........................ 59<br />
2.3.2 Auswahl des Basis-UTerkzeugs . ........... 63<br />
2.3.3 Auswahl des FSM-Werkzeugs ............ 64<br />
2.3.4 Auswahl des MKS-Werkzeugs ............ 64<br />
2.3.5 <strong>Einbindung</strong> von NEWEUL in SIMULINK . . . . 65<br />
2.3.6 <strong>Einbindung</strong> von SIh4PACK in SIIlIULINK .... 67
3 Elektronische Steuerungen und CAN-Netzwerke<br />
3.1 Verfahren zur <strong>Einbindung</strong> von elektronischen Steuer-<br />
71<br />
geräten und Aggregaten ................... 71<br />
3.1.1 Definition von Schnittstellen ............ 71<br />
3.1.2 <strong>Einbindung</strong> von Steuergeräte-Quellcode ...... 75<br />
3.1.3 Rechnerkopplung (Echtzeit-Cosimulation) ..... 75<br />
3.1.4 <strong>Einbindung</strong> realer Steuergeräte (HIL) . . . . . . . 76<br />
3.1.5 <strong>Einbindung</strong> realer Aggregate ............ 79<br />
3.1.6 <strong>Einbindung</strong> <strong>vernetzter</strong> Steuergeräte . ........ 82<br />
3.1.7 Funktions-Nachbildung (Steuergeräte-Modell) . . . 84<br />
3.2 Behandlung von CAN-Ketzwerken . . . . . . . . . . . . . 86<br />
3.2.1 Simulatiori des gesamten Netzwerks . . . . . . . . 87<br />
3.2.2 Simulation der Steuergeräte . realer CLAN-Bus . . . 88<br />
3.2.3 Simulation von Fahrzeugen <strong>mit</strong> mehreren CAK-<br />
Netzwerken ...................... 90<br />
3.2.4 Autorrratisierte Impleinentierung der CAN-<br />
Kommunikation in der Simulation . . . . . . . . . 92<br />
4 Ein Fahrsimulator für ASG im Nutzfahrzeug 94<br />
4.1 Einleitung ........................... 95<br />
4.1.1 Zielsetzung und Anforderungen ........... 95<br />
4.2 Funkt ionsweise der Antriebs-St euerung .......... 96<br />
4.2.1 Halbautomatische Steuerung ............ 96<br />
4.2.2 Autoinatisiertes Schaltgetriebe (AiSG) . ...... 96<br />
4.3 Konzeption und Aufbau ................... 98<br />
4.3.1 Darstellung des Verbrennungsmotors ........ 99<br />
-2.3.2 Darstellung von Kupplung und Getriebe ...... 99<br />
4.3.3 Darstellung der weiteren Komponenten . . . . . . 103<br />
4.3.4 Realisierter Hardn-are-.4 ukau ............ 104<br />
4.4 Simulationsniodell ...................... 106<br />
4.4.1 Verbrennungsmotor ................. 108<br />
4.4.2 Motor-Steuergerät .................. 109<br />
4.4.3 Kupplung ....................... 111<br />
4.4.4 Getriebe . ....................... 112<br />
4.4.5 Hydrodynamische Dauerbremse (Retarder) .... 114<br />
4.4.6 Hinterachse ...................... 116<br />
3.4.7 Elektro-pneumatische Bremsanlage ......... 117<br />
4.4.8 Längsdynamik .................... 121<br />
2.4.9 Rad-Umfangsgeschwindigkeiten ........... 123<br />
4.4.10 Steuergerät Fahrregelung (FR) . . . . . . . . . . . 123
4.5 Implementierung ....................... 127<br />
4.6<br />
4.5.1 Simulationsprogramm und Echtzeitrechner .... 127<br />
4.5.2 CAN-Kommunikation ................ 127<br />
4.5.3 Interface-<strong>Elektronik</strong> ................. 128<br />
Ausge~~hlte Versuchsergebnisse .............. 128<br />
4.6.1 Validierung der Simulationsanlage ......... 128<br />
4.6.2 Assistenzfunktionen ................. 130<br />
5 Fahrdynamik und MMI 134<br />
5.1 Ubersicht ........................... 134<br />
5.2 Nf ehrkörpermodell ...................... 136<br />
5.3 Berechnung der Reifenkräfte ................. 140<br />
5.3.1 Anforderungen .................... 140<br />
5.3.2 Radhalbmesser, Radlast und Umfangsgeschwiridigkeit<br />
......................... 141<br />
5.3.3 Schlupf und Schräglaufwinkel ........... . 142<br />
5.3.4 Umfangs- und Seiterlkraft .............. 145<br />
5.3.5 Rückst ellmoment ................... 148<br />
5.3.6 Instationäres Verhalten ............... 149<br />
5.3.7 Schwenkmoment ................... 150<br />
5.3.8 Rollwiderstand .................... 152<br />
5.3.9 Einleitung der Reifenkräfte in das MKS ...... 152<br />
5.4 Bremsen und Raddrehung .................. 153<br />
5.4.1 Bremsanlage ..................... 153<br />
5.4.2 Raddrehung . ..................... 153<br />
5.5 Lenkung ............................ 155<br />
5.5.1 Lenkwinkel ...................... 155<br />
5.5.2 Lenkradmoment ................... I59<br />
5.5.3 Servolenkung ..................... 161<br />
5.6 PC-basierte Echtzeitsimulation ............... 161<br />
5.6.1 Portabilität ...................... 162<br />
5.6.2 Numerische Integration ............... 163<br />
5.6.3 Rechenzeitbedarf ................... 163<br />
5.7 Labor-Fahrsimulator ..................... 166<br />
5.7.1 Übersicht ....................... 166<br />
5.7.2 Lenkeinheit ...................... 167<br />
5.7.3 Visualisierung . .................... 168<br />
5.8 Geräuscherzeugung ...................... 169<br />
5.8.1 Einführung ...................... 169<br />
5.8.2 Grundlagen des Verfahrens ............. 170
5.8.3 Geräuschaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171<br />
5.8.4 Geräuscherzeugurig irn Simulationsbetrieb . . . . . 173<br />
5.8.5 Technische Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . 175<br />
6 Schlussbemerkung und Ausblick 176<br />
Literatur 178<br />
Anhang 194<br />
Al: L4uslegungsrechnung zu Abschnitt 4.3.2 . . . . . . . . . . . 194
Formelzeichen und Abkürzungen<br />
Verwendete Formelzeichen<br />
Bei physikalischen Größen, die als Skalar und als Vektor auftreten, wird<br />
in der folgenden Liste nur die skalare Form angegeben.<br />
Formel-<br />
zeichen<br />
Einheit Beschreibung<br />
maximale Beschleunigung/Verzögerung<br />
Soll-Verzögerung<br />
Gewichtsfunktion bei der Geräuscherzeugung<br />
Fahrzeug-S tirnfläche<br />
Zahl der geräuschbeeinflussenden Parameter<br />
Abstand der Lenkachsen<br />
Auslegungsfaktor der Lenkung<br />
Torsionssteifigkeit des Reifens um die z-Achse<br />
Geometriekonstante (Lenkung)<br />
Torsionssteifigkeit des Kupplungsdämpfers<br />
Federkonstante des Reifens in z-Richtung<br />
Luftwiderst ands-Beiwert<br />
Durchmesser des Lenkrads<br />
Reibkoeffizient des Kupplungsdämpfers<br />
Durchmesser des Retarders<br />
Basis des natürlichen Logarit hmiis<br />
Exzentrität des Reifens<br />
Vektor der CAN-Fehlersignale<br />
mathematische Funktionen, allgemein<br />
Abtastfrequenz bei der Geräuschaufnahme<br />
Abtastfrequenz bei der Geräuscherzeugung<br />
Rückmeldungen eines Aggrega,tes<br />
höchste Eigenfrequenz<br />
Rollwiderst ands-Beiwert<br />
Rückmeldungen eines Steuergerät es<br />
Rückmeldungen der Umgebung
Frequenz der K-ten 114otorordnung<br />
Kraft (allgemein)<br />
Antriebskraft<br />
Anfahrwiderstand<br />
Bremskraft an einem einzelnen Rad<br />
Bremskraft der Auflieger-Achse<br />
Summe der Bremskräfte aller Achsen<br />
Bremskraft der Hinterachse<br />
Bremskraft der i-ten Achse<br />
Bremskraft am linken Rad der i-ten Achse<br />
Bremskraft am rechten Rad der i-ten Achse<br />
Längskraft an der Sattelkupplung<br />
Bremskraft der Vorderachse<br />
Umfangskraft arn Lenkrad<br />
Luftwiderstand<br />
Radlast<br />
Achslast der Auflieger-Achse<br />
Radlast zur Schwenkmoment-Bestimmung<br />
Achslast der Hinterachse<br />
Radlast des linken Hinterrades<br />
Radlast des rechten Hinterrades<br />
Achslast der i-ten Achse<br />
Radlast des linken Rades der i-ten Achse<br />
Radlast des rechten Rades der i-ten Achse<br />
Sattellast<br />
Achslast der Iorderachse<br />
Radlast des linken lTorderrades<br />
Radlast des rechten Vorderrades<br />
Reifenkraft vekt or<br />
Rollwiderstandskraft an einem Rad<br />
Rollwiderstandskraft (Gesamt fahrzeiig)<br />
Reifen-Seitenkraft<br />
stationäre Reifen-Seitenkraft<br />
Reifen-Seit enkraft bei reinem Schräglauf<br />
Steigungswiderstand<br />
Reifen-Umfangskraft (ohne Rollwiderst and)<br />
Reifen-Umfangskraft im gleit enden Zustand<br />
Reifen-ürnfangskraft (<strong>mit</strong> Rollwiderstarid)<br />
Reifen-Cmfarigskraft am linken Hinterrad<br />
Reifen- Lrnfangskraft am rechten Hinterrad
stationäre Reifen-Umfangskraft<br />
Reifen-Umfangskraft am linken Vorderrad<br />
Reifen-Umfangskraft am rechten Vorderrad<br />
Reifen-Umfangskraft bei reinem Längsschlupf<br />
Bet ätigungskraft eines Radbremszylinders<br />
Hilfsgröße (Längsdynamik)<br />
Hilfsgröße (Längsdynamik)<br />
Erdbeschleunigung<br />
Gewicht des unbeladenen Aufliegers<br />
Gewicht der Ladung<br />
Gewicht des beladenen *4ufliegers<br />
Gewicht der Zugmaschine<br />
Simulations-Schrittweite<br />
Schwerpunkt höhe des unbeladenen Auf liegers<br />
Koeffizient für Schwenkmoment-Berechnung<br />
Höhe der Sattelkupplung<br />
Schwerpunkthöhe der Ladung<br />
maximal zulässige Schrittweite<br />
Schwerpunkthöhe des beladenen Aufliegers<br />
Schwerpunkthöhe der Zugmaschine<br />
Indexvariable (allgemein)<br />
verzögerte Getriebe-Gesamtübersetzung<br />
Getriebe-gesamt Übersetzung<br />
Übersetzung der Getriebe-Hauptgruppe<br />
Übersetzung der Hinterachse<br />
Übersetzung des Lenkantriebs<br />
Übersetzung der Getriebe-Nachschaltgr~~pe<br />
Übersetzung des Retarders<br />
kinematische Lenkübersetzung<br />
Lenkübersetzung in Geradeausstellung<br />
Übersetzung des Starters<br />
Übersetzung des Lenkgestänges<br />
Übersetzung des Lenkgestänges (links)<br />
Übersetzung des Lenkgestänges (rechts)<br />
Übersetzung der Getriebe-VorschaltgrupPe<br />
Strom der Betriebsbremsventil-Nachbildung<br />
Strom eines ABS-Ventils<br />
Indexvariable (allgemein)<br />
Trägheitsmomeilt (allgemein)<br />
Trägheitsmoment eines Elektromotors
kgm2<br />
kgm2<br />
kgm'<br />
kgm'<br />
kgm'<br />
kgm2<br />
kgm2<br />
kgm2<br />
(-)<br />
N<br />
(-1<br />
s2<br />
(-1<br />
Srns/rad<br />
m<br />
kg<br />
Nm<br />
Nm<br />
Nm<br />
Nlri<br />
Nin<br />
Nm<br />
Trägheitsmoment des Getriebeeingangs<br />
wirksames Trägheitsmoment an der Kupplung<br />
Trägheitsmoment des Getriebeausgangs<br />
Trägheitsmoment der Kupplung<br />
Trägheitsmoment des Kurbeltriebs<br />
Trägheitsmoment des Rades um die Radachse<br />
Trägheitsmoment der Vorgelege~velle<br />
Trägheitsmoment (Elektromotor <strong>mit</strong> Last )<br />
Kraftschluss- Ausnutzung<br />
Kreisel- Zentrifugal- und Corioliskräfte<br />
~aftreibungs-¿iberhöhung der Radbremse<br />
Bauform-Konst ante für Servomotoren<br />
cberlast-~aktor für Servornot oren<br />
Steigung der S t arter- Kennlinie<br />
A4bstand Sattelkupplung-Auflieger-Achse<br />
Schwerpunktlage des unbeladenen Aufliegers<br />
Abstand Sch~erpunkt-Hinterachse<br />
Schwerpunktlage der Beladung<br />
Schwerpunktlage des beladenen Aufliegers<br />
Schwerpunktlage der Zugmaschine<br />
Radstand der Zugmaschine<br />
Radstand<br />
Relaxationslänge (Sch~venkmoment)<br />
Relaxat ionslänge (Reifen-Seitenkraft)<br />
Relaxationslänge (Reifen-Umfangskraft)<br />
Indexvariable (allgemein)<br />
%lasse des unbeladenen Aufliegers<br />
mechanische L4usgangsgrößen (Aggregat)<br />
mechanische Eingangsgrößen (Aggregat)<br />
Fahrzeug-Gesarritmasse<br />
hlasse der Beladung<br />
hlasse des Zugfahrzeugs<br />
Drehmoment (allgemein)<br />
Massenmatrix eines MKS<br />
hloment an der Kardanwelle<br />
Schwenkmoment<br />
Grenzmoment (E-Riiotor am Getriebeeingang)<br />
max. hloirient (E- hlotor am Getriebeeingang)<br />
Nennmomeiit (E-Motor am Getriebeeitigang)<br />
Grenzmonient (E-hlotor arn Getriehcaiisgang)
Moment arn Getriebeausgang<br />
Moment a,m Getriebeeingang<br />
maximales Moment am Getriebeeingang<br />
Reibmoment am Getriebeeingang<br />
Lenkradmoment<br />
Lenksäulenmoment (ohne Lenkhilfe)<br />
Dauer-Lenkradmoment<br />
kurzzeitiges Lenkr admoment<br />
Antriebsmoment an der Hintera.chse<br />
Antriebsmoment am linken Hinterrad<br />
Antriebsmoment am rechten Hinterrad<br />
Kupplungsmoment<br />
Kupplungsmoment im Gleitzustand<br />
Kupplungsmoment im Haftzustand<br />
Kupplungs-Grenzmoment (wegabhängig)<br />
maximales Kupplungsmoment (absolut)<br />
Mot ormoment<br />
Motormoment (ohne Reibung)<br />
begrenztes Motormoment (ohne Reibung)<br />
Motor-Sollmoment (ohne Reibung)<br />
Reibmoment des Verbrennungsmotors<br />
Motormoment bei Schleppbetrieb<br />
Motormoment bei Volllastbetrieb<br />
Bremsmoment der Motorbremse<br />
Reifen-Rückstellmoment<br />
stationäres Reifen-Rückstellmoment<br />
binäre CAN-Empfangsnachrichten<br />
Moment an der Retarderwelle<br />
Ret arder-Sollmoment<br />
begrenztes Ret arder-Sollmoment<br />
maximales Retardermoment<br />
Rollwiderst andsmoment<br />
gesamtes Lenkmoment<br />
Lenkmoment aufgrund Bremskraft<br />
gesamtes Lenkmoment (linkes Rad)<br />
gesamtes Lenkmoment (rechtes Rad)<br />
Lenkmoment aufgrund Längskraft<br />
Lenkmoment aufgrund konstrukt . Nachlaufs<br />
Lenkmoment aufgrund Gewichtsr~ckstellun~<br />
Startermoment an der Kurbelwelle
ns<br />
P<br />
PBP<br />
PL'<br />
Porg<br />
-+<br />
Porg<br />
Psim<br />
-+<br />
Psim<br />
Pzyz<br />
4<br />
Geräuschprobe (nach Frequenzmodulation)<br />
Zeit<br />
Verarbeitungszeit<br />
Periodendauer einer Geräuschprobe<br />
Totzeit des Retarders<br />
Gesamtdauer einer Geräuschprobe<br />
Eingangsgröße (allgemein)<br />
Eingangsgrößen des Antriebsstrangmodells<br />
Spannung eines ABS-Drehzahlsensors<br />
Bezugsgeschwindigkeit<br />
Fahrzeuggeschwindigkeit<br />
Minimale Translationsgeschwindigkeit<br />
Radträger-Geschwindigkeit in der Ebene<br />
Anhaltegeschwindigkeit<br />
Reifen-Umfangsgeschwindigkeit<br />
Reifen-Umfangsgeschwindigkeit (Hinterachse)<br />
Reifen-Umfangsgeschwindigkeit (Vorderachse)<br />
Längsgeschwindigkeit des Radtragers<br />
Quergeschwindigkeit des Radträgers<br />
Vektor der Führungsgrößen (vom Fahrer)<br />
Zustandsgröße (allgemein)<br />
verallgemeinerte Koordinaten<br />
verallgemeinerte Geschwindigkeiten<br />
ver allgemeiner te Beschleunigungen<br />
Position des Anhängers (X-Richtung)<br />
Position der Ladung (Anhänger)<br />
Position des Radträgers<br />
Position des Zugfahrzeugs (X-Richtung)<br />
Position der Ladung (Zugfahrzeug)<br />
Anfangsbedingung<br />
Ausgangsgröße (allgemein)<br />
Stellgrößen eines Aktuators<br />
Position des Anhängers (Y-Richtung)<br />
Stellgrößen (vom Fahrer)<br />
verallgemeinerte Koordinaten des MKS<br />
verallgemeinerte Geschwindigkeiten des MKS<br />
Ausgangsgrößen eines Steuergerätes<br />
Position des Zugfahrzeugs (Y-Richtung)<br />
Abbremsung<br />
Position des Anhängers (z-Richtung)
PAA<br />
PAH<br />
PAR<br />
PAV<br />
PFH<br />
Pg es<br />
PK<br />
PZ A<br />
PZR<br />
VZL7<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
Einfederung der Hinterachse (Anhänger)<br />
Einfederung der Vorderachse (Anhänger)<br />
Einfederung des Fahrerhauses<br />
Schaltzustand des Getriebes<br />
Bet ätigungszustand der hlotorbremsen<br />
-4bstand Radnabe-Fahrbahn<br />
Sollwert der -4bbrenisung<br />
Betätigungszustand des Starters<br />
Schalt zustand eines ABS-lTentils<br />
Position des Zugfahrzeugs (z-Richtung)<br />
Einfederung der Hinterachse (Zugfahrzeug)<br />
Einfederung der irorderachse (Zugfahrzeug)<br />
Schräglaufwinke1<br />
Steigungswinkel der Fahrbahn<br />
Lenkwinkel eines Rades<br />
Lenkwinkel des kurvenäußeren Rades<br />
Ackermannwinkel<br />
Lenkwinkel des Anhängers<br />
Lenkradwinkel<br />
Lenkwinkel des kurveninneren Rades<br />
maximaler Lenkwinkel (kurveninneres Rad)<br />
Lenkwinkel des linken Rades<br />
Winkel des Lenkantriebs<br />
<strong>mit</strong>tlerer Lenkwinkel<br />
Lenkwinkel des rechten Rades<br />
\rorspurwinkel<br />
Lenk-Differenzwinkel<br />
Haftgreiize bei Auslenkung des Rades<br />
Auslenkung des Rades aus der Ruhelage<br />
itTankwinkel des Anhängers<br />
TVankwinkel der Hinterachse (Anhänger)<br />
Rahmen-Torsionswinkel (Anhänger)<br />
Wankwinkel der Vorderachse (Anhänger)<br />
Warikwinkel des Fahrerhauses<br />
Reifen-Schlupf~vinkel<br />
Torsionswinkel der Kupplung<br />
TtTankwinkel des Zugfahrzeugs<br />
Rahmen-Torsioriswinkel (Zugfahrzeug)<br />
TYankwinkel der Vorderachse (Zugfahrzeug)
ad<br />
rad<br />
(-1<br />
(-1<br />
(-><br />
(-><br />
rad<br />
(-)<br />
(-1<br />
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(-1<br />
(-<br />
(- ><br />
(-)<br />
(-)<br />
(-><br />
(-1<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
kg/m3<br />
kg/m3<br />
rad<br />
(-><br />
(-1<br />
(- 1<br />
rad<br />
Wankwinkel der Hinterachse (Zugfahrzeug)<br />
Sturz<br />
Index für Motorordnungen<br />
Reifen-Längsschlupf<br />
Reifen-Gesamtschlupf<br />
Schlupf der Hinterräder<br />
Spurhebelwinkel<br />
Kupplungsschlupf<br />
Kupplungs-Grenzschlupf<br />
Leisturigszahl des Retarders<br />
Schlupf der Vorderräder<br />
Gleit reibungs-Beiwert (Radbremse)<br />
Haftreibungs-Beiwert (Radbremse)<br />
Gleitreibungs-Beiwert (Reifen/Fahrbahn)<br />
Haftreibungs-Beiwert (Reifen/Fahrbahn)<br />
Indexvariable (allgemein)<br />
Kreiszahl<br />
Nickwinkel des Anhängers<br />
Nickwinkel des Fahrerhauses<br />
Nickwinkel des Zugfahrzeugs<br />
Luft dichte<br />
Öldichte im Retarder<br />
Spreizung<br />
Hilfsgröße (Reifenkraft-Berechnung)<br />
Hilfsgröße (ReifenkrafbBerechnung)<br />
Hilfsgröße (Reifenkraft-Berechnung)<br />
Nachlaufwinkel<br />
Zeitfaktor beim Schwenkmoment- Aufbau<br />
Zeitkons tante (Schwenkmoment-Berechnung)<br />
minimale Schaltzeit des Getriebes<br />
Zeitkonstante der Getriebe-Synchronisation<br />
Zeit konst ante des Lenkmoment- Aufbaus<br />
bezogene Verarbeitungszeit<br />
Zeit kontante des Motormomentenaufbaus<br />
minimaler Zeitfaktor (Reifenkraftaufbau)<br />
Zeitfaktor (Seitenkraft aufbau)<br />
Zei tfaktor (Umfangskraftaufbau)<br />
Winkelgeschwindigkeit (allgemein)<br />
Winkelbeschleunigung (allgemein)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Kardanwelle)
ad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s2<br />
ra,d/s2<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
ra,d/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s2<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
rad/s<br />
(-1<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
rad<br />
Soll-Winkelgeschwindigkeit (E-Llotor)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Getriebeausgang)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Getriebeeiiigang)<br />
minimale Winkelgeschwindigkeit (GE)<br />
konstante Winkelgeschwindigkeit (E-Mot or)<br />
maximale Winkelbeschleunigung (GE)<br />
konstante ~Tinkelbeschleunigung (GE)<br />
IVinkelgeschwindigkeit (Lenkrad)<br />
Winkelgescliwindigkeit (Hinterachse)<br />
Winkelgeschwindigkeit (linkes Hinterrad)<br />
Winkelgeschwindigkeit (rechtes Hinterrad)<br />
\Vinkelgeschwindigkeit (Kupplung)<br />
ITink(~1geschwindigkeit (Lenkantrieb)<br />
iVinkelgeschwindigkeit (hlotor)<br />
maximale Winkelgeschwindigkeit (Motor)<br />
iVinkelgeschwindigkeit (Rad)<br />
iVinkelbeschleunigung (Rad)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Retarderwelle)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Starter)<br />
Leerlauf-Winkelgesch~vindigkeit (Starter)<br />
Winkelgeschwindigkeit (Vorgelegewelle)<br />
normierte Motorlast (Geräuschaufnahme)<br />
Gierwinkel des Anhängers<br />
Rad-Gierwinkel (entspannter Zustand)<br />
Rad-Gierwirikel<br />
Gierainkel des Ziigfahrzeugs
Verwendete Abkürzungen<br />
ABS<br />
A/D<br />
ALB<br />
AM<br />
ASG<br />
ASR<br />
BEOP<br />
BWGL<br />
CACE<br />
CAN<br />
CP<br />
CRC<br />
DIA<br />
DAE<br />
DIN<br />
ELSA<br />
EMV<br />
EPB<br />
FEM<br />
FHG<br />
<strong>FKFS</strong><br />
FSM<br />
GUI<br />
HA<br />
HIL<br />
ID<br />
INT<br />
INTF<br />
110<br />
ISO<br />
IVK<br />
Kfz<br />
KREL<br />
LIN<br />
LKW<br />
MKS<br />
Antiblockiersystem<br />
Analog /Digital (-Wandlung)<br />
Automatischer lastabhängiger Bremskraftregler<br />
Aggregate-Modell<br />
Automatisiertes Schaltgetriebe<br />
Antriebsschlupf-Regelung<br />
Beobachtungspunkte (eines MKS)<br />
Bewegungsgleichungen (eines MKS)<br />
Computer Aided Control Engineering<br />
Controller Area Network<br />
Control Prototyping<br />
Cyclic Redundancy Check<br />
Digital/ Analog (-Wandlung)<br />
Differential Algebraic Equation<br />
Deutsche Industrie-Norm<br />
Elektrisches Leitungssystem im Automobil<br />
Elektromagnetische Verträglichkeit<br />
Elektro-pneumatische Bremsanlage<br />
Finite-Elemente-Methode<br />
Freiheitsgrad<br />
Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und<br />
Fahrzeugmotoren Stuttgart<br />
Finite State htachine<br />
Graphical User Interface<br />
Hinterachse<br />
Hardware-in-the-Loop<br />
C AN-Ident ifier<br />
Numerische Integration<br />
Physikalische CAN-Schnittstelle<br />
Input /Output<br />
International Standardisation Organisation<br />
Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen<br />
der Universität Stuttgart<br />
Kraftfahrzeug<br />
Kraftelemente (eines MKS)<br />
Local Interconnect Network<br />
Lastkraftwagen<br />
hIehrkörpersystem
hll\.II<br />
Nfz<br />
ODE<br />
PC<br />
PKW<br />
RK4<br />
S AE<br />
SCP<br />
SG<br />
SGII<br />
SIL<br />
SK<br />
TD31-4<br />
TTC14N<br />
TTP<br />
UART<br />
unl<br />
VAN<br />
Man-Machine Interface<br />
Nutzfahrzeug<br />
Ordinary Differential Equation<br />
Personal Computer<br />
Persoiienkraftwagen<br />
Runge-Kutt &-Verfahren vierter Ordnung<br />
Society of Autornotive Engineers<br />
Standard Corporate Protocol<br />
Steuergerät<br />
Steuergeräte-Mode11<br />
Software-in-the-Loop<br />
Starrkörper<br />
Time Division hlultiple ,lccess<br />
Time-Triggered C AN<br />
Time-Triggered Protocol<br />
Universal AsynchronousFtecei~er/Trans<strong>mit</strong> ter<br />
Umgebungs-Modell<br />
Vehicle Area Network
Zusammenfassung<br />
Das Verhalten von Kraftfahrzeugen wird in zunehmendem Maße durch<br />
vernetzte elektronische Steuerungen und Regelungen beeinflusst. Bei der<br />
Entwicklung solcher Kraftfahrzeuge stellt der Einsatz von Siniulations-<br />
verfahren eine wichtige Ergänzung zum Fahrversuch dar. Um aussage-<br />
kräftige Ergebnisse zu erhalten, muss neben den mechanischen Teilsys-<br />
temen eines Kraftfahrzeugs, z.B. Antriebstrang und Fahrdynamik, auch<br />
die <strong>Elektronik</strong> detailliert in der Simulation abgebildet werden.<br />
Einen Sonderfall stellt dabei die Simulation des Fahrzeugverhaltens in<br />
Echtzeit dar. Echtzeitverhalten eines Simulationsprogramms ist z.B. für<br />
Fahrsimulatoren notwendig, bei denen der Mensch interaktiv in die Simu-<br />
lation eingebunden ist. Auch für Hardware-in-the-Loop-Prüfstände, bei<br />
denen elektronische Steuergeräte im geschlossenen Regelkreis <strong>mit</strong> einer<br />
Fahrzeug-Nachbildung betrieben werden, ist Echtzeitverhalten erforder-<br />
lich. Beide Verfahren werden in zunehmendem Maße für Forschungs-,<br />
Entwicklungs- und Ausbildungszwecke eingesetzt.<br />
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung und Anwen-<br />
dung einer Verfahrensweise zur Erzeugung von Simulationsprogram-<br />
men für Echtzeit-Anwendungen in der Kraftfahrzeugtechnik. Dabei<br />
wird insbesondere die Behandlung elektronischer Steuerungen <strong>mit</strong> CAN-<br />
Vernetzung und die Abbildung von \tTechselwirkungen zwischen elektro-<br />
nischen und mechanischen Teilsystemen in der Simulation betrachtet.<br />
Die Implementierung der Simulationsmodelle erfolgt unter ITerwendung<br />
moderner Software-Werkzeuge <strong>mit</strong> grafischer Modellbeschreibung und<br />
automatischer Code-Generierung, wodurch die manuelle Erstellung von<br />
Programm-Code vermieden wird.<br />
Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst eine Einführung in die Echtzeit-<br />
simulation und deren besondere Anforderungen gegeben. Verschiedene<br />
Software-Werkzeuge werden im Hinblick auf ihre Eignung für Echtzeit-<br />
Anwendungen untersucht. Ein Verfahren zur Kopplung mehrerer aus-<br />
gewählter Werkzeuge, welches auf dem Austausch von Programmcode<br />
beruht, wird vorgestellt. Daraiif basierend wird eine \'orgehensweise<br />
zur Beschreibung mechanischer und elektronischer Komponenten und
deren \Vechselwirkungen in der Simiilation <strong>mit</strong>tels einheitlicher Schnittstellen<br />
erarbeitet. Hierbei wird insbesondere darauf geachtet, dass eine<br />
gemischte Verwendung bzw. ein Austauscli von realen und simulierten<br />
Komponenten ermöglicht wird. Nach einer Einführung zur Vernetzung<br />
im Kraftfahrzeug und zum CAN-Protokoll wird die er~vähiite<br />
Iorgehensu~eise zur Beschreibung elektronischer Steuergeräte <strong>mit</strong> C.4N-<br />
Irernetzung erweitert. Verschiedene Konfigurationen zur Darstellung von<br />
CAN-Netzwerken in der Simulation werden diskutiert.<br />
Der zweite Teil befasst sich der praktischen Erprobung der erarbeiteten<br />
l'erfahren anhand der Realisierung zweier Fahrsimulatoren.<br />
Zunächst wird eine Anlage zur Ausbildung von LKW-Fahrern irn Um-<br />
gang <strong>mit</strong> der elektronischen Antriebs- und Breinsensteiieru~ig eines<br />
schweren Nutzfahrzeugs vorgestellt. Als Besonderheit sind elektroni-<br />
sche Steuergeräte <strong>mit</strong> C AN-Vernetzung sowie Aktuatoren als reale Teile<br />
in diesen Fahrsimulator integriert. Tfeitere elektronische Steuergeräte<br />
und der Antriebsstrang sind dagegen in einem Simulationsrnodell abge-<br />
bildet. Es wird ein echtzeitfähiges Modell des Antriebsstranges schwe-<br />
rer Nutzfahrzeuge vorgestellt, das den besonderen Anforderungen von<br />
Fahrsimulatoren Rechnung trägt. Ein Fahrsimulator <strong>mit</strong> vergleichbarer<br />
Konzeption ist aus der Literatur bisher nicht bekannt.<br />
Ein weiterer Fahrsimulator zur Untersuchung der Fahrdynamik von<br />
LKW-Zügen wird beschrieben. Neben einer detaillierten Abbildung der<br />
Fahrdynamik als hlehrkörpersystein wird auf die Berechnung von Reifen-<br />
kräften und die Er<strong>mit</strong>tlung des Lenkradmoments für alle in einem Fahr-<br />
simulator auftretenden Betriebszustäride eingegangen. Abschließend er-<br />
folgt eine Beschreiburig der Mensch-h4aschiiie-Schnittstelle. insbesondere<br />
einer aktiven Lenkeinheit sowie eines ICrfahrens zur Erzeugung \-On rea-<br />
lit ät snaheii r\lotorgeräiischeii in Fahrsirnulatoreri.
Abstract<br />
The behavior of motor vehicles is influenced increasingly by networked<br />
electronic control systems. In the development of motor vehicles of this<br />
type, simulation procedures are an important supplement to driring<br />
tests. Apart from the mechanical sub-systems of a motor vehicle, such<br />
as the drive train and driving dynamics, its electronics must also be<br />
represented in simulation in great detail in order to obtain meaningful<br />
results.<br />
A special case here is the real-time simulation of vehicle behavior. Real-<br />
time behavior of a simulation program is required for example for driving<br />
simulators where the driver is participating interactively in the simula-<br />
tion. Real-time behavior is also required in hardware-in-the-loop test<br />
stands, where electronic control units are operated in a closed loop con-<br />
trol circuit with a vehicle representation. Both procedures are increas-<br />
ingly used for research, development and training purposes.<br />
The goal of the thesis at hand is the development and application of<br />
a method for generating simulation programs for real-time applications<br />
in automotive engineering . The treatment of electronic control systems<br />
with CAN (Controller Area Network) and the interactions between elec-<br />
tronic and mechanical subsystems is given particular consideration in<br />
the simulation. The simulation models are implemented with the help<br />
of modern software tools working with graphical model description and<br />
automatic code generation, thus av-oiding the manual creation of pro-<br />
gram code.<br />
The first part of this thesis provides an introduction to real-time simulation<br />
and its special requirements. Various software tools are discussed<br />
with respect to their suitability for real-time applications. A procedure<br />
for linking several selected tools is introduced, based on the exchange<br />
of program code. Based on this, a method for describing mechanical<br />
and electronic components and their interactions in si~nulation models<br />
is developed by means of exactly defined interfaces. Parti~ula~r care is<br />
given to the aspect that a mixed application, i.e. an exchange of real and<br />
simulated component s is made possible. -4fter an introduction to net-
lvorking in motor rehicles and tlie CAN protocol, the abore-meritioned<br />
method for describing electronic control iinit,s with CAN is expanded.<br />
Jarious configurations used for representing CAN networks in simula-<br />
tion are discussed.<br />
The second part describes the practical testing of the developed pro-<br />
cedures presenting the realization of two driving simulators. First, a<br />
training facility for truck drivers is introduced, where the handling of<br />
the electronic drive and brake control system of a heavy commercial ve-<br />
hicle can be practised. A special feature here is that the electronic control<br />
units and the CAN bus as well as actuators are integrated as real compo-<br />
nents into this driving simulator. Other electronic control units and the<br />
drive train, however, are represented in a simulation model. Areal-time<br />
capable drive train model of heavy commercial vehicles is introduced.<br />
which rneets the special requirements of driving simulators. A driving<br />
simulator using a comparable approach is not known from literature until<br />
now.<br />
A further driving simulator for the investigat ion of the driving dyna-<br />
mies of truck-trailer combinations is described. In addition to a detailed<br />
representation of the driving dynamics as a multi-body system, the cal-<br />
culation of tire forces and the determination of the steering-wheel torque<br />
for driving simulator applications are discussed in detail. In conclusion,<br />
the man-machine interface is described, particularly an active steering<br />
unit as weil as a proccdure for gcnerating realistic engine noise in driving<br />
simulators.
1 Einleitung<br />
Die numerische Simulation besitzt große Bedeutung im Entwicklungs-<br />
Prozess von Kraftfahrzeugen, unter Anderem bei der Entwicklung kom-<br />
plexer elektronischer Steuerungen. Neben der theoretischen hlodellbil-<br />
dung verursacht die Implementierung der abgeleiteten Modellgleichun-<br />
gen in einer Simulationsumgebung erheblichen Aufwand. Der Einsatz<br />
leistungsfähiger Software-Werkzeuge stellt hierbei einen Weg zur Stei-<br />
gerung der Effizienz und der Zuverlässigkeit dar. Allerdings sind heute<br />
keine Software-Werkzeuge verfügbar, <strong>mit</strong> denen sich das gesamte Aufga-<br />
benspektrum effizient abdecken läßt . ITielmehr tendiert die Entwicklung<br />
zu höherer Spezialisierung der Werkzeuge. Daraus ergibt sich die Not-<br />
wendigkeit, eine begrenzte Anzahl von Werkzeugen auszuwählen und<br />
sinnvoll zu kombinieren.<br />
Neben der ,,herkömmlichenu Nicht-Echtzeit-Simulation erfordern eini-<br />
ge Anwendungen die Ausführung von Simulationen in Echtzeit. Der<br />
Hardware-in-the-Loop-Betrieb von neu entwickelten elektronischen Steu-<br />
ergeräten ermöglicht deren Erprobung bereits vor der Verfügbarkeit eines<br />
Fahrzeug-Prototyps. Dabei können auch Betriebszustände nachgebildet<br />
werden, die im Fahrversuch <strong>mit</strong> hohem Risiko für Leib und Leben der<br />
Testfahrer verbunden sind.<br />
Ein weiteres Echtzeit-Testverfahren stellt die interaktive Erprobung neu-<br />
er Software-Funktionen dar. Hierbei wird der menschliche Bediener in<br />
die Simulation eingebunden. Wenn die Bedienung der Simulation über<br />
eine realitätsnahe Mensch-Maschine-Schnittstelle erfolgt und ausreichen-<br />
de Rückmeldungen verfügbar sind, wird eine subjektive Bewertung von<br />
Fahrfunktionen möglich. Solche Anlagen werden als Fahrsimulatoren be-<br />
zeichnet. Sie werden für Schulungs-, Demonstrations- und Forschungs-<br />
zwecke eingesetzt.<br />
I .1 Motivation<br />
Sowohl für Hardware-in-the-Loop-Anwendungen als auch für Fahrsimu-<br />
latoren werden aufwändige Simulationsmodelle benötigt, die bisher zu-
meist manuell in Programm-Code umgesetzt werden. Die rnaiiuelle Co-<br />
dierung ist jedoch zeitraubend und fehleranfällig. Durch den Einsatz<br />
von Code-Generatoren kann eine schnellere und zuverlässigere Erzeu-<br />
gung von Simulationsprogrammen erreicht werden. Diese Tendenz wird<br />
dadurch begünstigt, dass die verfügbare Rechenleistung in den vergari-<br />
genen Jahren rasch zugenommen hat. So können heute aucli komplexe.<br />
unter Einsatz von MKS-Gleichuiigsgeneratoren erzeugte Siinulationsmo-<br />
delle der Fahrzeugdynamik auf preiswerten Einprozessor-Rechnern in<br />
Echtzeit ausgeführt werden, während dies noch vor wenigen Jahren nur<br />
<strong>mit</strong> Parallelverarbeitung möglich war.<br />
Bis heute werden häufig getrennte i2'ege bei der Realisierung von Si-<br />
~nulationsmodellen für Nicht-Echzeit- und Echt,zeit-Ann-eildungeil be-<br />
schritten, indem jeweils eigene Modell-Bibliotheken erstellt und auf un-<br />
einheitliche Jt'eise implementiert werden. Ilit zeitgemäßen Software-<br />
Iyerkzeugen ist für viele Anwendungen eine Jkreinheitlichung möglich.<br />
Eine aktuelle Herausforderung fiir die Simulation stellt die rasche Zu-<br />
nahme elektronischer Steuerungen im Fahrzeug dar. Neben den mechani-<br />
schen Aggregaten eines Fahrzeugs und deren Wechselwirkungen müssen<br />
die Steuergeräte sowie die Sensorik und Aktuatorik im Simulationsmo-<br />
dell abgebildet werden. Hierbei ist auch die Datenkommunikation zwi-<br />
schen den Steuergeräten, die heute überwiegend unter Einsatz des CAN-<br />
Protokolls realisiert wird, in der Simulation darzustellen.<br />
In Bild 1.1 sind beispielhaft die liechselwirkurigen zwischen den .\ggre-<br />
gaten und den elektronischen Steuergeräten eines Fahrzeugs dargestellt.<br />
Eine ähnliche Fahrzeug-Konfiguration wird z.B. in [I] beschrieben.<br />
Zusätzlich sind die iiechselwirkungen zwischen Fahrzeug, Fahrer lind<br />
Urngebiing eingezeichnet (ohne _Ilrispruch auf Jollständigkeit). Diese sind<br />
insbesondere bei der Realisierung der Betriebs-Softn-are für Fahrsimula-<br />
toren zu berücksichtigen.<br />
1.2 Stand der Forschung und Technik<br />
Die vorliegende Arbeit befasst sich <strong>mit</strong> der Erzeugung von Simulationsprogrammen<br />
für Echtzeit-Anwendungen unter Berücksichtigung oernetzter<br />
<strong>Elektronik</strong>. Zwei wichtige A~iwendungsfälle für solche Sirnulationsprogramrne<br />
sind interaktive Fahrsimulatoren sowie Hardware-in-the-<br />
Loop-Simulatiorisanlagen. Im Verlauf dieser Arbeit wird gezeigt? dass für<br />
diese beiden Ann~endungen nahezu identische Aiiforderungeii bezüglich
., r---'------------------------------------------------------------------------------,<br />
I I<br />
I<br />
1<br />
I<br />
I<br />
Elektronische Fahrzeug I<br />
Steuergeräte<br />
I<br />
i i I<br />
I ! !<br />
I<br />
instrument<br />
Aggregate<br />
Verbren-<br />
+ nungs- -I I<br />
Luftmasse, ... motor<br />
Schaltung<br />
....................<br />
L / Pedalkraft !<br />
1 I I<br />
j / Brems- I<br />
! / betätigung : Ventil-<br />
Automatik-<br />
Brems-<br />
i i anlage, - I<br />
1 I<br />
1<br />
I I<br />
Rad- I<br />
I I<br />
! regelung<br />
drehung<br />
I<br />
I i<br />
i i L----------------------------- Raddrehzahlen<br />
I<br />
I i<br />
I I<br />
I<br />
I<br />
1 I / L ............................. Lenkwinkel I<br />
I I I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
1 Lenkmoment 1<br />
i* i i<br />
Lenkung -<br />
i j Lenkeinschlag 1<br />
1 i I<br />
I<br />
I<br />
Gierrate,<br />
I I<br />
I 1<br />
I<br />
; I<br />
Querbeschleunigung<br />
I--------------------------------------<br />
Fahrwerk, - 1<br />
I I<br />
I<br />
Reifen,<br />
I<br />
j Beschleunigung<br />
I<br />
I i dynamik - I<br />
Fahrzeug- I<br />
1 ; I<br />
i 1<br />
-1 L----------------------------------------------------------------- ------j<br />
Umgebung<br />
- !<br />
- Mechanik ------W Elektrik ---- CAN<br />
Sonstige<br />
Bild 1.1: Informatio~~saustaus~h<br />
zwischen Fahrzeug, Fahrer und Umge-<br />
bung sowie fahrzeuginterne Wechsel\virkungen (Beispiel)<br />
i<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
t<br />
I<br />
I<br />
1<br />
I
I\lodellierungsumfang und Eigenschaften des ausführbaren Sirnulations-<br />
Programms bestehen. Deshalb wird zunächst der aktuelle Stand der Ent-<br />
wicklung im Zusammenhang <strong>mit</strong> den wichtigsten Einsatzgebieten beider<br />
Verfahren aufgezeigt.<br />
Anschließend wird der Stand bei der hlodellbildung und der numerischen<br />
Simulation von Kraftfahrzeugen unter Anwendung von Software-<br />
Werkzeugen dargestellt. Aufgrund der in dieser Arbeit betrachteten An-<br />
1%-endungen steht hierbei die Echtzeitsimulation von Xutzfahrzeugen im<br />
TTordergrund. Abschließend erfolgt eine Einführung in die aktuellen und<br />
zukünftige Technologie zur Datenkommunikation irr1 Kraftzfahrzeug.<br />
1.2.1 Fahrsimulat oren<br />
Der Wunsch nach einer Berücksichtigung des komplexen Regelverhaltens<br />
des Menschen als Fahrer und die bis heute unbefriedigende Nachbildung<br />
dieses Verhaltens in AlTodellen führt in den 1960er Jahren zur Entwick-<br />
lung der ersten interaktiven Fahrsimulatoren [2]. Aufwändige TJnt ersu-<br />
chungen werden zur Auslegung des Bewegungssystems durchgeführt. In<br />
[3] wird untersucht, welche Beschleunigungen erzeugt werden müssen;<br />
da<strong>mit</strong> die simulierte Fahrt, für den „Fahrercc realistisch erscheint. Ei-<br />
ne Fahrsimulations-Anlage <strong>mit</strong> Bewegungs- und Sichtsystem (Ilodell-<br />
Landschaft) wird beschrieben. Zur Berechnung der Fhhrzeugbem-egung<br />
werden zunächst Analogrechner eingesetzt .<br />
In der Folgezeit werden Fahrsimulatoren <strong>mit</strong> digitaler Steuerung rea-<br />
lisiert und in Forschung und Entwicklung eingesetzt. Über aufwändige<br />
Bewegungs- und Sichtsysteme verfügen z.B. die derzeit größten Anlagen<br />
in Berlin [4] lind an der Iowa State University [5].<br />
Anwendungen in der Forschung:<br />
Fahrsimulatoren werden auf vielfältige U7eise zur Erforschung und Mo-<br />
dellierung des Fahrerverhaltens verwendet.<br />
Ein Fahrermodell zur Beschreibung des Lenkverhaltens auf der Ba-<br />
sis von neuronalen Netzen beschreibt [6]. Das Training des neurona-<br />
len Netzes erfolgt unter k'erwendung von aufgezeichneten Daten aus<br />
Fahrsimulator-Versuchen. In [7] wird ein Fahrermodell vorgestellt, das<br />
sowohl in Verkehrssimulations-Programmen als auch zur Simulation an-<br />
derer Terkehrsteilnehmer in interaktiven Fahrsirriulatorc3n eingesetzt wer-
den kann. Hier<strong>mit</strong> werden insbesondere die Fahrsituationen Folgefahrt<br />
und Spurwechsel abgedeckt. Ein Verfahren zur Untersuchung des indi-<br />
viduellen Interaktions- und Selbstorganisations-lTerhaltens von Fahrern<br />
<strong>mit</strong>tels zweier gekoppelter Fahrsimulatoren beschreibt 181.<br />
Auch in der Unfallforschung kommen in zunehmendem Maße Fahrsi-<br />
mulatoren zum Einsatz. So ist z.B. die Erkennung veränderten Fah-<br />
rerverhaltens bei Ablenkung durch die Benutzung von Mobiltelefo-<br />
nen Gegenstand einer in [9] vorgestellten Fahrsimulator-Untersuchung.<br />
Die Beeinträchtigung der Spurhaltung bei der Betätigung komplexer<br />
Fahrzeug-Bedienelemente <strong>mit</strong> Bildschirmanzeige (z.B. Navigationssys-<br />
teme) während der Fahrt wird in [10] untersucht.<br />
In einer weiteren Studie [ll] wird festgestellt, dass viele Fahrer in Ge-<br />
fahrensituationen den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug falsch<br />
einschätzen. Auch die Erkennung der Ermüdung des Fahrers ist Ge-<br />
genstand von Fahrsimulator-Studien. Beispielsweise beschreibt [12] ein<br />
Verfahren zur Klassifikation des Ermiidungszustandes aus dem im Fahr-<br />
simulator erfassten Lenkwinkelverlauf.<br />
Anwendungen in der Kraftfahrzeug-Entwicklung:<br />
Ein relativ neues Anwendungsgebiet für Fahrsimulatoren ist die Ent-<br />
wicklung und Erprobung elektronischer Kfz-Systeme, insbesondere von<br />
Fahrerassistenzsystemen und Drive-by- Wire-Technologien.<br />
Ein kompakter Fahrsimulator ohne Bewegungssystem zum Einsatz bei<br />
der Entwicklung von Steuergeräte-Software wird vom Autor der vorlie-<br />
genden Arbeit bereits 1997 beschrieben [13]. Diese Anlage wird in [14]<br />
bei der Entwicklung einer Schaltstrategie für Automatisierte Schalt ge-<br />
triebe verwendet. Im Mittelpunkt steht die subjektive Bewertung der<br />
Steuergeräte-Funktionen, z.B. der Schalthäufigkeit.<br />
In den darauffolgenden Jahren werden weitere Aukaukonzepte für kom-<br />
pakte, preiswerte Fahrsimulatoren und deren Verwendung im Entwick-<br />
lungsprozess für Kfz-<strong>Elektronik</strong> beschrieben 115, 161.<br />
Eine vergleichende Untersuchung von konventionellen und neuarti-<br />
gen Fahrzeug-Bedienelementen wie Joysticks im Fahrsimulator wird in<br />
[17] vorgelegt. In 1181 wird das Sicherheitskonzept von Steer-by-Wire-<br />
Lenkungen <strong>mit</strong> variabler Lenkübersetzung im Fahrsimulator untersucht.<br />
Es wird u.il. festgestellt, dass eine sprunghafte Änderung der Lenküber-<br />
setzurig, die bei der Aktivierung einer theoretisch denkbaren, mechani-
schen Rückfallebene eintreten kann, vom Fahrer nicht beherrscht würde.<br />
Diese Anwendungen zeigen beispielhaft den Nutzen von Fahrsimulator-<br />
Untersuchungen bereits in der Frühphase der Entwicklung neuartiger<br />
Fahrzeugtechnologien auf. Einerseits können unbrauchbare t'echnische<br />
Lösungen bereits irn lTorfeld ausgesondert werden, wodurch die Anzahl<br />
kostspieliger Fahrzeug-Prototypen reduziert wird. Andererseits sind zu-<br />
mindest qualitative Aussagen zum Fahrzeug- ilild Fahrerverhalten in<br />
Grenzsituationen gefahrlos möglich.<br />
Anwendungen in der Ausbildung:<br />
Bild 1.2: Ein früher Ausbildungs-Fahrsimulator! Der Fahrschüler erhält<br />
Anweisungen über eine Diaprojektion (oben). Die Fahrsituation<br />
wird durch ein mechanisches Sichtsy~t~em dargestellt (Quelle:<br />
Sicherheit im Automobilrennsport , Lausariiie, ca. 1970).
Bereits frühzeitig wird die Bedeutung von Fahrsimulatoren für die Schu-<br />
lung von Kraftfahrern erkannt, Bild l .2. Trotzdem werden Fahrsimula-<br />
toren zur Schulung von PKW- und LKW-Fahrern bis heute nur verein-<br />
zelt eingesetzt. In [19] wird eine Anlage <strong>mit</strong> aufwändigem Sichtsystem<br />
beschrieben. Ziel dieser Simulator-Ausbildung ist die Beherrschung von<br />
schweren LKW-Zügen in fahrdynamischen Grenz- und Notsituationen.<br />
In Japan ist die Simulator-Ausbildung seit 1996 ein Pflichtbestandteil<br />
der Motorrad-Ausbildung (201.<br />
Ein zukünftiges, kommerzielles Einsatzgebiet für Fahrsimulatoren ist<br />
die Demonstration des Nutzens neuartiger Fahrerinformations- und<br />
Assistenzsysteme gegenüber potenziellen Fahrzeugkäufern und die<br />
Einführung in deren Bedienung. Zu diesem Zweck wurde auch der in<br />
Kapitel 4 beschriebene LKW-Fahrsimulator konzipiert und realisiert.<br />
In den 1980er Jahren wird die Hardware-in-the-Loop-Simulation (HIL) ,<br />
also der Betrieb von elektronischen Steuergeräten und Kraftfahrzeug-<br />
Komponenten im geschlossenen Regelkreis <strong>mit</strong> einem echtzeitfähigen Si-<br />
mulationsmodell, in der Kfz-Entwicklung eingeführt. Zunächst werden<br />
HIL-Anlagen <strong>mit</strong> einem einzelnen eingebundenen Steuergerät für ein au-<br />
tonom arbeitendes Aggregat realisiert.<br />
ABS, Fahrwerk und Fahrdynamikregelung:<br />
Eine frühe Anwendung ist die Laborerprobung von elektronischen Blo-<br />
ckierverhinderern. Bereits 1984 wird in [21] ein HIL-Prüfstand für ABS<br />
im PKW beschrieben. Hierbei wird ein stark vereinfachtes Modell<br />
der PKW-Fahrzeugdynamik auf einem Digitalrechner ausgeführt. Die<br />
Raddrehzahl-Sensorsignale werden synthetisch generiert und dem ABS-<br />
Steuergerät zugeführt. Die Aktuatorik (d.h. die Bremshydraulik) wird<br />
ebenfalls vereinfacht im Simulationsmodell abgebildet.<br />
Dieses Grundprinzip wird bis heute nahezu unverändert für ,4BS und<br />
Fahrdynamikregelungen angewandt, wobei die verwendeten Simulations-<br />
modelle für die Fahrzeugdynamik und die Bremshydraulik aufgrund der<br />
gestiegenen Verarbeitungsleistung von Echtzeitrechnern immer det ail-<br />
lierter werden 1221.<br />
Allerdings stößt die Echtzeitsimulation mechanisch-hydraulischer Aggre-
gate (z.B. Bremsen und Lenkungen) auch heute noch an numerische<br />
Grenzen. Vor allem hochfrequente Schwingungen und Strömungseffekte<br />
der Hydraulikflüssigkeit in den Leitungen führen bei detaillierter Mo-<br />
dellierung zu steifen Differenzidgleichungs-Systemen. die im Echtzeitbe-<br />
trieb kaum lösbar sind.<br />
Da diese Effekte jedoch für die -4uslegung von Regelalgorithmen von<br />
großer Bedeutung sind, werden auch Prüfstandskonzepte beschrieben,<br />
bei denen neben dem elektronischen Steuergerät Teile der Aktuatorik<br />
und Sensorik als reale Hardware eingebunden sind, z.B. die Bremshy-<br />
draulik bei einem in [23] beschriebenen HIL-Prüfstand für ABS.<br />
Dieses ITerfahren wird auch für andere Fahrmrerkskomponenten ange-<br />
wandt. So wird in [21] eine HIL-Anordnung beschrieben: bei der eine<br />
reale PKW-Radaufhängung <strong>mit</strong>samt den Giimmilagern, den Aufbaufe-<br />
dern und der Lenkung auf einem Prüfstand im geschlossenen Kreis ~nit<br />
einem Simulationsmodell der Fahrdynamik erprobt wird.<br />
Motor und Antriebsstrang:<br />
HIL-Prüfstande zur Untersuchung von h/lotorsteuerungen sind seit etwa<br />
zehn Jahren im Gebrauch. Gegenstand der Betrachtung ist häufig die<br />
korrekte Funktion der Sensorik und Aktuatorik des 140tors. Das ITerhal-<br />
ten des lTerbrennungsmotors wird im Simulationsmodell meist durch eine<br />
Kombination von stationären, gemessenen Kennfeldern und vereinfach-<br />
ten physikalischen Beziehungen abgebildet, da eine detaillierte a-priori-<br />
Berechnung von Ladungswechsel und ITerbrennung aufgrund der hohen<br />
erforderlichen Rechenleistung in Echtzeit nicht möglich ist.<br />
Eine ,\nwendung des HIL-Verfahrens bei der Ent~vicklurig der elektro-<br />
nisch geregelten Kraftstoff-Einspritzung von Nutzfahrzeugmotoreri be-<br />
schreibt [25]. Über die Erprobung von llotorsteuerungen für Ottornoto-<br />
ren unter IJerm-endung echtzeitfähiger Simulationsmodelle in einer HIL-<br />
Konfiguration wird in [26] berichtet.<br />
Die Entwicklung von Regelalgorithmen für Verbrennungsmotoren und<br />
die Parameteroptimierung im HIL-Betrieb stehen dagegen noch am An-<br />
fang, da heute keine echtzeitfähigen Simulationsmodelle von Ierbren-<br />
nungsmotoren bekannt sind, welche die thermodynamischen Vorgänge<br />
<strong>mit</strong> hinreichender Qualität wiedergeben. Dies gilt L-or allem für das in-<br />
stationäre ITerhalten.<br />
Ein weiteres Einsatzgebiet des HIL-LTerfahrens ist die Entwicklung von
Getriebesteuerungen. So wird z.B. in [27] die Labor-Erprobung neuer<br />
Steuerungsfunktionen eines Vier gang- Automatikgetriebes unter Einsatz<br />
eines PC-basierten Hardware-in-the-Loop-Systems beschrieben. Gegen-<br />
stand von [28] ist ebenfalls die Entwicklung einer HIL-Umgebung für<br />
Steuergeräte von Automatikgetrieben. Beschrieben wird ein umfangrei-<br />
ches Simulationsmodell des Antriebs, der Fahrzeuglängsdynamik, der<br />
Fahrstrecke und des Fahrers. Die Anlage wird zur Entwicklung adapti-<br />
ver Schaltalgorithmen verwendet. Über die HIL-Erprobung der elektro-<br />
nischen Steuerung für einen parallelen Hybrid-Antrieb <strong>mit</strong> elektrischem<br />
Zusatzantrieb am Getriebeeingang wird in [29] berichtet.<br />
Bei der Entwicklung von Antriebssträngen ist auch der Betrieb realer<br />
Aggregate. 2.B. \*erbrennungsmotor, Kupplung und Getriebe einschließ-<br />
lich der zugehörigen Steuerelektronik auf einem dynamischen Prüstand<br />
im geschlossenen Regelkreis <strong>mit</strong> einem Simulationsmodell des „Restfahr-<br />
zeugs" gebräuchlich. Auch diese Konfiguration wird als Hardware-in-<br />
the-Loop bezeichnet. Das Fahrzeugmodell berechnet in der Regel die<br />
Fahrwiderstände und den Fahrzustand. Daraus werden Steuersignale für<br />
das zu untersuchende Aggregat er<strong>mit</strong>telt, z.B. die Drosselklappenstel-<br />
lung für einen Verbrennungsmotor. Der Prüfstand wird ebenfalls aus<br />
der Simulation gesteuert, z.B. durch Vorgabe des Lastmoments für eine<br />
Bremsmaschine.<br />
Einen HIL-Aufbau, bestehend aus einem dynamischen Verbrennungs-<br />
motor-Prüfstand <strong>mit</strong> drehmomentgeregelter E-Maschine sowie einem<br />
Echtzeit-Simulationsmodell der Fahrzeug-Längsdynamik <strong>mit</strong> drei Frei-<br />
heitsgraden und einem Fahrermodell beschreibt [30]. Eine ähnliche An-<br />
wendung wird in [31] vorgestellt, um das Irerbrauchs- und Emissions-<br />
verhalten von \Terbrennungsmotoren bei standardisierten Fahrzyklen<br />
zu untersuchen und zu verbessern. Der Aufsatz [32] befasst sich <strong>mit</strong><br />
numerischen Aspekten bei der Modellbildung für solche Prüfstands-<br />
Anwendungen.<br />
HIL für vernetzte Kfz-<strong>Elektronik</strong>:<br />
Mit der Iernetzung der elektronischen Systeme im Kraftfahrzeug wird<br />
es notwendig, Datennetzwerke in die Hardware-in-the-Loop-Simulation<br />
einzubeziehen. Hierbei wird bis heute zumeist das Konzept der Rest-<br />
bussirnulation angewendet, d.h. die Daten, die das zu prüfende Steuer-<br />
gerät benötigt, werden im Simulator er<strong>mit</strong>telt und über eine Schnitt-<br />
stelle ausgegeben. In [33] wird ein Prüfstand für Getriebe-Steuergeräte
<strong>mit</strong> CXN-Restbussimulation beschrieben. Hierbei werden die Botschaf-<br />
ten nachgebildet, die im realen Netzwerk vom hlotorsteuergerät ausgege-<br />
ben werden. Dieses Konzept wird in den Folgejahren für umfangreichere<br />
Netzwerke erweitert. In [34] wird die CLAN-Simulation mehrerer Stleuer-<br />
geräte vorgenommen, wobei ein Dieselmotor-Steuergerät real vorhanden<br />
ist.<br />
Bei neueren HIL-Konzepten uerden mehrere vernetzte Steuergeräte<br />
gleichzeitig als reale Hardware betrieben. Den ersten Aufbau dieser Art<br />
<strong>mit</strong> drei CAN-vernetzten Steuergeräten (Motor. Getriebe und Antriebs-<br />
Schlupfregelung) beschreibt [35].<br />
HIL-Anlagen für vernetzte <strong>Elektronik</strong> werden häufig realisiert, in-<br />
dem mehrere HIL-Anlagen für einzelne Steuergeräte <strong>mit</strong>tels schnel-<br />
ler Datenverbilidungen zusamn~engeschaltet werden. Die zugehörigen<br />
Simulations-Teilmodelle werden entweder auf einem zentralen Echtzeit-<br />
rechner oder auf mehreren Einzelrechnern verteilt ausgeführt. Eine sol-<br />
che Anordnung <strong>mit</strong> drei CAN-vernetzten Steuergeräten wird z.B. in [36]<br />
vorgestellt.<br />
Den HIL-Simulator für die vernetzte <strong>Elektronik</strong> in einem schweren<br />
Nutzfahrzeug beschreibt [37]. Zunächst wird das System zum Betrieb<br />
von drei Steuergeräten (I\Iotorsteuerung, Bremsanlage und Fahrzeug-<br />
Koordinator) <strong>mit</strong> C-AN-Vernetzung konzipiert. In [38] wird eine erwei-<br />
terte Anlage für acht St,euergerät e vorgestellt.<br />
Systematik der HIL-Verfahren<br />
Bei den bisher zitierten Arbeiten steht die Realisierung von HIL-<br />
Systemen für eine bestimmte Anwendung im lTordergrund. Llit der wei-<br />
t en Verbreitung von HIL-Systenien in der Aut omobilindustrie in jüngs-<br />
ter Zeit und der da<strong>mit</strong> verbundenen hohen Investitionskosten rücken<br />
Fragestellungen zur Standardisierung, Erweiterbarkeit und Jiiederver-<br />
wendbarkeit von HIL-Anlagen zunehmend ins Bewusstsein der Anbieter<br />
und Anwender. In 1391 wird die systematische Projektierung von HIL-<br />
Anlagen einschlieDlich der zugehörigen Echtzeit-Simulationsmodelle und<br />
deren Schnittstellen diskutiert. Der Autor schlägt eine komponenten-<br />
orientierte Beschreibungsforni sowie die Einführung virtueller Fahrzeug-<br />
komponenten vor.<br />
Maßgebend für den erfolgreichen Einsatz des HIL-l'erfahrens ist auch<br />
die Definition und Bereitstellung von Testszenarien. die einen möglichst
hohen Teil der möglichen Betriebszustände der überprüften Steuergeräte<br />
bzw. der darin enthaltenen Software abdecken. Die Arbeit [40] befasst<br />
sich <strong>mit</strong> der Erzeugung und Durchführung von Testsequenzen am Bei-<br />
spiel der CAN-vernetzten Beleuchtungseinrichtungen eines PKW. Vorge-<br />
stellt wird ein grafisches Werkzeug zur Erstellung von Testprogrammen<br />
in Form von Blockschaltbildern und zur Auswertung der Testergebnisse.<br />
Ein Verfahren zur automatischen Fehlerfall-Erzeugung, dessen Imple-<br />
mentierung auf einem HIL-Simulator und die Erprobung anhand von<br />
hlodellprozessen beschreibt [4l].<br />
1.2.3 Echtzeitsimulation von Kraftfahrzeugen<br />
Für die beschriebenen Anwendungen Fahrsimulator und Hardware-in-<br />
the-Loop werden Simulationsprogramme des Kraftfahrzeugs oder sei-<br />
ner Teilsysteme benötigt, die so beschaffen sind, dass sie in Echt-<br />
zeit auf digitalen Rechnern ausgeführt werden können. Im Folgenden<br />
wird zunächst eine Ubersicht zur numerischen Kfz-Simulation ohne<br />
Echtzeit-Anforderungen gegeben. Anschließend wird der Stand der Tech-<br />
nik bei der Echtzeitsimulation beschrieben. Bei beiden Simulationsver-<br />
fahren wird jeweils auch der Einsatz von proprietären und kommerzi-<br />
ellen Software-Werkzeugen betrachtet. Besondere Beachtung wird den<br />
Nutzfahrzeugen zuteil, da diese im anwendungsnahen Teil dieser Arbeit<br />
(Kapitel 4 und Kapitel 5) im Vordergrund stehen.<br />
Entwicklung der numerischen Kraftfahrzeug-Simulation<br />
Die L7erbreitung digitaler Rechner seit den 1970er Jahren ermöglicht<br />
die Erstellung numerischer Simulationsmodelle für das instationäre iTer-<br />
halten von Kraftfahrzeugen. In [42] wird bereits 1973 ein Simulati-<br />
onsprogramm für LKW-Sattelzüge beschrieben und zur Untersuchung<br />
von Auflieger-Lenkungen verwendet. Die Fahrdynamik von Gliederzügen<br />
wird in [43] modelliert und <strong>mit</strong>tels digitaler numerischer Simulation un-<br />
tersucht. In 1441 erfolgt eine Simulation des Bremsverhaltens von Nutz-<br />
fahrzeugen <strong>mit</strong> Retardern.<br />
Bei Industrieunternehmen werden komplexe Fahrzeug-Simulationspro-<br />
gramme entwickelt, insbesondere für PKW. Ein bekannter Vertreter ist<br />
das Programmpaket F.4SIM der Robert Bosch GmbH [45]. Diese Rea-<br />
lisierungen <strong>mit</strong> hohem Detaillierungsgrad basieren auf der manuellen<br />
Ableitung und Codierung von Modellgleichungen, zumeist in den Pro-
grammiersprachen FORTRAN oder C. Die manuelle Ableitung von Be-<br />
wegungsgleichungen für Kraft>fahrzeuge wird ausführlich in [46] behan-<br />
delt.<br />
Zur automat~sch~en Generierung der Bewegungsgleichungen für<br />
Fahrdynamik-Modelle werden Mehrkörperdynanrik-Sirnulationspro-<br />
gramme (hlKS-Werkzeuge) wie ADAMS [ii] und SIlIPACK [48]<br />
eingesetzt. In [49] wird die automatische Generieruiig von Bewe-<br />
gungsgleichungen für einen Sat.telzug <strong>mit</strong> beweglicher Ladung unter<br />
Verwendung des I1IKS-Programms MESA VERDE beschrieben.<br />
Die Simulation von Standard-Fahrmanövern für einen Ierteiler-LKW<br />
<strong>mit</strong> SISLPACK wird in [50] durchgeführt. Ebenfalls unter Einsatz von<br />
SIXIP.4CK werden in [51] Unt ersucliiingen riir Fahr(lynamikregr1ung<br />
schwerer LKW beschriebcri.<br />
Afit zunehmender Rechenleistung und Speicherkapazität werden numeri-<br />
sche Simulationen <strong>mit</strong> hohem Detaillierungsgrad möglich. So wird in [52]<br />
das in SIMPaCK implementierte Fahrdynamik-Modell eines Sattelzuges<br />
vorgestellt, welches Ca. 180 Freiheitsgrade besitzt und zum Entwurf von<br />
Funktionen für eine Fahrdynamikregelung dient.<br />
Die heute erreichte, hohe Qualität bei der Fahrdynamiksimulation<br />
ermöglicht es, eine Bewertung des Fahrverhaltens für standardisierte<br />
Fahrrnanöver in der Simulation vorzunehmen. In [53] werden solche Fahr-<br />
rnanöver, die im PKW-Bereich seit vielen Jahren genormt sind, auch für<br />
Yutzfahrzeuge definiert und unter Einsatz eines in ADAXIS prograrn-<br />
rnierten Simulationsmodells auf ihre Eignung untersucht.<br />
Echtzeitsimulat ion<br />
Bei den im vorherigen Abschnitt aufgeführten Arbeiten wird die<br />
Ausführung von Simulat ionsmodellen im Echtzeit bet rieb zunächst nicht<br />
betrachtet. hlit der Verbreitung von Echtzeit-Anwendungen wie HIL seit<br />
den 1990er Jahren rückt dieser Aspekt jedoch immer rriehr in den Vor-<br />
dergrund.<br />
In [54] wird eine für Echtzeit-Anwendungen geeignete, umfangreiche Mo-<br />
dellbibliothek <strong>mit</strong> der Bezeichnung FADYS beschrieben und bei der<br />
Entwicklung einer Fahrdynainikregelung für PKW eingesetzt. Auch von<br />
dem bereits erwähnten Programmpaket FASIAI existiert eine für HIL-<br />
Anwendungen geeignete Echtzeit-Version [55]. Solche manuell codier-<br />
ten hIodel1-Bibliotheken besitzen aufgrund der langjährigen Entwicklung
einen hohen Reifegrad und sind sehr effizient bezüglich des Rechenauf-<br />
wandes. Deren Pflege und die Implementierung zusätzlicher Komponen-<br />
ten verursacht jedoch erheblichen Aufwand.<br />
Daher werden seit einigen Jahren bei der Fahrzeugsimulation Software-<br />
Werkzeuge <strong>mit</strong> grafischer Beschreibung von Simulationsmodellen einge-<br />
setzt. Diese sind auch zur Abbildung von elektronisch geregelten Kfz-<br />
Systemen geeignet. Die Erstellung von Programm-Code erfolgt automa-<br />
tisch unter Verwendung von Code-Generat oren.<br />
In [56] wird die Modellierung eines Sattelzuges und die echtzeitfähi-<br />
ge Modell-Implementierung in dem Werkzeug ASCET-RSF vorgestellt.<br />
Da<strong>mit</strong> werden Untersuchungen zur Koppelkraftregelung <strong>mit</strong>tels elektro-<br />
pneumatischer Nutzfahrzeug-Bremsanlagen durchgeführt. Das Nachfol-<br />
geprodukt ASCET-SD wird z.B. in [57] zur Spezifikation der Steu-<br />
ergeräte-Software, zur Simulation sowie zur prototypischen Fahrzeug-<br />
Implementierung verwendet.<br />
In [14] ~ ird über die Entwicklung einer Schaltstrategie für PKW <strong>mit</strong><br />
Automatisiertem Schaltgetriebe ( ASG) unter Einsatz von SIMULINK<br />
und STATEMATE berichtet.<br />
SIMULINK ist in der Automobilindustrie <strong>mit</strong>tlerweile weit verbreitet.<br />
Aufgrund der Möglichkeiten zur automatischen Erzeugung von C-Code<br />
wird es häufig zur Generierung von Echtzeit,-Simulationsprogrammen<br />
für den Antrieb und die Längsdynamik von Kraftfahrzeugen verwendet.<br />
Beispielsweise wird in [58] ein in SIMULINK implementiertes, modu-<br />
lares Simulationsmodell zur Prädiktion des Kraftstoffverbrauches und<br />
der Fahrleistungen von Hybridantrieben auf der Basis von stationären,<br />
gemessenen Kennfeldern vorgestellt.<br />
Auch für hhrdynamische Berechnungen wird dieses Werkzeug gelegent-<br />
lich eingesetzt, wobei die zugrunde liegenden Simulationsmodelle in der<br />
Regel nur wenige Freiheitsgrade z. B. des Fahrzeugaufbaus unabhängig<br />
voneinander abbilden. Diese Vereinfachung reduziert den numerischen<br />
Berechnungsaufwand erheblich, ist jedoch nur für einfache Anwendun-<br />
gen geeignet.<br />
Ein so beschaffenes Modell für Handling-Untersuchungen und dessen<br />
Implementierung in SIMULINK wird in [59] dargestellt. Ein ähnliches<br />
Simulationsmodell der Fahrdynamik <strong>mit</strong> 18 Freiheitsgraden und des-<br />
sen Anwendung bei der Entwicklung des Regelalgorithmus für ein ak-<br />
tives Fahrwerk beschreibt [60]. In 1611 wird ein adaptives Echtzeit-<br />
Fahrzeugmodell vorgestellt, welches in elektronischen Steuergeräten zur
Be~bacht~ung des Fahrzustands in1 Fahrbetrieb dient.<br />
Ein eclitzeitfähiges Modell des Antriebs und des Fahrverlialtens von<br />
PKW und dessen Anwendung in einem Fahrsimulator bei Untersuchun-<br />
gen zur Konzeption eines Rollover-Warnsystems wird in [62] vorgestellt.<br />
In [63] wird ein weiteres, sehr detailliertes Modell des Antriebs und der<br />
Fahrzeugdynamik beschrieben, das auch die Steuergrößen für das Bewe-<br />
gungssystem eines Fahrsimulators in Echtzeit berechnet.<br />
In [Gd] wird ein Echtzeit-Simulationsprogramm für die Geländefahrt von<br />
Nutzfahrzeugen vorgestellt. Die zugrunde liegenden Modelle, z.B. des<br />
Reifen-Boden-Kontakts sind zum Einsatz bei Fahrsimiilatoren, insbesondere<br />
fiir militärische IArisvendunge~i, konzipiert.<br />
Zur detaillierten XIodellierung des Fahrwerks und der Fahrzeugbe~egung<br />
im dreidimensionalen Raum werden auch bei Echtzeit-Anwendungen<br />
in zunehmendem Maße hlKS-TVerkzeuge eingesetzt. Da der Detaillie-<br />
rungsgrad der Modelle jedoch stets durch die verfügbare Rechenleis-<br />
tung begrenzt ist, war diese Form der Echtzeitsimulatio~i der Fahrdy-<br />
namik zunächst nur auf Parallelrechnern realisierbar. Ein Hardware-in-<br />
the-Loop-Simulator für ABS im Nutzfahrzeug wird in [65] vorgestellt.<br />
Die Bewegungsgleichungen wurden <strong>mit</strong> dem MKS-Gleichungsgenerator<br />
WEWEUL automatisch generiert und manuell auf einem Transputer-<br />
Cluster verteilt.<br />
Die rasche Verbreitung elektronischer Regelungen im Kraftfahrzeug er-<br />
fordert auch bei der Simulation die Koinbination von Steuer- und Regel-<br />
algorit hmen <strong>mit</strong> detaillierten Modellen des Kraftfahrzeugs. Die hierbei<br />
auftretenden, interdisziplinären Rlodellierungsaufgaben legen die Korn-<br />
bination mehrerer Klassen von Software-Werkzeugen nahe.<br />
In [66] wird eine Verknüpfung des YlKS-Verfahrens <strong>mit</strong> Regelalgoritlimen<br />
vorgeschlageii und unter numerischen .4spekten arn Beispiel des Folge-<br />
falirens von Kraftfahrzeugen untersucht. Die Kopplung eines in ADAIMS<br />
realisierten Fahrdynamik-hIodells <strong>mit</strong> einem in SILlULINK impleinen-<br />
tierten .Aiitriebsstrang-Modell wird in [G71 beschrieben und zur Untersu-<br />
chung des Einflusses von Lastwechseln auf das Fahrverhalten eingesetzt.<br />
Eine .Ausführung des Simulationsprogramms in Echtzeit ist <strong>mit</strong> dieser<br />
Kombination aufgrund der Struktur der von .IDA?IIS erzeugten Diffe-<br />
renzialgleichungssysteme jedoch nicht möglich.<br />
Dagegen wird in [68] die <strong>Einbindung</strong> von Simulations-Code, welcher von<br />
einem MKS-Gleichungsgenerator <strong>mit</strong> der Bezeichnung AUTOSIAI er-<br />
zeugt wird. in SIMULINK beschrieben. Die aiif diese \$'eise generierten
Simulationsprogramme sind für Echtzeit-Anwendungen geeignet.<br />
1.2.4 Datenkommunikation im Kraftfahrzeug<br />
Einsatzgebiet<br />
Viele Kraftfahrzeuge des unteren Preissegments enthalten nur wenige<br />
elektronische Steuergeräte, z.B. ein Motor-Steuergerät und ein Airbag-<br />
Steuergerät. Diese arbeiten weitgehend unabhängig voneinander, es be-<br />
steht so<strong>mit</strong> nur geringer Kommunikatiorisbedarf. Die Vernetzung der<br />
Steuergeräte erfolgt hierbei kostengünstig durch elektrische Punkt-zu-<br />
Punkt-Verbindungen.<br />
Neue Fahrzeuge der Oberklasse enthalten bis zu 80 elektronische Steuer-<br />
geräte. Deren gegenseitige Beeinflussung und da<strong>mit</strong> die auszutauschende<br />
Datenmenge nimmt stetig zu. Eine Vernetzung dieser zahlreichen Steuer-<br />
geräte durch Einzelleitungen scheidet aufgrund der Kosten, des Gewichts<br />
und des Bauraum-Bedarfs des Leitungssatzes aus.<br />
Statt dessen wird die Datenübertragung heute zunehmend <strong>mit</strong> digitalen<br />
Kommunikationssystemen realisiert. Hierbei tauschen alle angeschlosse-<br />
nen Teilnehmer Nachrichten auf einer gemeinsamen Datenleitung (Da-<br />
tenbus) aus. Der Zugriff der einzelnen Teilnehmer auf das Busmedium<br />
erfolgt zeitlich versetzt (Zeitmultiplex-Verfahren) . Für den Fall, dass<br />
mehrere Teilnehmer gleichzeitig eine Nachricht senden wollen, enthal-<br />
ten alle in der Fahrzeugtechnik verwendeten Kommunikationprotokolle<br />
Verfahren zur Kollisionsvermeidung.<br />
Der Einsatz von Datenbussen im Kraftfahrzeug bietet weitere Vorteile:<br />
Realisierbarkeit von hierarchischen Steuerungen und Regelungen.<br />
Ein Beispiel ist die Vorgabe des Leerlaufdrehzahl-Sollwerts durch<br />
einen Antriebs-Koordinator. Die eigentliche Drehzahlregelung fin-<br />
det dagegen im (untergeordneten) Motor-Steuergerät statt.<br />
Einfache Erweiterbarkeit einer Fahrzeugbaureihe <strong>mit</strong> zusätzlichen<br />
elektronischen Ausstattungen und<br />
Möglichkeit einer zentralen Diagnose und Wartung für alle<br />
<strong>Elektronik</strong>-Komponenten.<br />
Einige wichtige Verfahren und Protokolle werden in den folgenden Ab-<br />
schnitten kurz vorgestellt.
Frühe Entwicklungen<br />
In der Fi-ühphase der ITernetzung wurden von vielen Firmen pro-<br />
prietäre Bussyst,eme entwickelt und eingesetzt. Bereits 1978 stellte VD 0<br />
unter der Bezeichnung ELSA (Elektrisches Leitungssystem im Auto-<br />
mobil) einen Datenbus zur Lernetzung von Scheiiiwerfern, *41izeige-<br />
Instrumenten usw . vor [69].<br />
Spätere Realisierungen basieren häufig auf dem UA4RT-Protokoll ( Uni-<br />
versal Asynchronous ~eceiver/Transrnitter)'. Mit ISO 9111 wurde 1989<br />
ein Kfz-Bussystem nach dem UART-Prinzip spezifiziert, das in der Dia-<br />
griosetechnik weit verbreitet ist [iO].<br />
LIN<br />
LIN (Local Interconnect Network) wurde 2000 von einer Vereinigung von<br />
Fahrzeug-, Halbleiter- und Software-Herstellern vorgestellt [71]. Das Pro-<br />
tokoll stellt eine Erweiterung des UART-Verfahrens dar. Pro Nachricht<br />
werden 2, 4, oder 8 Byte Nutzdaten <strong>mit</strong> maximal 20 kBit/s übertragen.<br />
Dienste für das Netzwerk- und Energie-Management sind Bestandteil<br />
der Spezifikation. LIN ist zur Vernetzung von kostengünstigen Sensoren.<br />
Aktuatoren und Steuergeräten der Karosserie-<strong>Elektronik</strong> ~orgesehen.<br />
Protokolle <strong>mit</strong> bitweiser Arbitrierung<br />
Aufwändigere Kommunikationsprotokolle beinhalten R4echanisinen zur<br />
kollisionsfreien Zuteilung des Busmediums unter Lrerwendung voll<br />
Nachrichten-Prioritäten. Dieser IJorgang wird als Arbitrierung bezeichnet<br />
[72]. Jede Nachricht beinhaltet eine eindeutige, garizzahlige Kennung<br />
(Identifier) . Diese spezifiziert die Bedeutung und evtl. den Absender sowie<br />
den Empfänger der Nachricht. Die Erkennung von Übertragungsfehlern<br />
erfolgt durch eine Prüfsumme ( CRC=Cyclic Redundancy Check),<br />
die <strong>mit</strong> jeder Nachricht übertragen wird. Auch Verfahren zur Fehlerbehandlung<br />
sind stets vorhanden, z.B. die automatische Wiederholung<br />
einer fehlerhaften Nachricht.<br />
Der bedeutendste Vertret'er dieser Klasse ist CXN (siehe Abschnitt,<br />
1.2.5). Daneben existieren weitere arbitrierende Protokolle:<br />
'Auch bei der ,,seriellen Schnittstelle.' von PCs wird das UXRT-Pririzip verwendet.<br />
39
Tabelle 1.1: Eigenschaften arbitrierender Bussysteme<br />
Eigenschaft<br />
Maximale Daten-<br />
rate (kBit/s)<br />
Bytes pro<br />
Nachricht<br />
Ident ifier-Länge<br />
(Bit)<br />
Verfahren zur<br />
Fehlererkennung<br />
CAN<br />
1000<br />
0 bis 8<br />
11 oder 29<br />
15 Bit CRC<br />
VAN<br />
5-1850<br />
150<br />
0 bis 7<br />
VAN ( Vehicle Area Network) wurde von mehreren französischen Fahr-<br />
zeugherstellern initiiert und 1992 genormt [73]. In [74] wird die<br />
Vernetzung von Karosserie-<strong>Elektronik</strong> im Cztrotn XM beschrie-<br />
ben. VAN wurde inzwischen weitgehend von CAN verdrängt.<br />
5-1850 basiert auf einem Vorschlag von Chrysler und wurde als SAE-<br />
Standard definiert. Das Protokoll wird von Ford unter der Bezeich-<br />
nung SCP (Standard Corproate Protocol) verwendet und bei Gene-<br />
ral hlotors als Class 2 bezeichnet 1751. Voraussichtlich wird 5-1850<br />
<strong>mit</strong>telfristig ebenfalls durch C14N ersetzt<br />
24<br />
8 Bit CRC<br />
Diese Protokolle besitzen ähnliche Eigenschaften wie C4N, sind jedoch<br />
untereinander und zu CAN nicht kompatibel. In Tabelle 1.1 sind wichtige<br />
technische Daten der arbitrierenden Bussysteme zusammengestellt.<br />
Zeitgesteuerte Datenkommunikation<br />
250<br />
0 bis 28<br />
12<br />
15 Bit CRC<br />
CAN und ähnliche Kommunikationsprotokolle bieten eine hohe Zu-<br />
verlässigkeit bei der Sicherstellung der Konsistenz der übertragenen Da-<br />
ten zwischen Sender und Empfänger im Wertebereich, gewährleisten je-<br />
doch nicht die Einhaltung maximaler Antwortzeiten. Diese nehmen <strong>mit</strong><br />
steigender Bus-Belastung zu. Nach (761 ist die Antwortzeit (response<br />
time) definiert als die Zeitspanne zwischen der Seiideanforderung für ei-<br />
ne Nachricht und dem Eintreffen dieser Nachricht bei den Empfängern.
Tabelle 1.2: Eigenschaften zeitgesteuerter Bussysteme<br />
Eigenschaft<br />
h/f aximale<br />
Datenrate<br />
(lIBit/s)<br />
Bytes pro<br />
Nachricht<br />
TTP<br />
5<br />
0 bis 16<br />
Byteflight<br />
FlexRay<br />
> 5<br />
0 bis 246<br />
Für sicherheitsrele~ante Kfz-Anwendungen2 ergeben sich ziisätzliclie An-<br />
forderungen an die Datcnkornmunikation:<br />
10<br />
0 bis 12<br />
TTCAN<br />
Die Ailtwortzeiten müssen bereits bei der Netzwerk-Auslegung vor-<br />
hersagbar sein. Die Er<strong>mit</strong>tlung der maximalen Ausführungszeit<br />
von Software, die <strong>mit</strong> Hilfe modellbasierter Methoden erstellt wird,<br />
ist Gegenstand von [77].<br />
Der Verzicht auf mechanische Rückfallebenen erfordert redunda>nte<br />
Datenkommunikation <strong>mit</strong> Fehlerkorrektur zur Xufrechterhaltung<br />
der Datenübertragung bei Ausfall einzelner Komponenten.<br />
Das deterministische Zeitverhalten wird erreicht, indem für jede Nach-<br />
richt vorab die Sendezeitpunkte festgelegt werden. Dies erfordert eine<br />
konsistente Zeitinforniation bei allen Teilnehmern. Alle Protokolle bein-<br />
halten deshalb Verfahren zur Synchronisation der lokalen Zeitgeber über<br />
das Netzwerk.<br />
1<br />
0 bis 8<br />
llehrere Protokolle befinden sich in der Entwicklung oder Erprobung.<br />
Tabelle 1.2 enthalt eiriige technische Daten.<br />
TTP/C (Tzme Triggered Protocol Class C) wurde 1994 von der TU<br />
Wien vorgestellt [78]. Die Buszuteilung erfolgt zyklisch nach ei-<br />
nem Zeitscheiben-Verfahren ( TDMA= Time Division filtiple Ac-<br />
cess) <strong>mit</strong> festen Zeitfenstern, die unterschiedliche Längen aufwei-<br />
sen können. Dadurch wird eine exaktle Einhaltung der vorgege-<br />
benen Kommunikations-Zeitpunkte sichergestellt. Maßnahmen zur<br />
%.B. zukünftige elektromechanische Bremsen ohrie hj-draulische bzw. pneumatische<br />
Rückfallebene.
Fehlererkennung und zur redundanten Datenübertragung sind Be-<br />
standteil des Protokolls. Eine Untersuchung zur Eignung von TTP<br />
für Brake-by-Wire-Anwendungen wird in [79] durchgeführt. In [80]<br />
wird die automatische Generierung von Steuergeräte-Code für ver-<br />
teilte Regelungen unter Einsatz von TTP diskutiert. In Serienfahr-<br />
zeugen wird TTP bisher nicht eingesetzt.<br />
Byteflight wurde im Jahr 2000 von BMW vorgestellt [81]. Ein Master-<br />
Knoten, dessen Funktion im Fehlerfall von einem anderen Knoten<br />
übernommen wird, gibt Zykluszeiten vor. Innerhalb dieser Zyklen<br />
konstanter Dauer erfolgt die Buszuteilung nach einem modifizier-<br />
ten TDhlA-Verfahren. Für eine begrenzte Zahl von Nachrichten<br />
wird eine maximale Antwortzeit garantiert. Die eventuell verblei-<br />
bende Zeit bis zum Beginn des nächsten Zyklus kann für nieder-<br />
priore Nachrichten genutzt werden. 2001 erfolgte der erste Seri-<br />
eneinsatz zur Vernetzung von Airbags (821.<br />
FlexRay wurde von BhfW und DaimlerChrysler im Jahr 2000 als Spe-<br />
zifikation vorgestellt [83]. Jeder Übertragungszyklus gliedert sich in<br />
zwei Teile. In einen statischen Teil werden hochpriore Nachrichten<br />
<strong>mit</strong> TDMA-Buszuteilung übertragen, vergleichbar <strong>mit</strong> TTP/C. Im<br />
dynamischen Teil werden niederpriore Nachrichten wie bei Byte-<br />
flight gesendet. Vorgesehen ist eine sternförmige Topologie unter<br />
Verwendung optischer Busmedien <strong>mit</strong> wahlweise einkanaliger oder<br />
redundanter Anbindung der einzelnen Knoten.<br />
TTCAN (Time Triggered CAN) wurde im Jahr 2000 von der Robert<br />
Bosch GmbH vorgestellt [84] und zur Normung nach ISO 11898-4<br />
eingereicht. Dem bestehenden CAN-Protokoll wird eine Zeitsteue-<br />
rung <strong>mit</strong> Uhrensynchronisation überlagert. Jeder Kommunikati-<br />
onszyklus besteht aus mehreren TDMA-Runden <strong>mit</strong> identischer<br />
Aufteilung der Zeitfenster, innerhalb denen unterschiedliche CAN-<br />
Nachrichten übertragen werden. Jedes Fenster kann entweder für<br />
hochpriore Nachrichten reserviert oder zur prioritätsgesteuerten<br />
Übertragung niederpriorer Nachrichten freigegeben werden. Ein<br />
Master-Knoten, dessen Funktion im Fehlerfall von einem anderen<br />
Knoten übernommeri wird, initiiert den Beginn jedes Kommunika-<br />
tionszyklus. Alle weiteren Eigenschaften entsprechen dem bisheri-<br />
gen CAN-Standard. In Serienfahrzeugen wird TTCAN bisher nicht<br />
eingesetzt.
1.2.5 Das CAN-Protokoll<br />
Grundlagen<br />
Das CAN-Protokoll (Controller Area Network) wurde ab 1983 von der<br />
Robert Bosch GnibH in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> dem Halbleiterhersteller<br />
Intel entwickelt und 1992 standardisiert [85]. CAN ist für den Einsatz in<br />
Fahrzeugen konzipiert, wird aber auch in der iridustriellen Automatisie-<br />
rungstechnik als Feldbussystem eingesetzt.<br />
Als erstes Serienfahrzeug wurde 1991 die S-Klasse von hiercedes-Benz<br />
rnit drei CAN-Bussen für Antriebsstrang, Klimaregelung und -1udio-<br />
System ausgestattet [86]. Seitdem wurde das Protokoll von zahlreichen<br />
Fahrzeugherstellern übernornnien und stellt in Europa einen de-facto-<br />
Standard dar.<br />
Eine umfassende Darstellung findet sich in [72]. Die wichtigsten Eigen-<br />
schaften werden kurz zusammengefasst:<br />
CAN ist ein nachrichtenorientiertes Protokoll. Jede Nachricht ist<br />
durch eine Kennzahl (ID= Identifier) eindeutig gekennzeichnet und<br />
darf nur von einem Teilnehmer gesendet werden. Der Empfänger<br />
der Nachricht wird nicht spezifiziert. Alle am Bus angeschlossenen<br />
Teilnehmer entscheiden aufgrund des ID, ob die jeweilige Nach-<br />
richt für sie relevant ist. Der ID umfasst in der ursprünglichen<br />
lTersion 11 Bit, alternativ wird ein 29 Bit-ID verwendet. Xeuere<br />
C AN-Controller unterstützen beide Formate und deren gemischte<br />
Verwendung in einem Netzwerk.<br />
CAN gehört zu den Multi-Master-Protokollen. Es gibt keinen expli-<br />
ziten Busmaster, der den Zugriff auf das Busmediuni steuert. Die<br />
Buszuteilurig erfolgt durch kollisionsfreie, bitweise Arbitrierung un-<br />
ter Verwendung von Prioritäten. Die Priorität einer Nachricht wird<br />
durch die Vergabe des ID festgelegt. Je kleiner der ID, um so höher<br />
ist die Priorität.<br />
Jede Nachricht ent,hält null bis acht Datenbytes, deren Bedeutung<br />
und Inhalt auf Anwendungsebene festgelegt wird. Mit jeder Nachricht<br />
wird eine 15-Bit-Prüfsumme (CRC) übertragen. Dadurch<br />
werden Übertragungsfehler rnit hoher \ahrscheinlichkeit erkannt<br />
und durch alle Empfänger <strong>mit</strong>tels eines Error Frame sigrialisiert.<br />
Die betreffende Nachriclit wird daraufhin .~viederholt. Durch cberwachurig<br />
der phj-sikalischeri Buspegel sowie die Zahliing von S~nde-
und Empfangsfehlern bewertet jeder Teilnehmer seine eigene Funk-<br />
tionstüchtigkeit und schaltet gegebenenfalls in einen passiven Feh-<br />
lerzustand, um eine Blockierung des Netzwerks zu verhindern.<br />
Die Datenübertragung erfolgt bitseriell und asynchron, also oh-<br />
ne zusätzliches Taktsignal. Ein als Bit-Stufing bezeichnetes Ver-<br />
fahren ermöglicht die Rückgewinnung des Bit-Taktes und da<strong>mit</strong><br />
die Nachsynchronisat,ion der Empfänger bei laufender Übertra-<br />
gung. Dadurch können 8bweichungen von der spezifizierten Baud-<br />
rate kompensiert werden, die durch Temperatureinflüsse, Bauteil-<br />
Toleranzen oder Alterung auftreten.<br />
Auf dem Markt ist eine große Zahl preiswerter CAN-Protokoll-<br />
Controller verfügbar, in denen alle Funktionen zur Datenübertra-<br />
gung implementiert sind. Zudem sind verschiedene Microcontroller<br />
<strong>mit</strong> integriertem CAN-Controller verfügbar. Die Ankopplung an<br />
das jeweilige physikalische Busmedium erfolgt durch einen CAN-<br />
Transceiver.<br />
Das Busmedium wird meist als verdrillte elektrische Zweidraht-<br />
leitung ( Twisted Pair) ausgeführt. Die Übertragung erfolgt <strong>mit</strong>-<br />
tels elektrischer Differenzpegel. Dadurch wird ein hoher Störab-<br />
stand bei elektromagnetischen Einstrahlungen und Potenzialdif-<br />
ferenzen erreicht, die im Kraftfahrzeug häufig auftreten. Bei feh-<br />
lertoleranten Ausführungen wird die Datenübertragung über ei-<br />
ne Busleitung und das Massepotenzial <strong>mit</strong> verminderte~n Störab-<br />
stand aufrecht erhalten, falls die Unterbrechnung oder der Kurz-<br />
schluss einer Busleitung eintritt. Infolge der bitweisen Arbitrierung<br />
muss die maximale Signal-Laufzeit auf dem Medium im gesamten<br />
CAN-Netzwerk kleiner als eine Bitzeit sein. Die maximal zulässige<br />
Brutto-Datenrate beträgt 1000 kBit/s.<br />
CAN im Kraftfahrzeug<br />
Typische CAN-Netzwerke in Kraftfahrzeugen umfassen drei bis zehn<br />
Steuergeräte im Antriebsstrang und bis zu 64 Teilnehmer im Karosserie-<br />
und Innenraumbereich. Im Folgenden werden die Eigenschaften und<br />
Einsatzgebiete verbreiteter CAN-Implementierungen in Stichworten be-<br />
schrieben.
Diese unterscheiden sich z .B. bezüglich Datenrate, verwendetem Busme-<br />
dium und der Definition von An~vendungs-Diensten. Alle anderen Eigen-<br />
schaften, sind einheitlich nach ISO 11898 definiert.<br />
High-Speed-CAN (ISO 11898-2) : Standardisierung des Verfahrens<br />
zur Datenübertragung (Buszugriff, Fehlererkennung und Fehlerbe-<br />
handlung, Nachrichtencodierung) und des physikalischen Busrnedi-<br />
ums. Verwendung in der Antriebs- und Fahrwerks-<strong>Elektronik</strong> bei<br />
PKW und Nutzfahrzeugen. Baudrate: 125-1000 kBit /s, üblich sind<br />
250 und 500 kBit/s. Differenzielle Buspegel (+/- 5 V).<br />
High-Speed-CAN (SAE J- 1939) : Industriestandard für Kut zfahr-<br />
zeuge als Erweiterung zu ISO 11898-2. Dcfiiiition von Nachrich-<br />
teninhalten sowie Diensten, z.B. Netzwerk-hlanagement und Dia-<br />
gnose. 29 Bit IDs. Baudrate: 250 kBit/s [87, 881.<br />
Low-Speed-CAN (ISO 115 19- 1) : lTernetzung von Karosserie- und<br />
Innenraum-<strong>Elektronik</strong> im PKW. Fehlertolerante Auslegung<br />
(Eindraht-Betrieb möglich). Baudrate: bis 125 kBit/s. Wird häufig<br />
in Verbindung <strong>mit</strong> Netzwerk- und Energie-Management auf An-<br />
wendungsebene eingesetzt, z.B. OSEK-NM [89].<br />
Low-Speed-CAN (ISO 11992) : Kommunikation zwischen Zugma-<br />
schine und Anhänger, insbesondere zur Koordination der<br />
Bremskraft-lTerteilung bei schweren Nutzfahrzeugen [90]. Fehlerto-<br />
lerante Auslegung (Eindraht-Betrieb möglich). Baudrate: bis 125<br />
kBit/s. Differenzielle Buspegel (+/- 18 V).<br />
Single Wire CAN (SAE 5-2411): ljernetzung von Karosserie- und<br />
Innenraum-<strong>Elektronik</strong> in amerikanischen PKIJT [91]. Energie- und<br />
Netzwerk-Management verfügbar. Busmedium ist als Eindraht-<br />
Leitung ausgeführt. I\iaximale Baudrate: 33 kBit /s.<br />
1.3 Aufgabenstellung<br />
Dem Autor ist keine wissenschaftliche Arbeit bekannt. in der die<br />
vollständig automatische Erzeugung von Echtzeit-Simulationsprogram-<br />
men für Fahrsimulatoren unter Einsatz von gekoppelten Software-<br />
T'iTerkzeugen <strong>mit</strong> Code-Generatoren untersucht und durchgeführt wird.
Auch das in dieser Arbeit vorgestellte Aufbauprinzip für interaktive<br />
Schulungs-Fahrsimulatoren wird bisher nicht beschrieben. Hierbei wer-<br />
den reale, CAN-vernetzte Kfz-Steuergeräte und andere Fahrzeugkompo-<br />
nenenten nach dem Hardware-in-the-Loop-Verfahren in den Fahrsimula-<br />
tor integriert, um ein realitätsnahes Verhalten der Anlage bei v-ertretba-<br />
rem Aufwand zu gewährleisten.<br />
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Herleitung einer neuen Verfah-<br />
rensweise zur schnellen und zuverlässigen Realisierung von echtzeitfähi-<br />
gen Simulationsmodellen für Fahrsimulator- und Hardware-in-the-Loop-<br />
Anwendungen. Dabei wird eine Vereinheitlichung der Modellansätze für<br />
Echtzeit- und Nicht-Echtzeit-Anwendungen angestrebt. um den Auf-<br />
wand zur Erstellung und Pflege unterschiedlicher Modell-Bibliotheken<br />
zu vermeiden.<br />
Um die aufwändige manuelle Implementierung von Sirnulationsprogram-<br />
men zu umgehen, wird untersucht', welche Software-Werkzeuge <strong>mit</strong> der<br />
Möglichkeit zur automatischen Generierung von Programm-Code hierfür<br />
in geeigneter Kombination einset zbar sind. Hierbei wird eine vollständige<br />
Portabilität des generierten Programm-Codes gefordert, d.h. der Quell-<br />
Code soll ohne Änderungen für unterschiedliche Rechnertypen und Be-<br />
triebssysteme compilierbar sein.<br />
Am Beispiel des CAN-Protokolls wird dargelegt, wie der Funktionsurn-<br />
fang elektronischer Steuerungen im Kraftfahrzeug und deren Datenkom-<br />
munikation in die Simulation einbezogen werden kann.<br />
Die hergeleiteten Verfahren werden bei der Entwicklung von Fahrsimu-<br />
latoren eingesetzt und erprobt. Als konkrete Anwendungsfälle dienen<br />
die Ausbildung von LKW-Fahrern im Umgang <strong>mit</strong> dem elektronischen<br />
Antriebsmanagement schwerer Nutzfahrzeuge sowie die Simulation der<br />
Fahrdynamik von Nutzfahrzeug-Zügen im Laborbetrieb.<br />
Die eigentliche h~lodellbildung für elektrische, mechanische, hydraulische<br />
und pneumatische Kraftfahrzeug-Teilsysteme steht nicht im Mittelpunkt<br />
dieser Arbeit. Soweit verfügbar, werden bekannte Modellansätze an die<br />
besonderen Anforderungen der Echtzeit-Fahrsimulation angepasst.<br />
1.4 Inhalt und Aufbau der Arbeit<br />
Kapitel 2 gibt eine Übersicht zu den Aufgabenstellungen in der Echt-<br />
zeitsimulation. Es wird eine Verfahrensweise zur Erstellung echtzeitfähi-
ger Siinulationsmodelle beschrieben, welche auf dein kornbinierteii Ein-<br />
satz mehrerer Klassen von Software-Werkzeugen basiert. Komrrierziell<br />
verfügbare TVerkzeuge werden im Hinblick auf ihre Eignung bewertet<br />
und ausgewählt. Ein Verfahren zur Kopplung dieser IVerkzeuge durcli<br />
Aust auscl-i von Programm-Code wird erarbeitet.<br />
Kapitel 3 befasst sich <strong>mit</strong> der Abbildung der IVechselwirkungen zwi-<br />
schen mechanischen und elektronischen Fahrzeug-Komponente11 in der<br />
Simulation. Der Fahrer und die Fahrzeug-Umgebung werden in die<br />
Betrachtungen einbezogen. Am Beispiel des CAN-Protokolls wird un-<br />
tersucht, wie elektronische Steuergeräte und Netzwerke in Echtzeit-<br />
Simulationsanwendungen eingebunden werden können. Insbesondere<br />
werden verschiedene Erweiterungen des „klassischen" Hardware-in-the-<br />
Loop-I'erfahrens beschrieben. Eiri Softm-are-TYerkzeug zur automatischen<br />
Ge~lerierung von Programm-Code für CAK-.In~riungen wird vorge-<br />
stellt.<br />
Kapitel 4 beschreibt als Anwendungsbeispiel einen Fahrsimulator, der<br />
zur Schulung von LKW-Fahrern im Umgang <strong>mit</strong> dem Automatisierten<br />
Schaltgetriebe eingesetzt wird. Der Fahrsimulator wird unter Verwen-<br />
dung mehrerer realer Antriebskomponenten und elektronischer Steuer-<br />
geräte <strong>mit</strong> CAN-Vernetzung aufgebaut.<br />
Gegenstand von Kapitel 5 ist die Erweiterung des llodellansatzes aus<br />
Kapitel 4 zur Untersuchung der Fahrdynamik schwerer Nutzfahrzeuge.<br />
Unter Lerwendung der Software-IYerkzeuge SIAIPACK und SIMU-<br />
LINK wird das hlehrkörpermodell für einen Gliederzug erstellt. IJerschiedene<br />
hlodellierungsaspekte werden aus der Sicht der Echtzeit-<br />
Fahrsimulation detalliert behandelt, insbesondere die durchgängige Formulierung<br />
von hlodellgleichungen für die Teilsysteme Rad-Bremse.<br />
Reifen-Fahrbahn und Lenkung. Das Simulatio~ismodell wird auf einen1<br />
Labor-Fahrsimulator <strong>mit</strong> Lenkmornent-Rückwirkung implementiert, wobei<br />
ein PC als Echtzeitrechner Verwendung findet. Des Weiteren wird ein<br />
neues \erfahren zur Generierung realistischer Fahrzeuggeräusche rorgrstellt.<br />
Kapitel 6 enthalt eine Schlussbemerkung und einen kurzen Ausblick.
2 Methoden und Werkzeuge<br />
In diesem Kapitel wird ein Verfahren zur Erstellung von Echtzeit-<br />
Sirnulationsmodellen für Kraftfahrzeuge unter Verwendung moderner<br />
Software-l+Terkzeuge erarbeitet.<br />
Zunächst erfolgt eine Definition des Begriffes Echtzeitsimulation. IVich-<br />
tige Anwendungen in der Kr aftfahrzeugtechnik werden vorgestellt. Die<br />
Eigenschaften von Fahrsimulatoren werden dargelegt.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil von Fahrsimulatoren (und a,nderer Echtzeit-<br />
Simulationsanlagen) ist ein Simulationsprogramm, welches das dynami-<br />
sche Verhalten eines Kraftfahrzeugs auf einem digitalen Rechner nach-<br />
bildet. Die besonderen Anforderungen an solche Programme werden dis-<br />
kutiert. Anschließend wird ein Weg zur automatischen Erzeugung sol-<br />
cher Rechnerprogramme hergeleitet, der diesen Anforderungen Rech-<br />
nung trägt. Ein wesentliches Merkmal des beschrittenen Weges ist die<br />
kombinierte Verwendung mehrerer Software- Werkzeuge <strong>mit</strong> grafischer<br />
Modellbeschreibung und automatischer Code-Generierung. Aus der Viel-<br />
zahl der am Markt verfügbaren Produkte werden anhand mehrerer Kri-<br />
terien einige geeignete Werkzeuge ausgewählt. Das Vorgehen zur Korn-<br />
bination dieser lFrerkzeuge wird vorgestellt,.<br />
Diese Ausführungen bilden die Grundlage für die in den weiteren Kapi-<br />
teln vorgestellten Anwendungen.<br />
2.1 Definition der Echtzeitsimulation<br />
Echtzeitbetrieb liegt nach DIN 44300 [92] vor, wenn die Verarbeitungs-<br />
ergebnisse eines technischen Systems innerhalb einer vorgegebenen Zeit-<br />
spanne ti. verfügbar sind1. Neben dieser eindeutigen Definition haben<br />
sich die Begriffe harte und weiche Echtzeitsimulation [93] sowie Ofiline-<br />
Simulation etabliert, die häufig zu Verwirrung führen. Eine Abgrenzung<br />
wird anhand von Bild 2.1 vorgenommen.<br />
'DIN 44300 wurde <strong>mit</strong>tlerweile zugunsten der iriternationalen Norm ISO-DIS 2382<br />
zurück gezogen.
)<br />
Abbruch<br />
0 1 2 3 tlh 4<br />
F----:<br />
I I I I P<br />
0 1 2 3 tlh 4<br />
Bild 2.1: Zur Definition der Echtzeitsimulation<br />
Auf der Abszisse ist jeweils die real verstrichene Zeit t seit dem Beginn<br />
der Simulation, bezogen auf die konstante Simulations-Schrit tweite h,<br />
aufgetragen. Jedes Rechteck symbolisiert einen Simulationsschritt <strong>mit</strong><br />
der bezogenen Verarbeitungszeit<br />
Für deterministisches (hartes) Echtzeitverhalten nach Bild 2.1 a) muss<br />
die \rerarbeitungszeit in jedem Schritt kürzer sein als die Schrittn-rite,<br />
G1. 2.2 wird als Rechtzeitigkeits-Forderung bezeichnet [94]. In Bild 2.1 a)<br />
wird diese Forderung wegen 71 > 1 verletzt, die Simulation wird dadurch<br />
ungültig und ist abzubrechen. In dieser Arbeit bezieht sich der Begriff<br />
Echtzeitsimulation stets auf diese strikte Definition.<br />
Bei weicher Echtzeit2, wird GI. 2.2 durch eine weniger restriktive Bedin-<br />
gung ersetzt:<br />
n<br />
'hfit diesem Attribut werden manche Software-Produkte gekennzeichnet, die unter<br />
nicht echtzeitfähigen Betriebssystemen wie Wzndows ausgeführt werden, aber iri<br />
den meisten Fällen akzeptables Zeitverhalten aiifweisen.<br />
49
Zeitüberschreitungen sind zulässig. sofern sie in den folgenden Zeitschritten<br />
wieder aufgeholt werden, wie in Bild 2.1 b) angedeutet. Das Zeitverhalten<br />
der Simulation ist nicht deterministisch. Die Anzahl (n - rn + I)<br />
der zur Mittelung herangezogenen Zeitschritte bestimmt den ,,Grad der<br />
Echtzeitfähigkeit". Für die Sim~la~tion der Fahrdyna~nik und des Antriebsstranges<br />
ist dieses Verfahren ungeeignet. Es wird in dieser Arbeit<br />
nicht betrachtet.<br />
Bild 2.1 C) enthält ein Beispiel für die Ofline-Simulation. Forderungen<br />
nach G1. 2.2 oder G1. 2.3 bestehen nicht, d.h. die Verarbeitungszeit ist<br />
unabhängig von der realen Zeit t. Meist gilt ri >> 1, vor allem bei kom-<br />
plexen Simulationsverfahren wie FEPl (Finite-Elemente-Methode). Im<br />
Folgenden wird dieses Zeitverhalten als Nicht-Echtzeit-Simulation be-<br />
zeichnet.<br />
2.1.1 Anwendungen in der Fahrzeugtechnik<br />
+<br />
W),<br />
Regler Regelstrecke<br />
teuer-<br />
gerät<br />
GO),<br />
Aktuatoren<br />
Aggregat<br />
(Mechanik,<br />
Hydraulik, etc.)<br />
Sensoren -<br />
Bild 2.2: Regelkreis für ein elektronisch geregeltes Kfz-Teil~yst~em<br />
Echtzeitsimulation ist erforderlich, wenn reale technische Komponenten<br />
<strong>mit</strong> eigenem, nicht beeinflussbarem Zeitverhalten oder der Mensch Be-<br />
standteil des Simulationsaufbaus sind.<br />
In Bild 2.2 ist das Blockschalt bild eines einzelnen, elektronisch geregelten<br />
Kfz-Systems dargestellt. Das Steuergerät gibt die elektrischen Signale gR<br />
zur Betätigung der Aktuatoren aus. Der Betriebszustand des zugeord-<br />
neten Aggregats wird von Sensoren erfasst und als Signalvektor F' in das<br />
Steuergerät zurückgeführt.<br />
Abhängig davon, ob das Steuergerät und die Regelstrecke real vorhan-<br />
den sind oder siniuliert werden, werden die Verfahren gemäß Bild 2.3<br />
a) unterschieden. Lediglich das Software-in-the-Loop-Verfahren (SIL)
a)<br />
I Reales System I Control Prototyping (CP) I<br />
I<br />
gerät<br />
Strecke<br />
- Erprobung des Gesamt-<br />
systems im Fahrversuch<br />
Hardware-in-the-Loop (HIL)<br />
Strecken-<br />
:----_------------n<br />
- Erprobung elektronischer<br />
Steuergeräte im Labor<br />
Reales Fahrzeug<br />
Fahrer Fahrzeug<br />
1 I<br />
- Fahrversuch<br />
- Prüfstandsversuch,<br />
z.B. Verbrauchsmessung<br />
Fahrer<br />
Fahrsimulator<br />
.-----..------------<br />
- Unters. des Fahrerverhaltens<br />
- Schulung, Demonstration,<br />
z.B. Fahrerassistenzsysteme<br />
4 h<br />
rj<br />
: Steuergeräte-.<br />
Strecke<br />
Prototyp<br />
I------------------___I<br />
- Erprobung von Steuergerate-<br />
Software im Fahrversuch<br />
oder am Prüfstand<br />
( Software-in-the-Loop (SIL) 1<br />
fl<br />
r--'-------------'- ----------------<br />
7<br />
I I I<br />
M i Strecken- :<br />
b:<br />
.-----------------J<br />
i h m u s L--------------- mode<br />
- Reglerentwurf in der<br />
Nicht-Echtzeit-Simulation<br />
I Fahrzeug <strong>mit</strong> Fahrmaschine<br />
-----------------<br />
! maschine ,<br />
!.--,--,----------I<br />
- Open-Loop-Fahrmanöver<br />
z.B. Len kwinkelvorgabe<br />
<strong>mit</strong>tels Lenkmaschine<br />
I Nicht-Echtzeit-Fahrsimulation<br />
: Fahrer- : Fahrzeug- i<br />
? modell modell h<br />
- Simulation von Closed-Loop.<br />
Manövern, z. B. Spurwechsel<br />
Verbrauchsberechnung<br />
Bild 2.3: Einteilung der Test- und Simulatioiisverfahren bezüglich<br />
a) der Repräsentation von Steuergerät und Regelstrecl
kann <strong>mit</strong>tels Nicht-Echtzeit-Simulation durchgeführt werden. Hardware-<br />
in-the-Loop (HIL) und Control Prototyping (CP) erfordern Echtzeitver-<br />
halten. Diese Verfahren werden in Kapitel 3 näher betrachet.<br />
Eine weitere Einteilung erfolgt gemäß Bild 2.3 b) bezüglich des Kriteri-<br />
ums, ob Fahrer und Fahrzeug real vorhanden sind oder simuliert werden.<br />
Bei den Verfahren Fahrsimulator und Fahrzeug <strong>mit</strong> Fahrmaschine ist<br />
Echt zeitverhalten erforderlich.<br />
2.1.2 Fahrsimulatoren<br />
Der Einsatz von Fahrsimulatoren nimmt stetig zu. In der Fahrzeugent-<br />
wicklung werden <strong>mit</strong> solchen Anlagen neue Technologie11 interaktiv un-<br />
tersucht, noch bevor ein entsprechend ausgerüsteter F'ahrzeugprototyp<br />
zur LTerfügung steht [13]. Im Gegensatz zur SIL- und HIL-Simulation<br />
steht nicht die technische Erprobung von Software-Funktionen oder Steu-<br />
ergeräten anhand reproduzierbarer Betriebszyklen im hlittelpunkt, son-<br />
dern deren subjektive Bewertung durch Menschen.<br />
Fahrsimulatoren werden auch zur Ausbildung von PKW- und LKW-<br />
Fahrern eingesetzt. Typische Anwendungen sind die Fahrzeugbeherr-<br />
schung in Grenzbereichen, die Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der<br />
Umgang <strong>mit</strong> Fahrerassistenzsystemen.<br />
-+<br />
MMI<br />
Rückmelde-<br />
teil<br />
-,<br />
Fahrer<br />
-+<br />
MMI<br />
Eingabe-<br />
teil<br />
r-------------------<br />
1 1<br />
j Fahrzeug- i<br />
I<br />
i modelt,<br />
7,<br />
Umgebungs '<br />
j modell<br />
L--------------------i<br />
Bild 2.4: Prinzipieller Aufbau eines Fahrsimulators<br />
Der Mensch (im Folgenden als Fahrer bezeichnet) wird gemäß Bild 2.4 in<br />
den Simulationskreis eingebunden. Hierzu wird eine Mensch-Ljiaschine-<br />
Schnittstelle (MMI= Man-Machine Interface) benötigt, die aus zwei Tei-<br />
len besteht:<br />
Eingabeteil: Der Fahrer steuert die Simulation über Bedienelemente.<br />
Bei einfachen Aufbauten werden grafische Elemente (z.B. Schal-<br />
ter und Schieberegler) auf einem Bildschirm dargestellt und <strong>mit</strong>-
tels Maus oder Tastatur betätigt. Dieses Konzept ist realitätsfern.<br />
da die Bedienung sequenziell erfolgt. Die Resultate der Simulatiori<br />
sind wenig aussagekräftig. Aufwändigere Fahrsimulatoren stellen<br />
einen ergonomischen Fahrerplatz <strong>mit</strong> realen Bedienelenienten wie<br />
Lenkrad und Pedalerie zur Verfügung (siehe Abschnitt 4.1.1).<br />
Rückmeldeteil: Der Fahrer erhält Informationen über den Betriebs-<br />
zustand des si~nulierten F'ahrzeugs . Bei einfachen Realisierungen<br />
werden Instrumente, Lampen, usw. auf einem Bildschirm darge-<br />
stellt. Verbesserte Ausfiihrungen stellen realitätsnahe Rückmel-<br />
dungen zur Verfügung:<br />
Optisch: Anzeigen auf einem realen Kombiinstrument, dreidi-<br />
riiensionale Visualisieru~ig<br />
der Fahrzeugumgebung.<br />
Akustisch: Generierung dynamischer Fahrzeug- und Umgebungs-<br />
gerausche, z.B. des Motorgerausches (siehe Abschnitt 5.8).<br />
Haptisch: Erzeugung von Rückstellkräften am Lenkrad und an<br />
der Pedalerie (siehe Abschnitt 5.7.2), Erzeugung der vom<br />
Fahrer wahrgenommenen Beschleunigungen durch eine Bewe-<br />
gungsplattform [4].<br />
Bei der Entwicklung eines Fahrsimulators bestehen besondere Anforde-<br />
rungen an das verwendete Echtzeit-Fahrzeugmodell:<br />
Vollständigkeit: Das Modell muss alle denkbaren Betriebszustände<br />
des Fahrzeugs und seiner Teilkomponenten abdecken. Hierbei sind<br />
stetige Übergänge zwischen allen Zuständen erforderlich. Insbeson-<br />
dere dürfen Übergänge zwischen verschiedenen Bewegungsrichtun-<br />
gen und dem Stillst arid von hlodellkomponenten weder zu Inkon-<br />
sistenz noch zu numerischer Instabilität führen. Tabelle 2.1 enthält<br />
einige kritische Beispiele, die in dieser Arbeit untersucht werden.<br />
Plausibilität: Ein Fahrsimulator muss auf alle denkbaren Benutzerein-<br />
gaben, also auch auf Fehlbedienungen3, stets plausibel reagieren,<br />
d.h. das Simulationsergebnis muss qualitativ <strong>mit</strong> den Erfahrungs-<br />
werten des Benutzers übereinstimmen. Dagegen ist die absolute<br />
Genauigkeit der Berechnung für viele Anwendungen von unterge-<br />
ordneter Bedeutung, 2.13. bei der Schulung.<br />
3Häufige Fehlbedienungen bei dem in Kapitel -2 beschriebenen Fahrsimulator sirid<br />
das Ausschalten der Zündung bei voller Fahrt und das Abstellen des Fahrzeugs<br />
an einer Steigung ohne Betätigung der Feststellbremse.
Tabelle 2.1: Beispiele für zustandsbehaftete Modellkomponenten in der<br />
Fahr zeugsimulation<br />
Komponente I Zustände I Abschnitt<br />
Verbrennungsmotor Stillstand<br />
Startvorgang<br />
Leerlaufregelung<br />
hlomentenvorgabe<br />
Kupplung<br />
Haften<br />
Gleiten<br />
( geöffneter Zustand<br />
4.4.3<br />
Fa'hrzeug-<br />
Fahrzeugstillst and<br />
Längsdynamik Vorwärtsfahrt<br />
Rückwärtsfahrt<br />
Reifen-Fahr bahn- Stillstand<br />
5.3<br />
Kontakt<br />
Abrollen<br />
Längsschlupf<br />
kombinierter Schlupf<br />
I gleitender Zustand I I<br />
I Raddrehung, Stillstand/Blockierung<br />
, Radbremse Vorwärtsdrehung,<br />
I I Rückwärtsdrehung<br />
2.2 Erstellung echtzeitfahiger Modelle<br />
2.2.1 Grundlegende Anforderungen<br />
5.4.2<br />
Zunächst werden einige Forderungen an den Prozess zur Erstellung und<br />
Implementierung von Simulationssystemen aufgestellt, die im weiteren<br />
Verlauf dieser Arbeit umgesetzt werden:<br />
Durchgängigkeit: Alle erstellten Simulationsmodelle müssen ohne<br />
Änderungen für die Echt zeit- und die Nicht-Echt zeit-Simulat ion<br />
verwendbar sein, um den Aufwand zur Erstellung und Pflege par-<br />
alleler Modell-Bibliotheken zu vermeiden.<br />
Modularität: Gefordert wird die Wiederverwendbarkeit von Teilmo-
dellen. Simulierte Teile und reale Komponenten sollen <strong>mit</strong> gerin-<br />
gem Aufwand austauschbar sein. Dies betrifft sowohl mechanische<br />
Anteile (Aggregate) und die <strong>Elektronik</strong> (Steuergeräte) als auch den<br />
Fahrer. Hierzu ist eine sinnvolle Strukturierurig der Liodelle und<br />
die Definition einlrieit licher Schnitt stellen erforderlich.<br />
Werkzeugeinsatz und Code-Generierung: Die manuelle Imple-<br />
mentierung von Modellgleichungen in einer Prograrnniiersprache<br />
ist aufgrund des hohen Zeitaufwands zu vermeiden. Statt dessen<br />
werden zeitgemäße Software-Werkzeuge <strong>mit</strong> automatisclier Gene-<br />
rierung von Programm-Code eingesetzt.<br />
Portabilität: Der generierte Code rnuss so beschaffen sein, dass er<br />
auf i~nterscliiedlichen Echtzeit-Rechnertj-pc'n lind Betriebssyste-<br />
rneri ablauffähig ist. Für diese Arbeit wird eine Beschränkung<br />
auf Einprozessor-Rechner vorgenommen, da Parallelrechner-<br />
Anwendungen meist nur <strong>mit</strong> hohem Aufwand portierbar sind.<br />
Einsatz von Standard-Hardware: Aus wirtschaftlichen Gründen<br />
wird gefordert, dass die Ausführung der erstellten Echtzeit-<br />
Simulatio~~sprogramme auf Rechnersystemen möglich ist, die in<br />
großen Stückzahlen und <strong>mit</strong> hohem Reifegrad hergestellt werden.<br />
Proprietäre Lösungen sollen vermieden werden, wenn nicht besondere<br />
Griiride wie die l'erfügbarkeit spezieller Software oder I/O-<br />
Hardware deren Einsatz erfordern.<br />
2.2.2 Numerische Anforderungen<br />
Aiifgrund der Forderiiiig aus G1. 2.2 müssen echt zeitfähige Siinula-<br />
tionsmodelle so beschaffen sein, dass eine Lösung der Modellgleicliun-<br />
gen durch numerisclie Integrationsverfahren <strong>mit</strong> konstanter Schrittweite<br />
möglich ist. Nur explizite \erfahren konirnen in Frage, da implizite \'er-<br />
fahren iterativ arbeiten und deren Rechenzeit nicht vorab bekannt ist.<br />
Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Erstellung und Echtzeit-<br />
Irriplementierung der Modelle:<br />
ODE-Darstellung: Die AIodellgleichungen müssen als System gewölin-<br />
liclier Differenzialgleichungen (ODE) erster Ordnung in expliziter<br />
Darstellung vorliegen,<br />
2 = f (2,<br />
t) , (2.4
wobei zum Zeitpunkt t = 0 die Anfangsbedingung gilt:<br />
Differenzialalgebraische Gleichungen (DAE) der Form<br />
sind nicht zulässig, da sie nur iterativ lösbar sind.<br />
Schrittweite: Die Integrations-Schrittweite h hängt von der höchsten<br />
Eigenfrequenz je,„„ des ODE-Systems ab und ist so zu wählen,<br />
dass das verwendete Integrationsverfahren ausreichende Genauig-<br />
keit liefert. Zeitz gibt in [95] folgende empirische Regel an:<br />
Steife Systeme, also Differenzialgleichungs-Systeme <strong>mit</strong> Eigenfre-<br />
quenzen, die sich um mehrerer Größenordnungen unterscheiden,<br />
sind zu vermeiden, da die zulässige Schrittweite h aufgrund von<br />
G1. 2.7 sehr klein wird. In der Praxis bedeutet dies, dass für me-<br />
chanische Teilsysteme <strong>mit</strong> hoher Steifigkeit und geringen bewegten<br />
Massen4 eventuell eine starre hlodellierung gewählt werden muss,<br />
auch wenn dadurch höherfrequente Vorgänge nicht erfasst werden.<br />
Da detailliertBe Kraftfahrzeugmodelle stets nichtlinear sind, können<br />
die \'erfahren zur linearen Analyse nur <strong>mit</strong> Einschränkungen<br />
benutzt werden. Durch Linearisierung an ausge~+-ählten ,, Worst-<br />
Case" -Betriebspunkten müssen die höchsten Eigenwerte abgeschätzt<br />
werden. Gegebenenfalls sind Maßnahmen zur Begrenzung<br />
dieser Eigenwerte notwendig. Diese Problematik wird z.B. in<br />
[96] diskutiert.<br />
Komplexität: Aus der Begrenzung der Schrittweite h gemäß G1. 2.7<br />
folgt, dass eine obere Grenze für die Anzahl der Rechenoperationen<br />
pro Zeitschritt existiert. Die Komplexität eines Simulationsmodells<br />
muss so gewählt werden, dass diese Grenze in keinem Zeitschritt<br />
überschritten wird. Für die hier betrachteten Anwendungsfälle<br />
Antriebsstrang und Fahrteugdynam5 sind geringe Schrittweiten<br />
h N 0,s.. . 5 ms erforderlich. Insbesondere bei der automatischen<br />
4~olche Konfigurationen treten u.A. in der Lenkanlage und im Ant,rieb auf.
Generierung von Bewegungsgleichungen für Mehrkörpersysteme<br />
(.Abschnitt 2.3.1) muss die Anzahl der Freiheitsgrade beschränkt<br />
werden, da dieses Verfahren sehr berechnungsintensiv ist.<br />
Das verwendete numerische Integrationsverfahren muss <strong>mit</strong> weni-<br />
gen Berechnungen der rechten Seite von GI. 2.4 auskommen und<br />
zuverlässig konvergieren.<br />
Betriebssystem: Eine streng deterministische Ausführung der Simula-<br />
tion ist für Schrittweiten im h4illisekundenbereich nur bei Verwen-<br />
dung von Echtzeit-Betriebssystemen oder so genannten Mikroker-<br />
nen5 gewährleistet. Der Programm-Code für eiii Si~iiulationsrnodell<br />
darf nur Konstrukte enthalten, die unter dem jeweiligen Betriebs-<br />
systenl verfügbar sind. Der benötigte Speicherplatz darf die Res-<br />
sourcen des Betriebssystems bzw. des Rechners nicht übersteigen.<br />
2.2.3 Strukturierung<br />
Zur Erreichung der Portabilität und Wiederverwendbarkeit müssen Si-<br />
mulationsmodelle sinnvoll strukturiert werden. Im Folgenden werden ei-<br />
nige Empfehlungen gegeben, die in dieser Arbeit durchgehend beacht'et<br />
wer den:<br />
Ein-/Ausgabe (I/O): Der Berechnungsteil eines Simulationsinodells<br />
ist strikt vom I/O-Teil zu trennen, da dieser stets spezifisch für<br />
die Hardware und das Betriebssystem ist. Als I/O-Geräte kommen<br />
Dateien, Benutzeroberflachen, Daterinetzwerke (z.B. GAY) sowie<br />
elektrische Schnittstellen (2.13. X/D-Karten) in Frage.<br />
Wird diese Regel beachtet, so ist die Anpassung an unterschiedliche<br />
Rechnerplattfornien durch ..\ustausch des I/O-Teils ohne Anderuii-<br />
gen am Simulationsrnodell möglich. Weiterhin können I/O-Geräte<br />
durch andere Typen ersetzt werden. Dies ist z.B. notwendig, wenn<br />
eine Simulationsanlage vom Reglerentwurf <strong>mit</strong> SIL zuin Steuer-<br />
gerätetest <strong>mit</strong> HIL erweitert wird.<br />
Maßeinheiten: Im Berechnungsteil eines Simulationsmodells sollen al-<br />
le physikalischen Größen in SI-Einheiten angegeben werden. Je-<br />
'Hier<strong>mit</strong> werden Betriebssystem-artige Software-Produkte bezeichnet, die nur rudi-<br />
mentär ausgeführt sind und häufig kein Dat,eis>-stern aufweisen.
de Abweichung stellt eine potenzielle Fehlerquelle dar6. Die FVie-<br />
derverwendbarkeit von Teilmodellen ist nur gegeben, wenn deren<br />
Schnit tgrößen einheitliche Maßeinheiten aufweisen.<br />
Die Umrechnung zwischen anschaulichen Maßeinheiten und SI-<br />
Einheiten erfolgt im I/O-Teil. Auch die Modellparameter sind in<br />
SI-Größen umzurechnen.<br />
jB.emsdnici<<br />
Eingabe<br />
Il:broibmiangl<br />
Parameter Ausgabe<br />
Ein-/<br />
AUS-<br />
Berech-<br />
nung<br />
[bar] 1 [psi] mm] 1 [inch]<br />
Geschwindigkeit<br />
[kmlh] I [mph]<br />
l~brolj~~fan~<br />
Bremsdruck<br />
[Pa1<br />
Fahrzeugmodell<br />
(Längsdynamik<br />
und Bremsen) Geschwindigkeit<br />
[mlsl<br />
Bild 2.5: Beispiel zur Strukturierung von Simulationsmodellen<br />
In Bild 2.5 werden diese Sachverhalte anhand eines einfachen<br />
Längsdynamik-iLlodells veranschaulicht. Die Eingangsgröße Bremsdruck<br />
wird vom Benutzer über eine grafische Benutzeroberfläche vorgegeben.<br />
Als Berechnungsergebnis wird die Fahrgeschwzndigkeit angezeigt. Der<br />
Parameter Reifen-Abrollumfang kann variiert werden. Im Berechnungs-<br />
teil werden ausschließlich die SI-Einheiten Pa, m und m/s verwendet.<br />
Dagegen erfolgen Eingabe, Ausgabe und Parameter-Definition in den<br />
anschaulichen Einheiten bar, rnrn und km/h. Durch Austausch des I/O-<br />
Teils kann das Simulationsmodell an die angelsächsischen Maßeinheiten<br />
psi, inch und mpla angepasst werden.<br />
61m Jahr 1999 geriet die hlarssonde Climate Orbiter aufgrund einer Verwechslung<br />
der Längeneinheiten Foot und Meter in der Steuerungs-Software in eine zu tiefe<br />
Umlaufbahn und stürzte ab [97].
Zur internen Strukturierung des Berechnungsteils hat sich eine d\uftei-<br />
lung anhand von Kraftfahrzeug-Komponenten bewährt. Die zwischen<br />
den Teilrnodellen ausgetauschten Signale sollen real auftretende, physi-<br />
kalische Größen sein. In Abschnitt 4.4 wird dies anhand eines modular<br />
aufgebauten Xntriebsstrang-Modells erläutert.<br />
2.3 Auswahl und Kopplung von<br />
Software- Werkzeugen<br />
2.3.1 Konzept<br />
Zur Realisierurig echtzeitfähiger Fahrzcugmodelle urerden nielirere Mo-<br />
dellierungsverfahren kombiniert, die jeweils in eirier Klasse I-on Software-<br />
IYerkzeugeri verfügbar sind:<br />
CACE-Werkzeuge (Computer Aided Control Engineering) sind in der<br />
Regelungstechnik weit verbreitet. Sie ermöglichen die grafische,<br />
blockorientierte Abbildung technischer Systeme <strong>mit</strong> eindeutiger<br />
Zuordnung von Eingangs- und Ausgangsgrößen. Gängige Darstel-<br />
lungsformen sind Übert ragungsfunktionen im Zeit- oder Frequenz-<br />
bereich. Sie sind für allgemeine 3lodellierungsaufgaben geeignet.<br />
Die Blockorientierung erlaubt eine übersichtliche Strukturierung.<br />
FSM-Werkzeuge (Finite State Machines) gestatten die Abbildung<br />
technischer Systeme <strong>mit</strong> einer endlichen Anzahl diskreter Zustände<br />
nach der Methode der Zustandsgraphen. Auch zustandsorielitierte<br />
St eueralgorit hrnen können effizient implenie~ltiert werden.<br />
MKS-Werkzeuge (hfehrkörpersgsteme) erlauben eine effiziente Mo-<br />
dellbildung fiir dreidimensionale mechanische hiiordiiiiiigen rnit<br />
komplexen Be~vegungs~erliältnisseri.<br />
Die auszuwählenden Software-Werkzeuge müssen folgende Eigenschaften<br />
Einfache Handhabung durch grafische Benutzeroberflächen,<br />
kommerzielle Verfügbarkeit sowie weite Verbreitung und<br />
Gleitkomrna-Code-Generatoren zur Ausgabe der Modellgleichun-<br />
gen in einer standardisierten Prograrnrniersprache.
Werkzeug 2 Werkzeug 2 . .<br />
Code-Generator Code-Generator<br />
Schnittstellen- Schnittstellen- ...<br />
Software Software<br />
Tl<br />
ANSI-C<br />
Import Import<br />
Block Block<br />
\ CACE-Werkzeug<br />
(Basis-Werkzeug )<br />
I I<br />
J I ANSI-C<br />
ANSI-C<br />
Code-Generator<br />
Basis-<br />
Modell<br />
Integration<br />
< C-Compiler I Linker ><br />
( Ausführbares Echtzeit-Simulationsprogramm<br />
0 0 D<br />
Datei Programm Funktionsblock<br />
(Basis-Werkzeug)<br />
Bild 2.6: Kopplung von Software-Werkzeugen durch <strong>Einbindung</strong> von au-<br />
tomatisch generiertem C-Code in ein Basis-Werkzeug
Die Kopplung der oben genannten Werkzeug-Klassen erfolgt gemäß<br />
Bild 2.6 durch den Export und Import von Programm-Code. Das<br />
CXCE-I%Terkzeug wird als Basis-Werkzeug verwendet. Der von den<br />
Code-Generatoren der übrigen Werkzeuge erzeugte Code wird durch<br />
geeignete Schnittstellen-Software in die standardisierte Programmier-<br />
sprache ANSI-C überführt [98] und jeweils als Funktionsblock in das<br />
Basis-LVerkzeiig eingebettet. Die Bedeutung des exportierten Codes ist<br />
abhängig vom jeweiligeri IIerkzeug. Zumeist repräsentiert der Code die<br />
rechte Seite eines ODE-Systems gemäß GI. 2.4 oder einen rein algebrai-<br />
schen Zusammenhang der Form ij = f (U). Weitere Rfodellanteile (in Bild<br />
2.6 als Basismodell bezeichnet) werden un<strong>mit</strong>telbar im Basis-Werkzeug<br />
implementiert.<br />
Nun kann das Gesaintmodell innerhalb des Basis-I$Terkzeugs <strong>mit</strong>tels<br />
Nicht-Echtzeit-Simulation berechnet werden. Hierbei wird für alle Mo-<br />
dellteile ein einheitliches, im Basis-IVerkzeug verfügbares numerisches<br />
Integrationsverfahren verwendet.<br />
In einem weiteren Schritt erzeugt der Code-Generator des Basis-<br />
Werkzeiigs aus dem Basisniodell ebenfalls ANSI-C-Code und fügt<br />
die eingebetteten C-Code-Anteile aus den übrigen Werkzeugen sowie<br />
ein Simulations-Rahmenprogramm hinzu. Ein C-Compiler/Linker er-<br />
zeugt aus diesem C-Code unter Hinzunahme Betriebssystem-spezifischer<br />
Treiber-Bibliotheken ein ausführbares Programm für den jeweiligen<br />
Echtzeit-Rech~iertyp.<br />
Durch die einheitliche Verwendung von AMI-C wird die geforderte Por-<br />
tabilität gewährleistet, da für alle gängigen Rcchnertypen unti Betriebs-<br />
syst enie C-Compiler/Linkei verfügbar sind.<br />
JToraussetzung für die Echtzeitfähigkeit des gesamten generierten Co-<br />
des ist,, dass die Code-Generatoren aller beteiligten Software-Werkzeuge<br />
die Forderungeii explizite ODE-Darstellung und Vermeidung 2terativer<br />
Algorithmen aus Abschnitt 2.2.2 berücksichtigen. Dagegen obligt die<br />
Einhaltung der übrigen Anforderungen dem Benutzer im Rahmen der<br />
Xlodellbildung .<br />
In Bild 2.7 sind die in dieser Arbeit verwendeten Kopplungen dargestellt.<br />
Diese werden im Folgenden genauer u~ite~suclit. Die Integration<br />
des Werkzeugs CANDB wird iri Abschnitt 3.2.4 beschrieben.
\ SlMULlNK<br />
CANDB<br />
FORTRAN FORTRAN DBC<br />
SL-RD (SPSL-R?J<br />
ANSI-C ANSI-C ANSI-C ANSI-C<br />
S-Function S-Function S-Function<br />
(Basis-Werkzeug)<br />
Real Time Workshop (RTW)<br />
Echtzeitfähiger Programm-Code 1<br />
D C__> 0 0<br />
Datei Programm Erweiterung SIMULINK-<br />
(kommerziell) (IVK / <strong>FKFS</strong>) Block<br />
Bild 2.7: In dieser Arbeit verwendete oder neu entwickelte Kopplungen<br />
von Soft8wa.re-Werkzeugen
2.3.2 Auswahl des Basis-Werkzeugs<br />
Als Basis-Werkzeuge kommen insbesondere die Software-Pakete<br />
AIATLAB/SIhtlULINK und MATRIXx/System-Build in Frage. Bei-<br />
de Programme besitzen vergleichbare Eigenschaften. U7ährend der<br />
Durchführung dieser Arbeit wurde jedoch erkennbar, dass die länger-<br />
fristige Verfügbarkeit und die kontinuierliche Weiterentwicklung von<br />
IIATRIXx nicht gesichert ist. Alternativ kommt ASCET-SD in Be-<br />
tracht. Dieses Werkzeug, das vor allem bei der seriennahen Entwick-<br />
lung von Steuergeräte-Software Anwendung findet [99], ermöglicht eben-<br />
falls die Erstellung von Blockdiagram~nen und die Einbettung von ex-<br />
ternem Progranim-Code. Ein Nachteil von ASCET-SD für Siinulations-<br />
Anwendungen ist jedoch die uncinhcitliche Behandlung 1.011 zeitkonti-<br />
nuierlichen und zeitdiskret en Systemen, wodurch die Implementierung<br />
..gemischterg Simulationsmodelle aufm-endig ist. Außerdem zeigte sich,<br />
dass die zugehörige, vom Hersteller von ASCET-SD angebotene Echtzeit-<br />
Rechner-Hardware während der Frühphase dieser Arbeit zur Ausführung<br />
komplexer MKS-Modelle nicht ausreichend leistungsfähig war7.<br />
Aufgrund der genannten Fakten und der weiten Verbreitung in der<br />
Autornobilindustrie wird für das weitere Vorgehen die Produktgruppe<br />
i\liZTLAB/SISIULINK als Basiswerkzeug ausgewählt.<br />
hlATLAB ist ein allgemeines numerisches Berechnungs- und Analyse-<br />
Programm [IOO]. SIIIULINK ist ein Editor zur grafischen Erstellung<br />
urid Ausführung von Simulationsmodellen [101]. Die Beschreibung erfolgt<br />
<strong>mit</strong>tels hierarchisch strukturierbarer Blockdiagrarnrne. Folgende<br />
Alodellierungs-Ele~nente stehen zur Verfügung:<br />
Lineare und nichtlineare ~bertra~uri~sfuiiktiorien in Zeitbereichs-<br />
Darstellung,<br />
lineare CTbertragungsfuiiktionen in Frequenzbereichs-Darstellung,<br />
ein- und mehrdimensionale Kennfelder <strong>mit</strong> Interpolation und<br />
zeit diskrete Übert ragungsglieder .<br />
SISlULINK verfügt über eine Schnittstelle zum Import von C-Code, die<br />
als S-Fu,nction bezeichnet wird [102]. Diese Schnittstelle wird zur Ein-<br />
bindung externer Llodellteile gemäß Bild 2.7 verwendet.<br />
7~ie zuletzt genannte Einschräilkiing besteht heute nicht rnehr.
Ein Code-Generator <strong>mit</strong> der Bezeichnung RTW (Real Time Workshop)<br />
ist Bestandteil des MATLAB-Programmpakets. Er wird zur Erzeugung<br />
von Gleitkomma-Programm-Code in ANSI-C aus der grafischen Modell-<br />
beschreibung verwendet [103]. Dabei wird auch externer (in S-Functions<br />
enthaltener) Code hinzugefügt. Durch geeignete Programmierung des<br />
RTW können Echtzeit-Programme für unterschiedliche Zielrechner au-<br />
tomatisch erzeugt werden.<br />
2.3.3 Auswahl des FSM-Werkzeugs<br />
Technische Systeme, die durch eine begrenzte Anzahl diskreter Zustände<br />
gekennzeichnet sind, können durch Endliche Zustandsautomaten (FSRZ)<br />
beschrieben werden. Eine verbreitete Darstellungsform ist das von Harel<br />
eingeführte ~ustands-Übergangs-~iagrarnrn [104]. Bei der Entwicklung<br />
von Software für Kraftfahrzeuge sind insbesondere die kommerziellen<br />
Werkzeuge STATEMATE [I051 und STATEFLOW [I061 verbreitet. Beide<br />
Werzkzeuge verfügen über ANSI-C-Code-Generatoren. Eine Kopplung<br />
von STATEMATE und SIMULINK wird in [I071 beschrieben. In<br />
dieser Arbeit wird STATEFLOW verwendet, da dieses Werkzeug Bestandteil<br />
des MATLAB-Programmpakets ist. Die Code-<strong>Einbindung</strong> in<br />
SIMULINK ist als Produkt verfügbar und wird nicht näher betrachtet.<br />
Die Modellierung von Steuergeräte-Funktionen <strong>mit</strong> STATEFLOW wird<br />
beispielhaft in Abschnitt 4.4.2 behandelt.<br />
2.3.4 Auswahl des MKS-Werkzeugs<br />
Zur Ylodellierung von Mehrkörpersystemen (MKS) existiert eine I'iel-<br />
zahl von Programmpaketen. Eine cbersicht zu MKS-Programmen und<br />
den verwendeten Formalismen findet sich in [108].<br />
Zwei Klassen von MKS-Programmen sind zu unterscheiden:<br />
Lineare Programme erzeugen eine linearisierte Form der Bewegungs-<br />
gleichungen. In der Fahrzeugsimulation sind sie lediglich zur<br />
Lösung von Problemen <strong>mit</strong> geringen Relativbewegungen zwischen<br />
den Starrkörpern geeignet, z.B. zur Simulation der Längs- und Ver-<br />
tikaldynamik. Als Beispiel sei MEDYNA erwähnt [log].<br />
Nichtlineare Programme ermöglichen die Berechnung von mechani-<br />
schen Syst'emen <strong>mit</strong> großen Relativbewegungen, die bei der dreidi-
mensioiialen Simulation der Fahrzeugdynamik auftreten können8.<br />
Ein in der Automobilindustrie weit verbreitetes, nichtlineares<br />
RfKS-Programm ist dDAhlS [47].<br />
Für Echtzeit- Anwendungen besteht zusätzlich die Forderung,<br />
dass die Bewegungsgleichungen in symbolischer Form, d. h. als<br />
Programm-Code, ausgegeben werden können. Bei ADAMS ist dies<br />
zum Zeitpunkt dieser Arbeit nicht gegeben. Dagegen verfügen die<br />
Programme MESA VERDE [IIO], NEWEUL und SIRIPACK über<br />
entsprechende Code-Generatoren. Fiir die weiteren Untersuchun-<br />
gen werden lediglich NEWEUL und SIhIPACK näher betrachetet.<br />
da MES24 VERDE dem Autor nicht zur Verfügung steht.<br />
2.3.5 <strong>Einbindung</strong> von NEWEUL in SIMULINK<br />
NEWEUL wird seit den 1970er Jahren am Institut B für hlechanik der<br />
Universität Stuttgart entwickelt [I111 und bereits zur Echtzeitsimiilation<br />
der Fahrzeugdynamik eingesetzt [65].<br />
In Bild 2.8 sind die ~lodellstruktur und der Signalfluss bei der reali-<br />
sierten <strong>Einbindung</strong> von symbolischem Code aus NEIVEUL in SIMU-<br />
LINK dargestellt. Die Beschreibung eines NELVEUL-MKS erfolgt textu-<br />
ell unter Verwendung der Modellierungs-Elemente Starrkörper, Koordi-<br />
natensystem, Lager und eingeprägte Kraff. Aus der Beschreibungsdatei<br />
generiert NETVEUL unter ,4nu-endung des Newton-Euler-Formalismus<br />
und des D'L41embert'schen Prinzips Dateien in der Programmiersprache<br />
FORTRAN 77 [112]. Diese werden unter ITerwendung eines in [65] vorge-<br />
stellten Überset,zungsprogramms NElTJ2C nach ANSI-C konvertiert und<br />
über zwei S-Functions in das SIhlULINK-klodell eingebunden.<br />
Der B lock BTt7GL enthält die Be\vegungsgleicliui-igen in der Form<br />
G1. 2.8 ergibt sich durch Aufstellung des Impuls- und Drallsatzes für die<br />
St,arrkörper des MKS. Eine ausführliche Herleitung enthält [113]. Dort<br />
werden auch die verwendeten Variablen im Detail erläutert.<br />
I\f repräsentiert die so genannte hlassenmatrix. Sie wird in jedem Zeit-<br />
schritt aus den Massen und Trägheitstensoren sowie den verallgemeiner-<br />
ten Koordinaten 2 der Starrkörper er<strong>mit</strong>telt. k ist der Vektor der Kräfte.<br />
8z,~.<br />
die Relativbewegung zwischen Zugmaschine lind Anhänger bzn-. Auflieger bei<br />
einem LKIV-Zug.
I<br />
FORTRAN 77-Code<br />
< NEW2C ><br />
ANSI-C-Code<br />
V<br />
-<br />
Numerische Integration<br />
b BWGL<br />
. .<br />
.-C<br />
NEWEUL-<br />
I<br />
& +<br />
X X<br />
Bewegungsgleichungen<br />
]<br />
0 0 0<br />
Datei<br />
- --<br />
U = (F, M)<br />
KREL<br />
0<br />
Programm Erweiterung SIMULINK-<br />
(kommerziell) (IVK 1 <strong>FKFS</strong>) Block<br />
Bild 2.8: Vorgehen bei der <strong>Einbindung</strong> von symbolischem Code aus<br />
NEWTEUL in SIMULINK<br />
b<br />
SIMULINK-<br />
Kraftelemente<br />
BEOP<br />
NEWEUL-<br />
Beobachter-<br />
größen<br />
-C<br />
Y<br />
-C<br />
Y<br />
-<br />
-
die von 2 unabhängig sind (Kreisel-, Zentrifugal- und Coriuliskräfte) . Der<br />
lTektor (I der verallgemeinerten Kräfte und hloniente wird aus den ein-<br />
geprägten Kräften F und L'iomenten AI errechnet. Diese werden in dem<br />
lTektor lif zusammengefasst und in das IIKS eingegeben.<br />
Durch Invertierung der Massenmatrix 1%-ird GI. 2.8 in jedem Zeitschritt<br />
nach den verallgemeinerten Beschleunigungen 2 aufgelöst. Zur Inrertie-<br />
rung wird das Cliolesky-l17erfahren [l 141 verwendet, welches gegenüber<br />
anderen Verfahren einen wesentlich geringeren Rechenaufwand verur-<br />
sacht und für ITKS-Anwendungen geeignet ist.<br />
Nach zweimaliger numerischer Integration (INT-Block) in SIMU-<br />
LINK ergeben sich die Geschwindigkeits-Koordinaten 2 und die Lage-<br />
Koordinaten 2, mrelclie die Bewegungen der Starrkörper beschreiben.<br />
Iin Block BEOP wird aus Z und 2 eine Anzahl von Beobachtungsgrößen<br />
f und 2 er<strong>mit</strong>telt, z.B. die relative Position und Geschwindigkeit der<br />
Anlenkpunkt e eines Aufbaudämpfers.<br />
Die Kraftelemente selbst werden in SINULINK abgebildet (KREL), da<br />
NEWEUL keine Bibliotheken bereitstellt. Die Berechnung von Feder-,<br />
Dämpfer- und Stabilisator-Kräften erfolgt hierbei <strong>mit</strong>tels nichtlinearer<br />
Kennlinien. Diese Kennlinien werden in Abhängigkeit von der relativen<br />
Lage und Geschwindigkeit der jeweiligen Anlenkungspunkte angegeben.<br />
Zur Modellierung der Reifenkräfte und der Lenkung wird auf Kapitel 5<br />
verwiesen. Alle berechneten Kräfte und I'iomente werden als Vektor G<br />
in den Block BIVGL zurückgeführt.<br />
2.3.6 <strong>Einbindung</strong> von SIMPACK in SIMULINK<br />
Als Alternative zu NEW ECL wird (las kommerzielle MKS-Werkzeug<br />
SIAIPACK zur Generierung von symbolischem Code verwendet. Der For-<br />
malismus dieses Programms wird in [48] ausführlich dargestellt.<br />
Die Definition eines SIRIPACK-MKS erfolgt über eine grafische<br />
Benutzeroberfläche (GUI= Graphical User Interface). Für Echtzeit-<br />
Anwendungen sind folgende hlodellierungs-Elemente verwendbar:<br />
Referenz-Koordinatensysteme (z .B. Inertialsystem),<br />
g~las.tische<br />
Körper können ebenfalls definiert werden. In dieser Arbeit wird dies<br />
nicht betrachtet.
Symbolic Code Interface (SCI)<br />
4L<br />
I + --<br />
V<br />
portabler Konstrukte,<br />
U = (F, M)<br />
0 CT> 0<br />
0<br />
Datei Programm Erweiterung SIMULINK-<br />
(kommerziell) (IVK I <strong>FKFS</strong>) Block<br />
Bild 2.9: Vorgehen bei der <strong>Einbindung</strong> von symbolischem Code aus<br />
SIMPACK in SIMULINK für Echtzeit-Anwendungen
vor definierte Gelenke (z .B. Kugelgelenk),<br />
vordefinierte Kraftelemente (z.B. Federn, Dämpfer),<br />
benutzerdefinierte Gelenke und Kraftelemente und<br />
Sensoren zur Er<strong>mit</strong>tlung der Relativbe~vegi-ing von Koordinatensysternen.<br />
Kinematische Schleifen (Zwangsbedingungen) sind gemäß Abschnitt<br />
2.2.2 zu vermeiden, da sie zu einer differenzial-algabraischen Form der<br />
Bewegungsgleichungen führen. Bei der hfodellierung von Nutzfahrzeugeii<br />
können kinematische Schleifen eliminiert werden (Abschnitt 5.2).<br />
Die Schnittstelle SIlfAT, die als Bestandteil von SIMPACK angebo-<br />
ten wird, ist lediglich für Nicht-Echtzeit-.inwendungen geeignet. In [I 151<br />
wird SI'IIAT im Hinblick auf die Kfz-Simulation untersucht.<br />
Das Vorgehen bei der Code-<strong>Einbindung</strong> ist in Bild 2.9 dargestellt.<br />
Aus der SIMPACK-Beschreibungsdatei erzeugt der Code-Generator SC1<br />
(Symbolic Code Interface) eine Datei, die den symbolischen Code ein-<br />
schließlich der Bibliotheks-Funktionen enthält [116]. Der Code besteht<br />
aus Anteilen in FORTRAN 77 und FORTRAN 90.<br />
Abweichend von SIR4AT wird der generierte Code vor der Ei~lbindung in<br />
SIMULINK gemäß den Anforderungen aus Abschnitt 2.2.1 modifiziert:<br />
Xicht portable Anweisungen werden durch gleichwertige portable<br />
Konstrukte ersetzt oder entfernt (Speiclierver~valtung, 110).<br />
Zur Reduktion des Speicherbedarfs werden überdimensionierte<br />
Afatrizen an den Bedarf des jeweiligen LfKS angepasst.<br />
hIit dem Übersetzungsprogramm F2C wird der FORTRAY-Code<br />
nach ANSI-C konvertiert.<br />
Die enstandenen C-Dateien werden <strong>mit</strong>tels einer S-Function in<br />
SIMULINK eingebunden.<br />
Der in Bild 2.9 dargestellte Block BWGL enthält die Bewegungs-<br />
Differenzialgleichungen des N1ehrkörpersystems in der Form<br />
Dabei ist Z der Vektor der Zustandsgrößen. Er enthält fiir jeden 2IKS-<br />
Freiheitsgrad eine Lage- und eine Gesch~vindigkeits-Koordinate: z.B. den
Gierwinkel und die Gierrate, die dem Freiheit,sgrad Gierbewegung eines<br />
Fahrzeugs zugeordnet sind. Im Vektor ii sind extern berechnete Kräfte<br />
und Momente enthalten (siehe unten).<br />
Aus 2 erhält man durch numerische Integration (INT) den Zustandsvek-<br />
tor 2. Im Block BEOP werden die Ausgangsgrößen berechnet,<br />
z.B. die Lage und Geschwindigkeit der Reifen-Aufstandspunkte zur Be-<br />
rechnung der Reifenkräfte.<br />
Analog zum Vorgehen bei NEWEUL werden bestimmte Fahrzeug-<br />
Komponenten nicht im SIhIPACK-MKS, sondern im umgebenden<br />
SIh4ULINK-Modell abgebildet. Dies betrifft insbesondere die Lenkung<br />
(siehe Abschnitt 5.5) und die Reifen (siehe Abschnitt 5.3). Die extern<br />
er<strong>mit</strong>telten Kräfte F, (z.B. Reifenkräfte) und Momente A? werden wie-<br />
derum als Vektor U in das SIMPACK-MKS zurückgeführt.<br />
Eine Einfügung der hergeleiteten Modellgleichungen dieser Komponen-<br />
ten direkt in SIMPACK wäre zwar durch manuelle Programmierung so<br />
genannter User-Routinen in FORTRAN ebenfalls möglich, würde jedoch<br />
einen wesentlich höheren Aufwand gegenüber der hier vorgestellten „ex-<br />
ternen" Lösung verursachen.
3 Elektronische Steuerungen und<br />
CAN-Netzwerke<br />
In jedem modernen Fahrzeug sind elektronische Steuergeräte vorhanden.<br />
Die Steuergeräte arbeiten entweder unabhängig voneinander oder sind<br />
iiber elektrische Einzelleitungen bzw . Datenbussysteme verbunden. Bei<br />
der (Echtzeit-) Sirnulation von Kraftfahrzeugen miissen die elelitroni-<br />
schen Steuerungen berücksiclitigt werden, da sie das Gesamtverhalten<br />
in hohem Maße bestimmen. Dies gilt insbesondere fiir die Teilbereiche<br />
Antriebsstrang und Fahrxeugdynamik.<br />
In diesem diesem Kapitel werden verschiedene Möglichkeiten zur Inte-<br />
gration einzelner elektronischer Steuergeräte in das Simulationskonzept<br />
aus Kapitel 2 diskutiert.<br />
Anschließend wird die Betrachtung für S teuergeräte-Netzwerke auf Basis<br />
des verbreiteten CAN-Protokolls (Controller Area Network) erweitert.<br />
Des TYeiteren wird die Allodellierung von Aggregaten und deren Einbin-<br />
diing in die Sirnulation als reale Hardware untersucht.<br />
3.1 Verfahren zur <strong>Einbindung</strong> von elektronischen<br />
Steuergeräten und Aggregaten<br />
Zur Einbirlclung elektronischer Steuergeräte bzw. deren Funktio~lsum-<br />
fang som-ie der zugeordneten Aggregate in Echtzeit-Simulationsanlageri<br />
existieren mehrere hIöglichkeiten. Diese werden in den folgenden ilb-<br />
schnitten vorgestellt und bezüglich Realisierbarkeit und Aufwand be-<br />
wertet.<br />
3.1.1 Definition von Schnittstellen<br />
Zunächst werden verallgemeinerte Schnitt stellen für die wesent liclien<br />
Teilsyst eme einer Simulat ionsanlage definiert. Diese Definitionen<br />
ermöglichen die Strukturierung von Si~nulationsmodellen lind die einheitliche<br />
Behandlung verschiedener Sini~lat~ionsverfahren.
Aggregat und Aggregate-Modell<br />
+<br />
r-------------------------------------------------------------------------<br />
/ Aggregate-Modell (AM) 7 i<br />
1<br />
I<br />
I<br />
1 ,<br />
I<br />
I<br />
I<br />
1<br />
yT- 1 +<br />
I<br />
I<br />
-.)<br />
I<br />
m, i-<br />
Aktuator-<br />
Modell<br />
t<br />
.-C<br />
Y ,<br />
KO~PO-<br />
nenten-<br />
Modell<br />
Bild 3.1 : Schnittstellen-Struktur für ein Aggregat<br />
I +<br />
I<br />
i<br />
I<br />
,<br />
m~<br />
Als Aggregat wird entweder eine konstruktiv abgrenzbare Funktions-<br />
einheit eines Kraftfahrzeugs (z.B. das Getriebe) oder eine Wechselwir-<br />
kung (z .B. der Reifen-Fahrbahn-Kontakt) bezeichnet. Ein Aggregat kann<br />
Kopplungen zu anderen Aggregaten, zur Fahrzeug-Umgebung, zum Fah-<br />
rer sowie zu elektronischen Steuergeräten aufweisen (siehe Bild l .I). Zur<br />
Abbildung von Aggregaten im Simiilationsmodell wird in Bild 3.1 ein<br />
verallgemeinertes Aggregate-Modell definiert.<br />
Die Eingänge yR repräsentieren elektrische Signale von einem Steuer-<br />
gerät, die zur Ansteuerung der -4ktuatoren verwendet werden. Im Block<br />
Aktuutor-Modell wird das dynamische Verhalten der elektrisch gesteu-<br />
erten Aktuatorik (Elektromotoren, LIagnetventile etc.) dargestellt. Die<br />
Aktuatorik wirkt über den Vektor f auf das Komponenten-Modell ein.<br />
In diesem Block werden die mechanischen, hydraulischen oder Pneuma-<br />
tischen Teilsysteme des Aggregats modelliert. Der Block Sensor-Modell<br />
bildet die Sensorik ab, also die Umsetzung der Zustandsgrößen I in elek-<br />
trische Sensorsignale T. Diese werden zum Steuergerät zurückgeführt.<br />
Der Vektor ijF enthält Fahrereingaben (z.B. den Lenkradwinkel). Über<br />
fa, werden Rückmeldungen für den Fahrer ausgegeben, z .B. das Rückstellmoment<br />
am Lenkrad.<br />
-C<br />
X<br />
Sensor-<br />
Modell<br />
i<br />
I<br />
I<br />
I<br />
i .r<br />
:<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I +<br />
Die Kopplung <strong>mit</strong> anderen Aggregate-Modellen (einschließlich des nach-<br />
folgend eingeführten Umgebungs-Modells) erfolgt über die Eingänge<br />
I<br />
'fAg
6, lind die Ausgänge fi. Diese Vektoren beinhalten nicht-elektrische<br />
Größen wie Drehzahlen, Kräfte und Drücke.<br />
Bei den meisten realen Aggregaten sind nicht alle Typen von Ein- und<br />
L4usgangssignalen vorhanden. Bei Aggregaten ohne elektronische Rege-<br />
lung entfallen beispielweise die Vektoren yR und F.<br />
Umgebungs-Modell<br />
+<br />
m~<br />
..........................................................................<br />
i<br />
! Umgebungs-Modell (UM) 7 I<br />
I<br />
I +<br />
Fahrbahn,<br />
-<br />
I<br />
k<br />
I<br />
I<br />
I Fahrzeug-Umgebung I<br />
I : f"m<br />
Bild 3.2: Schnittstellen-Struktur für die Fahrzeug-Umgebung<br />
Das Modell der Fahrzeug-Umgebung wird als Sonderfall des Aggregate-<br />
Alodells behandelt. Die Schnittstellen sind in Bild 3.2 dargestellt.<br />
Die Wechselwirkungen <strong>mit</strong> anderen Aggregaten werden wiederum durch<br />
die Vektoren %E und mA beschrieben. hlechanische Eingangsgrößen des<br />
Lmgebungs-hlodells sind z.B. die Positionen der Reifenaufstandspunkte<br />
bezüglich eines fahrbahnfesten Koordinatensystems. Das Cmgebungs-<br />
hlodell er<strong>mit</strong>telt die Fahrbahnbeschafferiheit an diesen Stellen und über-<br />
gibt sie an das Fahrzeugrnodell.<br />
Hingegen ist es aus simulationstechnischer Sicht nicht sinnvoll, Kräfte als<br />
Schnittgrößen zur Umgebung zu verwenden, obwohl dies z.B. für Reifen-<br />
und Iriiindkräfte naheliegend erscheint. Vielmehr wird der Fahrbahnkon-<br />
takt dem Aggregat Rezfen zugeschlagen. Analog wird die Aerodynamik<br />
als Komponente in ein Aggregat Fahrwerk und Fahrzeugdynam ein-<br />
gefügt. Da<strong>mit</strong> werden diese Kräfte zu inneren Kräften des Fahrzeugmo-<br />
dells. Dies führt zu einer erheblichen Vereinfachiing der Modellstruktur.<br />
In dem Ikktor f;, werden Informationen für den Fahrer ausgegeben,<br />
z.B. eine Besclireibung der vorausliegenden Fahrbahn, welche von einein<br />
Grafikprogramm in optische Information umgesetzt wird.<br />
+
Fahrer und Fahrermodell<br />
a) Fahrermodell<br />
r---'--'--'--'--'--'--------------------------------------------------------<br />
4 I L 1 7<br />
-b<br />
fum ,<br />
+ I<br />
f% 1 +<br />
Fahrermodell oder<br />
Test-Automatisierungs-Programm<br />
b) realer Fahrer -.<br />
I<br />
.-C I<br />
*<br />
I MMI MMI<br />
I<br />
+ 1 I (Eingabe) (Ausgabe) f I<br />
f ~ g Mensch --+<br />
f"m I + I<br />
I !<br />
Bild 3.3: Schnittstellen-St'rukturen für den Fahrer<br />
Bild 3.3 a) zeigt die Schnitt stelle eines Fahrermodells. Die Eingangs-<br />
größen kommen von elektronischen Steuergeräten (fSc, z.B. Ansteuer-<br />
signale für Warnleuchten), von Aggregaten (fA„ z .B. das Rückstellmo-<br />
ment am Lenkrad) und von der Umgebung (fti,, z.B. der vorausliegende<br />
Fahrbahnverlauf).<br />
Aus diesen Eingangsgrößen er<strong>mit</strong>telt das Fahrermodell zwei Typen von<br />
Ausgangsgrößen. Der Vektor GF enthält Signale, welche den Steuer-<br />
geräten zugeführt werden, z.B . die Stellung eines an der Motor-Steuerung<br />
angeschlossenen. elektronischen Fahrpedals. Aus regelungstechnischer<br />
Sicht können diese Signale als Fiihrungsgrö~en betrachtet werden. Da-<br />
gegen bewirkt der Vektor CF Eingriffe an mechanischen Komponenten<br />
innerhalb von Aggregaten. Ein Beispiel ist die Kraft, <strong>mit</strong> der das Brems-<br />
pedal vom Fahrer betätigt wird. Diese Signale können als Stellgrö$en<br />
interpretiert werden.<br />
Ein Sonderfall des Fahrermodells ist die Test-Automatisierung. Das ist<br />
ein Programm, <strong>mit</strong> dem vordefinierte Testfälle, z .B. Normzyklen zur Ver-<br />
brauchsbestimmung, reproduzierbar ausgeführt werden können.<br />
I<br />
I
Für die in dieser Arbeit betrachtete, interakt i1.e Fahrsimulation wird eine<br />
weitere Blockstruktur realer Fahrer definiert, Bild 3.3 b). Diese besitzt<br />
die gleichen Schnittstellen wie das Fahrermodell. Der Mensch greift über<br />
eine Rlensch-Maschine-Schnittstelle (SIMI) in die Simulation ein (siehe<br />
Abschnitt 2.1.2).<br />
Unter lkrwendung der in diesem Abschnitt definierten Modellstrukturen<br />
werden im Folgenden verschiedene Wege zur Darstellung von Elektroni-<br />
schen Steuergeräten und Aggregaten in der Simulation diskutiert.<br />
3.1.2 <strong>Einbindung</strong> von Steuergeräte-Quellcode<br />
Der Quellcode eines Steuergerätes wird über die Code-Inzport-Schnitt-<br />
stelle in das Basis-IYerkzeug eingebunden und tauscht Daten rilit dern<br />
Simulationsmodell aus. Die <strong>Einbindung</strong> erfolgt auf die gleiche lf7eise wie<br />
die in ,4bschnitt 2.3.1 beschriebene <strong>Einbindung</strong> von generiertem Code<br />
aus anderen Software-Werkzeugen.<br />
Voraussetzung ist, dass der Code in der Programmiersprache vorliegt,<br />
die vom Basis-Werkzeug zur Generierung von Echtzeit-Code verwen-<br />
det wird, in dieser Arbeit also in ANSI-C'. Hardware-Zugriffe und<br />
Betriebssystem-Aufrufe müssen vor der <strong>Einbindung</strong> aus dem Quellcode<br />
entfernt werden. Zudem muss der Code vom Hersteller des Steuergerätes<br />
offengelegt werden, was aus Gründen des Kriow-how-Schutzes nicht zu<br />
ersvarten ist. Aufgrund der vielfältigen Probleme wird dieses Verfahren<br />
nicht näher betrachtet.<br />
3.1.3 Rechnerkopplung (Echt zeit-Cosimulat ion)<br />
Die Schwierigkeiten bei der <strong>Einbindung</strong> von Quellcode können umgaiigen<br />
werden, indem der Steuergeräte-Code auf einem separaten Rechner,<br />
z.B. einem Control-Prototyping-System, ausgeführt wird. Dieser Rechner<br />
kommuniziert <strong>mit</strong> dem Siniulationsrechner über eine echtzeitfähige<br />
Datenverbindung. Beide Rechner können unabhängig voneinander eingerichtet<br />
werden. Da<strong>mit</strong> entfallen die Restriktionen bezüglich Programmiersprache,<br />
Abhängigkeit von der Hardware und vom Betriebssystem<br />
sowie der Offenlegung des Qi~ellcodes. Eine Anwendung bei der Entwick-<br />
l~ie Implen~entierung von Steuergeräte-Code in C ist weit verbreitet, zeitkritische<br />
Funktionen werden jedoch bis heute in (Prozessor-spezifischem) Assembler. programmiert.
Fahrzeugmodell<br />
(SIMULINK)<br />
CAN 1<br />
Echtzeit-<br />
Simulationsrechner CAN 2<br />
Steuergeräte-<br />
Software-Prototyp<br />
(ASCET-SD)<br />
Bild 3.4: Echtzeit-Cosimulation unter Verwendung von SIMULINK und<br />
ASCET-SD<br />
lung elektronischer Nutzfahrzeug-Bremsanlagen wird in [I171 beschrie-<br />
ben.<br />
Das Verfahren wird auch angewandt, um inkompatible Software-<br />
Werkzeuge im Echtzeitbetrieb zu koppeln, z.B. SIMULINK und<br />
ASCET-SD [118]. Im Beispiel nach Bild 3.4 erfolgt der Datenaus-<br />
tausch über separate CAN-iJerbindungen für beide Richtungen. Da<br />
an jedem CAN-Bus nur eine Sendestation vorhanden ist, treten kei-<br />
ne Arbitrierungs-Vorgänge auf. Ein deterministisches Zeitverhalten wird<br />
da<strong>mit</strong> sichergestellt.<br />
3.1.4 <strong>Einbindung</strong> realer Steuergeräte (HIL)<br />
Beim Hardware-in-the-Loop-Verfahren wird ein elektronisches Steuer-<br />
gerät als reale Hardware-Komponente an die Simulation angekoppelt.<br />
Das dem Steuergerät zugeordnete Aggregat wird im Simulationsmodel1<br />
durch eine Blockstruktur gemäß Bild 3.1 abgebildet. Abhängig vom An-<br />
wendungsfall enthält das Simulationsmodell weitere Aggregate-Modelle<br />
bis hin zum vollständigen Fahrzeugmodell, sowie ein Umgebungs-Modell<br />
nach Bild 3.2. Die Implementierung erfolgt unter Verwendung der in<br />
Kapitel 2 vorgestellten Kombination von Software-Werkzeugen.<br />
r<br />
Prototyping-System
a) Gesamtaufbau<br />
r----------------- , r-------------------------------------------------------------------<br />
I I I<br />
I I Fahrer I MMI 1<br />
/ Reale 14<br />
1 I<br />
I <strong>Elektronik</strong> / I i .....................................................................<br />
(Interaktive Bedienung <strong>mit</strong> GUI)<br />
I<br />
k<br />
- I<br />
! +<br />
Iv I<br />
(YR)<br />
I<br />
I<br />
/<br />
I<br />
r--------------------------------------------------------------------.<br />
I<br />
I SBP<br />
b) Fahrzeugmodell<br />
r--------------------------------------------------------------------------<br />
i<br />
I Aggregate-<br />
/<br />
Simulator 1<br />
I<br />
ABS- v ~ ~ g<br />
I<br />
+ I<br />
j<br />
Steuer- I [<br />
I I<br />
i gerät<br />
GI )<br />
UAg)<br />
I I<br />
-<br />
siehe<br />
I ! + +<br />
/ / I*v -<br />
+<br />
b) Signal-<br />
I ii4*A/D Iv , q,<br />
gene-<br />
(YR)<br />
- (T) rator<br />
i / Hardware- Fahrzeug- Hardware-<br />
1 Eingabe modell Ausgabe<br />
i ----------------- l i<br />
(7) I 1 i (Y*R)<br />
I<br />
/ I<br />
Last<br />
I<br />
i<br />
1<br />
I<br />
I I<br />
SBP I<br />
(E) I<br />
+<br />
F"<br />
+<br />
ABS-<br />
Magnet-<br />
Ventile<br />
-t<br />
zv -. F<br />
(Y)<br />
Pneumatik-<br />
Komponenten<br />
Modell<br />
"Bremsanlage" !<br />
I<br />
I<br />
-C<br />
I<br />
I<br />
1<br />
Fzy,<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I I<br />
I<br />
-b<br />
F<br />
-<br />
Mechanik<br />
(Radbremsen,<br />
Raddrehung)<br />
+<br />
WR<br />
+<br />
(X)<br />
Rad-<br />
drehzahl-<br />
Sensoren<br />
Bild 3.5: a) HIL-Prüfstarid für ein Nut zfahrzerig- ABC-Steuergerät<br />
b) St,ruktur des Fahrzeugmodells<br />
I<br />
I<br />
----,------------------------------<br />
1<br />
i Aktuator- Komponenten-<br />
(m~)<br />
r-------------------------------------------------------------------------<br />
I<br />
4 weitere Aggregate-Modelle I<br />
I (Fahrzeugdynamik, Reifen etc.)<br />
L--------------------------------------------------------------------------l (r,)<br />
Sensor-<br />
Modell Modelle Modell I<br />
i .......................................................................... j<br />
--+ I<br />
up I<br />
I -<br />
1 SP - 1 +<br />
(r)<br />
I<br />
I<br />
I<br />
!<br />
I<br />
I<br />
+<br />
oR -<br />
(mA)<br />
/ VF<br />
F<br />
I
wesentlich einfacheren Simulator-Aufbau. Ein weiterer Vorteil ist. dass<br />
ein Prüfstands-Betrieb des betreffenden A4ggregats möglich wird. Im Ge-<br />
gensatz zur HIL-Anordnung gemäß Abschnitt 3.1.4 werden bei real vor-<br />
handenen Aggregaten die elektrischen Steuersignale für die Aktuatorik<br />
nicht erfasst. Vielmehr werden mechanische Größen wie Wege, Drehzah-<br />
len und Drücke dynamisch gemessen und in die Simulation eingeleitet.<br />
Sensoren können ebenfalls als reale Teile eingebunden werden, sofern die<br />
entsprechenden Messgrößen realistische Werte annehmen.<br />
Beispiel: ABS <strong>mit</strong> realer Pneumatik<br />
Vorgestellt wird eine im Rahmen dieser Arbeit entwickelte, modifizierte<br />
IJersion der HIL-Anordnung für ABC in Nutzfahrzeugen [119]. In Bild 3.6<br />
a) ist der Aufbau der Simulationsanlage dargestellt3. Die real vorhande-<br />
ne Pneumatik und <strong>Elektronik</strong> (oben) ist <strong>mit</strong> einem Simulationsrechner<br />
(unt,en) verbunden, <strong>mit</strong> den1 eine Fahrzeug-Nachbildung realisiert wird.<br />
Ein Ausschnitt aus der Struktur des verwendeten Simulationsmodells ist<br />
in Bild 3.6 b) abgebildet.<br />
Die Pneumatik besteht zum großen Teil aus Serien-<br />
Fahrzeugkomponenten und ist wie folgt aufgebaut: Ein Vorratsbehälter<br />
liefert die Druckluft zur Versorgung der Bremsanlage. Der LTorratsdruck<br />
wird von einem (nicht gezeichneten) Kompressor auf Ca. 8 bar gehalten.<br />
Das Betriebsbremsventil, <strong>mit</strong> dem der Fahrer im realen Fahrzeug durch<br />
Betätigung des Bremspedals den Bremsdruck in die Radbremsen einsteuert,<br />
wird für jeden Bremskreis durch eine Betriebsbremsventil-<br />
Nachbildung ersetzt, die als Druckregelkreis ausgeführt ist. In der Simulation<br />
wird aus dem vom Fahrer oder einem Testautomatisierungs-<br />
Program~n vorgegebenen Bremspedalweg s ~ der p Druck berechnet, der<br />
am Ausgang des realen Betriebsbremst-entils anliegen würde. Dieser<br />
Druck wird in der Nachbildung durch ein Proportional- Ventil aufgebaut,<br />
das <strong>mit</strong> dem Strom Iip angesteuert wird. Ein Drucksensor meldet den<br />
Istwert pgp an einen im Simulationsmodell implementierten Druckregler<br />
zurück, der eventuelle Abweichungen ausregelt. Der Signalpfad des<br />
Druckregelkreises ist im Bild verstärkt eingezeichnet.<br />
3~ei<br />
der beschriebenen Anlage ist die Pneumatik <strong>mit</strong> separaten Kreisen für 'i'order-<br />
achse und Hinterachse sowie je zwei ABS-'i'entilen und Radbremszylindern pro<br />
Achse aufgebaut. In Bild 3.6 ist zugunsten der Übersichtlichkeit nur ein Zweig für<br />
eine Achse dargestellt. Der Aufbau der weiteren drei Zweige ist identisch.
-----------<br />
Fahrzeugmodell<br />
- .....................<br />
(Ausschnitt)<br />
---------------_-_ ..........................<br />
I<br />
I Aggregate-Modell /<br />
PBP<br />
I Druckregler für die<br />
I<br />
Betriebsbremsventili<br />
SBP<br />
,+ Nachbildung<br />
- "Brernsanlage"<br />
IBP<br />
i<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
Mechanik<br />
I --C<br />
i Pzyi (Radbremsen,<br />
I F Raddrehung)<br />
I .<br />
i I<br />
'-C<br />
+ ABS-<br />
1<br />
W,<br />
Raddrehzahl- SP ;<br />
I<br />
Sensoren<br />
I<br />
I<br />
J<br />
c - - - - - - - - - - ---------------- - - - ~ -----------------------------*<br />
Bild 3.6: a) Hardware-in-t,he-Loop-Simulationsanlage iriit realer Pileumatik<br />
f'ür ABS im Nutzfahrzeug<br />
b) Struktur des irrweiidetrn Fahrzeuginodells (Ausschiiit t )<br />
i +
Diese Anordnung ermöglicht einen automatisierte11 Simulatorbetrieb oh-<br />
ne Bremspedal-Betätigung durch den Anwender. Hier<strong>mit</strong> können z.B.<br />
Dauerprüfungen von ABS-Komponenten anhand reproduzierbarer Fahr-<br />
zyklen durchgeführt werden [120].<br />
Wie im realen Fahrzeug ist in die Zuleitung zu jedem Radbremszylinder<br />
ein ABS-Ventil eingefügt. Die ABS-Ventile sind am Steuergerät ange-<br />
schlossen und bewirken beim ABS-Regelvorgang eine Modulation des<br />
Radbremszylinder-Druckes. Die Zylinder-Kraft wird durch eine Feder<br />
abgestützt, deren Steifigkeit in etwa dem Kraft / Weg-Verhältnis einer<br />
realen Radbremse entspricht.<br />
Der dynamische Luftdruck pz,r im Radbremszylinder wird gemessen<br />
und in das Simulationsmodell eingegeben. Das Komponenten-Modell<br />
Radbremsen und Raddrehung sowie die weiteren Aggregate-Modelle (im<br />
Bild nicht gezeichnet) entsprechen den Ausführungen in Abschnitt 3.1.4.<br />
Auch die Substitution der ABS-Raddrehzahl-Sensorsignale erfolgt<br />
auf gleiche Weise (da das drehende Rad nicht Bestandteil des Prüfstands-<br />
aufbaus ist, können die ABS-Raddrehzahlsensoren nicht als reale Teile<br />
verbaut werden).<br />
Das Fahrzeugrnodell wird unter Verwendung der Verfahrensweise aus<br />
Kapitel 2 <strong>mit</strong> SIhlULINK als Basis-Werkzeug implementiert. Die Be-<br />
wegungsgleichungen zur Beschreibung der Fahrdynamik werden <strong>mit</strong><br />
NEWEUL generiert und gemäß Abschnitt 2.3.5 eingebunden.<br />
3.1.6 <strong>Einbindung</strong> <strong>vernetzter</strong> Steuergeräte<br />
Neuere Fahrzeuge enthalten in der Regel mehr als ein elektronisch ge-<br />
regeltes Aggregat. Eine typische Konfiguration wurde in Bild 1.1 vorge-<br />
stellt. Durch Erweiterung der in Bild 3.5 beispielhaft dargestellten HIL-<br />
Grundstuktur ergibt sich das verallgemeinerte HIL-Blockschaltbild für<br />
vernetzte Steuergeräte nach Bild 3.7.<br />
Kennzeichnend für diese Anordnung ist, dass alle Steuergeräte<br />
SG1 . . . SG, als reale Hardware existieren und über ein reales Daten-<br />
bussystem (CAN) verbunden sind. Bei interaktivem Betrieb ist der Fah-<br />
rer ebenfalls real vorhanden. Er tauscht über eine Mensch-hllaschine-<br />
Schnittstelle (MMI) Daten <strong>mit</strong> der <strong>Elektronik</strong> und <strong>mit</strong> dem Fahrzeug-<br />
modell aus. Dagegen sind alle Aggregate und die Fahrzeug-Umgebung<br />
im Simulationsniodell abgebildet.<br />
Die Zuordnung von Aggregaten zu Steuergeräten ist nicht immer eindeii-
Fahrer I MMI<br />
Bild 3.7: Hardware-in-the-Loop-Verfahren für vernet'zte <strong>Elektronik</strong>
tig. Ein Steuergerät kann auf die Aktuatorik mehrerer .4ggregate einwir-<br />
ken. Ein Beispiel ist die integrierte Motor- und Getriebe-Steuerung des<br />
MCC Smart <strong>mit</strong> Automatisiertem Schaltgetriebe [121]. Häufig empfängt<br />
ein Steuergerät Sensorsignale von mehreren Aggregaten, z.B. die Fahrdy-<br />
namikregelung in Bild 1 .l. Manche Steuergeräte (Anzeigeinstrumente)<br />
besitzen Sensor-Eingange, jedoch keine externen Aktuatoren.<br />
Die Aggregate-Modelle Ahh . . . AMm sind untereinander sowie <strong>mit</strong> dem<br />
Umgebungs-Modell (UM) über mechanische Größen GE und +iA ge-<br />
koppelt, z.B. die Drehzahlen und Drehmoment,e in einem Modell des<br />
Antriebsstranges. Deren Zuordnung erfolgt im Block Signalverteilung.<br />
Ein derartiger Aufbau ist als interaktiver Prüfstand für die gesamte Elek-<br />
tronik eines Fahrzeugs geeignet. Der Aufwand ist relativ hoch, da zahl-<br />
reiche Sensorsignale zu substituieren sind. Dasselbe gilt für die Erfas-<br />
sung der Aktuator-Betätigungen. Kachteilig ist auch, dass die Anlage<br />
erst dann in Betrieb genommen werden kann, wenn alle Steuergeräte<br />
verfügbar sind. Bei der Entwicklung einer neuen Fahrzeug-Baureihe ist<br />
dies in der Regel frühestens ein Jahr vor dem Serienanlauf gegeben, d.h.<br />
zu einem Zeitpunkt, an dem tief greifende Änderungen am <strong>Elektronik</strong>-<br />
Konzept nicht mehr möglich sind. Im folgenden Abschnitt wird ein Weg<br />
zur Vermeidung dieser Nachteile aufgezeigt.<br />
3.1.7 Funktions-Nachbildung (Steuergeräte-Modell)<br />
Eine weitere Möglichkeit zur Berücksichtigung von elektronischen Steu-<br />
ergeräten ist die Nachbildung des Funktionsumfangs in der Simulations-<br />
Software, d.h. die Anfertigung von Steuergeräte-Modellen. Dieses hrge-<br />
hen ist für folgende Szenarien zu empfehlen:<br />
Eine Sirnulationsanlage soll in Betrieb genommen werden, obwohl<br />
nur wenige Steuergeräte real verfügbar sind. Die Funktions- und<br />
Schnittstellen-Spezifikationen der fehlenden Steuergeräte liegen be-<br />
reits vor. In diesem Fall ist eine detaillierte Abbildung der fehlen-<br />
den Steuergeräte in der Simulation anzustreben.<br />
Dies gilt auch, wenn ein Steuergerät unter Verwendung des Rapid-<br />
Prototyping-Verfahrens entwickelt wird. Durch Implementierung<br />
auf einem geeigneten Rechner dient das Steuergeräte-hlodell zu-<br />
gleich als Software-Prototyp und kann im Fahrversuch irnter Ver-<br />
wendung realer Aggregate erprobt und optimiert werden.
Die HIL-Eiribindung eines realer1 Steuergeräts ist zu aufwändig.<br />
Für die gegebene Anwendung reicht eirie vereinfachte Darstellurig<br />
aus. Die Nachbildung kann auf die relevantJen Funktionsanteile be-<br />
schränkt werden.<br />
Ein Steuergerät dient ausschließlich als Sender von CAN-<br />
Nachrichten, deren Inhalt von geringer Bedeutung für die gegebene<br />
L~nwendurig ist. Das Ausbleiben der Nachrichten verursaclitjedoch<br />
Fehlermeldungen roll der1 realen Steuergeräten. Dir Naclibildung<br />
der Steuergeräte erfolgt in stark vereinfachter Form und<br />
kann arischaulich als CA~-Durnrn~g~ bezeichiiet werden.<br />
I<br />
I<br />
j Botschafts-<br />
Decodierung<br />
1 Fehler- und<br />
!<br />
I<br />
+ r i<br />
Bild 3.8: h4odellstrukur für ein elektronisches Steuergerät init CAN-<br />
Kominunikation (SGM)<br />
Ein S teuergeräte-Modell (SGRI) wird unter konibinierter Iern~endung<br />
der iri Abschnitt 2.3 ausgewählten CACE- und FSM-B'erkzeuge angefer-<br />
tigt. Insbesondere die Verweridung von Zustandsgraphen ist bei diesen1<br />
hlodelltyp sehr effizient. Das SGh3 wird zu einen1 Bestandteil des Si-<br />
mulationsmodells und kann sowohl in der Nicht-Echtzeit-Siniulation als<br />
auch für die Echtzeitsimiilation verwendet werden.<br />
hlodelliert wird das ITerhalteii des Steuergerätes bezüglich der Ibhängigkeit<br />
der .Ausgarigssignale von den Eirigarigssignalen. Auf eiri~ (ietaillierte<br />
Simulatiori der Hardware wird verzichtet.<br />
'zu deutscli: CA5-Schnuller<br />
SR k<br />
-t<br />
ER<br />
I<br />
I +<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
Timeout-<br />
Erkennung<br />
Regel-<br />
algo-<br />
rithmus<br />
85<br />
s T F<br />
Botschafts- [<br />
Codierung<br />
I<br />
Er<strong>mit</strong>tlung<br />
der Sende-<br />
zeitpunkte<br />
L----------------------------------------------------------------------------j<br />
1<br />
j I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
B ,<br />
I<br />
I
In Bild 3.8 ist die Blockstruktur eines SGhl dargestellt. Dem SGM wer-<br />
den dieselben CAN-Nachrichten zugeführt, die das reale Steuergerät<br />
im CAN-Netzwerk empfangen würde. Im CAN-Decoder werden die ent-<br />
haltenen Signale decodiert und als Vektor & an den Regelalgorithmus<br />
übergeben. Mit jeder Nachricht wird auch der Empfangszeitpunkt über-<br />
tragen. Hier<strong>mit</strong> wird für zyklische Nachrichten das Ausbleiben über einen<br />
festgelegeten Zeitraum hinaus detektiert ( Timeout). Zusätzlich wird die<br />
Gültigkeit und der Wertebereich jedes Signals überprüft. Erkannte Feh-<br />
ler werden durch den Vektor ER signalisiert.<br />
Nach der Ierarbeitung gibt der Regelalgorithrnus die Sendesignale 6<br />
aus. Aus diesen Signalen werden im CAN-Encoder die codierten Sen-<br />
denachrichten iQT gebildet. Ziisätzlich wird für jede Nachricht eine Sen-<br />
deanforderung generiert, entweder jeweils nach Ablauf einer vorgegebe-<br />
nen Zykluszeit oder beim Eintreten eines Ereignisses, z.B. der Änderung<br />
eines bestimmten Signals.<br />
Die Vektoren F und yR bilden die Schnittstellen zu den Sensoren und<br />
Aktuatoren von Aggregate-Modellen bzw. real vorhandenen Aggregaten,<br />
siehe Bild 3.1. Über CF und fsG findet der Datenaustausch <strong>mit</strong> dem<br />
Fahrer oder einem Fahrermodell statt, siehe Bild 3.3.<br />
Ein Beispiel zur Implementierung eines SGhl <strong>mit</strong> dem Software-<br />
Werkzeug STATEFLOJV findet sich in Abschnitt 4.4.2.<br />
3.2 Behandlung von CAN-Netzwerken<br />
Die vorgestellten Modellierungs-Elemente und die <strong>Einbindung</strong> realer<br />
Steuergeräte bzw. Aggregate gestatten einen gemischten Aufbau von<br />
Echtzeit-Simulationsanlagen <strong>mit</strong> realen und simulierten Teilsystemen.<br />
Die einheitliche Schnittstellen-Struktur vereinfacht den Austausch simu-<br />
lierter und realer Teile. Da<strong>mit</strong> kann eine Anlage schneller an aktuelle<br />
Erfordernisse angepasst werden als bei „unstrukturiertemU Vorgehen.<br />
Zunächst wird die Kombination mehrerer SGM behandelt. Anschließend<br />
wird die Kombination von SGM und realen Steuergeräten betrachtet.<br />
Zugunsten der Über~icht~lichkeit sind die Schnittstellen zur Anbindung<br />
von Aggregaten in den folgenden Grafiken nicht mehr eingezeichnet.
+<br />
I+--+<br />
1<br />
FI<br />
F,<br />
I+-+ F,<br />
Simulationsmodell<br />
3 -t<br />
MR,l<br />
-<br />
MT,,<br />
+ SGM,<br />
b<br />
- + * +<br />
MR,2<br />
I<br />
I "virtueller" CAN-Bus I<br />
Bild 3.9: Vollständige Si~nulat~ion eines CAN-Netzwerks<br />
3.2.1 Simulation des gesamten Netzwerks<br />
-+<br />
SGM,<br />
+ -C<br />
MR,n MT>"<br />
+ SGM, ---t<br />
Modell der<br />
Busvergabe<br />
und des Zeit-<br />
verhaltens<br />
Bei der *Anordnung nach Bild 3.9 wird das gesamte CAN-Netzwerk im<br />
Simulationsniodell abgebildet. Die von den hfodellen SGhli . . . SGM„<br />
generierten CAN-Nachrichten werden in einer1 Simulationsblock einge-<br />
geben, der die Arbitrierung und das Zeitverhalten der Datenübertra-<br />
gung nachbildet. Die Aiisil-ahl der jeweiligen Empfangsnachrichten er-<br />
folgt durch die Filter Fl . . . F„ .<br />
Die hlodellieriing des Bus-I7erhaltens ist sehr aufwändig, iiisbesoiide-<br />
re bei Berücksichtigiirig von Sende~viederholuiigeri aufgrund vor1 cber-<br />
tragungsfehlern. Sindell gibt ein Verfahren zur Analyse des Worst-<br />
Case-Zeit verhaltens von priorität sgesteuerten Datenkommunikations-<br />
Systemen an [122]. Da<strong>mit</strong> ist eine Vorhersage der maximalen Antik-ort-<br />
reiten von Nachrichten <strong>mit</strong> gegebener Länge, Priorität und Zykluszeit<br />
in einen1 CAN-Netzwerk möglich [76]. In [I231 wird die Optimierung der<br />
Prioritätsvergabe für CAN-Netzwerke untersucht.<br />
In der vorliegenden Arbeit wird die Bussystem-Simulation nicht bet rach-<br />
tet: da der Aufwand zur Erstelliing eines ausreichend detaillierten, echt-<br />
zeitfähigen Bus-YIodells unangemessen hoch erscheint.<br />
F<br />
Y<br />
:
3.2.2 Simulation der Steuergeräte, realer CAN-Bus<br />
Die Modellierung des Bus-Verhaltens wird vermieden, indem der CAN-<br />
Bus als reale Hardware eingebunden wird.<br />
Die von den SGM erzeugten CAK-Nachrichten werden unter Verwen-<br />
dung von CAN-Schnittstellen (im Folgenden <strong>mit</strong> INTF bezeichnet) auf<br />
dem realen Bus gesendet und von anderen SGM empfangen. Zwei unter-<br />
schiedliche Konfigurationen werden näher betrachtet.<br />
Bei der Konfiguration in Bild 3.10 a) wird jedem Steuergeräte-hlodell<br />
SGhll . . . SGhI„ eine eigene CAN-Schnittstelle INTFl . . . INTF, zu-<br />
geordnet, welche die generierten Nachrichten auf dem realen Bus aus-<br />
sendet und Nachrichten von anderen SGhl empfängt. Diese Anordnung<br />
bildet die Hardware eines realen Netzwerks <strong>mit</strong> sehr guter Näherung<br />
ab und ermöglicht realistische Arbitrierungs-Vorgänge. Sie ist zu emp-<br />
fehlen, wenn Buslast-Spitzen bei der Initialisierung des Netzwerks oder<br />
die Elektromagnetische Verträglichkeit (EhlV) Gegenstand der Untersu-<br />
chung sind. Nachteilig ist der Aufwand zur Bereitstellung der zahlreichen<br />
C AN-Schnittst ellen bei umfangreichen Netzwerken.<br />
Die Variante nach Bild 3.10 b) erfordert nur zwei CAN-Schnittstellen5.<br />
Über die Sende-Schnittstelle INTET werden die Nachrichten aller SGM<br />
gesendet. Da INTFT jeweils nur eine Nachricht senden kann, wird die<br />
Reihenfolge von einem Scheduler bestimmt. Da<strong>mit</strong> entfällt die bitweise<br />
Arbitrierung. In dieser Arbeit wird ein einfacher Scheduler verwendet,<br />
der die Sendenachrichten in der Reihenfolge ihrer Prioritäten ausgibt,<br />
d.h. Nachrichten <strong>mit</strong> niedriger Kennung (Identzfier) werden zuerst ge-<br />
sendet, vgl. Abschnitt 1.2.5.<br />
Der Empfang aller Nachrichten erfolgt durch die Empfangs-Schnittstelle<br />
INTFR. Die Filter F1 . . . F, führen jedem SGI\I die benötigten Nach-<br />
richten zu.<br />
Diese Konfiguration kommt zur Anwendung, wenn die Einhaltung maxi-<br />
maler Antwortzeiten für alle Nachrichten im Netzwerk sichergestellt ist<br />
und das Zusammenwirken der Funktionsumfänge mehrerer St,euergeräte<br />
untersucht werden soll. Die in Kapitel 4 beschriebene Anlage wird auf<br />
diese Weise realisiert.<br />
In Bild 3.11 ist der Aufbau einer CAN-Schnittstelle (INTF) dargestellt.<br />
Diese besteht aus der Gerät'etreiber-Software zum Senderi und Empfan-<br />
5~ie<br />
Verwendung einer einzelnen Schnittstelle ist nicht möglich, da die gängigen<br />
CAN-Controller eine Nachricht nicht zugleich senden und empfangen können.
Simulationsmodell<br />
-C + Schnittstellen<br />
MR, I<br />
F SGM,<br />
MT, I<br />
-+<br />
j INTF, -<br />
realer<br />
-.L --C<br />
MR,2 M,, CAN-<br />
SGM, A b P BUS<br />
i INTF2-I<br />
:<br />
- F,<br />
Simulationsmodell<br />
4 --t<br />
-<br />
MR.l<br />
MT,,<br />
-<br />
i<br />
:<br />
1 CAN-<br />
- F2<br />
+<br />
SGM,<br />
+<br />
3 i<br />
U :<br />
SGM, b I Schnittstellen<br />
MR,2 M,, I INTFT -<br />
--t +<br />
a, ;<br />
I: :<br />
0 i<br />
V, ;<br />
MR,n 'T,<br />
SGM, b :<br />
- i INTFR-<br />
:<br />
realer<br />
CAN-<br />
Bus<br />
Bild 3.10: Zwei Varianten zur Simulation von S teuergeräte-Netzn-erken<br />
unter Verwendung des realen CAN-Bussysterris
i Gerätetreiber Physikalische Schnittstelle i<br />
(~oftware) (Hardware)<br />
i :<br />
Senden<br />
Protokoll-<br />
Controller<br />
Bild 3.11: Struktur einer C AN-Schnittstelle<br />
Trans- CAN-<br />
gen von Nachrichten, einem CdN-Protokoll-Controller gemäß ISO 11898<br />
und einem CAN-Transceiver zur Ankopplung an das Busmedium.<br />
3.2.3 Simulation von Fahrzeugen <strong>mit</strong> mehreren<br />
CAN-Netzwerken<br />
Viele Kraftfahrzeuge enthalten mehrere CAN-Netzwerke. Im PKW wird<br />
häufig ein High-Speed-CAN für den Antriebsstrang und ein Low-Speed-<br />
CAN für den Innenraum eingesetzt. Einige Nutzfahrzeuge enthalten<br />
mehr als fünf CLAN-Busse <strong>mit</strong> hierarchischer Strukturierung [124].<br />
In vielen Fällen werden ausgewählte Nachrichten von einem CAN-<br />
Netzwerk an ein anderes weitergegeben, z.B. Diagnose-Informationen.<br />
Dieser Datenaustausch wird innerhalb eines Steuergerätes realisiert. das<br />
an mehrere Netzwerke angeschlossen ist und daher mehr als eine physi-<br />
kalische CAN-Schnittstelle besitzt. Ein solches Steuergerät wird in der<br />
Simulation durch eine Struktur gemäß Bild 3.12 abgebildet. ,4ls Erweite-<br />
rung von Bild 3.8 ist jedem CAN-Bus (A: B, . . . ) ein CAN- Encoder und<br />
ein CAN-Decoder zugeordnet, deren Funktion jeweils den Ausführungen<br />
in Abschnitt 3.1.7 entspricht.<br />
Unter Verwendung dieses erweiterten Steuergeräte-Modells und der<br />
in Abschnitt 3.2.2 vorgestellten Varianten zur Abbildung von CAN-<br />
Netzwerken können auch komplexe <strong>Elektronik</strong>-Konfigurationen <strong>mit</strong> mehreren<br />
CAN-Bussen in der Sim~lat~ion dargestellt werden.<br />
Des Weiteren ist ein gemischter Betrieb von Steuergeräte-Rlodellen und<br />
realen Steuergeräten niöglicli. Eine beispielhafte Konfiguration <strong>mit</strong> zwei
-t<br />
MR,A f+<br />
--t<br />
R B<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
CAN- CAN-<br />
Decoder ,<br />
Encoder<br />
A<br />
A<br />
-C I<br />
-<br />
r i ,<br />
I<br />
I<br />
CAN-<br />
Decoder<br />
B<br />
Bild 3.12: Steuergeräte-hfodell <strong>mit</strong> niehreren CAN-Schnit tstellen<br />
................................................. ----<br />
I<br />
I<br />
CAN-Bussen ist in Bild 3.13 angegeben. Diese Konfiguration stellt eine<br />
Erweiterung von Bild 3.10 b) dar. Das Netzwerk C.4Na besteht aus<br />
einem simulierten Steuergerät SGhIi und einem realen Steuergerät SG3.<br />
SGM2 ist gemäß Bild 3.12 ausgeführt und an beide CAN-Netzwerke<br />
angeschlossen. C ANs umfasst zwei reale Steuergeräte (SG4 und SG 5).<br />
Eine derartiger, modularer Aufbau von Simulationsanlagen ermöglicht<br />
deren Erweiterung im Verlauf des Entwicklungsprozesses für ein neu-<br />
es Kraftfahrzeug: indem z.B. die St,euergeräte-Modelle sukzessive durch<br />
reale Steuergeräte ersetzt werden, sobald diese verfügbar sind.<br />
3.2.4 Automatisierte Implementierung der<br />
CAN-Kommunikat ion in der Simulation<br />
Eine wiederkehrende Aufgabe bei der Implementierung von St,euer-<br />
gerätje-hlodellen gemäß Bild 3.8 bzw. Bild 3.12 ist die Programmierung<br />
der <strong>mit</strong> CAN-Decoder und CAN-Encoder bezeichneten Funktionsblöcke.<br />
Der CAN-Encoder bewirkt die Umsetzung von physikalischen Größen<br />
(z.B. Drehzahlen und Temperaturen), logischen Werten (z.B. Schalter<br />
ein/aus) oder anderen Dat,en in C AN-Nachrichten, die auf dem Bus<br />
gesendet werden. In der Regel werden jeweils mehrere Größen in ei-<br />
ner CAN-Nachricht zusammengefasst. Hierzu ist eine Codierung not-<br />
wendig, d.h. eine Abbildung der physikalischen Größen auf ganzzahlige<br />
Werte (Binärwerte) <strong>mit</strong> einer vom Anwender festgelegten Auflösung.<br />
Dazu gehört auch die Zusamnienfügung dieser Binärwerte zu CAN-<br />
Nachrichten <strong>mit</strong> maximal 8 Byte Länge, wobei die Anordnung ebenfalls<br />
vom Anwender bestimmt wird.<br />
Umgekehrt werden diese Da'ten irn CAN-Decoder aus empfangenen<br />
Nachrichten zurückgem-onnen (Decodierung) .<br />
In umfangreichen CAN-Netzwerken werden in der Regel zahlreiche CAN-<br />
Nachrichten <strong>mit</strong> insgesamt mehreren hundert Einzelsignalen übertragen.<br />
Die manuelle Erstellung von Programmcode zur Codierung und Decodie-<br />
rung von CAN-Nachrichten ist zeitraubend und fehleranfällig. Da dieser<br />
Programmcode stets die gleiche Struktur aufweist, wurde im Rahmen<br />
dieser Arbeit ein Software-Werzeug <strong>mit</strong> der Bezeichnung CA4NULINK<br />
entwickelt, das zur Automatisierung dieser Aufgabe dient 11251.<br />
Die Beschreibung eines CAN-Netzwerks erfolgt zunächst <strong>mit</strong> dem kom-<br />
merziellen Software-J17erkzeug CANDB, das in der Kfz-Industrie weit<br />
verbreitet ist. Irn Editor dieses Programms werden alle relevanten Para-
meter definiert, z.B. der Sender und die Kennung von CXN-Nachrichten.<br />
Auch die Parameter aller enthaltenen Größen, z.B. deren Vertebereich,<br />
Auflösung und hllaßeinheit , werden eingegeben. Zusätzlich werden die<br />
liorschriften zur Umrechnung von physikalischen Größen in deren binäre<br />
Repräsentation innerhalb einer CAN-Nachricht angebeben. Alle Infor-<br />
mationen werden in einer Datenbank gespeichert.<br />
Diese Datenbank wird von CANULINK eingelesen. Nach einer Prüfung<br />
der enthaltenen Beschreibungsdaten auf eventuelle Fehler wird automatisch<br />
iZI\TSI-C-Pr~grammcode erzeugt, der die Codierung und Decodierung<br />
von CAN-Nachrichten bewirkt. Der Code entspricht den in Abschnitt<br />
2.2.1 aufgestellten Regeln, ist also portabel. Er kann für Nicht-<br />
Echtzeit- Anwendungen, z.B . die Auswertung von aufgczeiclmetcrl CA4N-<br />
Daten aus Falirversuchen verwendet werden. ist aber auch fiir Echtzeit-<br />
Sirnulat ioneli geeignet.<br />
In einem weiteren Schritt erzeugt CANULINK ein SIMULINK-31odell.<br />
das für alle vorhandenen CAN-Nachrichten die erwähnten Funktions-<br />
blöcke CAN-Decoder und CAN-Encoder enthält. Der generierte C-Code<br />
11-ird darin ailtomatisch eingebunden. Die erzeugten Strukturen können<br />
anschließend zrim Aufbau von Steuergeräte-Modellen verwendet werden.
4 Ein Fahrsimulator für ASG im<br />
Nutzfahrzeug<br />
Bild 4.1: Eirisatz des Fahrsimulators in der Schulung<br />
Vorgestellt wird ein Fahrsimulator zur Schulung von LKW-Fahrern<br />
im Umgang <strong>mit</strong> dem elektronischen Antriebsstrang-Management eines<br />
schweren Nutzfahrzeugs. Bild 4.1 zeigt den Fahrsimulator im Schulungs-<br />
einsatz. Zur Gewährleistung eines realistischen Simulator-Betriebs wird<br />
die Anlage unter Verwendung serienmäßiger elektronischer Steuergeräte<br />
aufgebaut, die im Hardware-in-the-Loop-Modus betrieben werden. Das<br />
Automatisierte Schaltgetriebe (ASG) und die Kupplungsanlage sind<br />
ebenfalls als reale Komponenten integriert. Eirie Anlage <strong>mit</strong> vergleich-<br />
barer Konzeption ist aus der Literatur nicht bekannt.
4.1 Einleitung<br />
4.1.1 Zielsetzung und Anforderungen<br />
Für die Schulung werden folgende Ziele definiert:<br />
Kennenlernen der Alensch-Ilaschi~ie-Schnittstelle des Fahrzeugs,<br />
gefahrloses Erlernen der für viele Fahrer ungewohnten Bedienung<br />
der Getriebe-Steuerung in kurzer Zeit,<br />
Niitzung der <strong>Elektronik</strong>-Cntcrstützurig fiir einen vcrbrauchs- lind<br />
ernissions-optimierten Fahrbetrieb und<br />
Demonstration von Sonder- und Notfunktionen, die im Fahrbetrieb<br />
nur selten auftreten.<br />
Akzeptanz und Erfolg der Schulungen hängen un<strong>mit</strong>telbar von der Qualität<br />
der Lehr<strong>mit</strong>tel ab. lTon LKW-Fahrern, die durch praktische Erfahrungen<br />
geprägt sind, werden signifikante Unterschiede zwischen den<br />
Mensch-hlaschine-Schnittstellen im Simulator und im realen Fahrzeug<br />
nicht akzeptiert. Der Fahrsimulator wird daher in Form eines LKW-<br />
Fahrerhauses unter ierwendung serienniäßiger Bedienelemente aufgebaut.<br />
Zur Rückmeldung des Bet riebczutandes werden optische, akustische<br />
und haptische Informationen bereitgestellt. Ebenso wichtig ist ein<br />
realistisches dj-nanlisches lTerhalten des Simulators, da die Fahrer über<br />
Erfahrungswerte, z.B. für das Bcscllleunigungsv~rmtjgen eines Fahrzeugs.<br />
verfügen.<br />
Unbedingt zu vermeiden ist ein \:ersagen der ,4nlage wiihrend Schu-<br />
lungssitzungen, da dies von den Teilnehmern <strong>mit</strong> einer mangelnden<br />
Zuverlässigkeit des dargestellten Fahrzeugs oder dessen elektronischer<br />
Steuerung assoziiert würde.<br />
Im Schulungsbetrieb wird die Anlage von Instruktoren bedient, die zwar<br />
detaillierte technische Kenntnisse des dargestellten Fahrzeugs besitzen,<br />
jedoch wenig Erfahrung <strong>mit</strong> Siniulationen haben. Es ist daher zu for-<br />
dern, dass die Anlage ohne EDV-Kenntnisse in Betrieb genommexi n-er-<br />
den kann (,, Ein-Knopf-Gerät .' ) und dass verschiedene Falirsit iiat ionen<br />
auf einfache Weise vorgegeben werden kiinnen.
4.2 Funktionsweise der Antriebs-Steuerung<br />
Das betrachtete Fahrzeug wird in mehreren Ausbaustufen der Antriebs-<br />
Steuerung <strong>mit</strong> unterschiedlichem Automatisierungsgrad angeboten [126].<br />
4.2. I Halbautomatische Steuerung<br />
Bei der hiarkteinführung des Fahrzeugs im Jahr 1996 war zunächst eine<br />
halbautomatische FTersion (,,Telligent-Schaltung") verfügbar. 1998 wird<br />
eine erste Version des Fahrsimulators vorgestellt [I271 uiid im Schulungs-<br />
betrieb eingesetzt.<br />
Bedienkonzept und Funktionsweise der elektronisch-pneumatischen<br />
Getriebe-Betätigung werden in [128, 1291 dargelegt. Der Fahrer erteilt<br />
über ein Gebergerät Befehle zur Hoch- oder Rückschaltung, wobei eine<br />
Gangvorwahl möglich ist. Das Getriebe-Steuergerät er<strong>mit</strong>telt aus dem<br />
aktuellen Betriebszustand von Fahrzeug und Motor einen geeigneten Xn-<br />
schlussgang. Bei Betätigung der Kupplung durch den Fahrer wird der<br />
Schalt vor gang eingeleitet. Durch Ansteuerung der Getriebe- Aktuatorik,<br />
bestehend aus Magnetventilen und Pneumatik-Zylindern, werden alle<br />
Getriebe-Gruppen (siehe Abschnitt 4.3.2) vom Steuergerät geschaltet.<br />
Die Rückmeldung des Schaltzustandes an das Steuergerät erfolgt über<br />
Wegsensoren. Zusätzlich werden die Drehzahlen der JTorgelegewelle und<br />
der Abtriebswelle sensiert. Die Trockenkupplung wird vom Fahrer über<br />
das Kupplungspedal <strong>mit</strong>tels hydraulisch-pneumatischer Kraftübertra-<br />
gung betätigt. Mit einem Sensor erfasst das Getriebe-Steuergerät den<br />
Kupplungs- Ausrückweg.<br />
4.2.2 Automatisiertes Schaltgetriebe (ASG)<br />
Aufgrund des guten \%Tirkungsgrades bei geringen Kosten hat das ASG<br />
bei schweren Nutzfahrzeugen erhebliche Bedeutung erlangt [130, 1311.<br />
Bei der ASG-Variante des betrachteten Fahrzeugs (:,Telligent-Schalt-<br />
automatik") sind die Schaltvorgänge vollständig automatisiert. Der An-<br />
triebsstrang und die Regelungsstrategie werden in [I321 ausführlich be-<br />
schrieben. Eine kurze Zusammenfassung erfolgt anhand von Bild 4.2.<br />
Ein Steuergerät Fahrregelung (FR) koordiniert die ,4ntriebs- und Brems-<br />
funktionen unter Berücksichtigung der Stellung des elektronischen Fahr-<br />
pedals und weiterer Fahrereingaben. Das Getriebe-Steuergerät (GS) und
Bild 4.2: Aufbaii des Antriebsstranges beim betrachteten Nutzfahrzeug<br />
rnit ;\utornatisiertem Srlialtgetriebe. Quelle: [I321<br />
die elektro-pneumatisclie Getriebe-Betätigung entsprechen der halbaut,o-<br />
mat ischeri Version.<br />
Ein zusätzlirlies Kupplungs-Steuergerät (KS) führt <strong>mit</strong> Hilfe eines<br />
elektrisch-hydraulischen Stellglieds (KB) während der Infalir- und<br />
Schalt\-orgänge eine Lageregelung der Kupplung durch. Der Ikrbren-<br />
nungsmotor wird hierbei durch Vorgaben an das Motor-Steuergerät<br />
(?IR) <strong>mit</strong> Drehzahlregelung und hIornentenbegrenzung betrieben. Die<br />
mechanische Ausrückung der Kupplung erfolgt über einen hydraulisch-<br />
pneumatischen Verstärker. Ein thermisches Modell im I
parameter, insbesondere die Fahrzeugmasse und die Fahrbahnsteigung.<br />
Unter Berücksichtigung des Fahrerwunsches wird ein geeigneter Gang<br />
er<strong>mit</strong>telt und gegebenenfalls eine Schaltung ausgelöst.<br />
Als Rückfallebene bei Störungen der <strong>Elektronik</strong> ist ein ausklappbares<br />
Kupplungs-Notpedal vorhanden, das eine manuelle Betätigung <strong>mit</strong> hy-<br />
draulischer Kraftübertragung ermöglicht. Der Notbetrieb entspricht der<br />
oben beschriebenen Halbautomatik.<br />
Am Getriebeausgang ist eine hydrodynamische Dauerbremse (Retar-<br />
der) angebaut, die von einem eigenen Steuergerät (RS) in Abhängigkeit<br />
der Retarder-Hebelstellung und anderer Einflussgrößen angesteuert wird.<br />
Auch die elektro-pneumatische Bremsanlage wird von einem Brenisen-<br />
Steuergerät (BS) elektronisch geregelt (siehe auch Abschnitt 4.4.7).<br />
Der Datenaustausch zwischen den <strong>Elektronik</strong>-Komponenten erfolgt über<br />
ein hierarchisch strukturiertes Datenbus-System, das den übergeordne-<br />
ten Fahrzeug-CAN-Bus und weitere CAN-Busse für einzelne Aggregate<br />
wie Motor, Kupplung und Bremse umfasst.<br />
4.3 Konzeption und Aufbau<br />
Im Fahrsimulator ist der Funktionsumfang der Antriebs-Steuerung für<br />
die ASG-Variante des Fahrzeugs vollständig zu implementieren. Insbe-<br />
sondere müssen folgende Fahrfunktionen im Simulator realistisch de-<br />
monstrierbar sein:<br />
Anfahren und Anhalten bei Vorwärts- und Rückwärtsfalirt,<br />
Automatische Hoch- und Rückschaltungen sowie manuelle Schalt-<br />
eingriffe in der Ebene, an Steigungen und im Gefälle,<br />
Bremsungen <strong>mit</strong> der Betriebs- und Feststellbremse,<br />
Funktion der Dauerbremsen (Motorbremse und Retarder),<br />
Tempomat- und Geschwindigkeitsbegrenzer-Funktionen,<br />
Notfunktionen der Kupplung und des Getriebes bei <strong>Elektronik</strong>-<br />
Fehlern.
Zur Erreichung dieses Ziels rniissen alle in Bild 1.2 dargestellten Korn-<br />
ponenten des Antriebsstranges sowie die Fallrzeug-Längsdynainik in der<br />
Simulation abgebildet werden1.<br />
Theoretisch kann jede Komponente entweder als reale Hardware oder<br />
als Software-Nachbildung in den Fahr~imulat~or eingebunden werden. Die<br />
verschiedenen Verfahren wurden in Abschnitt 3.1 vorgestellt. L4iisgehend<br />
von der Konfiguration des realen Antriebs (Bild 4.2) wird zunächst eine<br />
geeignete Kombination von realen und simulierten Komponenten er<strong>mit</strong>telt.<br />
Die Bewertung erfolgt unter den Aspekten hlachbarkeit. Realitätsnähe<br />
lind Aufwand.<br />
4.3.1 Darstellung des Verbrennungsmotors<br />
Der Einbau eines realen Verbrerinungsniotors in den Fahrsinlulator schei-<br />
det aufgrund der Baugröße, der Geräuschentwicklung und der Emissio-<br />
nen aus. Der 1Iotor und das Motor-Steuergerät (R?R) werde11 im Simu-<br />
lationsmodell abgebildet (siehe Abschnitt 4.4.1).<br />
4.3.2 Darstellung von Kupplung und Getriebe<br />
Zur Darstellung der Kupplung und des Getriebes sowie der zugeordneten<br />
elektronischen Steuergeräte und Aktuatoren im Fahrsinlulator existieren<br />
inehrere Alöglichkeiten:<br />
Eine Nachbildung des Kupplungs-Steuergerätes (KS) und des Getriebe-<br />
Steuergerätes (GS) in der Siinulations-Software kommt airfgrund der um-<br />
fangreichen und korriplexen Funktionen nicht iii Betracht. Diese Struer-<br />
geräte niüssen als reale Hardware integriert werden.<br />
Auch der Einbau des realen Getriebes erscheint aus zwei Grüridcn not-<br />
wendig und sinnvoll:<br />
Eine elektronische Nachbildung der zahlreichen Wegsensoren des<br />
betrachteten Getriebes wäre sehr aufwändig.<br />
Die bei Betätigung der pneumatisch-mechanischen Getriebehktuatorik<br />
entstehenden Schaltgeräusche stellen i~n Fahrsirnulat or<br />
eine wichtige ak~st~ische Rückrneldung für den Fahrer dar.<br />
i~nit<br />
Ausnahme der Ni\.eau-Regulierung (NR). welche für die A4ntriebsfunktioneri<br />
riiclit von Bedeutung ist.
Unter diesen Rahmenbedingungen werden zwei Aufbau-Varianten unter-<br />
sucht und bewertet:<br />
Variante 1: Reales Getriebe <strong>mit</strong> zwei Elektroantrieben<br />
-<br />
E oll<br />
Simulationsrechner<br />
I I<br />
MEd,lirn Steuergerät (KS) Steuergerät (GS)<br />
r--+--,<br />
I I / Split- Haupt- Range- 1<br />
i I j Gruppe gruppe Gruppe 1<br />
Servo-<br />
Servoantrieb<br />
Kupplung Getriebe antrieb<br />
Bild 4.3: Betrieb des Getriebes <strong>mit</strong> realen Drehzahlen<br />
Die Trockenkupplung und das Getriebe werden <strong>mit</strong>samt der elektro-<br />
pneumatischen Aktuatorik und der Sensorik im Fahrsimulator ver-<br />
baut. Die Ansteuerung erfolgt durch das Kupplungs- bzw. Getriebe-<br />
Steuergerät, die ebenfalls als reale Komponenten vorhanden sind,<br />
Bild 4.3.<br />
Der Verbrennungsmotor wird durch einen elektrischen Servoantrieb (MI)<br />
ersetzt. Ein weiterer Elektroantrieb (M2) ist am Getriebearusgang mon-<br />
tiert. Er bildet die von der Fahrgeschwindigkeit abhängige Abtriebs-<br />
Drehzahl nach.<br />
Bei dieser Konfiguration werden Kupplung und Getriebe bei realisti-<br />
schen Drehzahlen betrieben. Die Kupplung kann betätigt und das Ge-<br />
triebe geschaltet werden. Dies hat den Vorteil, dass alle in Abschnitt<br />
4.2.1 erwähnten Drehzahl- und Wegsensor-Signale plausibel sind, d.h.,<br />
es ist keine elektronische Substitiition von Sensorsignalen erforderlirli.
Auch die fehlerfreie F~nkt~ion der Kupplungs- und Getriebe-Aktuatoren<br />
ist ge~vtrährleistet .<br />
Das Getriebe ist als 16-Gang-s yrichrongetriebe iri Vorgelege-B auweise<br />
ausgeführt urid besteht aus drei Schaltgruppen [133]:<br />
Bezeichnung<br />
Split-Gruppe<br />
Eigenschaften<br />
Zweigang-hrschaltgruppe <strong>mit</strong> geringer Spreizung<br />
Haupt'gruppe e r ITorwärtsgäiige <strong>mit</strong> direktem Gang und<br />
I Schnellgang, ein Rückwärtsgang<br />
I Range- / Znreigaiig-Nachschaltgruppe <strong>mit</strong> hoher Spreizung, 1<br />
I Gruppe I ausgeführt als zuschaltbarer Planetensatz 1<br />
Die Drehzahlen wLt, an der Kupplung und w ~ am a Getriebeausgang<br />
werden in der Simulation berechnet und den Steuereinheiten der bei-<br />
den Elektro-Antriebe als Sollwerte LJE~,+~~L bzw. W ~ 2 , ~ ~ l l<br />
zugeführt. Die<br />
Drehzahlregelung selbst erfolgt innerhalb dieser Steuereinheiten. Zusätz-<br />
lich können Drehmoment-Grenzwerte dfEl,lim bzw. für beide<br />
Antriebe vorgegeben werden. Hierbei sind folgende Betriebszustände zu<br />
unterscheiden:<br />
1. I
I Simulationsrechner I<br />
- Getriebe-<br />
Steuergerät (GS)<br />
etätigungs- Lastnach - Elektro-<br />
zylinder - bildung motor Getriebe<br />
Bild 4.4: Betrieb des real vorhandenen Getriebes bei konstanter Dreh-<br />
zahl und Substitution der Drehzahlsensor-Signale<br />
Variante 2: Reales Getriebe, Betrieb <strong>mit</strong> konstanter Drehzahl<br />
Auch bei der in Bild 4.4 dargestellten Aufbauvariante wird da,s reale Getriebe<br />
einschließlich Steuergerät, Schalt-Aktuatorik und Wegsensorik im<br />
Fahrsimulator eingebaut. Gegenüber Variante 1 entfallen jedoch die beiden<br />
Servoantriebe. Lediglich am Getriebeeingmg wird ein kleiner Elektromot'or<br />
angebaut, der das Getriebe <strong>mit</strong> kon~t~anter, geringer Drehzahl<br />
w c 0 ~ bewegt. Dadurch kann das Getriebe ohne mechanische Probleme<br />
geschaltet werden.<br />
Der jeweilige Schaltzustand der verschiedenen Getriebe-Gruppen wird<br />
vom Getriebe-Steuergerät erfasst und an ein Simulationsmodell der<br />
Getriebe-Drehung über<strong>mit</strong>telt. Da das reale Getriebe nicht <strong>mit</strong> realis-<br />
tischen Drehzahlen bewegt wird, sind die Sensorsignale zur Erfassung<br />
der Drehzahl der Vorgelegewelle wv(: lind des Getriebeausgangs w c ~<br />
nicht plausibel. Deshalb werden diese Sensorsignale in der Simulation be-<br />
rechnet (siehe Abschnitt 4.4.4), elektronisch erzeugt und dem Getriebe-<br />
Steuergerät zugeführt .<br />
Das Kupplungs-Steuergerät <strong>mit</strong> der in Abschnitt 4.2.2 beschriebenen<br />
Kupplungs-Aktuatorik wird ebenfalls real verbaut und ist betriebsfähig.<br />
Die Kupplung selbst ist jedocli nicht vorhanden, der pneumatische
Betätigungszylinder arbeitet statt dessen gegen eine Federnlechanik.<br />
\I-elche die Kraft der Kupplungs-Rückst ellfeder nachbildet (Lastnach bil-<br />
dung). Der Kupplungs-Ausrückweg s~ wird vom Getriebe-Steuergerät<br />
<strong>mit</strong> dem serienrnäßigen, an1 Betätigungszylinder montierten M7egsensor<br />
erfasst und dient als Eingabegröße für eiri Simulatioiismodell der Kupp-<br />
lung (siehe Abschnitt 4.4.3).<br />
Diese Variante wird zur Realisierung des Fahrsimulators ausgewählt, da<br />
der konstruktive Aufwand ~vesentlich geringer ist als bei Variante 1. Der<br />
simulationsseitige Aufwand erhöht sich dagegen nur geringfiigig.<br />
4.3.3 Darstellung der weiteren Komponenten<br />
Bild 4.5: A~izeige des Fahrzustandes auf dem realer1 I
Eine Integration des realen Steuergerätes Fahrregelung (FR) war<br />
zum Zeitpunkt der Konzeption des Fahrsimulators aus technischen<br />
Gründen nicht möglich. Daher wird dieses in der Simulation durch<br />
ein Steuergeräte-Modell nachgebildet (Abschnitt 4.4.10).<br />
Das Steuergerät Ganger<strong>mit</strong>tlung (AG) wird dagegen als reale Seri-<br />
enkomponente integriert, um ein realistisches Schaltverhalten des<br />
ASG-Systems zu gewährleisten.<br />
Reale und simulierte Steuergeräte sind durch einen CAN-Bus ver-<br />
bunden. Die Behandlung des CAN-Netzwerks im Fahrsimulator<br />
erfolgt unter Anwendung der in Abschnitt 3.2 vorgestellten Ver-<br />
fahren.<br />
Zur Erreichung maximaler Realitätsnähe werden alle Bedien- und<br />
Anzeige-Elemente als reale Serienkomponenten in1 Fahrerhaus ver-<br />
baut. Dies betrifft die Pedale, das Zündschloss, den Lenkstockhe-<br />
bel, das Kombiinstrument (Bild 4.5), den Tachographen und das<br />
Fest stellbrems-Ventil. Alle aufgeführten Elemente werden aus der<br />
Simulation angesteuert und sind vollständig funktionsfähig.<br />
4.3.4 Realisiert er Hardware- Aufbau<br />
Aus den Betrachtungen in den vorherigen Abschnitten ergibt sich der<br />
Gesamtaufbau des Fahrsimulators gemäß Bild 4.6. Dargestellt sind die<br />
realen, im Fahrerhaus verbauten Serienkomponenten und deren elektri-<br />
sche, hydraulische und pneumatische Verschaltung, sowie die ITerbiridun-<br />
gen zum Simulationsrechner.<br />
Ini oberen Teil ist die Mensch-Maschine-Schnittstelle <strong>mit</strong> den Bedien-<br />
und Anzeige-Elementen skizziert. Der 13etätigungszustand der meisten<br />
Bedienelemente wird un<strong>mit</strong>telbar vom Simulationsrechner erfasst und<br />
ausgewertet. Das Schabt- Gebergerät ist, wie im realen Fahrzeug, <strong>mit</strong> dem<br />
Getriebe-Steuergerät verbunden.<br />
Die Anzeigen im Kombiinstrument werden über einen CAN-Bus an-<br />
gesteuert, auf dem auch die elektronischen Steuergeräte (Kupplungs-<br />
Steuergerät, Gang-Er<strong>mit</strong>tlung und Getriebe-Steuergerät) untereinander<br />
und <strong>mit</strong> dem Simulationsrechner Daten austauschen (<strong>mit</strong>tlerer Teil).<br />
Unten links ist die Kupplungs-Aktuatorik dargestellt. Abgesehen von der<br />
Lastnaehbildung? welche die reale Kiipplung ersetzt, ent'spricht der Auf-<br />
bau dem Srrienfalirzeug. Bei störungsfreiem Betrieb wird die Kupplung
I(=<br />
0<br />
L<br />
V)<br />
.-<br />
.Ci<br />
- (13<br />
E<br />
5<br />
Zündschloss ,<br />
ventil<br />
K~PP-<br />
lungs-<br />
Verstärker I<br />
Tcamnnm-rt- I ind<br />
Wl I iyw1 I l U L U 1 IU<br />
lauerbremsen- I I<br />
K~PP- Brems- Fahr- Fest-<br />
lungs- pedal pedal stell-<br />
Notpedal bremse<br />
i<br />
i<br />
i<br />
i<br />
I I<br />
V -<br />
Kupplungs-<br />
Steuergerät<br />
(KS)<br />
I<br />
Kupplungs-<br />
Stellglied (KB)<br />
/ 7<br />
Lastnachbildung<br />
Antrieb<br />
-----------+.----<br />
I<br />
Kombiinstrument<br />
und Tachograph<br />
I<br />
j Getriebe<br />
!<br />
Schalt-<br />
Geber-<br />
gerät<br />
7.J Druckluft-Versorgung<br />
Elektrik CAN . Hydraulik ---- Pneur natik<br />
Bild 4.6: Gesamtaufbau des Falirsiinulators<br />
I<br />
------ Magnet-<br />
I<br />
ventile<br />
+<br />
Weg-<br />
I<br />
I I sen-<br />
!<br />
I stell- ,-'-, soren
elektronisch gesteuert und über mehrere elektromechanische, hydrauli-<br />
sche und pneumatische Komponenten betätigt (Kupplungs-Stellglied und<br />
Kupplungs- Verstärker). Bei Ausfall der <strong>Elektronik</strong> kann die Kupplung<br />
über ein ausklappbares Kupplungs-Notpedal und ein Umschaltventil vom<br />
Fahrer auf hydraulischem Weg betätigt werden 11321. Im Fahrsimulator<br />
kann diese Notfunktion demonstriert werden.<br />
Das rechts unten dargestellte Getrzebe wird einschließlich der elektro-<br />
pneumatischen Betätigung (Magnetventile und Stellzylinder) sowie den<br />
Wegsensoren zur Erfassung der Schaltwege gemäß den Ausführungen in<br />
Abschnitt 4.3.2 (Variante 2) verbaut'.<br />
Die Druckluft für die pneumatischen Teile der Aktuatorik wird extern er-<br />
zeugt und dem Fahrsimulator über einen Druckluft-Anschluss zugeführt.<br />
4.4 Sirnulationsmodell<br />
In Ab~chnit~t 4.3 wurde ausgeführt, welche Fahrzeug-Komponenten im<br />
Fahrsimulator als reale Hardware verbaut und betrieben werden. Alle<br />
verbleibenden Teilsysteme werden in einem echtzeitfähigen Simulationsmodell<br />
abgebildet und auf einem Simulationsrechner implementiert.<br />
Im Fahrsimulator wirken reale und simulierte Komponenten so zusammen,<br />
dass der gesamte, in Abschnitt 4.3 spezifizierte Funktionsumfang<br />
verfügbar wird.<br />
Den Kern der Simulation bildet ein Modell des Antriebsstranges und<br />
der Längsdynamik eines LKl~T-Sattelzuges <strong>mit</strong> variabler Beladung. Als<br />
Grundlage wird das in [I41 beschriebene Modell eines PKW-Antriebs<br />
<strong>mit</strong> ASG verwendet. Dieses Rlodell wird für schwere Ntitzfahrzeuge modifiziert<br />
und erweitert. Das Sirnulationsrnodell besteht aus mehreren,<br />
in Bild 4.7 dargestellten Aggregate-hllodellen (vgl. Abschnitt 3.1 .I), die<br />
durch mechanische Größen (Drehzahlen und Drehmomente) gekoppelt<br />
sind.<br />
Als Eingabegrößen werden den Aggregate-Modellen Führungs-, Sensor-,<br />
und Stellgrößen zugeführt, welche entweder von real vorhandenen elek-<br />
tronischen Steuergeräten, von Steuergeräte-b1 odellen oder von den Be-<br />
dienelementen kommen. Mehrere berechnete Größen werden ausgegeben,<br />
welche z.B. auf dem Kombiinstrument angezeigt werden oder als Sensor-<br />
signale den real vorhandenen Steuergeräten zugeführt werden.<br />
In Abschnitt 2.1.2 wurde festgestellt, dass das Simulationsmode11 für<br />
einen Fahrsimulator alle denkbaren Fahrzustände abdecken muss, daniit
I<br />
Eingabe- Aggregate-Modelle Ausgabe-<br />
größen größen<br />
I - r-------,<br />
MM,i I I<br />
j ZMB Motor,<br />
I<br />
I zs<br />
b<br />
I I +<br />
I I<br />
I I<br />
I I<br />
Motor-<br />
bremsen,<br />
Starter<br />
WM 1<br />
I I<br />
1 I -M,/ WM I r : I<br />
i S~ ! O l<br />
I<br />
I CJI<br />
I<br />
Kupplung<br />
1 C l<br />
1 3 ;<br />
I r I<br />
I O i I l o ;<br />
MK 4 GE l O l<br />
; : I - @VG I f<br />
/ g j Z ~ Getriebe- 1x1<br />
I -<br />
WGA j :z i<br />
i i dynamik<br />
; W : ? l Eo i l<br />
; u ~ MG, J GA ~ r ;<br />
1 s : -<br />
1 3<br />
131<br />
'i 0 ;<br />
I M„ I<br />
j L I<br />
; o :<br />
Retarder I ~ I<br />
I C o 1 C l<br />
I C I I O .- ) j<br />
I O l<br />
I m I<br />
I W I MAW~ GA i o i<br />
i i i ; V ) :<br />
IO,I<br />
I r :<br />
Hinterachse<br />
-<br />
I C I<br />
l O 1<br />
I W I<br />
I L I<br />
/Si<br />
-<br />
--t M M ~ HA<br />
/ LL sBP<br />
I I +<br />
-<br />
FN,i<br />
I<br />
Brems- Reifen,<br />
I<br />
I<br />
-+ anlage Rad-<br />
I<br />
FBi - '<br />
I<br />
drehung<br />
I<br />
I<br />
I<br />
' O i<br />
i a i<br />
I --<br />
"VA 1 5 3 ! 1<br />
wHA s i<br />
3 i<br />
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I<br />
"F<br />
*<br />
Fahrzeug-<br />
Längs-<br />
VF 1<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
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I<br />
I ast<br />
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dynamik<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
I<br />
irI<br />
I I<br />
L ------- _i<br />
Bild 4.7: Struktur lind signalfliiss des Simulatioiisnioc~rlls
die Simulation stets plausibel ist. In den folgenden Unter abschnitten<br />
werden mathematische Formulierungen der hlodellgleichungen für die<br />
in Bild 4.7 dargestellten Aggregate angegeben, die diese Anforderungen<br />
erfüllen und numerisch für die Echtzeitsimulation geeignet sind.<br />
Auch besondere Betriebszustände werden hier<strong>mit</strong> korrekt behandelt, z.B.<br />
das Anrollen im Gefälle, das Anfahren am Berg bei rückwärts rollendem<br />
Fahrzeug, das ,,Abwürgena des Verbrennungsmotors und Schaltabbrüche<br />
durch fehlerhafte manuelle Bedienung im Kupplungs-Notbetrieb.<br />
Die in Bild 4.7 eingetragenen Formelzeichen werden im Zusammen-<br />
hang <strong>mit</strong> den entsprechenden Aggregaten erläutert. Eine ausführliche<br />
Beschreibung der realen Antriebskomponenten enthält [133].<br />
4.4.1 Verbrennungsmotor<br />
Der Verbrennungsmotor wird in der Simulation als steuerbare Drehmomentquelle<br />
abgebildet. Yom Modell des Motor-Steuergerätes wird in<br />
Abhängigkeit von der Fahrpedalstellung und anderer Einflussgrößen eine<br />
fiktive Größe A~M,i,soll er<strong>mit</strong>telt. Diese repräsentiert einen Sollwert<br />
für das „innereG, d.h. durch die Gaskräfte an der Kurbelwelle erzeugte<br />
Drehmoment ohne Berücksichtigung von Reibungsverlusten.<br />
Dieses Moment wird durch die Volllastkennlinie hfhf,„(wM) und die<br />
Schleppkennlinie AIM,~ (wM) begrenzt,<br />
Diese Kennlinien sind als gemessene, stationäre Verläufe in Abhängigkeit<br />
von der Motordrehzahl abgelegt. Die Größen hfnr.u und repräsen-<br />
tieren ebenfalls „innere6' Momente ohne Berücksichtigung der Reibung.<br />
Stark vereinfachend wird angenommen, dass dieses begrenzte Moment<br />
vom Motor <strong>mit</strong> einer Verzögerungsfunktion erster Ordnung <strong>mit</strong> der Zeitkonstanten<br />
TM aufgebaut wird. Da<strong>mit</strong> gilt folgende Differenzialgleichung<br />
für das innere h/lotormoment hfM,i :<br />
Das mechanische Motor-Reibmoment hfn~,~<br />
[I341 ist in MAIJi nicht ent-<br />
halten. Es wird als separate Kennlinie angegeben, wobei der Einfluss der
Ölviskosität verriachlässigt wird.<br />
Die zu-eistufige Motorbremse bewirkt im betätigten Zustand ein<br />
zusatzliches, drehzahlabhängiges hfornent an der Kiirbelwelle,<br />
Aiuch dieses Yloment ist in Form gemessener Kennlinien im Modell hin-<br />
terlegt. Der Betätigungszustand iMs t {AUS, STUFE 1 , STCFE 2)<br />
der llotorbrernse wird vom Modell des A'fotor-Steuergerätes vorgegeben.<br />
Der Starter wird vereinfacht als Gleichstrom-llaschine <strong>mit</strong><br />
Nebenschluss-Erregung abgebildet2. Dieser klotortyp erbringt bei<br />
Stillstand das rnaxiniale Drehmoment ~lisi.o. Mit steigender Drehzahl<br />
fällt das hlorrient linear <strong>mit</strong> der Steigung -kst ab und erreicht bei<br />
der Leerlaufdrehzahl wct,~ den UTert Null [136]. Der Starter-Zustand<br />
zst E {AUS , EIN) wird vom hlodell des Motor-Steuergerätes vorgegeben.<br />
Beim Startvorgang (zst = EIN) erzeugt der Starter ein<br />
Zusatz-Drehmoment an der Kurbelwelle. Dieses ergibt sich unter<br />
Berücksichtigung der Übersetzung ist zwischen Schwungrad und<br />
Starter-Ritzel sowie des Freilaufs zu<br />
= ist . (Mst,o - kst . min(ist . WM , wst,o)) . (4.5)<br />
Die berechneten Drehmomente sowie das vom Kupplungs-hlodell (Xb-<br />
schnitt 4.4.3) er<strong>mit</strong>telte Kupplungmoment AfK sind an der Kiirbelwelle<br />
wirksam. Da<strong>mit</strong> ergibt sich die folgende Differerizialgleichung für die<br />
Motor-IVinkelbeschleunigung:<br />
repräsentiert das hlassenträgheitsmoment des Kurbeltriebs.<br />
Durch numerische 1nt)egratiori von Wn4 erhält riiari die 3 fotor-<br />
I{-inkelgessch~$-indigkeit wnr, die an das Kupplurigs-hlodell (siehe Ab-<br />
schnitt 4.4.3) iibergeben wird.<br />
4.4.2 Motor-Steuergerät<br />
Die für den Fahrsi~nulator wesentlichen Betriebszustände des 3Iotor-<br />
Steuergerätes werden in der Siiriiilation unter Einsatz des Werkzeugs<br />
'~eale Nutzfahrzeug-Starter sind meist als kombiniert^ Reihen- urid Nebenschluss-<br />
hlaschirie ausgeführt [133]. Für den Fahrsiriiulator ist dies ohne Bedeiltuiig.
Startabbruch<br />
[Start == 01<br />
Zündung<br />
- [Zdg == 11<br />
Motor-Start/<br />
Anlassen<br />
"Abwürgen" Abstellen<br />
Anrollen<br />
hzahl erreicht ,.,J , n-M-onl<br />
Drehzahlregelung<br />
Event-M-Vorgabe<br />
[Bedingung]<br />
U e--i><br />
0<br />
Zustand Zustands-Übergang lnitialisierung Verzweigung<br />
Bild 4.8: Vereinfachter Zust andsgraph der Motor-Steuerung<br />
STATEFLOW als Zustandsgraph abgebildet (vgl. -4bschnitt 2.3.3).<br />
Bild 4.8 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Zustände und Übergänge.<br />
lom Zustand Motor- Aus erfolgt bei eingeschalteter Zündung <strong>mit</strong> dem<br />
Drehen des Zündschlüssels in die Startstellung der Übergang in den<br />
Zustand Motor-Start. Der Starter im IlTotormodell wird aktiviert. Sobald<br />
die Motordrehzahl nM die Startdrehzahl n ~,„ überschreitet, wird<br />
der Zustand Motor-An erreicht. Im Unterzustand n-Regelung wird bei<br />
blotorleerlauf und während Schaltvorgängen ein Drehzahlregler aktiviert.<br />
Dieser Drehzahlregler ist außerhalb des Zustandsgraphen realisiert<br />
und im Bild nicht dargestellt. Im Unterzustand M-Vorgabe erfolgt<br />
eine Vorgabe des Motor-Sollmome~its durch das elektronische Antriebs-<br />
Management. Beim Ausschalten der Zündung oder bei Unterschreitung<br />
einer unteren Grenzdrehzahl rl~,~ff (,,Abwürgenu des Motors) wird wieder<br />
der Zustand Motor-Aus erreicht.
4.4.3 Kupplung<br />
Bild 4.9: a) Qualitativer \'erlauf des übertragbaren Kuppluiigsnioments<br />
in Abhängigkeit vom Ausrückweg (normiert)<br />
b) Kupplungs-Gleitmoment in ,4bhängigkeit vom Kupplungs-<br />
schlupf bei verschiedenen Ausrückwegen (normiert)<br />
Im Fahrsimulator wird der Ausrückweg SK der Trockenkupplung von der<br />
real verbauten Kupplungs-Aktuatorik ei~igestellt und von einem IVegsen-<br />
sor erfasst. SK wird dem Kupplungsmodell zugeführt. Dieses unterschei-<br />
det zwischen den Zuständen Haften und Gleiten. Der Zustand Kupplung<br />
geöflnet stellt einen Sonderfall des Zustands Gleiten dar.<br />
Irn Haftzustand wird das Kupplungsmoment hfK.h durch die Torsionssteifiglteit<br />
CK und den Reibungskoeffizienteri dK des Torsionsdämpfers<br />
bestimmt [137]. Das Jloinent wird durch das maximal übertragbare<br />
Kupplungsmonient ,llK,li„, begrenzt, das als gemessene oder berechnete<br />
Funktion des _iusrückweges s~ srorliegt. Bild 4.9 a) zeigt ein B~ispic.1 in<br />
norrriierter Darstellung. Man erhält<br />
hfK,h = sign(w~) . min ((CK . p~ + d~ . W K I , A'f~.[im(s~)) . (4.7)<br />
~ I K ist der lrerdrehwinkel des Torsionsdämpfers. Die Kupplungsdrehzahl<br />
WK wird definiert als Differenz der Motordrehzahl wAjr und der<br />
Getriebeeingangs-Drehzahl WGE,<br />
Irn Gleitzustand wird die Federkonstante c~ zu Null gesetzt. Für das
Kupplungs-Gleitmoment AlK,, ergibt sich<br />
Zur Veranschaulichung wird der Kupplungsschlupf XK als Kupplungs-<br />
drehzahl, bezogen auf die maximale Motordrehzahl definiert,<br />
In Bild 4.9 b) ist das normierte Gleitmoment in Abhängigkeit vom Kupp-<br />
lungsschlupf und vom Ausrückweg dargestellt. Bei geringen Schlupfwer-<br />
ten ist das hlornent proportional zum Schlupf (strichlierte Gerade). Bei<br />
höheren Schlupfwerten erfolgt wiederum eine Begrenzung durch das ma-<br />
ximal übertragbare Alomeiit in Abhängigkeit vom Ausrückweg (durch-<br />
gezeichnete Geraden).<br />
Der Grenzwert XK,0 hängt von den Parametern der betrachteten Kupplung<br />
ab und liegt in der Größenordnung XK,0 = 0,001 . . . 0,005. Der<br />
stetige Verlauf des Kupplungsmoment~s für XK -+ 0 gewährleistet eine<br />
numerisch stabile Berechnung von Anfahr- und Lastwechselvorgängen.<br />
4.4.4 Getriebe<br />
LVie in Abschnitt 4.3.2 ausgeführt wurde, kann das real vorhandene Ge-<br />
triebe irn Fahrsimlator zwar geschaltet werden, dreht sich jedoch nur<br />
<strong>mit</strong> geringer, konstanter Drehzahl. Der aktuelle Schaltzustand wird vom<br />
Getriebe-Steuergerät er<strong>mit</strong>telt und als lTektor & dem Simulationsmodell<br />
der Getriebe-Dynamik zugeführt.<br />
Im Getriebe-Modell lvird aus zunächst die Getriebe-Gesamtüberset-<br />
zung ic und die Übersetzung der Split-Gruppe iv berechnet. Für die<br />
Gesamtübersetzung gilt<br />
iG > 0 : lTorwärtsgänge geschaltet<br />
iG = 0 : Neutralstellung (4.11)<br />
iG < 0 : Rückwärtsgänge geschaltet<br />
Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Kupplungszustands werden im<br />
Getriebemodell vier Betriebszustände unterschieden, welche bereits in<br />
Abschnitt 4.3.2 definiert wurden. Im Folgenden werden für jeden Zustand<br />
die Beziehungen zwischen der Getriebeaiisgangs-Drehzahl w e und ~ der<br />
Getriebeeingangs-Drehzahl WGE sowie zwischen den Momenten MGE am
Getriebeeingang und hlGl an1 Getriebeausgang angegeben. Die Bedeu-<br />
t ung der Hilfsgröße ig wird anschließend erläutert,.<br />
1. Kupplung geöffnet, kein Gang geschaltet: Getriebeeingang und<br />
\rorgelegewelle werden durch Reibung niit der konstanten Win-<br />
kelbeschleunigung wGEIO abgebremst.<br />
"'GE,() (WGE/ >'JGE,nuin<br />
G = { 0 : sonst . (4.12)<br />
Die Konstante WGE,niriir ermöglicht eine nunierisch zuierlässige Erkennung<br />
des Stillstands der Getriebeeingaiigs-IYelle. ¿jc:i~,., n L,7n ist<br />
1-011 der Simulations-Schrit tweit e 12 abhängig,<br />
Die Getriebeeingangs-Drehzahl u~l;~. ergibt sich durch numerische<br />
Integration von WGE.<br />
2. Kupplung geöffnet, Gang geschaltet: Getriebeeingang und Getrie-<br />
beausgang sind formschlüssig verbunden.<br />
3. Kupplung haftend oder gleitend, kein Gang geschaltet: llotor. Ge-<br />
triebeeingang und Vorgelegewelle sind l-erburiden.<br />
1. Kupplung haftend oder gleitend, Gang ge~chalt~et: Kraftübertragung<br />
zwischen klotor und Getriebeausgang.<br />
Für die Dreliz,ahl der Vorgelege~velle gilt stets<br />
'JG E<br />
CVVG = - .<br />
2 1'
Beim Gangwechsel ändert sich der berechnete Wert ic sprunghaft. Der<br />
Synchronisationsvorgang bei Schaltungen wird im Getriebeinodell durch<br />
eine stetige Anpassung der Gesamtübersetzung zwischen altem und neu-<br />
em Gang <strong>mit</strong> der Zeitkonstanten Te,sync angenähert,<br />
Dadurch wird zugleich der aus numerischen Gründen erforderliche, stetige<br />
Verlauf der berechneten Drehmoment- und Drehzahlwerte erreicht.<br />
Bei der vorliegenden Realisierung muss der Synchronisationsvorgang im<br />
Modell spätestens bei Abschluss eines Schaltvorgangs irn realen Getriebe<br />
beendet sein, sonst werden vom Getriebe-Steuergerät unplausible Drehzahlen<br />
sensiert, die zum Schaltabbruch führen. Mit der Abschätzung<br />
T G , ~ 0,5 ~ . TG,min ~ ~ wird diese Forderung erfüllt. Die minimale Schaltzeit<br />
TG ,rnin des realen Getriebes wird experimentell bestimmt.<br />
Die berechneten Drehzahlen der Vorgelegewelle und des Getriebeaus-<br />
gangs werden zur Ansteuerung von Signalgeneratoren verwendet. Die er-<br />
zeugten elektrischen Signale werden dem Getriebe-Steuergerät zugeführt<br />
und ersetzen die fehlenden Sensorsignale (siehe Abschnitt 4.3.2).<br />
4.4.5 Hydrodynamische Dauerbremse (Retarder)<br />
Das betrachtete Fahrzeug ist <strong>mit</strong> einer hydrodynamischen Dauerbremse<br />
ausgestattet, die ein zusätzliches Bremsmoment <strong>mit</strong>tels eines Stirnradge-<br />
triebes <strong>mit</strong> der Übersetzung iRet auf den Getriebeausgang überträgt (so<br />
genannter Sekundär-Retarder). Dieses Aggregat sowie das zugeordnete<br />
Retarder-Steuergerät wird vereinfacht im Simulationsmodell abgebildet.<br />
Das Wirkungsprinzip des Retarders entspricht einer hydrodynamischen<br />
Kupplung <strong>mit</strong> feststellender Turbine. Die Bremsleistung geht als WTärme<br />
in das Arbeitsmedium (Öl) <strong>mit</strong> der Dichte PRet über und wird über<br />
einen Wärmetauscher und die Motorkühlung abgeführt. Die Theorie der<br />
Strömungsmaschinen liefert für das maximale Bremsmoment<br />
wobei die Leistungszahl XRet von der Rotordrehzahl bJRet, der Stellung<br />
der Turbinenschaufeln und von einem Steuerdruck abhängt, der den<br />
Füllungsgrad des Retarders und da<strong>mit</strong> die Bremsleistung beeinfliisst.<br />
DRel ist eine geometrische Größe, die als Durchmesser des Retarders<br />
bezeichnet wird [138].
t 1.<br />
M Ret<br />
MRet.rnax<br />
0.5 -<br />
0 1000 2000 3000 0 1 2 3<br />
nRet I min-I -+ tls +<br />
Bild 4.10: a) AIaxiniales Retarderrriomeiit in Abhängigkeit der Rotor-<br />
drehzahl (Beispiel)<br />
b) Zeitlicher Verlauf des auf seinen Maximalwert bezogenen<br />
Retardermoments (durchgezogene Kurve) nadi einem Soll-<br />
wertsprung (strichliert)<br />
Da diese Parameter schwierig zu er<strong>mit</strong>teln sind und G1. 4.19 das Ver-<br />
halten eines realen Retarders nur unzureichend beschreibt (u.a. wird die<br />
maximal mögliche IVarmrabfuhr nicht berücksichtigt), wird in1 Simu-<br />
lationsmodell das niaximale Retarderrnoment als stationär geiiiessene<br />
Kennlinie in Abhängigkeit von der Rotordrehzahl abgelegt.<br />
Af~et.lr2cl.r = ilf~etjnnx (UR&) . (4.20)<br />
Iri Bild 1.10 a) ist dies beispielhaft dargestellt. Die Rotordrehzahl ergibt<br />
sich aus der Getriebeausgangs-Drehzahl zu<br />
Ein von der Dauerbremsen-Steuerung vorgegebenes Retarder-<br />
Sollmoment hlRet„,il wird auf das maximal mögliche 14oment nach GI.<br />
4.20 begrenzt,<br />
Der dynamische Rfonientenaukau des Retarders wird durch eine<br />
I>rzögerungsfuiiktion zweiter Ordnung und eine zusätzliche Tot reit TRet
angenähert. Bild 4.10 b) zeigt beispielhaft den zeitlichen Verlauf des Re-<br />
tardermoments AlRet nach einem Sollwertsprung.<br />
Dieses Moment wird durch das erwähnte Stirnradgetriebe auf den Getrie-<br />
beausgang übersetzt. Da<strong>mit</strong> erhält man das an der Kardanwelle wirkende<br />
Gesamtmoment :<br />
4.4.6 Hinterachse<br />
.MAw = AiGA - iRet ' MRet .<br />
(4.23)<br />
Das an der Hinterachse wirkende Drehmoment AlHA ergibt sich unter<br />
Berücksichtigung der ~interachs-cbersetzurig irri aus dem hloment an<br />
der Kardanwelle,<br />
h1H,4 = ZHl4 AlAW . (4.24)<br />
Unter Berücksichtigung des Ausgleichsgetriebes ergibt sich das Antriebs-<br />
rnoment am rechten und am linken Hinterrad zu<br />
Die Hinterachs-Drehzahl wird aus den Drehzahlen des rechten und des<br />
linken Rades der Hinterachse berechnet,<br />
Bei der im Fahrsimulator bertrachteten. reinen Fahrzeug-Längsbewe-<br />
gung und unter der Annahme gleichen Schlupfes am rechten und linken<br />
Hinterrad (siehe Abschnitt 4.4.9) ergibt sich die Drehzahl der Hinterach-<br />
se <strong>mit</strong> G1. 4.50 aus der Umfangsgeschwingigkeit vth ,h der Hinterräder und<br />
dem Reifen-Halbmesser rd„ zu<br />
Die Größe rdgn wird als Näherung für den dynamischen Rollradius rd„<br />
verwendet, da dieser nur rnesstechnisch bestimmt werden kann, in der<br />
Simulation jedoch nicht bekannt ist (siehe Abschnitt 5.3.2).<br />
Aus WHA wird <strong>mit</strong> der ~interachs-Übersetzung die Kardanwellen-<br />
Drehzahl w ~u- berechnet, die auch der Getriebeausgangs-Drehzahl WGA<br />
entspricht,<br />
WAL\' = W C:,~ = iH.4 ' w HA (4.28)
4.4.7 Elektro-pneumatische Bremsanlage<br />
V1 ,V2,V3 = Vorratsdruckbehälter<br />
Pneumatik-Leitung<br />
Bild 4.11: Vereinfachter Aufhau der elektro-pneumatischen Bremsanlage<br />
(nach [133]). Die elektrischen Verbindungen sind nicht einge-<br />
zeichnet.<br />
Das betrachtete Nutzfahrzeug ist <strong>mit</strong> einer elektro-pneumatischen<br />
Bremsanlage (EPB) ausgerü~t~et . Nach einer kurzen Besclireibiing der<br />
IYirkungsweise wird eine vereinfachte .4bbilduiig der EPB in1 Siniulationsmodell<br />
für den im Falirsimulator dargestellten Sattelzug <strong>mit</strong> 1-ariabler<br />
Beladung hergeleitet.<br />
Aufbau und Wirkungsweise:<br />
Elektro-pneumatische Bremsanlageri sind seit 1993 für Zugfahrzeuge und<br />
Anhänger bzw. Sattelauflieger verfügbar [139, 1401. Da die 6bertragung<br />
der Bremspedal-Betätigung zu den Radbremsen teilweise elektrisch er-<br />
folgt, handelt es sich um ein Brake-by- Wzre-System [141]. Zusätzlich exis-<br />
tiert eine redundante, rein pneumatische Zweikreis-Bremsanlage, wel-<br />
che nur bei <strong>Elektronik</strong>-Fehlern aktiv wird. In Bild 4.11 ist der Aufbau<br />
der Bremsanlage vereinfacht dargestellt. Das Regelungskonzept wird in<br />
[142, 1431 ausführlich beschrieben und hier kurz zusammengefasst:<br />
Der Betätigungsweg s ~ p<br />
des Brernspedals wird durch einen Brems-<br />
wertgeber erfasst und vom elektronischen Bremsen-Steuergerät als Soll-
Abbremsung z„rr interpretiert, d.h. als Quotient der Soll-Verzögerung<br />
-a„ll und der Erdbeschleunigung g:<br />
Durch eine im Bremsen-Steuergerät implementierte Verxögerungsrege-<br />
lung wird für eine gegebene Bremspedalstellung bei jedem Beladungszu-<br />
stand die gleiche Ist-Abbremsung z erreicht, sofern der Kraftschluss zwi-<br />
schen Reifen und Fahrbahn ausreicht. Hierzu werden die Luftdrücke in<br />
den Radbremszylindern der Vorderachse durch ein gemeinsames Druck-<br />
regelventil Vorderachse und zwei ABS- Ventile eingeregelt. Die Druckre-<br />
gelung für die Radbremszylinder der Hinterachse erfolgt <strong>mit</strong>tels zweier<br />
Regelkreise, die im Hinterachs-Modul zusammengefasst sind.<br />
Bei konventionellen Nutzfahrzeug-Bremsanlagen wird die lastabhängige<br />
Anpassung der Brernskrafi- Verteilung durch ein ALB-\'enti13 realisiert.<br />
Dagegen erfolgt diese Anpassung bei der EPB durch Differenzschlupf-<br />
Regelung. Es wird stets eine Minimierung der Schlupfdifferenz zwi-<br />
schen Vorder- und Hinterachse angestrebt. Die Schlupfdifferenz wird im<br />
Bremsen-Steuergerät aus den Raddrehzahlen berechnet, die <strong>mit</strong>tels in-<br />
duktiver Raddrekxahl-Sensoren erfasst werden.<br />
Wenn bei einem Sattelzug der Auflieger ebenfalls <strong>mit</strong> EPB aus-<br />
gerüstet ist, wird zusätzlich eine Koppelkraft-Regelung durchgeführt<br />
[145]. Die Kombination von Differenzschlupf- und Koppelkraft-Regelung<br />
ermöglicht eine annähernd ideale Bremskraft-ierteilung [146], d.h. die<br />
Kraftschluss-Ausnutzung k nimmt an der Vorder- und Hinterachse des<br />
Zugfahrzeugs sowie an der Auflieger-Achse den gleichen Wert an,<br />
ph ist der Haftreibungs-Beiwert zwischen Reifen und Fahrbahn.<br />
Abbildung der EPB irn Simulationsmodell:<br />
Die Aufgabe des Simulationsmodells der EPB-Anlage ist die Berechnung<br />
der dynamischen Achslasten FN,~ und der Bremskräfte FB,i für alle Achsen<br />
eines Sattelzuges in Abhäiigigkeit des Bremspedalweges sßp, der im<br />
Fahrsimulator vom Fahrer vorgegeben wird.<br />
3~~~=Automatischer<br />
lastabhängiger Bremskraftregler. Bei Stahlfederung erfolgt<br />
die Ventilbetätigung mechanisch (durch Einfederung der Hinterachse), bei Luft-<br />
federung pneumatisch (z.B. durch die Niveauregelung) [144].
Bild 4.12: Zur Er<strong>mit</strong>tlung der dynamischen ,ichslasten beim beladenen<br />
Sattelzug<br />
Hierbei wird vereinfachend angenommen, dass die Ist-Abbremsung z der<br />
Soll-Abbremsung z„,l nach G1. 4.29 stets entspricht und dass die ideale<br />
Bremskraft-Verteilung gemäß G1. 4.30 gegeben ist. Anhand von Bild<br />
Bild 4.12 erfolgt die Bereclinung der dynamische~i Achslasten. Im Bild<br />
sind die wirksamen Kräfte irnd die geoinetrischen Größeii der Zugmaschine,<br />
des -4ufliegers und der Ladung eingetragen. Dcr Eirifliiss der<br />
Fahrbahnsteigung sowie des Luftwiderstandes auf die Achslasten wird<br />
vernachlässigt. Ferner wird vereinfachend da-on ausgegangen, dass sich<br />
die Sattelkupplung genau über der Hiiiterachse des Zugfahrzeugs befindet.<br />
Die Schlupfregelungs-Funktionen und ASR. die c~beiifalls iin<br />
Bremsen-Steuergerät implementiert sind. werden i11 der Si~nulatioii nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Bei einem in der Ebene fahrenden Fahrzeug <strong>mit</strong> n~ gebremsten dclisen,<br />
an denen die Bremskräfte auftreten, ist die i\bbremsung gernaß DIN<br />
ISO 611 definiert durch<br />
wobei r n die ~ Fahrzeug-Gesamtmasse bezeichnet [147].<br />
Für einen Sattelzug, bestehend aus der Zugniascliine <strong>mit</strong> den1 Gewicht<br />
Gz und einem beladenen Sattelauflieger <strong>mit</strong> dem Gewicht Gc. lautet
GI. 4.31 wie folgt:<br />
-(FB,c + FB,~ + FB,A) - -(FB.r + FB,~ + FB,A)<br />
X = . (4.32)<br />
(G2 + G's) fij + FN,~ + FN,A<br />
Durch Einsetzen von G1. 4.30 in GI. 4.32 findet man<br />
Nun werden Aufbau und Ladung des Aufliegers zusammengefasst. Für<br />
das Ersatzsystem beladener Auf lieger gilt:<br />
G~=GA+GL (Gesamtgewicht) ,<br />
GA ' t 4,h + GL ' eL.h<br />
ls.h (Schwerpunktlage) ,<br />
GA + GL<br />
hs =<br />
GA * h4 + GL - h~<br />
GA + GL<br />
(Schwerpunkthöhe)<br />
Stellt man den Impuls- und den Drallsatz für das Zugfahrzeug und den<br />
beladenen Auflieger auf und berücksichtigt zusätzlich G1. 4.30 und G1.<br />
4.33 für das Gesamtfahrzeug, so ergeben sich die Achslasten FN,%, und<br />
FN,~ der Vorder- und Hinterachse des Zugfahrzeugs, die Achslast FN A<br />
des Aufliegers sowie die Sattellast FN,~ in Abhängigkeit von der Abbremsung<br />
X zu<br />
FN,K = GS - FN,A (Satt ellast)<br />
P", L7.h- h<br />
"~,n<br />
FN,~, = GZ . + FA~,K. 2. - (Vorderachse)<br />
ez,o f z,o<br />
I ' C L I ~ K<br />
FN,~ Gz + FN,K - FN,U (Hinterachse)<br />
In Bild 4.13 sind beispielhaft die nach G1. 4.35 berechneten, dynami-<br />
schen Achslasten über der Abbremsung aufgetragen. Die angegebenen<br />
Fahrzeug-Parameter sind geschätzt. GI. 4.35 gilt auch für Bremsungen<br />
bei Rückwärtsfahrt (i < 0).<br />
RIit Cl. 4.30 erhält man die gesuchten Bremskräfte an den Achsen,<br />
Diese gehen in die Berechnung der Fahrzeug-Längsdynamik (Abschnitt<br />
4.4.8) und der Raddrehung (Abschnitt 4.4.9) ein.
100<br />
FN<br />
Bremsung rückwärts Bremsung vorwärts<br />
I<br />
F,, (Auflieger-Achse)<br />
- 1 - .<br />
- # - , -, - - -%--,=- - -- - - - -----,- 20 Zugfahrzeugs) -- I,<br />
h,<br />
= 2,7 m<br />
= 0.8 m<br />
Is.~ = 3,O m<br />
h, = 2,O m<br />
h, =1.0m<br />
0<br />
Bild 4.13: Achslasten eines Sattelzuges in Abhangigkeit von der Abbrem-<br />
sung bei idealer Bremskraft-Vert,eilung (Beispiel)<br />
4.4.8 Längsdynamik<br />
Bei der Berechnung der Fahrzeug-Längsbe~veguiig im Simulationsniodell<br />
sind die Zustände ,.Fahrzeug steht" und .,Fahrzeug fährt" zu unterscheiden.<br />
Dies ist notwendig, da die Siinulationsanlage mehrere Signale ausgibt,<br />
die bei Fahrzeugstillstand besondere Werte annelirneri.<br />
Im Folgenden wird eine Formulierung angegeben, die für lorwärts- und<br />
Rückwärtsfahrt, bei Steigung und im Gefälle so~vie für Antrieb und<br />
Bremsung gültig ist und den numerischen Anforderungen der Echtzeitsimulation<br />
genügt.<br />
Beim stehenden Fahrzeug gilt für die Fahrzeug-Geschwindigkeit und die<br />
Beschleunigung<br />
I
Für das fahrende Fahrzeug gilt der Impulssatz<br />
1<br />
Die Gesamtmasse m~ das Fahrzeugs setzt sich aus den konstanten hIassen<br />
mz der Zugmaschine und m~ des Aufliegers sowie der variablen<br />
Masse rn~ der Ladung zusammen,<br />
Die Summe Fl der von der Bewegungsrichtung des Fahrzeugs unabhängi-<br />
gen Kräfte setzt sich aus der Antriebskraft FA und dem Steigungswider-<br />
stand Fst zusammen4,<br />
Das Antriebsmoment AlHA an der Hinterachse ergibt sich aus G1. 4.24.<br />
'<br />
'dyn ist der Radhalbmesser (vgl. Abschnitt 5.3.2).<br />
F2 ist die Summe der Kräfte, die der Fahrzeugbewegung stets entgegen<br />
wirken. F2 besteht aus der Rollreibungskraft FRw,ges, dem Luftwiderstand<br />
FLiv [148j5 und der Summe der Bremskräft'e aller Achsen Fs:g„<br />
(siehe G1. 4.36),<br />
Der ilbergang vom fahrenden in den stehenden Zustand erfolgt, wenn<br />
die Anhalte bedingung erfüllt ist:<br />
Die Anhaltegeschwindigkeit vSt„ ist in Abhängigkeit von der<br />
Integrations-Schrittweite h und der maximal auftretenden Beschleuni-<br />
gung bzw. Verzögerung des Fahrzeugs U„, zu wählen6. Es gilt:<br />
vstop > h . Iarnai 1 . (4.43)<br />
4~m Fahrsimulator kann die Beladung mL sowie der Fahrbahn-Steigungswinkel aSt<br />
vom Bediener vorgegeben werden.<br />
"Hei Windstille und unter Vernachlässigung des Einflusses der Fahrbahnsteigung<br />
auf den Rollwiderstand.<br />
'~eis~iel: lamm 1 =10ni/s2, h=lms i u,iop > 0,01 rn/s. Wähle ztst„ = 0,02 m/s.
Für den Übergang vorn stehenden iii den fahrenden Zustand gilt dir<br />
Anfahrbedingung<br />
(4.44)<br />
IFll - F2 > F4nf .<br />
Die Konstante FJ4nf kann als Anfahrwiderstand erklärt werden, der nach<br />
die Haftreibungskräfte in den Radlagern und im Antriebsstrang sowie<br />
den „RollwiderstandL. des stehenden Fahrzeugs umfasst 11-19]. F4„f kann<br />
experinientell er<strong>mit</strong>telt werden.<br />
'nlit dieser Formulierung werden alle denkbaren Vorzeichenkombinatio-<br />
nen von Geschwindigkeit, Beschleu~iigung, Antriebsmoment und Brerns-<br />
kraft korrekt behandelt.<br />
4.4.9 Rad-Umfangsgeschwindigkeit en<br />
Bild 1.14: a) Cmfangskraft eines Nutzfahrzeugreifens über dem Schlupf<br />
bei verschiedenen Radlasten (Quelle: <strong>FKFS</strong>)<br />
b) Iii~ertiertes Kennfeld für den stabilen Bereich<br />
Die reale <strong>Elektronik</strong> im Fahrsimulator benötigt zur korrekten Funktion<br />
plausible Werte für die Umfangsgeschwindigkeiten der Jorder- und<br />
Hinterräder des Zugfahrzeugs. Hierbei ist der Reifen-Längsschlupf im<br />
Antriebs- und Bremsfall zu berücksichtigen. In der Siniulation werden<br />
diese Geschwindigkeiten unter der bereits erwähnten L%niial~rne ausreichenden<br />
Kraftschlusses berechnet. Zusätzlich wird angenoiniiieii, dass dir<br />
Cinfangsgeschi~indigkeiten beider Räder einer Achse stets gleich sind.
Die Reifen-Umfangskraft an einem Vorderrad und an einem (angetrie-<br />
benen) Hinterrad ergibt sich <strong>mit</strong> GI. 4.36 und G1. 4.24 zu:<br />
Bei reiner Längsdynamik gilt für die Radlasten (<strong>mit</strong> G1. 4.35):<br />
Im Folgenden wird <strong>mit</strong> Fr die an einem einzelnen Rad wirkende Um-<br />
fangskraft und <strong>mit</strong> FaV die Radlast bezeichnet. Auf die Indices v,h für<br />
die Vorder- und Hinterachse sowie t,r für das linke bzw. rechte Rad wird<br />
verzichtet.<br />
In Bild 4.14 a) ist die Umfangskraft eines Nutzfahrzeugreifens über dem<br />
Schlupf X bei verschiedenen Radlasten angegeben. Der stabile Bereich<br />
der Kennlinien (dFLr / dX > 0) wird invertiert und als Kennfeld im Si-<br />
mulationsmodell abgelegt, Bild 4.14 b). Aus der Umfangskraft und der<br />
Radlast wird durch Interpolation der Schlupf bestimmt,<br />
Der Schlupf wird definiert zu<br />
X = {<br />
Vth - "JF<br />
max(I'-th , '-F')<br />
: Iuth 1 > vnurn V I ~ F 1 > vnum<br />
. (4.48)<br />
0 : sonst<br />
Die Bedeutung dieser Definition wird in Abschnitt 5.3.3 erläutert.<br />
G1. 4.48 wird für die Betriebszustände Vorwärts- und Rückwärtsfahrt<br />
sowie für Antrieb und Bremsung jeweils nach ~ t aufgelöst. h Da irn betrachteten,<br />
stabilen Bereich des Umfangskraft,-Kennfeldes nur geringe<br />
Schlupfwerte auftreten, werden zusätzlich die Näherungen<br />
1 I<br />
N 1 - X und --- xl+X : IXI
verwendet. Darnit erhält inan folgende Gleichungen für die gesuchte11<br />
Umfangsgeschwindigkeiten an der Jrorder- u11d Hiriterachse:<br />
@th,v = 'UF ' (1 + X„ . sign(~~)) ,<br />
c ~ UF ~ . , (1 + ~ Xh . sign(u~)) .<br />
Die Schlupfwerte X , und Xh werden jeweils <strong>mit</strong> G1. 4.47 bestimmt. Diese<br />
Formulierung ist für alle Betriebszustände gültig lind numerisch stabil.<br />
4.4.10 Steuergerät Fahrregelung (FR)<br />
Das FR-Steuergerät koordiniert die Antriebs- urid Brernsfunktioneii 1124.<br />
1-50]. Dieses Stc'uergerät ist iin Fahrsirriulator nicht als reale Koinponente<br />
vorhariden, Statt dessen werden die folgenden, für den Fahrsiinulator<br />
relevanten Funktionell in einem Steuergeräte-;\Tode11 geniäß Abschnitt<br />
3.1.7 detailliert nachgebildet:<br />
Erfassung der Betätigungen des elektronischen Fahrpedals, des<br />
Tempomat- und Dauerbremsenschalters, der Zündschlüsselstellung<br />
sowie anderer Bedienelemente,<br />
Interpretation der Fahrereingaben (Er<strong>mit</strong>tlung des ,,Fahrerwun-<br />
sches" bezüglich Antrieb und Bremsung) ,<br />
Er<strong>mit</strong>tlung der Drehzahl- und Dreliinoment-Sollvierte fiir den \er-<br />
brerinungsmotor ,<br />
Koordination der Bremseinrichtungen (Bet,riebsbreinse, XIotor-<br />
brernsen und hj-drody-narnischer Retarder) .<br />
Variation der Motor-Leerlaufdrehzahl,<br />
Geschm-indigkeitsregelung (Antriebs- und Dauerbreriisen-Tempo-<br />
mat, kombinierte Tempomatfunktion),<br />
Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit (Fahrervorgabe oder gesetz-<br />
liche Höchstgeschwindigkeit),<br />
Berechnung und Ausgabe der CAN-Nachrichten, die von den real<br />
verbauten Steuergeräten erwartet werden und<br />
Verarbeitung roii CAN-Dat,en, die von realen Steiiergerätrri oder<br />
anderen Steuergeräte-hlodellen erzeugt werden.
Anhand eines einfachen Beispiels wird die Implementierung einer ver-<br />
balen Funktionsbeschreibung in diesem Steuergeräte-Modell betrachet.<br />
Die Betriebsanleitung des Fahrzeugs [150] enthält (sinngemäß) folgende<br />
Erläuterung zur Bedienung der Dauerbremsen:<br />
Neben der Stellung des Dauerbremsen-Schalters hängt die Aktivierung<br />
von der Zündung ab: War der Dauerbremsen-Schalter beim Einschal-<br />
ten der Zündung bereits betätigt, so werden die Dauerbremsen zunächst<br />
nicht aktiviert. Die Kontrolllampe blinkt. Nachdem der Fahrer den Schal-<br />
ter einmal in die Nullstellung bringt und ihn danach erneut betätigt, sind<br />
die Dauerbrernsen aktiv. Die Kontrolllampe leuchtet.<br />
0ffl<br />
entry: DB-Lampe = AUS; DB Zustand = AUS;<br />
n<br />
[DB-Schalter >= I] [D8 - Schalter == 01<br />
V<br />
0n-standby<br />
-<br />
P<br />
Standbyl<br />
entry :<br />
DB-Lampe = BLINKEN;<br />
[KL15 == 01<br />
DB - Zustand = AUS;<br />
DB-Lampe = EIN;<br />
L J DB - Zustand = EIN;<br />
Bild 4.15: Vereinfachter Zustandsgraph der Steuergeräte-Teilfunktion<br />
„ Dauerbremsen- Aktivierung"<br />
In Bild 4.15 ist ein STATEFLOWT-Diagramm zur Implementierung die-<br />
ser Teilfunktion dargestellt7. Eingangsgrößen des Zustandsdiagramms<br />
sind die Schalterstellung DB-Schalter und das Zündungssignal KLl5. Si-<br />
gnalanderungen wie das Einschalten der Zündung bewirken Übergänge<br />
zwischen den Zuständen Off (Dauerbremsen abgeschaltet), On (Dau-<br />
erbremsen aktiv) und Standby (Schalter war beim Einschalten der<br />
Zündung betätigt). Die Ausgangsgröße DB-Zustand beschreibt den<br />
Aktivierungszustand der Dauerbremsen ( Aus/Ein) . Ein weiteres Aus-<br />
7~usätzlich hängt die Aktivierung der Dauerbremsen von weiteren Zustandsgrößen,<br />
z.B. der Fahrzeuggeschwindigkeit und der Motordrehzahl, ab. Auf eine Darstellung<br />
des gesamten, sehr umfangreichen Zustandsgraphen wird verzichtet.<br />
126<br />
\<br />
2
gangssignal DB-Lampe re~rä~sentiert den Zustand der I(ontroll1arnpe<br />
( Aus/Blinken/Ein) .<br />
4.5 Implementierung<br />
4.5.1 Simulationsprogramm und Echtzeitrechner<br />
Die Implementierung des beschriebenen Simulationsmodells erfolgt<br />
gernäß ;lbsclinitt 2.3 und Abschnitt 3.2.4 unter Einsatz der Werkzeuge<br />
SIlltTLINK, ST,ATEFLOTT7 und CANCLINK. Das IIotfell enthält kei-<br />
nen manuell erstellten Programm-Code. Durch Einsatz des SIMULIXK-<br />
Code-Generators RTTV wird automatisch ein ausführbares Programm<br />
erzeugt, welches auf einem Industrie-PC in Echtzeit abläuft. Nach dem<br />
Einschalten der Anlage <strong>mit</strong>tels eines Hauptschalters wird das Programm<br />
automatisch geladen, initialisiert und gestartet . Der Fahrsimulat or ist<br />
nach wenigen Sekunden betriebsbereit. Dadurch ist die in Abschnitt 4.1.1<br />
geforderte Benutzerfreundlichkeit gewährleistet.<br />
Hohe Anforderungen bestehen bei der CAN-Kommunikation. Zur<br />
Gewährleistung eines fehlerfreien Betriebs der realen <strong>Elektronik</strong> niüssen<br />
alle CIAN-Kachricliten für jeden Fahrziistarid plausibel sein. Irn Fahrsi-<br />
mulator werden ca. 20 C14N-Nachrichten, bestehend aus rund 330 Ein-<br />
zelsignalen, <strong>mit</strong> kurzen Zykluszeiten vom Simulationsrecliner generiert<br />
und gesendet bzw. empfangen und ausgewertet. Der C-Code zur Codie-<br />
rung und Decodierung der Nachrichten wird unter lTerivendung des in<br />
Abschnitt 3.2.4 vorgestellten Code-Generators C ANULINK automatisch<br />
generiert und in SIMULINK eingebunden.<br />
Die CAN-Konfiguration entspricht Bild 3.10 b). Eingesetzt wird eine<br />
PC-Steckkarte rriit zwei unabhängigen CAN-Kanälen und einem eige-<br />
nen hIikroprozessor [15l]. Diese Karte führt die Sende- lind Empfangs-<br />
vorgänge autonom durch. Der Siinulationsrechrier wird durch die CAN-<br />
Kornrriunikat ion nur geringfügig belastet .
4.5.3 Interface-<strong>Elektronik</strong><br />
Zum Austausch der elektrischen Signale zwischen dem Simulations-<br />
rechner und den realen Hardware-Komponenten wird eine Interface-<br />
<strong>Elektronik</strong> verwendet. Diese besteht aus mehreren kommerziell verfügba-<br />
ren PC-Steckkarten sowie einer im Rahmen dieser Arbeit entwickelten<br />
Signalkonditionierung zur Nachbildung der elektrischen Eigenschaften<br />
passiver und aktiver Sensoren. In der Simulation werden mehrere Si-<br />
gnale zur Substitution der Drehzahlsensoren im Getriebe sowie weitere<br />
Sensorsignale erzeugt und über die Signalkonditionierung ausgegeben.<br />
Alle über die Bedienelernerite (Schalter, Pedale, etc.) vorgegebenen<br />
Größen werden in Aiialogspannungen umgewandelt und in die Simula-<br />
tion eingegeben. Störungen durch prellende Schalter oder elektromagne-<br />
tische Einstreuungen werden durch Hardware-Filter unterdrückt. Eine<br />
zusätzliche Signalaufbereitung erfolgt in der Software.<br />
4.6 Ausgewählte Versuchsergebnisse<br />
Zur Überprüfung der Qualität der Simulation und zur Veranschaulichung<br />
der Schulungsmöglichkeiten werden repräsentative Fahrmanöver unter-<br />
sucht. Die Versuchsergebnisse werden dargestellt und interpretiert.<br />
4.6.1 Validierung der Simulationsanlage<br />
In Bild 4.16 sind Messergebnisse für das Fahrnianöver Anfahren und<br />
Hochschaltung in der Ebene im Fahrversuch und im Fahrsimulator darge-<br />
stellt. Beide Versuche wurden im automatischen Schaltmodus interaktiv,<br />
d.h. <strong>mit</strong> realen Fahrern, durchgeführt. Da die Einflüsse auf den Fahr-<br />
widerstand (Fahrzeugmasse, Luft- und Rollwiderstand) im Fahrversuch<br />
nicht genau bekannt sind, erfolgt lediglich ein qualitativer Vergleich.<br />
Der Fahrpedalweg und der Kupplungs-Ausrückweg ist in normierter Dar-<br />
stellung angegeben. Die Gang-Angaben bestehen aus Gang-Nummer und<br />
Split-Schaltung (L = langsam, S = schnell).<br />
Der Vergleich zeigt, dass Anfahr- und Schaltvorgänge im Simulator plau-<br />
sibel nachgebildet werden. Vom Sirnulationsmodell werden die Drehzah-<br />
len des hlotors und des Getriebeeingangs. die Fahrgeschwindigkeit sowie<br />
weitere, nicht dargestellte Betriebsgrößen <strong>mit</strong> hinreichender Genauigkeit<br />
berechnet und an die realen Steuergeräte ausgegeben. Da<strong>mit</strong> ist deren
t<br />
60<br />
a) Fahrversuch b) Fahrsirnulator<br />
I I<br />
- Geschwindigkeit 6L<br />
kmlh --- Gang<br />
40<br />
2s<br />
-----------J<br />
20<br />
r-------<br />
I<br />
0 0 5 10 t 15<br />
- -+<br />
S<br />
Bild 4.16: Anfahren und Hochschaltungen im Automatik-hlodus<br />
a) im Fahrversuch<br />
b) irn Fahrsirriulator
fehlerfreie Funktion auch im Fahrsimulator gegeben. Das Überschwingen<br />
der Getriebeeingangs-Drehzahl im Falirversuch wird durch Elastizitäten<br />
im Antriebsstrang verursacht. Diese werden im Simulationsmodell nicht<br />
berücksichtigt, da sie für die korrekte Funktion des Fahrsimulators nicht<br />
relevant sind.<br />
Analog wurden weitere Fahrversuche durchgeführt, z.B. Ausrollen in der<br />
Ebene und Rückwärtsfahrt. Durch Vergleich <strong>mit</strong> Simulator-Versuchen<br />
wird eine gute qualitative Übereinstimmung festgestellt.<br />
4.6.2 Assistenzfunktionen<br />
Ein wichtiges Ziel der Fahrsimulator-Schulung ist die Demonstration<br />
von Assistenzfunktionen des Antriebsstrang-Managements, die im rea-<br />
len Fahrbetrieb nur dann aktiviert werden, wenn Gefahr für den Fahrer,<br />
die Umwelt oder das Fahrzeug besteht. Irn Fahrsimulator können sol-<br />
che Situationen gefahrlos nachgestellt werden. Die folgenden I11essungen<br />
wurden im Fahrsimulator bei interaktiver Bedienung aufgezeichnet. Ver-<br />
gleichsdaten aus dem Fahrversuch liegen nicht vor.<br />
In Bild 4.17 sind zwei Anfahrvorgänge a'n einer Steigung von 10 % dar-<br />
gestellt. Die Fahrzeugmasse beträgt jeweils 38 t (beladener Sattelzug).<br />
Im Teilbild a) wird der Anfahrgang (1s) von der ASG-<strong>Elektronik</strong> auto-<br />
matisch gewählt. Der Fahrer löst die Bremsen, betätigt jedoch nicht so-<br />
fort das Fahrpedal. Das Fahrzeug rollt rückwärts bergab. Bei Betätigung<br />
des Fahrpedals (tl) wird die Kupplung von der <strong>Elektronik</strong> in den Gleit-<br />
zustand geregelt ( s ~ / s X ~ 0,4), , ~ bis ~ die ~ Drehzahldifferenz zwischen<br />
hlotor und Getriebeeingang verschwindet. Erst dann wird vollständig<br />
eingekuppelt. Das Fahrzeug beschleunigt und führt zwei Hochschaltungen<br />
durch. Während des Einkuppelns signalisiert eine Warnleuchte kurzzeitig<br />
die drohende thermische Überlastung der Kupplung. Das Simulationsergebnis<br />
zeigt eine gute Übereinsti~mmun~ <strong>mit</strong> der Darstellung des<br />
Kupplungs-Regelungskonzeptes in [132].<br />
Im Teilbild b) wählt der Fahrer manuell einen zu hohen Anfahrgang<br />
(2s) und läßt das Fahrzeug zunächst zurückrollen. Nach der Fahrpedal-<br />
Betätigung (t ) wird aufgrund der hohen Kupplungs-Verlustleist ung<br />
(> 200 kW für mehrere Sekunden) wieder eine drohende Überhitzung<br />
signaliert. Da der Fahrer den Anfahrversuch fortsetzt (,,Vollgasa), wird<br />
bei t2 eine Schutzfunktion aktiviert, um die Zerstörung der Kupplung<br />
zu verhindern [150]: Durch vollständiges Einkuppeln und Abstellen des
proportional zur Xuslenkiing Aqi aus der Rlihelage $I, und wirkt der<br />
Rotation um die Hochachse entgegen. Beim C~berschreiten der Haftgren-<br />
ze erfolgt der Übergang in deii Gleitzustand. Das Gleitrnomeiit wird<br />
proportional zur Winkelgeschindigkeit / angesetzt.<br />
Das Schwenkmomei-it ergibt sich zu<br />
wobei A$ die Auslenkung des Reifens aus der entspannten Lage be-<br />
schreibt. c~ bezeichnet die Torsionssteifigkeit des Reifens um die Hoch-<br />
achse. Der Winkel $, setzt sich a.us dem Fahrzeug-Gierwinkel QzB und<br />
dein Lenkwinkel 6 des betreffenden Rades ziisarnnieri und gibt desseii<br />
absoluten Gierwirikel gegenüber der Fahrbahn an,<br />
Alnalog zur Berechnung der Horizontalkräfte wird eine Relaxationslänge<br />
Lr,B eingeführt. Diese beschreibt den Abrollnreg, den der Reifen in<br />
Längsrichtung zurücklegen muss, um das Schwenkmoment abzubauen<br />
(z.B. beini Anfahrvorgang). Unter Verwendung dieser Ansätze wird in<br />
[I701 die folgende Differenzialgleichung für die Ruhelage $„ d.h. den<br />
Rad-Gierwinkel im entspa~int~en Zustand hergeleitet,<br />
<strong>mit</strong> dem geschsvindigkeitsabhängigen Zeitfakt'or<br />
Der erste Term in G1. 5.29 bewirkt den wegabhängigen Ilorne~itenabbau.<br />
Der zweite Term berücksichtigt den Einfliiss der Radlast und bewirkt tleil<br />
Cbergarig zwischen Haft- lind Glritzustaiid. Der Parameter<br />
beschreibt die Haftgrenze. Er wird bestimmt, indem bei einer vorgegebenen<br />
Radlast F,v,B die Auslenkung A$, aus der Ruhelage gemessen wird,<br />
-<br />
bei der der Reifen zu gleiten beginnt. Die Zeitkonstante T$ bestimmt die<br />
Dynamik des ~aft-/~leit-¿'herganges. Sie wird iiii Falirsimulator esperimeritell<br />
abgestimmt. Es gilt 5 . TB .<br />
Aiiha1ts~~-erte zur Er<strong>mit</strong>tlung der Parameter sind in 11691 angegeben. Ini<br />
Falirsirriulator eririöglicht diese Forinulierung eine plausible Berechnung<br />
des Schn-enkmonlents bei allen denkbaren Fahrziistäiitlen.
5.3.8 Rollwiderstand<br />
Aufgrund der ungleichmäßigen Druckverteilung im Latsch greift die Nor-<br />
malkraft FN nicht in der Reifen<strong>mit</strong>te an, sondern um die Exzentrität e~<br />
in Richtung der momentanen Bewegung des Radträgers versetzt. Da-<br />
durch entsteht ein Drehmoment um die Radachse, das stets der Raddre-<br />
hung entgegen wirkt. Der Betrag dieses Rollmoments ergibt sich zu<br />
Die Wirkungsrichtung, d.h. das Sbrzeichen von Atril, wird in Abschnitt<br />
5.4.2 betrachtet. Bildet man das Lfomentengleichgewicht bezüglich der<br />
Radachse,<br />
I<br />
FN . e~ - FRW . rdyn = 0 ,<br />
so erhält man die Rollwiderstandskraft.<br />
<strong>mit</strong> dem Rollwiderstands-Beiwert fRw .<br />
(5.33)<br />
Diese Kraft wirkt in Fahrzeug-Längsrichtung über den Radträger und<br />
die Achse auf den Fahrzeugaufbau und bremst das Fahrzeug ab6.<br />
Der Einfluss der Fahrgeschwindigkeit auf die Rollreibung, wird aufgrund<br />
der vergleichsweise geringen Höchstgeschwindigkeit von Nutzfahrzeugen<br />
vernachlässigt, d.h. der Koeffizient fRF1~ wird als konstant betrachtet.<br />
5.3.9 Einleitung der Reifenkräfte in das MKS<br />
Im Simulationsmodell wird FRur für jedes Rad vorzeichenrichtig zu der<br />
schlupfbedingten Umfangskraft Fu aus (Gl. 5.20) addiert. Da<strong>mit</strong> erhält<br />
man die Gesamt-Umfangskraft<br />
6~urch Summation der Rollwiderstandskräfte aus G1. 5.34 über alle Räder ergibt<br />
sich der gesamte Rollwiderstand des Fahrzeugs in fibereinstimmi~ri~ <strong>mit</strong> G1. 4.41.<br />
Der Rollwiderstand verursacht sowohl bei PKW als auch bei Nutzfahrzeugen einen<br />
erheblichen Teil des Kraftstoffverbrauchs [148].
.Aus Fo,„, sowie der Seitenkraft (Gl. 5.21) und der Normalkraft (GI.<br />
5.3) n-ird für jedes Rad ein Reifenkraft-lTektor gebilciet,<br />
Dieser wird in das radtxägerfeste Koordinatensystcni des Rades traris-<br />
formiert und in das SIAIPLACK-IZIKS eingeleitet (sielie Bild 3.2).<br />
5.4 Bremsen und Raddrehung<br />
5.4.1 Bremsanlage<br />
&Arialog zu Ahschriit t -2.4.7 wird ein stark vereinfacht es Simulationsmodrll<br />
für elektro-pneuri~at~isclie Bremsanlagen verwendet7. Die dynainisehen<br />
Achslasten Fll;., werden jedoch riicht in Abhängigkeit von der Abbremsung<br />
i berechnet (sielie G1. 1.35), sondern ergeben sicli un<strong>mit</strong>telbar<br />
durch Addition der dynamischen Radlasten aus G1. 5.3,<br />
Die Indices l und r bezeichnen das linke und das rechte Rad der<br />
i-ten Achse. Unter Berücksichtigung der vom Fahrer vorgegebenen Soll-<br />
Abbremsung z„l, liefert das l/'Iodell gleiche Bremskräfte für beide Räder<br />
einer Achse,<br />
In1 Folgende11 n-ird <strong>mit</strong> FR die an einem einzelnen Rad wirkeride Brcrnskraft<br />
bezeichnet. Auf die Indices i für die A2chs-Numiner lind !.r fiir das<br />
linke bzw. rechte Rad wird verzichtet.<br />
5.4.2 Raddre hung<br />
In der Simulation ist eine Fallunterscheidung zwischen drehendem<br />
lind stehendem (bzw. blockiertem) Rad erforderlich. Dies gilt inbe-<br />
sondere für HIL-Anlagen ziir Untersuchuiig elektronischer Radschlupf-<br />
Regelungssysterne wie .ABC und ASR (siehe Abschnitt 3.1.5).<br />
7~lternativ karin ein in SIMITLINIi implementiertes Ifodell iur kon\entior~clle<br />
Sutzfahrzeilg-Bremsanlagen verwendet werden [I 193.<br />
153
In Analogie zur Behandlung des stehenden und des bewegten Fahrzeugs<br />
(siehe Abschnitt 4.4.8) wird das am Rad wirkende Drehmoment M, auf-<br />
geteilt. Das hloment setzt sich aus der instationären Umfangskraft<br />
nach G1. 5.20 und dem Antriebsmoment aus G1. 4.24 zusammen8,<br />
Seine \Virkungsrichtung ist unabhängig von der Drehrichtung des Rades.<br />
Das Moment ergibt sich aus der Bremskraft FB (Gl. 5.38) und der<br />
Rollwiderstandskraft FRw. (Gl. 5.34) zu<br />
Es wirkt stets entgegen der Drehrichtung des Rades. Für die Winkelge-<br />
schwindigkeit UR des drehenden Rades gilt der Drallsatz<br />
wobei JR das Trägheitmoment des Rades (Felge <strong>mit</strong> Reifen) um die Radachse<br />
ist. Der Zustandsübergang vom drehenden zum stehenden Rad erfolgt<br />
bei Erkennung eines \Torzeichenwechsels der Raddrehzahl während<br />
eines Simulationsschrittes. Die 77Blockierbedingung" lautet<br />
sign(w~(t + h)) # sign(wR(t)) . (5.42)<br />
Für das stehende bzw. blockierende Rad wird gesetzt:<br />
Der Haftreibungs-Beiwert p~,h zwischen den1 Bremsbelag und der<br />
Bremstrommel bzw. Bremsscheibe der Radbremse ist stets größer als<br />
der Gleitreibungs-Beiwert p ~ (Coulomb7sche , ~ Reibung). Für die Simulation<br />
wird abgeschätzt:<br />
Der Übergang vom stehenden zum drehenden Rad erfolgt, wenn die Summe<br />
der ,,antreibendenR Momente das Haftreibungssnioment der Bremse<br />
übersteigt. Die „LösebedingungC' lautet<br />
-<br />
'~ei nicht angetriebenen Achse11 wird das Antriebsmoment zu Null gesetzt<br />
154
5.5 Lenkung<br />
Zur Berechnung der Lenkwinkel der jiorderräder und zur Er<strong>mit</strong>tlung<br />
des Lenkrad~noments wird ein vereinfachtes Modell der Lenkanlage verwendet.<br />
Durch geeignete I+7ahl weniger Parameter ~virtl eine gute Säherung<br />
für vcrschiedei~e konstruktive Ausführungen vor1 Nutzfahrzeug-<br />
Lenkungen erreicht. Die Elastizitäten und Trägheiten der Lenkanlage<br />
sowie Reibung und Spiel werden nicht berücksichtigtY. Die folgenden<br />
Herleitungen basieren auf den Ausführungen iii [172, 173, 1741.<br />
5.5.1 Lenkwinkel<br />
Bild 5.12: Kinematischer Zusammenhang der Rad-Leiikwinkel <strong>mit</strong> dem<br />
Ackermanris3-inkel<br />
Bei Fahrsimulatoren wird der Lenkradninkel hH vom Fahrer vorgegeben<br />
und von einem Sensor in der Lenkeinheit (Abschnitt 5.7.2) erfasst. Aus<br />
SH werden die Lenkwinkel am linken und rechten Vorderrad berechnet.<br />
Hierbei werden folgende in DIN 70000 definierte Größen verm-endet:<br />
Der <strong>mit</strong>tlere Lenkwinkel 6„, ist das arithmetische Mittel des inneren und<br />
'~ie<br />
auftretenden hohen Eigenfrequenzen sind <strong>mit</strong> der vorgestellten Irerfahrensiveise<br />
im Echtzeithetrieb nunierisch nicht beherrschbar. Eine detaillierte hlodrllierung<br />
der Lerikung für Nicht-Eclitzeit-Annendungen unter Berücksichtigung dieser Ei-<br />
genschaften n ird in [I711 vorgestellt.
äußeren Rad-Lerikwinkels,<br />
Die kinematische Lenkübersetxung is ist der Differenzialquotient des<br />
Lenkradwinkels und des <strong>mit</strong>tleren Lenkkvinkels?<br />
Der Acker~mannwinkel dA ist derjenige Lenkwinkel, der an einem ge-<br />
dachten, einzelnen Rad in der Mitte der ibrderachse eingestellt werden<br />
inüsste, darnit der Fahrzrugschwerpunkt (SP) den gleicher1 Kurvenra-<br />
dius R beschreibt wie bei eiiienl realen Fahrzeug <strong>mit</strong> einer exakt nach<br />
Ackermann ausgelegten Lenkung (Bild 5.12). Wenn to der Radstand des<br />
Fahrzeugs und lh der ,kbstand des Fahrzeug-Schwerpunktes von der Hiri-<br />
terachse ist, so gilt<br />
Die Ackermannschen Gleichungen geben die Abhängigkeit der Lenkwin-<br />
kel am kurvenäußeren und kurveninneren Rad bei exakter Ackermann-<br />
Auslegung an:<br />
cot 6, = cot SA + CG<br />
(5.49)<br />
Die Konstaiite cc beschreibt die Fahrzeuggeometrie, wobei bir den ,\b-<br />
stand der Lenkachsen bei vernaclilässigter Spreizung bezeichnet.<br />
In der Simulation wird unter Verweiidung von G1. 5.47 zunächst der<br />
<strong>mit</strong>tlere Lenkwinkel in *Abhängigkeit des Lenkradwinkels berechnet.<br />
Die Funktion is(hH) ergibt sich aus der Kinematik von Lenkgetriebe,<br />
Lrnkstockhebel und Spur~t~a~ige. Sie karin z.B. aus hlessungen des Bahnradiiis<br />
bei larigsarner Fahrt <strong>mit</strong> verschiederien Lerikradwinkelri bestimmt
werderi. Falls die Er<strong>mit</strong>tlung von is(&) nicht nlöglicli ist, wird in GI.<br />
5.51 die koristaiite Lerikiibersetzung is,o iri Geradeaiisstelluiig vtlrn.er1dt.t.<br />
Der Xckernlannwirikel hA4 aus G1. 5.48 und der rilittlere Lenkwirlkel<br />
6„ nach G1. 5.46 untersclieiden sich bei realen Nutzfal~rzeugen riur ge-<br />
ringfügig, der maximale Fehler beträgt etwa 1 %. In der Siinulation wird<br />
deshalb die Näherung 6„, z verweridet. Durch LTrnforniung der Acker-<br />
manilschen Gleichungen und unter Beriicksicl-itigiirig des J70rspur~+-irikels<br />
6\7 erliält man die Leiikwinkel 6! uiid 6, des linken und rechten Rades1"<br />
aiis den1 rnit t leren Lerikwirikel:<br />
Zusätzlich wird der Xuslegungsfaktor ca4 E (0 . . . 1) eingeführt. Durch<br />
Jyariatiori von CA können unterschiedliche Lenkungs-Auslegungen uriter-<br />
sucht werden. Für CA = 0 ergibt sich eine Parallel-Xuslegiing, cZ4 = 1<br />
gilt für die Auslegung nach Ackermann.<br />
-41s Beispiel wird das in Bild 5.13 dargestellte Lenktrapez eines LKW<br />
betrachtet. Die exakte Berechnung der Lerikkinematik führt auf ein Gleichungssystem,<br />
welches nur iterativ, d.h nicht in Echtzeit lösbar ist [172].<br />
In Bild 5.14 ist der exakte iTerlauf des Lenk-Differerizn-inkels für das<br />
Leriktrapez aus Bild 5.13 dargestellt. Der Leilk-Diffeienzn-i~ikel ist definiert<br />
als Differenz der Lcnk.cvirike1 des jewriligen kiirvc~iiinnrre~l und<br />
kurv(3riäußercn Rades,<br />
Iui Beispiel ist die Kiiiematik so ausgelegt, dass AS hcirn Erreichen des<br />
iiiaxiriialen Lenkeirisclilags (bi,rnX = 40") init dein theoretisrheii Wert<br />
für die ,2ckermarii1-~%uslegung übereiristirii~rit .<br />
tTnter Jkr\~endung von G1. j.52 ergeben sich in Abhängigkeit des Auslegungsfaktors<br />
CA unterschiedliche Näherungen. Im Bild sind beispielhaft<br />
die Verläufe für CA = 1 (Ackermann-Auslegung) und cl = 0.85 dargestellt.<br />
Die meisten realen Lerikanlagen werden bei geeigrieter \\alil xr»n<br />
c 4 liinreichend genau beschrieben.<br />
1031an kaiiri zeigen, dass (.:I. 6.52 sowolil fiir J„, > 0 (Linkirinschlag) als aiicli fiir<br />
6% < U (Reclitsein5clilag) gültig ist. obwohl (r2 i~rid 6„ clic Rollen als innercr und<br />
äiißerer Rad-Leiikurinkcl taiische~i.
4 b"<br />
Lenkachse<br />
r, = 0,28 m<br />
Achskörper<br />
Bild 5.13: Lenktrapez eines LKFY in Geradeausstellung (inassiv) und<br />
bei maximalem Lenkeinschlag (strichliert). Der lrorspurn-in-<br />
kel wird vernachlässigt (Quelle: [l72]).<br />
- - Exakte Rechnung<br />
Näherung <strong>mit</strong> C, = 1,00<br />
- . - . B<br />
- - - Näherung <strong>mit</strong> C, = 0,85<br />
Bild 5.14: Exakter und angenäherter Verlauf des Lenk-Differenzwinkels<br />
in Abhängigkeit des kurveninneren Lenku~inkels (Beispiel)
Die errnittelteri Lenkwinkel und 6, werden in das SII1IPACK-IIKS<br />
eingegeben und dort zur Koordinateritransformatio~i bei der Bereclinuiig<br />
der Relativbewegung zwischen Reifen und Fahrbahn (GI. 5.5) sowie bei<br />
der Einleitung der Reifenkräfte (Gl. 5.36) verwendet.<br />
5.5.2 Lenkradmoment<br />
Zur Berechnung des Rückstellmoments ain Lenkrad wird zunächst das<br />
Lenkmoment Als am linken und recliten Rad der Vorderachse er<strong>mit</strong>telt.<br />
Als ist definiert als Summe aller Ilomente urn die Lenkachse und setzt<br />
sich nach [I741 aus mehreren Anteilen zusarnrneri:<br />
Das Schwenkmoment -liB gemäß GI. 5.27 verursacht heirri stehen-<br />
den Fahrzeug den größten Anteil des Lenkmomeilts.<br />
Bei höherer Fahrgeschwindigkeit und Kurvenfahrt wird das Lenk-<br />
moment vor allem durch das Reifen-Rückstelln~oment AlR nach G1.<br />
5.22 bestimmt. Dieses Moment ergibt sich als Produkt aus Seiten-<br />
kraft und p~leumatischer Nachlaufstrecke.<br />
Ein zusätzliches Rückstellmoment ergibt sich als Produkt<br />
der Seitenkraft Fs (Gl. 5.21) und des Seitenkraft-Hebelarms n„<br />
welcher von der konstruktiven Nachlaufstrecke T?,+ und dem Nach-<br />
laufwinke1 r abhängt.<br />
Dieser Anteil wird bei der Llessung von ,?IR (siehe Bild 5.1 1) i11 der<br />
Regel nicht erfasst, da die llessung ohne koristri~ktiven Nachlauf<br />
durchgefülirt wird [16 I].<br />
Ein weiteres AIoment Als, ergibt sich als Produkt der Längskraft<br />
und des ~än~skraft-Hebelarms T,. Bei schweren Nutzfahrzeugen<br />
<strong>mit</strong> Hinterradantrieb beinhaltet die Längskraft keine -411triebskraft<br />
sondern lediglich die Rollwiderstandskraft hW. Ein<br />
beträchtlicher Beitrag dieses Moments zuIn Lenkradmoment entsteht<br />
durch unterschiedliche Roll~viderstände, z.B. bei einseitiger<br />
~Tasserdurchfahrt. Bei lrernachlässigung des Sturzes (T = 0) gilt<br />
rnit der Spreizung a und dem Lenkrollradius rs:
I<br />
r, = rs . cos o + rdyn . sin o . (5.56)<br />
Das Moment ist das Produkt aus der Bremskraft FB gemäß<br />
GI. 5.38 und dem Bremskraft-Hebelarm r b = rs . cos o. Ein be-<br />
deutender Einfluss auf die Lenkung ergibt sich bei ungleicher Wir-<br />
kung der linken und rechten Radbremse. Unter Berücksichtigung<br />
der Raddrehrichtung erhält man<br />
Das Gewichts-Rückstellrnoment AfsIz entsteht durch Anhebung<br />
das Fahrzeugs beim Schwenken des Rades (Radlast FN) um die<br />
Lenkachse <strong>mit</strong> dem Lenkrollhalbmesser rs und dem Reifenhalb-<br />
I<br />
messer rdyn ,<br />
Ag,, = FN . sin b . (rs + rdyn . tan o) . cos 0 . sin o . cos T . (5.58)<br />
Es weist nur bei nennenswerter Spreizung a und für große Lenk-<br />
winke1 161 >> 0 signifikante Werte auf.<br />
G1. 5.54 bis G1. 5.58 gelten für beide Räder, die berechneten Werte<br />
können jedoch rechts und links unterschiedliche Werte aufweisen. Im<br />
Folgenden werden die für das linke und rechte Rad gültigen Größen des-<br />
halb <strong>mit</strong> einem zusätzlichen Index t bzw. r versehen.<br />
Die gesamten Lenkmorne~ite an1 linken und rechten Rad ergeben sich<br />
durch Addition aller Xlomentenanteile unter Berücksichtigung der Wir-<br />
kungsrichtung, d.h des Vorzeichens, zu<br />
Das Moment hf& an der Lenksäule (ohne Servo-Unterstützung) ergibt<br />
sich durch Division der Lenkmomente durch die jeweilige Gesamtüber-<br />
setzurig und Addition des linken und rechten Anteils,
Die ~bersetzungen ir,[ und irr des Lenkgestänges erhält iiiari diirch<br />
,4bleitung von GI. 3.52 nach derri <strong>mit</strong>tleren Lerikwirikel,<br />
d 6e -<br />
1<br />
V<br />
Z T , ~ = --d<br />
L (COS<br />
da - C„, * cc . sin 6„)2 + sin2 firn '<br />
d6, - I<br />
%T., = -<br />
d L (cos 6, + c_r . ci: . sin 6„,)' + siii' 6„,<br />
5.5.3 Servolenkung<br />
Das Lenksäuleiimoment ,ZI& nach G1. 5.60 erreicht bei schweren Nutzfahrzeugen<br />
im Stand Wert)e von bis zu ca. 300 Nm [169]. Diese Falirzcuge<br />
sirid deshalb stets <strong>mit</strong> einer Lenkhilfe ausge~tatt~et . die zuiiieist als hj-draulisclie<br />
Kugelurnlaufleiikung ausgeführt wird [li3].<br />
Die physikalische llodellierung von Hydrolenkungeii, z.B. [li5], wird in<br />
dieser Arbeit nicht betrachtet. Statt dessen wird die Servolenkung ver-<br />
einfacht als stationärer Zusammenhang zwischen Alk und dem Lerik-<br />
radmoment AlH in Form einer geinessenen Kennlinie abgebildet, die vor<br />
allem den Einfluss der Handlaraftbegrenzung berücksichtigt,<br />
AlH = f(A4;) . (5.62)<br />
Die Kennlinie wird so gewählt, dass ein maximales Lenkradmoment von<br />
ca. 10 Kni nicht überschritten wird. Im Fahrsimulator wird ,\Iri- durch<br />
einen elektrischen Antrieb arn Lenkrad aufgebracht (Ihscliiiitt 5.7.2).<br />
5.6 PC-basierte Echtzeitsimulation<br />
.Abschliefiend wird die Eihtzeitfähigkeit des in diesem Kapitel be-<br />
schriebenen Fahrzeugmodells bei Aiisfülirung aiif gebräuchlidien<br />
Eirizelprocessor-Rechnern nachgewiesen.<br />
Da bei Al~schluss der Arbeit keine ausreichend detaillierten llessdaten<br />
für einen Nutzfahrzeug-Gliederzug verfügbar sind, können einige Para-<br />
meter des in Abschnitt 5.2 beschriebenen MKS nicht exakt bestimmt<br />
werden. Dies betrifft insbesondere die Geometrie und die Trägheitstenso-<br />
ren der verschiedenen Starrkörper, deren Er <strong>mit</strong> tlung bei sch~veren Nutz-<br />
fahrzeugen aufwändig ist. Da jedoch diese Größen das Fahrverhalten<br />
entscheidend beeinfliissen, wird aiif die qiiarititati~e Darstelluiig voii Si-<br />
rnulationsergebnissen für falirdynamische Ilanöver (z.B. Kreisfahrt und<br />
Spilrivechsel) verzichtet.
Tabelle 5.1: Verwendete Echtzeit-Rechnersysteme zum Nachweis der<br />
Portabilität (Stand: 1999)<br />
Prozessor-Typ<br />
DEC Alpha, 500 MHz<br />
Intel Pentium 11, 350 MHz<br />
hlotorola MPC 604, 200 Mhz<br />
5.6.1 Port abilit ät<br />
Compiler<br />
GNU C++<br />
Watcom C++<br />
GNU C++<br />
Betriebssystem<br />
dSpace RTI<br />
RealLink/32<br />
Lynx OS<br />
Zunächst wird untersucht, ob die in Abschnitt 2.2.1 geforderte Poitier-<br />
barkeit des generierten Programm-Codes durch das beschriebene Verfah-<br />
ren zur Kopplung von MKS-, FSAI- und CACE-Werkzeugen gewährleis-<br />
tet wird. Diese Untersuchung wurde bereits im Jahr 1999 durchgeführt.<br />
Aufgrund der geringen Verarbeitungsleistung und des beschränkten Spei-<br />
cherangebots damaliger Einzelprozessor-Rechner wird das vereinfachte<br />
SIMPACK-MKS eines zweiachsigen Zugfahrzeugs <strong>mit</strong> 10 Freiheitsgraden<br />
ohne Anhänger verwendet. Die Beschreibung folgt in Abschnitt 5.6.3.<br />
Dort wird dieses MKS als Variante a) bezeichnet.<br />
Die weiteren Modellteile (Reifen, Raddrehung, Bremsen und Lenkung)<br />
sind in SIMULINK implementiert und entsprechen den Ausführungen in<br />
den vorangegangenen Abschnitten.<br />
Aus dem SIMULINK-Modell <strong>mit</strong> dem eingebundenen NKS wird C-Code<br />
unter Verwendung des Code-Generators RTIV erzeugt. Mittels eines C-<br />
Compilers und eines Linkers wird jeweils ein ausführbares Programm für<br />
die in Tabelle 5.1 aufgeführten Rechriersysteme erstelltll.<br />
Auf allen betrachteten Systemen ist eine numerisch stabile Ausführung<br />
des Simulationsprogram~ns <strong>mit</strong> einer Schrittweite unter 2 ms möglich.<br />
Die Berechnungsergebnisse sind identisch.<br />
Es ist davon auszugehen, dass eine Ausführung der generierten Software<br />
auf weiteren Kombinationen von Rechner und Betriebssystem möglich<br />
llDie Liste umfasst einen repräsentativen Ausschnitt der damals gebräuchlichen<br />
Rechnertechnik, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Einige der<br />
aufgeführten Produkte sind bereits drei Jahre später nicht mehr verfügbar, was<br />
als weiteres Argument zugunsten der geforderten Portabilität betrachtet werden<br />
kann.
ist, sofern ausreichende Ressourcen verfügbar sind.<br />
5.6.2 Numerische Integration<br />
Seit dieser Untersuchiing ist ein rapider Anstieg der verfügbaren Pro-<br />
zessorleistung zu verzeichnen. Dies gilt insbesondere für Personal Coln-<br />
puter (PCs) <strong>mit</strong> Prozessoren der Hersteller Intel und Ah1D. Aufgrund<br />
der geringen Kosten kann eine Simulationsarilage auf PC-Basis in kurzen<br />
Zeitabständen auf die jeweils neueste Generation umgestellt werden.<br />
Für die folgenden Betrachtungen wird als Echtzeit-Rechner ein Industrie-<br />
PC <strong>mit</strong> dem Prozessortyp .,L4hlD Athlon 1800 XP" eingesetzt. Als Be-<br />
triebssystem dient ein hllikrokerri <strong>mit</strong> der Bezeichniing ..XPC Target".<br />
welcher als Bestandteil der ?rlXTL.AB-Produktreihe angeboten viiid.<br />
Zunäcllct werden verschiedene \erfahren zur numerischen Integration<br />
des Differenzialgleichungs-Systems für das beschriebene Fahrzeugmodell<br />
verglichen. Zur Erläuteriing der \erfahren wird auf 195, 961 verwiesen.<br />
EULER : Das Euler-Vorm-ärts-lTerfahren (1. Ordnung)<br />
HEUN : Ein modifiziertes Runge-Kutta-Verfahren 2. Ordnung<br />
RK4 : Das „klassische '' Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung<br />
Für das XlKS eines Nutzfahrzeiig-Gliederzuges (Abschnitt 5.2) in TTer-<br />
bindung <strong>mit</strong> den hlodellariteilen für Reifen, Bremsen und Lenkung wird<br />
enipirisch die maximal zulässige Zeitschrittweite h„„ bestimmt, bei der<br />
eine numerisch stabile Lösung für alle auftretenden Falirzust ände gege-<br />
ben ist.<br />
Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.2 dargestellt. Der Quotient aus maximaler<br />
Schrittweite h„„ und Anzahl 7 1 der ~ Berechnungen der rechten<br />
Seite des Differerizialgleichungs-Systems pro Zeitschritt stellt ein h4aß<br />
für die Effizienz der riiimerischen Iiitegrations~erfahren dar. Es zeigt<br />
sich, dass die Verfahren HEUN und RKl einen vergleichbaren Berechnungsauf~varid<br />
erfordern. Dagegen ist das EULER-Verfahren wesentlich<br />
ineffizienter und da<strong>mit</strong> für die vorliegende Anwendung wenig geeignet.<br />
5.6.3 Rechenzeitbedarf<br />
Die Auswertung der Bea~egungsgleichungeii für das I1KS beaiispruclit<br />
einen ~vesent lichen Anteil der gesamten Rcchen~~it. Dieser Anteil wachst
Tabelle 5.2: Eigenschaften verschiedener numerischer Integrationverfah-<br />
ren für ein beispielhaftes Simulationsmodell<br />
a) .<br />
b) .<br />
Integrationsverfahren<br />
Maximal zulässige Schritweite<br />
für das Beispiel-Modell (h„,)<br />
Anzahl Berechnungen der rech-<br />
ten Seite pro Zeitschritt (nß)<br />
,.Effizienzii (h„, InB)<br />
Modell-Variante<br />
..<br />
. ..<br />
. ..<br />
C) I- --<br />
d, ..<br />
EULER<br />
0,5 ms<br />
Bild 5.15: Yerarbeitungszeiten für verschiedene Modell-Varianten bei<br />
ITerwendung eines Echtzeit-Rechners <strong>mit</strong> dem Prozes~ort~yp<br />
?: AMD Athlon 1800 XP"<br />
1<br />
0,s ms<br />
Beschreibung<br />
Zweiachsiges Zugfahrzeug,<br />
<strong>mit</strong> starrem Aufbau,<br />
Fahrerhaus starr <strong>mit</strong> dem<br />
Aufbau verbunden<br />
Zugfahrzeug wie Variante a),<br />
zweiachsiger Anhänger<br />
<strong>mit</strong> starrem Aufbau und<br />
Drehschemellenkung<br />
HEUE<br />
2,1 ms<br />
Dreiachsiges Zugfahrzeug,<br />
<strong>mit</strong> Rahmentorsion,<br />
elast. Fahrerhauslagerung<br />
und Ladungsverschiebung<br />
Zugfahrzeug wie Variante C),<br />
dreiachsiger Anhänger <strong>mit</strong><br />
Rahmentorsion, Drehschemellenkung,<br />
Ladungsverschieb.<br />
2<br />
1,05 ms<br />
SK<br />
3<br />
7<br />
7<br />
14<br />
RK4<br />
4>4 ms<br />
4<br />
1.1 ms<br />
FHG<br />
10<br />
21<br />
16<br />
30<br />
t, (ms)<br />
0,23<br />
0,62<br />
0,33<br />
1,56
<strong>mit</strong> der Anzahl der Starrkörper und Freiheitsgrade sowie der Anzahl iirid<br />
Art der Gelenke und Kraftelemente des hIKS an. Iiii Echtzeitbetrieb<br />
ist die mögliche hlodell-Komplexit ät begrenzt, da gemäß Abcclinit t 2.1<br />
die Verarbeiturigszeit ti- für jeden Zeitschritt kleiner sein muss als die<br />
Schrittweite h. Diese wiederum wird durch die riunierischen Eigenschaf-<br />
ten des hlodells begrenzt, wie in Abschnitt 5.6.2 ausgeführt wurde.<br />
Um Anhaltswerte für die Abhängigkeit der Rechenzeit von der Koniple-<br />
xität des 3IKS zu erhalten, werden zusätzlich mehrere vereinfachte la-<br />
rianten des in ,Ibschnitt 5.2 beschriebenen SIhIPACK-AIKS erstc4lt und<br />
unter Eirisc>hluss der Teilnioclelle für Reifen, Raddrehung. Brerriseii uritl<br />
Lenkung auf einem P C-basiert eri Echtzeit-Rechnt.rsyst clm irriplerrierit icrt .<br />
In Bild 5.15 ist cler st rukturclle Aufbau der hIodcll-I'ariariteri sowie die<br />
LAri7.ah1 der Starrkörper (SEI;) und Freiheitsgrade (FHG) angegeben. Die<br />
larianteii C) uiltl d) entsprecheri den Ausfiihrung~n<br />
in Xbscliiiitt 5.2.<br />
Die C4esamtzahl der Freiheitsgrade erhält man für j~de lrariante durch<br />
Addition der FHG-Anzahlen der Einzelhewegu~~gen (siehe auch Bild 5.3<br />
und Bild 5.3):<br />
Variante a) Räumliche Bewegung des Fahrzeug-i4ukaus gegenüber<br />
dem ortsfesten Koordinatensystem (6 FHG) , Einfederung und<br />
Wankbeu-egung der lTorder- und Hinterachse gegenüber dem ,4uf-<br />
bau (je 2 FHG). Summe: 10 FHG.<br />
Variante b) Zugfahrzeug <strong>mit</strong> 10 FHG wie Variante a). Zusätzlicher<br />
Anliänger snit I1 FHG: Aufbau-Bewegung gegeniiber dern ortsfes-<br />
tcri Koordinatesisystem (6 FHG), Eiiifedcrurig uncl iV~rili1)eweguiig<br />
der 1ordf.r- urid Hinteracxhsc gegenüber dern Aiikaii (jc 2 FHC;).<br />
Drcl~schciiicllerikiilig (I FHG). Siinirric: 21 FHG.<br />
Variante C) Zugfahrzeiig <strong>mit</strong> folgeiideri zusätzlicheii FHG gegenüber<br />
lrariante a): Zweite Hinterachse <strong>mit</strong> Einfederung und Jiankben-e-<br />
gung gegeniiber dem Aiifbau (2 FHG), Torsion des Falirzeiigrah-<br />
mens um die Längsachse (1 FHG), elastische Lagerung des Fahrer-<br />
haiises <strong>mit</strong> Eiiifederiing. Nick- uncl IVanlcbewegung (3 FHG). Die<br />
translatorische lerscliirbiitig der Ladiing wird \.On außcn 1-orge-<br />
geben (eingeprägt) und bewirkt im hIKS-Sinne keine ziisätzliclien<br />
Freiheitsgrade. Sunime: 16 FHG.<br />
Variante d) Ziigfahrzeug iiiit 16 FHG \T-ie Variarite C). Aiiliäriger rriit<br />
14 FHG. ziisätzliclie FHG gegcniibcr d~rri AInhängcir aus \-ariante<br />
1)) : Zii-eite Hiiitcraclise niit Einf~deriirig iirid Vank~ii gegciiiibri.
Aufbau (2 FHG), Rahnientorsion (1 FHG) , eingeprägte Ladungs-<br />
verschiebung (0 FHG). Surnnie: 30 FHG.<br />
Für jede Variante wird die in Abschnitt 2.1 definierte lTerarbeitungszeit<br />
h- pro Zeitschritt gemessen. Als Integrationsverfaliren wird jeweils das<br />
HEUN-Ierfahren <strong>mit</strong> einer Schrittm-eite -\-On h = 2 ms eirigesetzt,.<br />
Die er<strong>mit</strong>telten Werte für tv sind ebenfalls in Bild 5.15 eingetragen.<br />
Qualitativ zeigt sich, dass die Verarbeitungszeit für einfache SIMPXCK-<br />
h1KS <strong>mit</strong> weniger als 20 Freiheitsgraden in etwa linear rriit der Anzahl<br />
der Freiheitsgrade ansteigt. Bei komplexeren hIKS erfolgt ein progres-<br />
siver Anstieg, jedoch kann auch die aufwändigste Variante d) auf dem<br />
gewählten Rechnertyp problenilos iri Echtzeit berechnet m-erder-i. Da die<br />
verfügbare Rechenleistung Iveiterliin rascli ansteigt, ist davon auszuge-<br />
hen, dass zukünftig noch wesentlich komplexere llehrkörperniodelle iri<br />
Echtzeit auf preiswerten, PC-basierten Rechnern ausführbar sind.<br />
5.7 Labor-Fahrsimulator<br />
5.7.1 Übersicht<br />
Das I-orgestellte Fahrdynamik-Sirnulationsmdell wird auf einem Labor-<br />
Fahrsiniulator implementiert, der aus rnehrereri IIodulen besteht:<br />
Ergonomisch gestalteter Fahrerplat z,<br />
Lenkeinheit <strong>mit</strong> elektrischem Riickst ell- Arit rieb,<br />
Pedalerie <strong>mit</strong> mechanischer Nachbildung der Rückstellkräfte,<br />
austauschbarer Schalthebel,<br />
Kombiinstrument ,<br />
Geräuschmodul für Fahrzeuggeräusche,<br />
Echtzeit-Visualisierung der Fahrzeugbewegung und<br />
Industrie-PC als Simulationsrechner.
Bild 5.16: Gesanitansicht des Labor-Fahrsilnulators<br />
Bild 5.16 zeigt eine Gesamtansicht der Aiilage. Der inechanische urid<br />
elektrische -1iiflJau wird iri [13] beschriebeiil? .i2irsgen.ählte 3locllile der<br />
1Iensc.h-Maschine-Schnittstelle IX-erden im Folgriideri naher betrachtet.<br />
5.7.2 Lenkeinheit<br />
liirgcstellt wird ein akt,ives Leiikmodul zur Darstellung der<br />
Lenkinoirierit-Rückn-irkiing bei Fahrsiiriulatoreli. Das I\fodul erzeugt<br />
arri Lenkrad ein maximales Dauerrnonient von ~ 2 1 = ~ 5.2 , ~ Nni<br />
und eil1 Spitzeninolnent vo~i ,= 16 Nm. Alit deni Durchmesser<br />
dH = 360 rnin des rerweiideten ~Lnkrads ergibt sich eine rnaxin~alc<br />
Lenkrad-Umfangskraft voii FH = 89 N 11761. Der dynamische llomeiitenaufbau<br />
erfolgt binrien TH < 20 ms. Mit dieser ,\uslegung wird der<br />
Lenkirioment-Bereich rnod~rrier PKW urid Nutzfahrzeuge <strong>mit</strong> Lenkhilfc<br />
abgedeckt [172].<br />
"»er -4utor dankt der Porsche AC: für die freundlicfie Ber-eitqtrllung rilliger SrriPri-<br />
koniporient~n<br />
des Borster.
Lenkrad Servoantrieb Winkelgeber<br />
(Wickel band) riemen<br />
Bild 5.17: Konstruktiver Aufbau der Lenkeinheit<br />
Aus Bild 5.17 geht der konstruktive Aufbau hervor. Ein Grundrahmen<br />
(nicht dargestellt) nimmt eine höhenverstellbare Lenksäule <strong>mit</strong> montier-<br />
tem Lenkrad auf. Das nach (GI. 5.62) berechnete Lenkradmoment wird<br />
von einem Servoantrieb erzeugt [I771 und durch einen spielfreien Zahn-<br />
riementrieb <strong>mit</strong> der Übersetzung iLM = 4 auf die Lenksäule übertragen.<br />
Die Übersetzung ermöglicht den Einsatz eines hfotors <strong>mit</strong> relativ gerin-<br />
ger elektrischer Leistung, wodurch das frlodiil kompakt und preiswert<br />
realisierbar ist.<br />
Der Motorwinkel SLhl sowie die Wfotordrehzahl WLM wird durch Sensoren<br />
erfasst und in die Simulation zuriickgeführt. Mit der Übersetzung iLnr<br />
wird der Lenkradwinkel SH sowie die Lenkrad-LYinkelgeschwindigkeit, WH<br />
berechnet. Diese Werte stellen Eingangsgrößeri des Fahrzeugmodells dar<br />
(siehe Bild 5.1). Da<strong>mit</strong> ergibt sich ein geschlossener Regelkreis zwischen<br />
Fahrer, Lenkeinheit und Fahrzeugmodell.<br />
5.7.3 Visualisierung<br />
Die Visualisierung der Fahrzeugbewegung und der Fahrbahn erfolgt<br />
in Echtzeit durch ein OPEN-GL-Programm, das auf einem separa-<br />
ten Rechner ausgeführt wird. Die grafische Repräsentation des Fahr-<br />
zeugs stimmt <strong>mit</strong> der in Bild 5.3 dargestellten Struktur des SIMPACK-<br />
hIKS überein, d.h. die Grafik weist die selben Starrkörper und Gelenk-<br />
Freiheitsgrade auf. Dadurch können die vom MKS errechneten verall-<br />
gemeinerten Koordinaten un<strong>mit</strong>telbar zur Ansteuerung des Grafikpro-
Bild 5.18: Moment aufnahriie der Echt zcit-Visualisierurig<br />
gramms verwendet werden. Die Ankopplung an die Simulation erfolgt<br />
wahlweise über RS 232, CAN oder Ethernet. Zusätzlich kann ein beliebiger,<br />
ebener Fahr bahnverlauf vom Anwender vorgegeben und grafisch<br />
dargestellt werden [178]. In Bild 5.18 ist eine Iblomentauf~lahrne der<br />
Echtzeit-Visualisierung dargestellt.<br />
5.8 Geräuscherzeugung<br />
Akustische MTalirnehniungen liefern dern Fahrer wichtige Informationen<br />
zum Betriebszustand seines Fahrzeugs und beeinflussen seine Handlungen.<br />
Beispielsiveise erfasst ein geübt er Falirer anlland tles Ifotorgeräusclies<br />
die Drehzahl und leitet daraus die Schaltpunkte ab. Auch<br />
Reifen- und IVindgeräusche erlai~beri Rückschlüsse auf den Fahrzustand.<br />
Deshalb sind Geräusclie bei Fahrsiniulatoreti von großer Bedeutung.<br />
5.8.1 Einführung<br />
Zur Generierung von Geräuschen auf elektronischem \Veg sind verschie-<br />
dene Verfahren bekannt, die insbesondere bei elektroliischeri hlusikin-<br />
strumenten [179], vereinzelt aber aucli zur Nachbildung von .\I aschinen-<br />
geräuschen eingesetzt werden. Synthetische Verfahren wie die Pourier-<br />
s ynthese und dit~ Frequenzvi odulatim [I SO] koiiimt-ri oliiir aiif~i-äiidige
Aufnahmen von Originalgeräuscheii aus, sie liefern jedoch keine realisti-<br />
schen Klänge. Beim Wuuetable- Verfal~ren wird eine Periode eines natürli-<br />
chen, periodisclien Geräusches digital aufgezeichnet und bei der Wieder-<br />
gabe zyklisch wiederholt [181]. Durch gewichtete Addition verschiedener<br />
Proben wird ein besserer Höreindruck als bei synthetischen \'erfahren<br />
erreicht. In [182] wird ein digitaler Geräuscherzeuger für Fahrsirriula-<br />
toren beschrieben, dessen Arbeitsweise niit den1 Wa\-etable-iTerfal1ren<br />
vergleichbar ist.<br />
Im Folgenden wird ein neues, digitales Verfahren zur dynamischen<br />
Geräusch-Simulation am Beispiel der Erzeugung von i\lotorgeräuschen<br />
beschrieben. Das Verfahren wurde patentiert [183].<br />
5.8.2 Grundlagen des Verfahrens<br />
Das Verfahren basiert auf dem Grundgedanken, dass die meisten kon-<br />
tinuierlichen Fahrzeuggeräusche ITon einem oder mehreren unabhängi-<br />
gen Parametern pi . . . pb abhängen. Als Parameter werden physikalische<br />
Größen bezeichnet, die sich während des Fahrbetriebs kontinuierlich oder<br />
in Stufen verändern und sich auf das Geräusch auswirken.<br />
Zwei Klassen von Parametern werden definiert:<br />
Ein Frequenzparameter bewirkt eine proportionale Ierschiebung der<br />
im Frequenzspektruni enthaltenen Anteile. Im Allgemeirien n-ird zusätz-<br />
lich eine hderung der Arnplitiideii bewirkt.<br />
Bild 5.19 verdeutlicht dies arn Beispiel des gemesseneii Geräuschspek-<br />
t rums eines J'ierzylinder-0 t to-Reihenmotors in Abhängigkeit von der<br />
hfotordrehzahl. die eiiien Frequenzparaineter ini Sinne dieser Defini-<br />
tion darstellt. Die dunklen Bereiclie repräseiitiereri Schallpegel über<br />
60 dB(A). Die zugehörigen Frequenzen f, werden als Sfotorordnuiigeii<br />
bezeichnet und sind 17ielfache der halben Kurbelwellendrehzalil n~r.<br />
Ein Amplitudenparameter bewirkt eine *4nderung der Amplituden<br />
der Spektralanteile eines Geräusches, jedoch keine Frequenzverschie-<br />
bung. Beispielsweise stellt das Drehmoment eines ITrrbrennungsriiotors<br />
einen Arnplit udenparameter dar.
Bild 5.19: Gemessenes Frequenzspektrum eines Verbrennungsmotors in<br />
Abhängigkeit von der Drehzahl (Quelle: <strong>FKFS</strong>). Pegel über<br />
60 dB(A) sind dunkel dargestellt.<br />
5.8.3 Geräuschaufnahme<br />
-Als Grundlage zur Geräuscherzeiigung werden Stichproberi 1-ori Origi-<br />
rialgeräusche~i ver~vcndet, die bei einer hegreiizten Alrizalil stationärer<br />
Bet riebspunkt e eiries 124otors alifgeiioriirnen I\-erderi. ,Als Bet rie1)spulikt<br />
Zi„„ wird die Paraiiieterkornbiriation bczeichiict , bei der ririe Stirshprobe<br />
aufgenonimeri wird.<br />
In Bild 5.20 ist ein Ausschnitt aus einen1 Schema zur ,%ufnahme von<br />
Geräuschprobeii eines \lTerbrennungsrnotors dargestellt. Die Stichproben<br />
Szj werden bei logarithmisch abgestuften Drehzahl~~erte~i ra~f,, (liier im<br />
Terzabstand) aufgenonimen, da auch die Wahrnehmung von Tonliöhen<br />
diirch das nienschliche Gehör nähcrungsweise logaritliniiscli erfolgt [184].<br />
Für jeden Drelizaliln-ert werden Proben bei verscliiedenen Lastziiständen<br />
Jll.~i aufgcrioinmen. Die iiorrriirrtr Gri'>Be tnr re~>räse~iticrt eritn-eder die
Bild 5.20: Zweidimensionale Parameter-Matrix zur Aufnahme von Ge-<br />
räuschproben eines Verbrennungsmotors (Ausschnitt)<br />
Fahrpedalstellung oder das Motordrehmoment.<br />
Periodische Geräusche weisen im stationären Betrieb häufig stochasti-<br />
sche Unterschiede zwischen einzelnen Perioden auf. Bei Ierbrennungs-<br />
motoren werden diese durch abweichende Brennverläufe bei einzelnen<br />
Arbeitsspielen verursacht. Die JViedergabe dieser Abweichungen in der<br />
Simulation ist entscheidend fiir einen natürlichen Höreindruck. Deshalb<br />
muss die Aufnahmedauer Ts einer Stichprobe wesentlich größer als die<br />
Periodendauer T, gewählt werden und einem ganzzahligeri Vielfachen<br />
von T, entsprechen,<br />
Für hIotorgeräusche soll jede Stichprobe mindestens 20 Arbeitsspiele<br />
umfassen. Bei der Leerlaufdrehzahl nnl FZ 800 min-I entspricht dies ei-<br />
ner Aufnahmedauer von 3 Sekunden.<br />
Die aufgenommenen Stichproben werden <strong>mit</strong> der konstanten Frequenz<br />
f A,„., abgetastet, digitalisiert und gespeichert,.
5.8.4 Geräuscherzeugung im Simulationsbetrieb<br />
Im Simulationsbetrieb werden dynaiiiische Fahrzeuggeräusclie für beliebige<br />
Betriebspunkte durch mehrdimensioliale Interpolation erzeugt. Das<br />
Geräusch für einen Betriebspunkt Ci„, = (i>i,sini, . . . , pb.s,nl) entsteht<br />
stets durch Tkrknüpfung von 2"tichproberi, deren originale Parameterwerte<br />
&, die geriiigsten ;Ibweichungen gegenüber jsim aiifweisen. Irn<br />
Beispiel gemäß Bild 5.20 wird das Gesamtgeräusch Sg„ aus deri Stichproben<br />
S32? S33? S42 und S13 erzeugt.<br />
Hierzu werden bei der Wiedergabe mehrere Signalverarbeitungs-Schritte<br />
auf alle relevanten Stichproben aiigewandt. Diese Schritte weiden irn<br />
Echtzeit-Betrieb in riachstehender Reihenfolge ausgefiihrt:<br />
Schleifenbildung: Da die Dauer der aufgezeichneten Stichproben le-<br />
diglich einige Sekunden umfasst. werden diese zur Erzeugung kon-<br />
tinuierlicher Geräusche zyklisch wiederholt.<br />
Variation der Abtastfrequenz: Bei Variation eines Frequenzpara-<br />
rneters wird die Wiedergabe-Abtastfrequenz f;z,i j,sim einer Stich-<br />
probe Sij proportional gegenüber der Aufnahme-Abtastfrequenz<br />
fA,oTg verändert. Bei Variation der Motordrehzahl gilt<br />
n ist die Drehzahl bei Aufnahme der Stichprobe Sv. Alit<br />
nn~.~„, wird die niomentaiie Drehzahl bezeichnet, für die in1 Sirnulatiorisbetrieb<br />
ein l\lotorgeräuscli erzeugt wird.<br />
Im Beispiel (Bild 5.20) werden die Proben S3') und SQ3 schneller,<br />
die Proben S4? und Si3 langsamer wiedergegeben. Dadurch werden<br />
die erwähnten Rlotorordriungeli in den Spektren aller beteiligten<br />
Stichproben zu den Frequenzen verschoben, bei deneri sie nach GI.<br />
5.63 für die Drehzahl n ~ zu erwarten , ~ sind13. ~ ~ ~<br />
Amplitudenmodulation und Mischung: Für jede Stichprobe wird<br />
eine Gewichtsfunktion in Anhärigigkeit aller b Parameter definiert,<br />
d.h. es werden so\$-ohl E'i-equenz- als auch Amplitudenparameter<br />
berücksichtigt,<br />
'%1lerdings nrerderr dabei auch frequenzfeste, durch Resonanzen bedingte Ariteile des<br />
Geräusches verschoben. Bei hohen Pegeln dieser Xriteile entsteht ein unnatürlicher<br />
I-Iöreiridruck. Deshalb sollen bei der Aiifnahnie Drchzahl~n ~~er.inieder1 werden, bei<br />
denen Resonanzen auftreten.
Bild 5.21: Gewichtsfunktionen in Abhängigkeit von der hlotordrehzahl<br />
Bild 5.21 verdeutlicht dies beispielhaft für den eindimensionalen<br />
Fall, (b = 1). Hierbei wird angenommen, dass das Motorgeräusch<br />
nur von dem Parameter n~ abhängt. Zur Bildung des Gesamt-<br />
Geräusches Sges werden zunächst die Abtastfrequenzen aller Stich-<br />
proben Si gemäß G1. 5.66 verändert. Anschließend werden diese<br />
modifizierten Stichproben S$ <strong>mit</strong> den zugeordneten Gewichtsfunk-<br />
tionen Ai multipliziert und aufsummiert,<br />
Dies führt zu einer linearen cberblendung von einer Stichprobe zur<br />
nächsten und bewirkt die gewünschte Interpolation des Geräiisches<br />
bei kontinuierlicher Variation der hlotordrehzahl.<br />
Im mehrdimensionalen Fall, d.h. bei lTariation mehrerer Parameter<br />
pl . . .pb: werden für jede Stichprobe zunächst b Teil-Gewichtsfunktionen<br />
Apl (p,) . . . -4pb (pb) analog zu Bild 5.21 definiert. Durch Multiplikation<br />
erhält man die mehrdimensionalen Gewichtsfunktionen<br />
Das Gesamt-Geräusch ergibt sich wiederum diircli Gewichtung und Ad-<br />
dit ion aller Stichproben.
5.8.5 Technische Realisierung<br />
Das beschriebene Verfahren wird zur Erzeugurig von hlotorgerä~is~hen<br />
beim Labor-Fahrsimulator in einer elektronischer1 Geräuscherzeugiings-<br />
Einheit implementiert. Die Anlage ermöglicht die Variation der Parame-<br />
ter Motordrehxahl und Motormoment iin Echtzeitbetrieb. Diese \leite<br />
werden irn Simulationsmodell er<strong>mit</strong>telt iind dein Geräuscherzeuger über<br />
eine seridle Schnittstelle zugeführt [183]. Eirie detailliertr rnatheniati-<br />
sche Formulierung des Verfahrens und eine technische Beschreibung der<br />
TTorricht1iiig zur Geräuscherzeugiiiig findet sich in [183].
6 Schlussbemerkung und Ausblick<br />
Mit der in dieser Arbeit vorgestellten Verfahrensweise können echt-<br />
zeitfähige Simulationsprogramme zum Einsatz in Fahrsimulatoren zu-<br />
verlässig und effizient erstellt werden. Am Beispiel des Antriebs, der<br />
Fahrdynarnik und der <strong>Elektronik</strong> schwerer Nutzfahrzeuge wird nachge-<br />
wiesen, dass die aufwändige manuelle Erstellung von Programm-Code<br />
durch den Einsatz moderner Software-Merkzeuge <strong>mit</strong> automatischer<br />
Code-Generierung vermieden werden kann.<br />
Bedingt durch den raschen Anstieg der verfügbaren Rechenleistung sind<br />
heute wesentlich komplexere MKS-Liodelle der Fahrzeugdynamik in<br />
Echtzeit auf Einzelprozessor-Rechnern ablauffähig als noch vor wenigen<br />
Jahren. Es wird festgestellt, dass insbesondere PCs als Echtzeit-Rechner<br />
eine außerordentlich hohe iTerarbeit ungsleist ung bei vernachlässigbaren<br />
Kosten bereitstellen. Die Portabilität des Programm-Codes, welcher<br />
vollständig in ANSI-C vorliegt, erlaubt eine Implementierung der Simulationsmodelle<br />
auf unterschiedlichen Rechnertypen. Im Hinblick auf die<br />
stets begrenzte Lebensdauer proprietärer Lösungen (man denke an das<br />
,,Aussterbenu der Transputer-Parallelrechner) stellt dies einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Sicherung der beträchtlichen Investitionen in Simulationsmodelle<br />
dar.<br />
Anhand des CAN-Protokolls wird ein Weg zur systematischen Einbin-<br />
dung von elektronisch geregelten Kfz-Komponenten <strong>mit</strong> hohem Vernet-<br />
zungsgrad in die Echtzeitsimulatiori aufgezeigt. Als besonders effizient<br />
erweist sich die <strong>Einbindung</strong> realer Steuergeräte und Aggregate nach<br />
dem Hardware-in-the-Loop-Verfahren sowie die Nachbildung von Steuer-<br />
geräte-Funktionen im Simulationsmodell unter Verwendung von CA4CE-<br />
und FSM-Werkzeugen.<br />
Durch zwei realisierte: funktionstüchtige Fahrsimulatoren für unter-<br />
schiedliche Anwendungen (ASG und Fahrdynamik) wird die praktische<br />
Anwendbarkeit der beschriebenen lTerfahrensweise bestätigt.<br />
Aufgrund des zu erwartenden, weiteren Anstiegs der Rechenleistung ist<br />
zukünftig eine weitere Erhöhung der Modellkomplexität bei Echtzeit-<br />
Anwendungeti möglich. Zur Erfassung höherfrequenter Schwingungen
erscheint eine Darstellung des Antriebsstranges als dreidimensionales<br />
hlelirk6rperniodell und dessen Einbindurig iri (las h1KS der Fahrzeugdy-<br />
namik sinnvoll. Aus (lern gleichen Grund ist eine vcrh~sserte Xbbil-<br />
dung der Lenkung niit Elastizitäten und bewegten Massen anzustreben.<br />
Die Berücksichtigung von kurzwelligen Fahrbahn-Unebenheiten erfor-<br />
dert den Einsatz eines Reifenmodells <strong>mit</strong> detaillierter Betrachtung der<br />
Druckverteilung in der Kontaktläche. Aufgrund hohen Rechenaufwands<br />
solcher hIodelle bestellt hierbei noch erheblicher Forschungsbedarf.<br />
Abschließend sei betorit, dass das beschriebene 'CTorgehen lediglich mat<br />
liernatische Forniiilicriingeri, z .B. l-ori Bewegurigsgleichurige11. sowie die<br />
Lrnsetzu~ig iri ausführbaren Programrri-Code erleichtert. Die eigentliche<br />
Alodellbildung n-irtl hierdiirch keineswegs vereirifaclit, auch n-rnri dies t-ori<br />
den Herstellern rriaricher Soft\varc-IVerk7e11gc siiggcriert n-ird.<br />
Die sorgfältige Erstellung und i7alidieriing der Motlelle ist jedoch von<br />
zentraler Bedeutung für die Aiissagekraft jeder Simulation urid da<strong>mit</strong><br />
fiir die Glaubn-iircligkeit ihrer Protagoriisteri. Diese koniplexc ,4iifgab~<br />
erfordert heute wie zukünftig fundierte Faclikeririt riisse tler Fahrzeug-<br />
und hIotorentechnik und anderer Fachgebiete, die an der stetiger1 TVei-<br />
t erent \T-icklung des Kraftfahrzeugs beteiligt siricl.
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WM<br />
Split- Haupt- Range-<br />
- Gruppe gruppe Gruppe<br />
Jm<br />
e 11 9 JGE 1 1, I ,Jw<br />
WG<br />
J E 2 ~<br />
A M2<br />
J,<br />
Servo- ' JVG -IN Servo-<br />
antrieb Kupplung Getriebe antrieb<br />
Bild 6.1: Zur Auslegung der elektrischen Servoantriebe<br />
Zur Beurteilung von Realisierbarkeit und Aufwand der in Abschnitt 4.3.2<br />
beschriebenen Aufbauvariante „Reales Getriebe <strong>mit</strong> zwei Elektroantrie-<br />
beri'. wird im Folgenden eine Auslegungsrechnung für die beiden Elektro-<br />
antriebe vorgenomriien. Die verwendeten Bezeicliriungeri sind in Bild 6.1<br />
eingetragen.<br />
Für den Antrieb am Getriebeeingang (MI) ergibt sich die höchste dynamische<br />
Momentenanforderung beim Starten oder Hochdrehen des hlotors<br />
ohne Last (Kupplung geschlossen, Getriebe in Neutralstellung). Gefordert<br />
wird eine Beschleunigung des Getriebeeingarigs vom Stillstand<br />
auf 2000Jmin binnen 2 s. Die maximale Drehzahl beträgt 2500/min. Sie<br />
wird z.B. bei Rückschaltungen im Schubbetrieb erreicht. Die hohen Anforderungen<br />
an Regelgüte urid Dynamik werden durch einen Servoantrieb<br />
erfüllt. welcher aus einem Frequenzumrichter und einer permanenterrcgten<br />
Synchronrnaschi~ie besteht. Für handelsübliche Servoantriebe<br />
rnit einem Drehzahlbereich von Null bis 3000/miri ergibt sich folgende<br />
Auslegli~ig :
Bild<br />
Das Trägheitsmoment der elektrischen 1 faschine JEl hängt von der Bau-<br />
größe und der Bauform ab. In Bild 6.2 sind die Trägheitsmomente zwei-<br />
er Bauforrrien über dern Yennmornent eingetragen [186]. Zur Auslegung<br />
wird dieser Zusamrneriharlg durch Geraden angenä2iert,<br />
Das Nennnloment ist so zu wählen, dass der hlotor das Reihrnoinerit<br />
-IfC:E. r. arn Gd rieheeirigang dauerhaft iilxrn-indcii kann.<br />
Das kurzzeitige hfaximalrnomerit AfEi>„„ ist um der1 C-berlast-faktor<br />
kE,rn höher als das Neririmoment AfE1,,. Der Antrieb wird so ausge-<br />
legt, dass das nlaximalmoment die geforderte ~lasirnalbeschleuriigung<br />
¿I'C:E.m„ des Getriebeeingarigs gewährleistet.<br />
Das xirksanie Träglieitsniomei~t Jl,„, setzt sich aus tler Trägheit des<br />
Elcktrornotors JEl, der I
*JcE und der \orgelegemelle ?JiG zusammen und ergibt sich <strong>mit</strong> der<br />
Übersetzung ii; der Split-Gruppe zu<br />
-<br />
.TGE ist das gesamte an der Kiipplung wirksame Trägheitsmoment.<br />
Durch Einsetzen von G1. 6.4 und G1. 6.1 in G1. 6.3 erhält man das für<br />
erforderliche Neiiiimornent<br />
Eine Abschätzung für das betrachetete Getriebe ergibt jcE x 0,15 kgm2<br />
und AfGE,r. N 1 Xm. Die Koiistanten für Servoantriebe der Bauform A<br />
4 betragen kE,b = 1.45 . 10- s- ', und kE,„, = 2,s. Das erforderliche Nennnioment<br />
beträgt lllEl,n = 6,7 Nm. Ausgewählt wird ein Servomotor <strong>mit</strong><br />
MEl,n = 7,s Nm sowie ein geeigneter F'requenzumrichter.<br />
Für den Antrieb am Getriebeausgang (M2) ergibt sich die höchste Be-<br />
anspruchung beim Abbremsen des Fahrzeugs im kleinsten Gang <strong>mit</strong> ge-<br />
schlossener Kupplung. Die Auslegung erfolgt in Analogie zu den obigen<br />
Ausführungen. Für eine maximale Fahrgeschwindiggkeit von 110 km/h<br />
und eine maximale Verzögerung von 4 m/s2 wird ein Antrieb der Bau-<br />
form B <strong>mit</strong> dem Drehzahlbereich Null bis 3000/min bei einem Nenn~no-<br />
ment von ca. 35 Nm benötigt.<br />
Servoaritriebe, die den er<strong>mit</strong>telten Auslegungsdaten entsprechen. sind als<br />
Standard-Produkte rnit vertretbarer1 Kosten verfiigbar.