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Lehrveranstaltung Statik der Baukonstruktionen IV - Fachgebiet ...

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Technische Universität Berlin<br />

<strong>Fachgebiet</strong> <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong><br />

Prof. Dr.–Ing. Rudolf Harbord<br />

<strong>Lehrveranstaltung</strong><br />

<strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong> <strong>IV</strong><br />

– Flächentragwerke –<br />

Berlin ⋅ März 2003


Inhaltsverzeichnis Seite<br />

Literatur 5<br />

Teil 1: Flächentragwerke<br />

1.1 Einführung 1 / 1<br />

1.2 Begleitende Literatur 1 / 4<br />

1.3 Statische Modelle 1 / 5<br />

1.4 Vorgehensweisen und Berechnung 1 / 7<br />

1.5 Anwendungsbeispiele 1 / 10<br />

1.5.1 Wandscheibe 1 / 11<br />

1.5.2 Flach– und Pilzdecke 1 / 17<br />

1.5.3 Behälter 1 / 23<br />

1.5.4 Faltwerk 1 / 30<br />

1.6 Erkenntnisse 1 / 35<br />

Teil 2: Bezeichnungen<br />

2.1 Indexschreibweise 2 / 1<br />

2.2 Geometrische Größen 2 / 3<br />

2.3 Einwirkungsgrößen 2 / 4<br />

2.4 Zustandsgrößen 2 / 5<br />

2.5 Arbeitskonforme Größen 2 / 6<br />

Teil 3: Scheibentheorie<br />

3.1 Einführung 3 / 1<br />

3.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> Scheibentheorie 3 / 1<br />

3.3 Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Scheibentheorie 3 / 3<br />

3.4 Grundgleichungen <strong>der</strong> Scheibentheorie 3 / 5<br />

3.4.1 Gleichgewicht 3 / 5<br />

3.4.2 Verträglichkeit 3 / 7<br />

3.4.2.1 Kinematischer Verzerrungszustand 3 / 7<br />

3.4.2.2 Materieller Verzerrungszustand 3 / 9<br />

3.4.2.3 Berechnungsgleichungen 3 / 12<br />

– 1 –


– 2 –<br />

Seite<br />

3.4.3 Bilanz 3 / 13<br />

3.4.4 Randbedingungen 3 / 13<br />

3.5 Lösungswege <strong>der</strong> Scheibentheorie 3 / 16<br />

3.5.1 Gemischte Formulierung in Weg– und Kraftgrößen 3 / 16<br />

3.5.2 Gleichgewichtsformulierung in Weggrößen 3 / 17<br />

3.5.3 Verträglichkeitsformulierung in Kraftgrößen 3 / 18<br />

3.6 Lösungsmethoden <strong>der</strong> Scheibentheorie 3 / 20<br />

3.7 Beispiel zum Verfahren von Schleeh 3 / 23<br />

Teil 4: Plattentheorie<br />

4.1 Einführung 4 / 1<br />

4.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> Plattentheorie 4 / 1<br />

4.3 Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Plattentheorie 4 / 2<br />

4.4 Grundgleichungen <strong>der</strong> Plattentheorie 4 / 4<br />

4.4.1 Gleichgewicht 4 / 4<br />

4.4.2 Verträglichkeit 4 / 6<br />

4.4.2.1 Kinematischer Verzerrungszustand 4 / 7<br />

4.4.2.2 Materieller Verzerrungszustand 4 / 9<br />

4.4.2.3 Berechnungsgleichungen 4 / 12<br />

4.4.3 Bilanz 4 / 13<br />

4.4.4 Randbedingungen 4 / 13<br />

4.5 Lösungswege <strong>der</strong> Plattentheorie 4 / 18<br />

4.6 Lösungsmethoden <strong>der</strong> Plattentheorie 4 / 19<br />

4.6.1 Analytische Integration <strong>der</strong> Plattengleichung 4 / 19<br />

4.6.2 Ritz–Verfahren 4 / 25<br />

4.7 Beispiel zum Ritz–Verfahren 4 / 28


Teil 5: Schalentheorie<br />

– 3 –<br />

Seite<br />

5.1 Einführung 5 / 1<br />

5.2 Technische Schalenformen 5 / 8<br />

5.2.1 Einfluß <strong>der</strong> Schalenform 5 / 8<br />

5.2.2 Klassifikation von technischen Schalenformen 5 / 10<br />

5.2.3 Anwendungen im konstruktiven Ingenieurbau 5 / 14<br />

5.3 Zur baustatischen Berechnung von Rotationsschalen 5 / 18<br />

5.3.1 Allgemeines 5 / 18<br />

5.3.2 Membranlösung 5 / 19<br />

5.3.3 Biegelösung 5 / 24<br />

5.3.4 Beispiel Wasserbehälter 5 / 30<br />

5.4 Membrantheorie von Allgemeinen Schalen 5 / 38<br />

5.4.1 Kräftegleichgewicht 5 / 39<br />

5.4.2 Kovariante Ableitung und Krümmung 5 / 40<br />

5.4.3 Rotationsschalen 5 / 45<br />

Teil 6: Gitterrostmethode (GRM)<br />

5.4.3.1 Allgemeine Rotationsschalen 5 / 45<br />

5.4.3.2 Kugelschale 5 / 48<br />

5.4.3.3 Lastfall Innendruck einer Vollkugel 5 / 53<br />

6.1 Baustatischer Lösungsansatz mit Gitterrosten 6 / 1<br />

6.2 Scheibe und Fachwerk 6 / 2<br />

6.2.1 Einleitung 6 / 2<br />

6.2.2 Querschnittsflächen <strong>der</strong> Gitterroststäbe 6 / 4<br />

6.2.3 Scheibenbeispiel Kragarm: Verschiebungen 6 / 18<br />

6.2.4 Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenkräfte 6 / 22<br />

6.2.5 Scheibenbeispiel Kragarm: Spannungen 6 / 37<br />

6.2.6 Stab–Querschnittsflächen für beliebige Querdehn–<br />

zahlen 6 / 42


– 4 –<br />

Seite<br />

6.3 Platte und Rahmenwerk 6 / 48<br />

6.3.1 Einleitung 6 / 48<br />

6.3.2 Trägheitsmomente <strong>der</strong> Gitterroststäbe 6 / 50<br />

6.3.3 Beispiel: Konvergenzverhalten von Platten–<br />

Gitterrostelementen 6 / 52<br />

6.3.3.1 Quadratische Platte 6 / 52<br />

6.3.3.2 Rechteckige Platte 6 / 57<br />

6.4 Hinweise zur Benutzung von Programmen 6 / 61<br />

6.4.1 Allgemeines 6 / 61<br />

6.4.2 Genauigkeit 6 / 61<br />

6.4.3 Berechnung einer Aussteifungsschale 6 / 64<br />

Teil 7: Finite–Element–Methode (FEM)<br />

7.1 Einführung 7 / 1<br />

7.2 Geometrische Definition von finiten Elementen auf Flächen 7 / 2<br />

7.3 Topologie von finiten Elementen auf Flächen 7 / 3<br />

7.4 Finite Plattenelemente 7 / 6<br />

7.4.1 Geometrie und Ansätze 7 / 6<br />

7.4.2 Diskretisierung auf Element– und Systemebene 7 /11<br />

7.4.3 Überprüfung <strong>der</strong> Konvergenz 7 /12<br />

7.4.4 Einfaches Anwendungsbeispiel 7 /14<br />

7.5 Finite Scheibenelemente 7 /18<br />

7.5.1 Geometrie und Ansätze 7 /18<br />

7.5.2 Diskretisierung 7 /20<br />

7.5.3 Überprüfung <strong>der</strong> Konvergenz 7 /21<br />

7.5.4 Anwendungsbeispiel 7 /23


Literatur<br />

/ 1 / Girkmann, K.: Flächentragwerke, sechste Auflage.<br />

Springer–Verlag (1963).<br />

/ 2 / Flügge, W.: <strong>Statik</strong> und Dynamik <strong>der</strong> Schalen, dritte Auflage.<br />

Springer–Verlag (1962).<br />

/ 3 / Mang, H.: Flächentragwerke. Beitrag in: Der Ingenieurbau,<br />

Rechnerorientierte Baumechanik, S. 1–139.<br />

Verlag Ernst & Sohn (1995).<br />

/ 4 / Basar, Y., Krätzig, W. B.: Mechanik <strong>der</strong> Flächentragwerke.<br />

Vieweg–Verlag (1985).<br />

/ 5 / Eschenauer, H., Schnell, W.: Elastizitätstheorie I (Grundlagen, Scheiben und<br />

Platten) und II (Schalen).<br />

BI–Wissenschaftsverlag (1981).<br />

/ 6 / Schleeh, W.: Bauteile mit zweiachsigem Spannungszustand<br />

(Scheiben).<br />

Beton–Kalen<strong>der</strong> II (1983), S. 713–848.<br />

/ 7 / Pieper, K., Martens, P.: Durchlaufende vierseitig gestützte Platten im<br />

Hochbau. Vorschlag zur vereinfachten Berech–<br />

nung.<br />

Beton– und Stahlbetonbau (1966), S. 158–162.<br />

/ 8 / Markus, G.: Theorie und Berechnung rotationssymmetrischer<br />

Bauwerke, zweite Auflage.<br />

Werner–Verlag (1976).<br />

/ 9 / Grasser, E., Thielen, G.: Hilfsmittel zur Berechnung <strong>der</strong> Schnittgrößen und<br />

Formän<strong>der</strong>ungen von Stahlbetontragwerken.<br />

2. überarbeitete Auflage. Deutscher Ausschuß für<br />

Stahlbeton (DAfStb), Heft 240,<br />

Beuth Verlag (1978).<br />

/10/ Zimmer, A., Groth, P.: Elementmethode <strong>der</strong> Elastostatik.<br />

R. Oldenburg–Verlag (1970).<br />

/11/ Knothe, K, Wessels, H.: Finite Elemente.<br />

Springer–Verlag (1991).<br />

/12/ Harbord, R.: <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong> III<br />

– Rechnerorientierte und nichtlineare <strong>Statik</strong> von<br />

Stabtragwerken. Manuskript zur Lehrveranstal–<br />

tung, TU Berlin (1996).<br />

/13/ Harbord, R.: <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong>, Vertiefung I:<br />

Finite–Elemente–Methoden in <strong>der</strong> Baustatik und<br />

Baudynamik. Manuskript zur <strong>Lehrveranstaltung</strong>,<br />

TU Berlin (1997).<br />

– 5 –


14/ Isler, H.: Schalen. Katalog.<br />

Hrsg.: E. Ramm, E. Schunk, Universität Stuttgart.<br />

Karl Krämer Verlag, Stuttgart (1989).<br />

/15/ Straub, H.: Die Geschichte <strong>der</strong> Bauingenieurkunst.<br />

Birkhäuser Verlag (1992).<br />

/16/ Pflüger, A.: Elementare Schalenstatik, fünfte Auflage.<br />

Springer–Verlag (1981).<br />

/17/ Franz, G.: Konstruktionslehre des Stahlbetons.<br />

Zweiter Band: Tragwerke.<br />

Springer–Verlag (1969).<br />

/18/ Bomhard, H., Kraemer, U.,<br />

Mainz, J.: Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Kongreßhalle Berlin<br />

– Konstruktion und Bau.<br />

Bauingenieur 61 (1986), S. 569–576.<br />

/19/ Schlaich, J., Schober, H.: Netzkuppeln aus Glas.<br />

VDI–Jahrbuch (1994), S. 238–260.<br />

/20/ Czerny, F.: Tafeln für Rechteckplatten.<br />

Beton–Kalen<strong>der</strong> I (1996), S. 277.<br />

/21/ Stiglat, K., Wippel, H.: Massive Platten.<br />

Beton–Kalen<strong>der</strong> I (1997), Seite 283.<br />

/22/ Werkle, H.: Finite Elemente in <strong>der</strong> Baustatik.<br />

Vieweg–Verlag (1995).<br />

/23/ Krätzig, W.B., Basar, Y.: Tragwerke 3. Theorie und Anwendung <strong>der</strong><br />

Methode <strong>der</strong> finiten Elemente.<br />

Springer–Verlag (1997).<br />

– 6 –


Teil 1: Flächentragwerke<br />

1.1 Einführung<br />

Die <strong>Lehrveranstaltung</strong> <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong> <strong>IV</strong> – kurz <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> – ist zwischen<br />

Grundfach– und Vertiefungsstudium angeordnet. Sie richtet sich an Studentinnen und<br />

Studenten, die bereits die <strong>Lehrveranstaltung</strong>en <strong>Statik</strong> I bis III des Grundfachstudiums<br />

erfolgreich abgeschlossen haben und die anstreben, sich verstärkt in eine statisch–konstruktive<br />

Richtung zu vertiefen.<br />

Ziel <strong>der</strong> Veranstaltung ist es, Bauingenieurstudenten in die Grundlagen von Flächentragwerken<br />

einzuführen. Das sind statische Modelle bzw. Systeme, die man als<br />

Scheiben, Platten, Schalen und Faltwerke bezeichnet. Im Vergleich zu Stabtragwerken,<br />

die in den <strong>Lehrveranstaltung</strong>en <strong>Statik</strong> I bis III behandelt werden, gestaltet sich die<br />

statische Betrachtung von Flächentragwerken erheblich komplizierter, da die Beanspruchung,<br />

ausgedrückt durch Kraft– und Wegzustände, nun von zwei Ortskoordinaten<br />

abhängt und die baustatische Beschreibung daher zwangsläufig auf partielle Differentialgleichungen<br />

(DGL) führt. Einerseits steigt <strong>der</strong> mathematische Aufwand dadurch erheblich<br />

an und an<strong>der</strong>erseits sind für technisch interessante Anwendungsfälle nur eine<br />

begrenzte Anzahl von analytischen Lösungen bekannt. Um sich diesem Umstand anpassen<br />

zu können, sind zwei stark unterschiedliche Vorgehensweisen zur Behandlung<br />

von Flächentragwerken entstanden.<br />

1. Die Vorgehensweise mit baustatischen Methoden: Sie zielt darauf ab, Flächentragwerke<br />

in anschaulicher Weise durch Stabtragwerke zu ersetzen; z.B. Scheiben<br />

durch Fachwerke und Platten durch Trägerroste o<strong>der</strong> noch einfacher, Scheiben<br />

durch einen Dreibock und Platten durch ein gekreuztes Balken– bzw.<br />

Trägerpaar (Bild 1.1). Solche einfachen Modelle sind immer dann von Nutzen,<br />

wenn es um Scheiben und Platten im Ingenieurhochbau geht, die einen Großteil<br />

<strong>der</strong> praktischen Ingenieuraufgaben umfassen. Sie sind in den technischen Regelwerken<br />

verankert, z.B. <strong>der</strong> DIN 1045 und stellen im Zusammenhang mit begleitenden<br />

konstruktiven Maßnahmen ein wichtiges Werkzeug des praktisch tätigen<br />

Ingenieurs dar.<br />

2. Die Vorgehensweise mit mathematisch orientierten Methoden: Sie zielt darauf ab,<br />

entwe<strong>der</strong> die DGL <strong>der</strong> Flächentragwerke unmittelbar analytisch bzw. numerisch<br />

zu integrieren o<strong>der</strong> die schwachen Formen <strong>der</strong> DGL – in <strong>der</strong> Baustatik als Arbeitsgleichungen<br />

(AGL) des Prinzips <strong>der</strong> virtuellen Weggrößen (PvW) und des<br />

Prinzips <strong>der</strong> virtuellen Kraftgrößen (PvK) bekannt – zu nutzen, um Näherungs–<br />

lösungen zu ermitteln. Am Ende dieses Weges steht heute die Methode <strong>der</strong> finiten<br />

Elemente, kurz Finite–Elemente–Methode (FEM), die in Form von FE–Programmen<br />

ein mächtiges Werkzeug für Ingenieure darstellt, wenn es darum geht,<br />

Lösungen für Flächentragwerke zu finden, z.B. im Anwendungsbereich des<br />

Brücken– und Industriebaus, wo die einfachen baustatischen Methoden ihre Gültigkeit<br />

verlieren.<br />

– 1 / 1 –


Höhe<br />

Wandscheibe<br />

Auflager<br />

Länge<br />

Randlast<br />

Druckstab Druckstab<br />

Dreibock<br />

Zugstab<br />

a) Lastabtragung in einer Wandscheibe durch einen Dreibock<br />

Breite<br />

Länge<br />

– 1 / 2 –<br />

Gelenkige Lagerung<br />

Flächenlast<br />

Platte<br />

b) Lastabtragung in einer Platte durch gekreuzte Balken<br />

Mittelfläche<br />

<strong>der</strong> Platte<br />

Gekreuzte Balken<br />

Dicke<br />

Mittelfläche<br />

<strong>der</strong> Scheibe<br />

Bild 1.1 : Einfache Modelle zur Erfassung <strong>der</strong> Scheiben– und Plattenwirkung<br />

Dicke


Für beide Vorgehensweisen sind genauere Kenntnisse <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Flächentragwerke<br />

erfor<strong>der</strong>lich, um sie anwenden zu können. Im Fall <strong>der</strong> baustatischen Methoden,<br />

um eine Abschätzung darüber zu erhalten, welche konstruktiven Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich<br />

sind, um die Defizite von vereinfachten Berechnungen auszugleichen und im Fall<br />

<strong>der</strong> mathematischen Methoden, z.B. <strong>der</strong> FEM, um die Sicherheit im Umgang mit FE–<br />

Programmen zu erhöhen.<br />

Die <strong>Lehrveranstaltung</strong> <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> ist in sieben Teilabschnitte geglie<strong>der</strong>t. Im Teil 1 wird<br />

eine Übersicht über die methodische Vorgehensweise angegeben, und es werden statische<br />

Systeme von Scheiben, Platten, Schalen und Faltwerken vorgestellt. Im Teil 2 erfolgt<br />

die Definition <strong>der</strong> verwendeten Bezeichnungen am Beispiel eines Ausschnitts aus<br />

einem drei–dimensionalen Kontinuum. Im Rahmen <strong>der</strong> gesamten Veranstaltung kommt<br />

konsequent die Indexschreibweise zur Anwendung. Einerseits, um die Schreibarbeit<br />

radikal zu verkürzen und an<strong>der</strong>erseits, um die Ähnlichkeiten in <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Grundgleichungen<br />

zwischen Stab– und Flächentragwerken aufzeigen zu können. Gerade mit<br />

Hilfe dieser Darstellungsform gelingt es in beson<strong>der</strong>s einfacher Weise, das noch un–<br />

bekannte Tragverhalten <strong>der</strong> Flächentragwerke – Scheibe, Platte, Schale – aus dem<br />

bereits bekannten Tragverhalten <strong>der</strong> zugeordneten Stabtragwerke – Stab, Balken,<br />

Bogen – zu erkennen und damit einer anschaulichen, also mehr einer ingenieur– als<br />

mathematischen Deutung zugänglich zu machen. Allein dieser Aspekt rechtfertigt<br />

schon die Mühe, die es für Ingenieure i.a. bedeutet, sich in diese mo<strong>der</strong>ne Notation einarbeiten<br />

zu müssen, die im Vergleich zur klassischen Darstellungsform zumindest für<br />

Bauingenieure doch sehr mathematisch erscheint. Das ist sie aber ganz und gar nicht,<br />

da Tensoren für Physiker und daher auch für Ingenieure ein ”natürliches Werkzeug” darstellen,<br />

um naturwissenschaftliche Phänomene zu beschreiben.<br />

In den Teilen 3 und 5 werden die Grundlagen <strong>der</strong> Scheiben–, Platten– und Schalen–<br />

theorie behandelt. Ziel ist es, die sogenannten Scheiben–, Platten– und Schalengleichungen<br />

abzuleiten und analytische Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Der<br />

Schwerpunkt liegt dabei ganz deutlich bei den Scheiben und Platten. Sie sind aus <strong>der</strong><br />

Sicht <strong>der</strong> Praxis als die wichtigsten Vertreter <strong>der</strong> Flächentragwerke anzusehen. Die Behandlung<br />

<strong>der</strong> Schalen beschränkt sich auf die Darstellung des Einflusses <strong>der</strong> geometrischen<br />

Form und das Aufzeigen von Lösungswegen zur Berechnung von Rotations–<br />

und Membranschalen.<br />

Zum Abschluß werden in den Teilen 6 und 7 Verfahren zur anwendungsorientierten<br />

Berechnung von Scheiben und Platten behandelt. Im Teil 6 die Gitterrost–Methode<br />

(GRM), die zur Gruppe <strong>der</strong> baustatischen Lösungsmethoden gehört. Durch eine anschauliche<br />

Betrachtung, die von einer strengen statisch–geometrischen Analogie zwischen<br />

Flächen– und Stabtragwerken ausgeht, wird gezeigt, daß sich Scheiben wie<br />

Fachwerke und Platten wie liegende Rahmenwerke bzw. Trägerroste verhalten. Damit<br />

besteht u.a. die Möglichkeit, die aussteifende Wirkung von Scheiben und Platten unmittelbar<br />

in statische Systeme von Stabtragwerken zu integrieren, ohne dabei gleich auf<br />

finite Elemente zurückgreifen zu müssen.<br />

– 1 / 3 –


Finite–Elemente–Methoden gehören zur Gruppe <strong>der</strong> numerischen Methoden. Es sind<br />

im verstärkten Umfang Betrachtungen aus dem Bereich <strong>der</strong> analytischen und numerischen<br />

Mathematik erfor<strong>der</strong>lich, um Scheiben– und Plattenelemente zu entwickeln.<br />

Zwar ist es nicht unbedingt notwendig, daß Anwen<strong>der</strong> <strong>der</strong> FEM die theoretischen<br />

Grundlagen <strong>der</strong> Methode in allen Einzelheiten beherrschen. Es ist aber unabdingbar,<br />

daß Anwen<strong>der</strong> zumindest das Elementverhalten abschätzen können, um Ergebnisse<br />

zu erzielen, die aus baustatischer Sicht mit <strong>der</strong> Qualität von Scheiben– und Platten–<br />

lösungen übereinstimmen. Im Teil 7 werden daher einfache Scheiben– und Plattenelemente<br />

vorgestellt, die wie das Verfahren <strong>der</strong> Stabsteifigkeiten (VdS) aus <strong>Statik</strong> III auf<br />

dem PvW beruhen. Eine weitergehende systematische Darstellung <strong>der</strong> FEM erfolgt<br />

im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong> Vertiefung I /13/, wobei vor allem eine Betrachtung<br />

<strong>der</strong> Methode aus baustatischer und baudynamischer Sicht im Vor<strong>der</strong>grund des Interesses<br />

steht.<br />

1.2 Begleitende Literatur<br />

Zur Thematik <strong>der</strong> Flächentragwerke liegt eine umfangreiche Literatur vor. Zu den Klassikern<br />

gehören die Lehrbücher von Girkmann /1/ und Flügge /2/, die auch heute noch<br />

sehr aktuell sind, wenn es darum geht, sich in die physikalischen und mathematischen<br />

Gegebenheiten von Flächentragwerken einzulesen. Sie behandeln ausschließlich analytische<br />

Lösungsverfahren. Die mathematische Dominanz ist relativ groß. Als eine<br />

mo<strong>der</strong>ne Kurzform dieser Lehrbücher ist <strong>der</strong> Beitrag von Mang in /3/ zu werten, <strong>der</strong><br />

in knapper Form alles wesentliche präsentiert, was konstruktive Bauingenieure über<br />

Flächentragwerke wissen müssen.<br />

In dem Lehrbuch von Basar und Krätzig /4/ kommt durchgängig die Indexschreibweise<br />

zur Anwendung, die in vereinfachter Form auch in <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> verwendet wird. Dieses<br />

Lehrbuch, das die Mechanik <strong>der</strong> Flächentragwerke einheitlich vom Standpunkt gekrümmter<br />

Flächen aus behandelt, stellt daher an den Leser zwangsläufig sehr hohe mathematische<br />

Ansprüche. Es wird aber trotzdem als Hintergrundlektüre empfohlen, weil<br />

es ein sehr mo<strong>der</strong>nes Konzept zur Behandlung von Flächentragwerken darstellt, auf<br />

das u.a. die FEM <strong>der</strong> Flächentragwerke beruht. Das Lehrbuch von Eschenauer und<br />

Schnell /5/, das in kurzer, aber durchaus vollständiger Form die Grundlagen <strong>der</strong> Scheiben,<br />

Platten und Schalen behandelt, kann ebenfalls als begleitende Lektüre empfohlen<br />

werden. Ein beson<strong>der</strong>er Vorteil dieses Lehrbuchs ist, daß es neben <strong>der</strong> klassischen<br />

Darstellungsform auch die Indexschreibweise verwendet und somit das Verständnis für<br />

die Indexschreibweise erhöht.<br />

Die Abhandlungen von Schleeh /6/, Pieper, Martens /7/, Markus /8/ und Grasser,<br />

Thielen /9/ sind dagegen vorrangig als Tabellenwerke zu nutzen. Sie sind von prak–<br />

tischem Wert, wenn es darum geht, Untersuchungen von Flächentragwerken per<br />

Handrechnung vorzunehmen. Im Rahmen von <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> stellen sie z.B. ein wichtiges<br />

Hilfsmittel dar, um Übungen durchführen und Hausaufgaben anfertigen zu können.<br />

– 1 / 4 –


In <strong>der</strong> Abhandlung Elementmethode <strong>der</strong> Elastostatik von Zimmer und Grothe /10/ werden<br />

Modelle <strong>der</strong> GRM vorgestellt und Anwendungen zur Lösung von praktischen Ingenieuraufgaben<br />

gezeigt. Auf dem Gebiet <strong>der</strong> Konstruktionsberechnung mit Element–<br />

methoden repräsentiert sie den Stand <strong>der</strong> Technik zu Beginn <strong>der</strong> 70er Jahre.<br />

Zwischenzeitlich ist die in /10/ propagierte Konzeption methodisch überholt. Aus heutiger<br />

Sicht liegt ihr Wert vor allem in <strong>der</strong> auf Anschauung begründeten Vorgehensweise.<br />

Für konstruktive Bauingenieure ist die Abhandlung /10/ daher nach wie vor lesenswert.<br />

Das Lehrbuch Finite Elemente von Knothe und Wessels /11/ repräsentiert dagegen den<br />

Stand <strong>der</strong> Technik <strong>der</strong> 90er Jahre. Trotz <strong>der</strong> Beschränkung auf Weggrößenele–<br />

mente ist es als Eingangslektüre in die Problematik <strong>der</strong> FEM sehr zu empfehlen, da<br />

es alle wesentlichen Schritte <strong>der</strong> Methode sowohl auf Element– als auch auf System–<br />

ebene sehr ausführlich behandelt. Die Vorgehensweise in /11/ ist mit dem VdS aus <strong>der</strong><br />

<strong>Statik</strong> III /12/ vergleichbar. Sie ist aber allgemeiner, weil neben Stab– zusätzlich auch<br />

Flächentragwerke betrachtet werden. Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Statik</strong>–<strong>Lehrveranstaltung</strong>en geschieht<br />

dies in voller Allgemeingültigkeit erst in <strong>der</strong> nachfolgenden Vertiefung I: Finite–<br />

Elemente–Methode in <strong>der</strong> Baustatik und Baudynamik, in <strong>der</strong> dann auch mo<strong>der</strong>ne gemischt–hybride<br />

Elementkonzepte vorgestellt werden /13/.<br />

1.3 Statische Modelle<br />

Tragwerke sind, wie es <strong>der</strong> Name sehr treffend ausdrückt, <strong>der</strong> tragende Teil von Bauwerken.<br />

Entwurf, Konstruktion und rechnerischer Nachweis in Form einer statischen<br />

Berechnung sind Tätigkeiten, die in <strong>der</strong> Baupraxis konstruktiv ausgebildete Bauingenieure<br />

wahrnehmen.<br />

Im Rahmen des Entwurfprozesses sind vor allem zwei Maßnahmen von dominanter Bedeutung:<br />

Die Entwicklung einer tragenden Konstruktion, die immer im Mittelpunkt des<br />

Interesses stehen sollte und die Modellierung des zugehörigen statischen Systems, das<br />

die Grundlage <strong>der</strong> statischen Berechnung bildet, um das Tragverhalten von Bauwerken<br />

rechnerisch nachvollziehen zu können.<br />

Bei <strong>der</strong> Modellierung von statischen Systemen sind die physikalischen Zustände im<br />

Tragwerk so wirklichkeitsnah wie möglich, dabei aber so einfach wie nötig abzubilden.<br />

Diese Vorstellung ist als oberstes Gebot bei <strong>der</strong> Lösung dieser sehr anspruchvollen Ingenieuraufgabe<br />

zu beachten. Sie läßt sich immer dann umsetzen, wenn man mit eindeutig<br />

definierten statischen Modellen arbeitet, die beim Lastabtrag spezielle Aufgaben<br />

erfüllen.<br />

Wichtige Einflußparameter zur Klassifizierung von statischen Modellen sind<br />

– die geometrische Form <strong>der</strong> tragenden Bauteile<br />

und<br />

– die Art und Weise, wie Einwirkungen tragende Bauteile beanspruchen.<br />

– 1 / 5 –


Alle Bauteile sind im Hinblick auf ihre geometrische Form immer als dreidimensionale<br />

Gebilde anzusehen. Trotzdem werden sie im statischen System nur in Ausnahmefällen<br />

auch in allen drei Dimensionen erfaßt. Für die Mehrzahl <strong>der</strong> Anwendungsfälle reicht es<br />

aus, Tragwerke als Stabtragwerke zu modellieren. Dies trifft immer dann zu, wenn zwei<br />

Abmessungen eines Bauteils, nämlich die des Querschnitts im Vergleich zur dritten Abmessung,<br />

<strong>der</strong> Länge klein ausfallen. Dabei können die einzelnen Bauteile auf einer<br />

Linie, in einer Ebene o<strong>der</strong> im Raum angeordnet und gelenkig o<strong>der</strong> biegesteif miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden sein. Ergibt sich aus <strong>der</strong> Einwirkung lediglich eine Beanspruchung in<br />

Richtung <strong>der</strong> Stabachsen, bezeichnet man die statischen Modelle bei Anordnung auf<br />

einer Linie als (Druck– Zug)–Stäbe und bei Anordnung in einer Ebene o<strong>der</strong> im Raum<br />

als Fachwerke. Erfolgt die Einwirkung dagegen senkrecht zur Stabachse, bezeichnet<br />

man die statischen Modelle als Balken o<strong>der</strong> Rahmenwerke. Sind die Stabachsen nicht<br />

gerade son<strong>der</strong>n gekrümmt, werden die statischen Modelle als Bogenwerke bezeichnet.<br />

Der Übergang von den Stab– zu den Flächentragwerken ist dadurch gekennzeichnet,<br />

daß nun zwei Abmessungen eines Bauteils, nämlich die Länge und Höhe o<strong>der</strong> die<br />

Länge und Breite als dominant zu betrachten sind, während die dritte Abmessung, die<br />

Dicke im Vergleich dazu deutlich kleiner ausfällt, vgl. (Bild 1.1). Der Übergang zwischen<br />

Stab– und Flächentragwerken ist fließend. Ob eine stabförmige Modellierung eines<br />

Bauteils ausreicht o<strong>der</strong> ob bereits eine Erfassung als Flächentragwerk erfor<strong>der</strong>lich ist,<br />

muß daher von Fall zu Fall in Abhängigkeit <strong>der</strong> speziell vorliegenden Bedingungen entschieden<br />

werden.<br />

Treten die Einwirkungen parallel zur Fläche auf, bezeichnet man das statische Modell<br />

als Scheibe (Bild 1.2), die eine flächige Erweiterung des statischen Modells (Druck–<br />

Zug)–Stab darstellt. Treten die Einwirkungen dagegen senkrecht zur Fläche auf, bezeichnet<br />

man das statische Modell als Platte (Bild 1.3), die eine flächige Erweiterung<br />

des statischen Modells Balken darstellt. Ist die Fläche zusätzlich gekrümmt und treten<br />

Einwirkungen parallel und senkrecht o<strong>der</strong> nur parallel o<strong>der</strong> nur senkrecht zur Fläche<br />

auf, erhält man das statische Modell einer Schale (Bild 1.4).<br />

Neben Scheibe, Platte und Schale ist noch das statische Modell Faltwerk (Bild 1.5)<br />

zu definieren. Faltwerke sind als Zwischenstufe zwischen ebenen und gekrümmten<br />

Flächentragwerken anzusehen. Sie bestehen aus räumlich angeordneten Scheiben<br />

und Platten, die man als Falten bezeichnet. Die Falten sind entlang <strong>der</strong> Kanten, an denen<br />

die ebenen Teilflächen <strong>der</strong> Falten zusammenstoßen, gelenkig o<strong>der</strong> biegesteif miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden. Aus baustatischer Sicht verhalten sich Faltwerke wie Schalen, die<br />

an Stelle einer stetigen eine unstetige Geometrie aufweisen.<br />

Der Übergang von den Flächen– zu den Volumentragwerken ist dadurch gekennzeichnet,<br />

daß nun alle drei Abmessungen eines Bauteils in gleicher Größenordnung auf–<br />

treten. Eine weitere Klassifizierung ist dann nicht mehr möglich. In <strong>der</strong> statischen Berechnung<br />

zur Ermittlung <strong>der</strong> Kraft– und Wegzustände sind alle drei Abmessungen unabhängig<br />

voneinan<strong>der</strong> zu erfassen. Im Bauwesen spielen dreidimensionale statische<br />

Modelle i.a. nur eine untergeordnete Rolle. Wenn sie vorkommen, so fast ausschließlich<br />

im Bereich des Grundbaus, um den Lasteintrag in den Baugrund genauer zu unter–<br />

suchen. Der Baugrund unter dem Faltwerk im (Bild 1.5) ist z.B. dreidimensional abgebildet,<br />

um die Wechselwirkung zwischen Bodenplatte und Baugrund in die statische<br />

Berechnung mit einzubeziehen, vgl. hierzu die (Bil<strong>der</strong> 1.5.1 und 1.5.2).<br />

– 1 / 6 –


1.4 Vorgehensweisen und Berechnung<br />

Das Ziel einer statischen Berechnung von Tragwerken ist es, die Beanspruchung S<br />

(stress) zu ermitteln, um sie mit <strong>der</strong> Beanspruchbarkeit R (resistance) vergleichen zu<br />

können. Es ist nachzuweisen, daß<br />

S d / R d ≤ 1 (1.1)<br />

uneingeschränkt für alle kritischen Punkte im Tragwerk gilt. Der Index d (design) gibt<br />

an, daß <strong>der</strong> Nachweis für Bemessungswerte zu erfolgen hat.<br />

In <strong>der</strong> Regel sind die Beanspruchungen mit den Bemessungswerten <strong>der</strong> Einwirkungen<br />

zu bestimmen. Die Klassifizierung <strong>der</strong> Beanspruchung in den statischen Modellen von<br />

Bauteilen o<strong>der</strong> Tragwerken ist in (Tabelle 1.1) angegeben. Für Stab– und Flächentragwerke<br />

ist eine eindeutige physikalische Zuordnung möglich. In (Druck– Zug)–Stäben<br />

tritt ein eindimensionaler und in Scheiben ein zweidimensionaler Dehnungszustand auf,<br />

während sich in Balken ein eindimensionaler und in Platten ein zweidimensionaler Biegezustand<br />

einstellt. Bei Bögen und Schalen kommt es durch die stetige Systemverkrümmung<br />

zu einer Kopplung <strong>der</strong> Dehn– und Biegebeanspruchung, die sich wegen <strong>der</strong><br />

unstetigen Systemkrümmung auch bei Faltwerken einstellt. Bei Volumentragwerken ist<br />

dagegen immer von einem dreidimensionalen Beanspruchungszustand auszugehen,<br />

<strong>der</strong> Dehn– und Biegeanteile enthält. Es hängt vorrangig vom Einwirkungszustand ab,<br />

welcher Anteil sich als dominant erweist.<br />

In Abhängigkeit vom gewählten Nachweisverfahren kann die Bedingung (1.1) als<br />

Spannungsnachweis, als Schnittgrößennachweis, als Bauteilnachweis o<strong>der</strong> als Tragwerksnachweis<br />

erfüllt werden. Berechnungsgrundlage im Rahmen von <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> sind<br />

ausschließlich linear–elastische Theorien, so daß die Ermittlung <strong>der</strong> Zustandsgrößen<br />

– Schnittgrößen und zugehörige Verschiebungen und Verdrehungen – im Mittelpunkt<br />

des Interesses steht. Lösungswege und Lösungsmethoden zur Ermittlung von Zustandsgrößen<br />

sind in (Tabelle 1.2) angegeben.<br />

Es sind immer die Grundgleichungen abzuleiten, die das Gleichgewicht und die Verträglichkeit<br />

von Flächentragwerken in Form von DGL beschreiben. Grundgleichungen sind<br />

Definitionsgleichungen des Tragverhaltens. Im Rahmen <strong>der</strong> Stabstatik kommen z.B.<br />

das Schnittprinzip, die Mohr–Analogie, das Kraftgrößenverfahren und das Weggrößenverfahren<br />

zum Einsatz, um die direkte Integration <strong>der</strong> DGL zu vermeiden. Für Flächentragwerke<br />

sind solche anschaulichen Verfahren nur für spezielle Son<strong>der</strong>fälle bekannt,<br />

so daß die Lösungswege zur Ermittlung <strong>der</strong> Zustandsgrößen auf Vorgehensweisen beruhen,<br />

die entwe<strong>der</strong> unmittelbar von <strong>der</strong> DGL selbst o<strong>der</strong> von <strong>der</strong> zugeordneten AGL,<br />

also <strong>der</strong> schwachen Form <strong>der</strong> Differentialgleichungen ausgehen.<br />

– 1 / 7 –


Stabtragwerke (1D)<br />

Stab<br />

Balken<br />

Bogen<br />

Fachwerke,<br />

Rahmen–<br />

werke<br />

Statische Modelle<br />

Flächentragwerke (2D) Volumentragwerke (3D)<br />

Scheibe<br />

Platte<br />

Schale<br />

Faltwerke<br />

Tabelle 1.1 : Klassifizierung <strong>der</strong> Beanspruchung in statischen Modellen<br />

– 1 / 8 –<br />

Keine weitere<br />

Klassifizierung<br />

möglich !<br />

Klassifizierung <strong>der</strong> Beanspruchung<br />

Dehnung Biegung Dehnung und Biegung<br />

Stabtragwerke<br />

Stab<br />

Balken<br />

Bogen<br />

Flächentragwerke mit polygonartiger Begrenzung<br />

Scheibe<br />

Platte<br />

Schale<br />

Flächentragwerke mit rotationssymmetrischer Begrenzung<br />

Kreisscheibe<br />

Volumentragwerke<br />

Kontinuum<br />

Kreisplatte<br />

Rotationsschale


Baustatische Methoden<br />

Scheiben:<br />

Verfahren von<br />

Schleeh.<br />

Ermittlung von Zustandsgrößen<br />

Ableitung <strong>der</strong> Grundgleichungen<br />

Lösungswege<br />

Differentialgleichungen (DGL) Arbeitsgleichungen (AGL)<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Grundgleichungen<br />

zu integrierbaren DGL–Systemen<br />

bzw. einer DGL von hoher Ordnung.<br />

Lösungsmethoden<br />

Tabelle 1.2 : Lösungswege und Lösungsmethoden zur Ermittlung von Zustandsgrößen<br />

– 1 / 9 –<br />

Indirekte Integration <strong>der</strong> Grund–<br />

gleichungen zu AGL durch<br />

Anwendung <strong>der</strong> Prinzipe <strong>der</strong> virtuellen<br />

Weg– und Kraftgrößen.<br />

Analytische Methoden Numerische Methoden<br />

Allgemein Speziell DGL AGL DGL AGL<br />

Gitterrost–<br />

methode<br />

(GRM),<br />

einfache Stab–<br />

und Balken–<br />

modelle.<br />

Platten:<br />

Verfahren von<br />

Pieper/Martens.<br />

Schalen:<br />

KGV für zu–<br />

sammenge–<br />

setzte Rota–<br />

tionsschalen.<br />

Direkte<br />

Integration,<br />

Reihen–<br />

ansätze.<br />

Ritz,<br />

Trefftz,<br />

Galerkin,<br />

Fehler–<br />

quadrat–<br />

ausgleich.<br />

Einflußflächen<br />

Differenzen–<br />

verfahren,<br />

Mehrstellen–<br />

verfahren,<br />

Kollokation.<br />

Finite–<br />

Element–<br />

Methode<br />

(FEM),<br />

Rand–<br />

Element–<br />

Methode<br />

(REM).


Bei den Lösungsmethoden zur Durchführung von Zahlenberechnungen ist zwischen<br />

baustatischen, analytischen und numerischen Methoden zu unterscheiden. In <strong>der</strong> Baupraxis<br />

kommen wegen des zunehmenden Rechnereinsatzes fast nur noch numerische<br />

Methoden zum Einsatz. Im Rahmen dieser Klasse ist die FEM /11/ von absoluter Dominanz.<br />

Trotzdem sind die baustatischen und analytischen Methoden nicht ohne Bedeutung.<br />

Baustatische Methoden, wie z.B. das Verfahren von Schleeh /6/ für Scheiben o<strong>der</strong><br />

das Verfahren von Pieper/Martens /7/ sind vor allem im Rahmen von Kontrollbe–<br />

rechnungen o<strong>der</strong> statischen Prüfungen nach wie vor beliebt. Das Gleiche gilt für das<br />

Kraftgrößenverfahren von zusammengesetzten Rotationsschalen, das sich im Zusammenhang<br />

mit den Markus–Tabellen /8/ als ein geeignetes Verfahren erweist, um FE–Ergebnisse<br />

von Behältern zu überprüfen.<br />

Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist die GRM /10/. Sie ersetzt in statisch gleichwertiger Weise<br />

u.a. Scheiben durch Fachwerke und Platten durch liegende Rahmenwerke bzw. Trägerroste.<br />

Sie erreicht zwar bei weitem nicht die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> FEM, zeichnet sich<br />

aber im Vergleich zur FEM durch eine beson<strong>der</strong>s große baustatische Anschaulichkeit<br />

aus. Schon allein aus didaktischen Gründen sollte man daher auf die Vorstellung dieser<br />

Methode nicht verzichten. Vor allem dann nicht, wenn es vorrangig darum geht, Bau–<br />

ingenieurstudenten in die Grundlagen <strong>der</strong> <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> Flächentragwerke einzuführen.<br />

Aber auch zur Absicherung einfacher Stab– und Balkenmodelle ist die GRM hervor–<br />

ragend geeignet.<br />

Gleiches gilt auch für die analytischen Methoden. Sie haben zwar keinen unmittelbaren<br />

Anwendungswert, ihre Kenntnis ist aber unabdingbar, um das Tragverhalten von<br />

Flächentragwerken im Detail zu verstehen, vgl. z.B. /1/, /2/ und /3/.<br />

Aus <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> Lösungsmethoden werden im Rahmen von <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> nur einzelne<br />

Methoden genauer behandelt. Dies sind<br />

– bei Scheiben das Verfahren von Schleeh, die GRM und die FEM,<br />

– bei Platten Reihenansätze, das Ritz–Verfahren, die GRM und die FEM<br />

sowie<br />

– bei Schalen das KGV für zusammengesetzte Rotationsschalen und die Mem–<br />

brantheorie von allgemeinen Schalen.<br />

1.5 Anwendungsbeispiele<br />

Es sind vorrangig theoretisch orientierte Betrachtungen erfor<strong>der</strong>lich, um Grundlagen,<br />

Lösungswege und Lösungsmethoden zur Berechnung von Flächentragwerken abzuleiten.<br />

Zuvor werden aber vier charakteristische Anwendungsbeispiele vorgestellt, nämlich<br />

eine Scheibe, eine Platte, eine Schale und ein Faltwerk, um den praktischen Nutzen<br />

dieser Betrachtungen zu verdeutlichen. Alle Berechnungen werden mit dem FE–Programm<br />

GEMAS des <strong>Fachgebiet</strong>s <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong> durchgeführt, indem<br />

ausschließlich gemischt–hybride Elementvarianten implementiert sind /13/. Die maßgeblichen<br />

Ergebnisse sind entwe<strong>der</strong> als Höhenstreifen o<strong>der</strong> Trajektorien in <strong>der</strong> Fläche<br />

<strong>der</strong> betrachteten Tragwerke o<strong>der</strong> als Schnitte dargestellt.<br />

– 1 / 10 –


1.5.1 Wandscheibe<br />

Das erste Beispiel ist eine Wandscheibe aus Stahlbeton. Das Berechnungssystem ist<br />

im (Bild 1.2) dargestellt. Die Konstruktion ist 33.70 m lang und 11.00 m hoch. Die Dicke<br />

schwankt zwischen 0.50 und 1.00 m. Sie ist nur in einem Teilbereich auf Pfählen gegründet,<br />

so daß sich links und rechts von <strong>der</strong> Pfahlgründung große Auskragungen ergeben,<br />

vgl. (Bild 1.2). Im Berechnungssystem wird die Pfahlgründung, die aus 20 Bohrpfählen<br />

von 0.60 m Durchmesser und 9.00 m Länge besteht, durch Vertikal– und<br />

Horizontalfe<strong>der</strong>n erfaßt. Die Steifigkeit <strong>der</strong> Vertikalfe<strong>der</strong>n ist pro Pfahl zu berechnen. Sie<br />

beträgt C V = EA Pfahl / L Pfahl ≈ 10 6 kN/m. Für die Horizontalfe<strong>der</strong>n sind 30% von diesem<br />

Wert anzunehmen. Es gilt C H = 0.3 C V.<br />

Wandscheiben dienen vorrangig zur Aussteifung von großen Gebäuden und nachrangig<br />

zur Ableitung großer Vertikallasten in den Baugrund. Das System im (Bild 1.2) ist<br />

z.B. als Querscheibe in einem Krankenhaus angeordnet. Die einwirkenden Vertikallasten<br />

sind zu resultierenden Einzellasten zusammengefaßt. Die genauen Angriffspunkte<br />

sind in Abhängigkeit <strong>der</strong> vorgegebenen Abmessung zu schätzen.<br />

Die Elementierung <strong>der</strong> Wandscheibe (Bild 1.2) erfolgt mit 961 finiten Vierecks–<br />

Scheibenelementen. Dadurch ergeben sich 1063 gemeinsame Knotenpunkte. Die<br />

Knotenpunkte sind Informationsträger <strong>der</strong> Verschiebungen u 1 (cm) und u 2 (cm) , die<br />

sich infolge <strong>der</strong> Einwirkungen in Längs (X 1 bzw. X)– und Höhenrichtung (X 2 bzw. Y)<br />

einstellen. Die Höhenstreifen <strong>der</strong> vertikalen Verschiebungskomponente u 2 in <strong>der</strong><br />

verformten Fläche sind im (Bild 1.2.1) dargestellt. Durch die ausschließlich vertikale<br />

Lastrichtung fallen die Werte <strong>der</strong> horizontalen Verschiebungskomponente u 1 sehr klein<br />

aus. Auf eine Darstellung wird daher verzichtet.<br />

Die Elemente sind Informationsträger <strong>der</strong> Kräfte n 11 (kN/cm), n 22 (kN/cm) und<br />

n 12 = n 21 (kN/cm), die sich infolge <strong>der</strong> Einwirkungen in <strong>der</strong> Scheibe einstellen. Die<br />

Kraft n 11 tritt in allen Querschnitten Höhe × Dicke entlang <strong>der</strong> Längskoordinate X 1<br />

auf und die Kraft n 22 in allen Querschnitten Länge × Dicke entlang <strong>der</strong> Höhenkoordinate<br />

X 2 . Ihre Verteilung in <strong>der</strong> unverformten Fläche in Form von Höhenstreifen ist in den<br />

(Bil<strong>der</strong>n 1.2.2 und 1.2.3) dargestellt. n 11 ist auf die Höhe und n 22 auf die Länge <strong>der</strong><br />

Wandscheibe bezogen. Die Kräfte n 12 = n 21 erfassen die Wechselwirkung zwischen<br />

diesen Richtungen, die sich aus dem flächigen Verhalten von Scheiben ergibt. Dieser<br />

Effekt stellt im Vergleich zur Theorie <strong>der</strong> (Druck– und Zug)–Stäbe das eigentliche Neue<br />

<strong>der</strong> Scheibentheorie dar und ist ohne Kenntnis dieser Theorie nicht zu erklären. Die Verteilung<br />

<strong>der</strong> Kräfte n 12 = n 21 in <strong>der</strong> unverformten Fläche in Form von Höhenstreifen ist<br />

im (Bild 1.2.4) dargestellt.<br />

Die erzielten Ergebnisse sind aus baustatischer Sicht plausibel. Mit Hilfe von (Bild 1.2.1)<br />

kann <strong>der</strong> Verschiebungszustand kontrolliert und mit Hilfe <strong>der</strong> (Bil<strong>der</strong> 1.2.2 bis 1.2.4) die<br />

Bemessung <strong>der</strong> Wandscheibe durchgeführt werden.<br />

– 1 / 11 –


– 1 / 12 –<br />

4. m<br />

1.50 m<br />

X 2 (Y), u 2<br />

3. m<br />

4. m<br />

11. m 9. m Bild 1.2 : Wandscheibe<br />

0.60 m<br />

2700 kN<br />

240 kN<br />

0.90 m<br />

13.70 m<br />

1.60 m<br />

Dicke t = 0.50 m<br />

600 kN<br />

0.50 m<br />

0.50 m<br />

4000 kN<br />

1900 kN<br />

1500 kN<br />

1490 kN<br />

1560 kN<br />

4.70 m 3.20 m 12.60 m<br />

5.00 m 15.00 m<br />

1100 kN<br />

640 kN<br />

470 kN<br />

Dicke t = 0.70 m<br />

640 kN<br />

20 Bohrpfähle,Durchmesser 0.60 m, L = 9.00 m<br />

n 22<br />

33.70 m<br />

n 21 = n 12<br />

n 12<br />

Dicke t = 1.00 m<br />

n 11<br />

Stahlbeton :<br />

E = 3 ⋅ 107 kN/m2 ,<br />

ν = 0.20.<br />

3500 kN<br />

X 1 (X), u 1<br />

10.20 m 3. m<br />

6. m<br />

2. m 3. m


– 1 / 13 –<br />

Y<br />

Z<br />

X<br />

Bild 1.2.1 : Wandscheibe. Verschiebung u2 (cm).<br />

2.51+00<br />

2.28+00<br />

2.05+00<br />

1.82+00<br />

1.59+00<br />

1.37+00<br />

1.14+00<br />

9.11–01<br />

6.83–01<br />

4.56–01<br />

2.28–01<br />

1.95–04


– 1 / 14 –<br />

Y<br />

Z X<br />

�������������������������������������������������������<br />

1.05+02<br />

8.30+01<br />

6.07+01<br />

3.84+01<br />

1.61+01<br />

–6.21+00<br />

–2.85+01<br />

–5.08+01<br />

–7.31+01<br />

–9.55+01<br />

–1.18+02<br />

–1.40+02


– 1 / 15 –<br />

Y<br />

Z<br />

X<br />

Bild 1.2.3 : Wandscheibe. Verteilung von n22 (kN/cm).<br />

4.23+01<br />

3.20+01<br />

2.16+01<br />

1.12+01<br />

8.49–01<br />

–9.52+00<br />

–1.99+01<br />

–3.03+01<br />

–4.06+01<br />

–5.10+01<br />

–6.14+01<br />

–7.18+01


– 1 / 16 –<br />

Y<br />

Z X Bild 1.2.4 : Wandscheibe. Verteilung von n12 = n21 (kN/cm).<br />

2.79+01<br />

2.29+01<br />

1.78+01<br />

1.28+01<br />

7.79+00<br />

2.76+00<br />

–2.26+00<br />

–7.29+00<br />

–1.23+01<br />

–1.73+01<br />

–2.24+01<br />

–2.74+01


1.5.2 Flach– und Pilzdecke<br />

Das zweite Beispiel ist eine Flach– und Pilzdecke aus Stahlbeton. Der Berechnungsausschnitt,<br />

<strong>der</strong> ein Eckfeld sowie Rand– und Innenfel<strong>der</strong> umfaßt, ist im (Bild 1.3) dargestellt.<br />

Die regelmäßige Spannweite <strong>der</strong> Plattenfel<strong>der</strong> zwischen den Stützenreihen beträgt<br />

in X 1 – Richtung 10.00 m und in X 2 – Richtung 8.00 m. Die Dicke <strong>der</strong> Platte soll<br />

durchgängig 0.25 m betragen. Zusätzliche Verstärkungen im Bereich <strong>der</strong> Stützen,<br />

auch Pilzköpfe genannt, beeinflussen das Verformungsverhalten zwar sehr günstig,<br />

sind aus bautechnischen Gründen i.a. aber unerwünscht. Punktgestützte Platten ohne<br />

Pilzköpfe bezeichnet man als Flachdecken. Geeignete baupraktische Näherungs–<br />

verfahren zur Berechnung von Flach– und Pilzdecken sind /9/ zu entnehmen. Der<br />

Anwendungsbereich dieser Verfahren ist aber auf regelmäßige Stützenraster beschränkt,<br />

also Systemen, die hinsichtlich <strong>der</strong> Konfiguration mit dem System im (Bild 1.3)<br />

übereinstimmen.<br />

Mit <strong>der</strong> FEM können dagegen Systeme wie im (Bild 1.3), aber auch beliebig berandete,<br />

gestützte und belastete Flach– und Pilzdecken berechnet werden. Die Elementierung<br />

des Systems im (Bild 1.3) als punktgestützte Flachdecke erfolgt mit 2279 finiten Vierecks–<br />

Plattenelementen, so daß sich 2376 gemeinsame Knotenpunkte ergeben. Für<br />

den Lastfall Eigengewicht ist die Durchbiegung u 3 (m) im (Bild 1.3.1) dargestellt. Die<br />

Verteilung <strong>der</strong> Biegemomente m 11 (kN/m) und m 22 (kN/m) in Form von Höhenstreifen<br />

ist in den (Bil<strong>der</strong>n 1.3.2 und 1.3.3) dargestellt und die Verteilung des Torsionsmoments<br />

m 12 = m 21 (kNm/m) im (Bild 1.3.4).<br />

Die Welligkeit im Verlauf <strong>der</strong> Durchbiegung (Bild 1.3.1) ist eine Folge <strong>der</strong> Punktstützung.<br />

Die Biegemomente m 11 (Bild 1.3.2) und m 22 (Bild 1.3.3) können dagegen in relativ<br />

regelmäßige Gurt– und Feldstreifen unterteilt werden. Die Gurtmomente treten im Stützenbereich<br />

und die Feldmomente dazwischen auf. Diese Unterteilung ist als ein charakteristisches<br />

Merkmal von Flach– und Pilzdecken zu werten. Die Vorgabe von Gurt– und<br />

Feldstreifen bildet daher oft die Grundlage von Näherungslösungen, vgl. z.B. /9/. Die<br />

Bezugsfaser ist wegen <strong>der</strong> nach oben gerichteten X 3 – Koordinate auf <strong>der</strong> oberen Plattenseite<br />

angeordnet, vgl. (Bild 1.3). Diese Zuordnung ist bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Ergebnisbil<strong>der</strong><br />

zu beachten. Für die Gurtmomente ergeben sich zwar positive und für die Feldmomente<br />

negative Werte. Die Lage <strong>der</strong> Bewehrung än<strong>der</strong>t sich dadurch aber nicht. Im<br />

Stützenbereich tritt bei positivem Moment an <strong>der</strong> Plattenoberseite Zug auf, und im Feldbereich<br />

tritt bei negativem Moment an <strong>der</strong> Plattenunterseite Zug auf, die Bewehrung<br />

muß also im Gurtstreifen oben und im Feldstreifen unten liegen.<br />

Im (Bild 1.3.4) ist die antimetrische Verteilung <strong>der</strong> Torsionsmomente beson<strong>der</strong>s deutlich<br />

zu erkennen. Die Werte sind in <strong>der</strong> unmittelbaren Nähe <strong>der</strong> Stützen größer als im Feld,<br />

weil die Punktstützung die freie Durchbiegung in Richtung <strong>der</strong> beiden Plattenspann–<br />

weiten stark behin<strong>der</strong>t. Als Reaktion darauf kommt es zu einer starken Verwindung <strong>der</strong><br />

Plattenfläche. Dies führt zu Torsionsmomenten, die als zusätzliche Bemessungsgrößen<br />

das eigentlich Neue <strong>der</strong> Plattentheorie darstellen.<br />

– 1 / 17 –


Freier<br />

Rand<br />

H<br />

X 2 (Y)<br />

a 2<br />

2<br />

Freier Rand<br />

a 2<br />

a 1<br />

2 a 1<br />

r 1 L 11 L 12 L 13<br />

X 3 (Z), u 3<br />

m 22<br />

m 21<br />

Bild 1.3 : Flach– und Pilzdecke<br />

m 11<br />

m 12<br />

p 3<br />

L 11 = L 12 = L 13 = 10.00 m, L 21 = L 22 = L 23 = 8.00 m,<br />

r 1 = r 2 = 1.50 m, a 1 = a 2 = 2.00 m,<br />

tp = 0.25 m, tk = 0.50 m, H = 4.00 m.<br />

Stahlbeton : E = 3⋅107 kN/m, ν = 0.20.<br />

Eigengewicht : p3 = p3 (γ, t) = – 25tp = – 6.25 kN/m2 .<br />

– 1 / 18 –<br />

r 2<br />

L 21<br />

L 22<br />

L 23<br />

X1 (X)<br />

Symmetrie–<br />

linien<br />

t p t k<br />

X 1 (X)


– 1 / 19 –<br />

Z<br />

Y<br />

X<br />

Bild 1.3.1 : Flachdecke. Durchbiegung u3 (m).<br />

1.13–02<br />

1.03–02<br />

9.24–03<br />

8.21–03<br />

7.18–03<br />

6.16–03<br />

5.13–03<br />

4.11–03<br />

3.08–03<br />

2.05–03<br />

1.03–03<br />

–9.31–10


– 1 / 20 –<br />

Y<br />

Z<br />

X<br />

Bild 1.3.2 : Flachdecke. Verteilung von m11 (kNm/m).<br />

2.09+02<br />

1.86+02<br />

1.63+02<br />

1.39+02<br />

1.16+02<br />

9.24+01<br />

6.90+01<br />

4.56+01<br />

2.22+01<br />

–1.26+00<br />

–2.47+01<br />

–4.81+01


– 1 / 21 –<br />

Y<br />

Z<br />

X<br />

Bild 1.3.3 : Flachdecke. Verteilung von m22 (kNm/m).<br />

1.73+02<br />

1.55+02<br />

1.36+02<br />

1.17+02<br />

9.84+01<br />

7.96+01<br />

6.08+01<br />

4.21+01<br />

2.33+01<br />

4.57+00<br />

–1.42+01<br />

–3.29+01


– 1 / 22 –<br />

Y<br />

Z<br />

X<br />

Bild 1.3.4 : Flachdecke. Verteilung von m 12 = m 21 (kNm/m)<br />

1.72+01<br />

1.46+01<br />

1.20+01<br />

9.34+00<br />

6.71+00<br />

4.08+00<br />

1.45+00<br />

–1.18+00<br />

–3.81+00<br />

–6.45+00<br />

–9.08+00<br />

–1.17+01


1.5.3 Behälter<br />

Das dritte Beispiel ist ein Behälter von rotationssymmetrischer Schalenform aus Stahl,<br />

<strong>der</strong> zur Aufnahme von flüssigen Füllgütern dient. Das Berechnungssystem ist im<br />

(Bild 1.4) dargestellt. Der zylindrische Mittelteil von 10.00 m Höhe und 10.00 m Durchmesser<br />

lagert auf einer ebenfalls zylindrischen Standzarge von 0.50 m Höhe auf. Der<br />

Auflagerbereich ist durch eine ringförmige Scheiben–Platten–Steife verstärkt, um die<br />

Gefahr des Ausbeulens zu verringern. Der Behälter ist nach unten durch einen 5.00 m<br />

hohen Kegelboden und nach oben durch eine Kugel–Torus–Kappe abgeschlossen.<br />

Die Standzarge liegt auf vier dreiwertigen Linienlagern auf, die sich jeweils über eine<br />

Elementlänge erstrecken. Für jedes Linienlager sind zwei Knoten zu sperren. Sie sind<br />

im Abstand von 90° auf dem Breitenkreis angeordnet, so daß sich trotz <strong>der</strong> rotationssymmetrischen<br />

Behältergeometrie und des rotationssymmetrischen Lastfalls Füllungsdruck<br />

ein nichtrotationssymmetrischer Beanspruchungszustand in <strong>der</strong> Behälterwand<br />

einstellt. Der Füllungsdruck ist höhenabhängig und wirkt jeweils senkrecht zur Behälterwand.<br />

Er tritt im Zylin<strong>der</strong> und im Kegelboden auf. Die Blechdicken betragen im oberen<br />

Bereich t = 8. mm, im mittleren Bereich t = 10. mm und im unteren Bereich t = 12. mm.<br />

Ebene Flächentragwerke, wie z.B. die Wandscheibe im (Bild 1.2) o<strong>der</strong> die Flach– und<br />

Pilzdecke im (Bild 1.3), sind geometrisch in eindeutiger Weise durch ortsfeste karte–<br />

sische Koordinaten in <strong>der</strong> (X 1 – X 2 )– Ebene zu beschreiben. In diesen Koordinaten sind<br />

auch die Zustandsgrößen von Scheiben und Platten definiert. Auf gekrümmte Flächentragwerke<br />

ist diese Vorgehensweise aber nicht zu übertragen. Vor allem dann nicht,<br />

wenn sie sich aus Teilschalen zusammensetzen, die unterschiedliche Geometrien<br />

aufweisen. Dies ist z.B. beim Behälter (Bild 1.4) <strong>der</strong> Fall. Zur geometrischen Beschreibung<br />

des Gesamtsystems ist es erfor<strong>der</strong>lich, je<strong>der</strong> Teilschale unabhängige gekrümmte<br />

Flächenkoordinaten (Θ 1 , Θ 2 ) zuzuordnen, die als körperfeste Koordinaten jeweils nur<br />

für eine Teilschale gelten. Mit Θ 1 und Θ 2 ist auch die Schalennormale Θ 3 <strong>der</strong> Teilschalen<br />

bekannt. Der Zusammenhang mit den ortsfesten kartesischen (X 1 , X 2 , X 3 )– Koordinaten,<br />

die für alle Teilschalen gelten, ist zusätzlich durch eine geeignete Parameterabbildung<br />

anzugeben.<br />

X 1 � X 1 (� 1 , � 2 )<br />

X 2 � X 2 (� 1 , � 2 )<br />

X 3 � X 3 (� 1 , � 2 )<br />

– 1 / 23 –<br />

(1.2)<br />

Wird Gl. (1.2) für jede Teilschale durch analytische Formfunktionen konkretisiert, kann<br />

man die unterschiedlichen Teilschalen in eindeutiger Weise zusammenbauen und damit<br />

auch berechnen. Die Zustandsgrößen <strong>der</strong> einzelnen Teilschalen sind in den körperfesten<br />

(Θ 1 , Θ 2 )– Koordinaten definiert; die Schnittgrößen immer, die Weg– und Lagergrößen<br />

können alternativ auch in den ortsfesten (X 1 , X 2 , X 3 )– Koordninaten<br />

ausgegeben werden.


Rotations–<br />

achse<br />

Meridian–<br />

richtung<br />

Druck–<br />

höhe<br />

Stahl:<br />

E = 2.1 ⋅ 10 8 kN/m 2 ,<br />

ν = 0.3.<br />

Füllung:<br />

γ = 12 kN/m 3 .<br />

X 1<br />

Z<br />

Konstruktionsprinzip<br />

Einwirkung<br />

Bild 1.4 : Behälter<br />

X 3<br />

Kugel, t = 8 mm<br />

R Ko � 5.00 m<br />

Kegelboden, t = 12 mm<br />

R Ku � 0.30 m<br />

Ortsfeste Koordinaten im Raum<br />

:<br />

:<br />

Θ 2 , u 2<br />

Körperfeste<br />

Koordinaten<br />

in <strong>der</strong> Fläche<br />

R Z � 5.00 m<br />

R T � 1.00 m<br />

R K � 24.03 m<br />

X 2<br />

Ein– o<strong>der</strong> mehrschüssiger Aufbau aus rotationssym–<br />

metrischen Schalenformen: Scheibe / Platte, Zylin<strong>der</strong>,<br />

Kegel, Kugel, Torus und ggf. Ellipsoid und Hyperboloid.<br />

Füllungsdruck p 3 = γ ⋅ Z (kN/m 2 ) mit<br />

γ = spezifisches Gewicht <strong>der</strong> Füllung und<br />

Z = Druckhöhe.<br />

– 1 / 24 –<br />

Ringrichtung<br />

Torus, t = 8 mm<br />

m 22<br />

Θ 1 , u 1<br />

n 22<br />

Θ 3 , p 3 , u 3<br />

Zylin<strong>der</strong>, t = 10 mm<br />

m 11<br />

n 11<br />

Ringsteife, t = 12 mm<br />

0.50 m<br />

Standzarge mit 4 dreiwertigen<br />

Linienlagern im Abstand von 90°<br />

10. m<br />

5. m


Die Elementierung des ganzen Behälters erfolgt mit 3680 ”echten” Schalenelementen.<br />

”Echte” Schalenelemente sind finite Elemente mit <strong>der</strong> speziellen Eigenschaft, daß sie<br />

die Geometrie <strong>der</strong> Teilschalen analytisch exakt erfassen. In Ringrichtung des Behälters<br />

werden jeweils 40 Elemente angeordnet und in Meridianrichtung für die Kugelkappe<br />

10, für den Übergangstorus 4, für den Zylin<strong>der</strong> 12, für die Ringsteife 3, für die zylin–<br />

drische Standzarge 3, für den Kegelboden 20 und für den Abschluß des Kegelbo–<br />

dens 3, vgl. (Bild 1.4). Eine Gesamtansicht <strong>der</strong> Elementierung <strong>der</strong> verformten Struktur<br />

des Behälters ist im (Bild 1.4.1) dargestellt. Sie enthält 3720 Knoten, an denen die Verschiebungen<br />

und Verdrehungen – hier in Richtung <strong>der</strong> (Θ 1 , Θ 2 , Θ 3 )– Koordinaten –<br />

berechnet werden.<br />

Bild 1.4.1 : Behälter. Elementierung und verformte Struktur<br />

– 1 / 25 –


Die Beulen in <strong>der</strong> Behälterwand sind deutlich zu erkennen. Wegen <strong>der</strong> Systemverkrümmung<br />

wird sie auf Dehnung und Biegung beansprucht, obwohl <strong>der</strong> Füllungsdruck nur<br />

senkrecht auf die Wand einwirkt. Der Kegelboden muß das Gewicht <strong>der</strong> Füllung voll abtragen.<br />

Er hängt sich wegen <strong>der</strong> fehlenden stetigen Unterstützung <strong>der</strong> Standzarge in<br />

den Zylin<strong>der</strong> ein und will ihn durch die Umlenkwirkung im Knick zwischen Kegel und Zylin<strong>der</strong><br />

nach innen ziehen. Im Bereich <strong>der</strong> vier, im Abstand von 90° angeordneten Linienlager<br />

ist diese Bewegung aber behin<strong>der</strong>t, so daß die Zylin<strong>der</strong>wand in Ringrichtung in<br />

Form einer n = 4 Welle ausbeult.<br />

Die weitere Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse erfolgt in Ringschnitten in <strong>der</strong> Mitte und am<br />

Ende des Zylin<strong>der</strong>s kurz vor dem Übergang zum Kegelboden (Bil<strong>der</strong> 1.4.2 bis 1.4.4).<br />

Die Verschiebungen u 3 (m) senkrecht zur Behälterwand sind im (Bild 1.4.2) dargestellt.<br />

6.00–03<br />

4.00–03<br />

2.00–03<br />

–2.00–03<br />

–4.00–03<br />

–6.00–03<br />

0.<br />

u 3 (m)<br />

–1.80+02 –1.20+02 –6.00+01 0. 6.00+01 1.20+02 1.80+02<br />

Bild 1.4.2 : Behälter. Durchbiegung in Ringschnitten.<br />

– 1 / 26 –<br />

Mitte Zylin<strong>der</strong><br />

Untere Ende Zylin<strong>der</strong><br />

� 1 (Grad)<br />

Die n = 4 Welle im Verschiebungsverlauf <strong>der</strong> Ringrichtung ist deutlich zu erkennen.<br />

Trotz <strong>der</strong> Füllung, die auf die Wand von innen nach außen drückt, verschiebt sich die<br />

Wand stärker nach innen als nach außen, wirkt also <strong>der</strong> Einwirkung entgegen. Dies ist<br />

eine Folge des komplexen Zusammenspiels <strong>der</strong> Teilschalen. Es wirkt sich beson<strong>der</strong>s<br />

in den Bereichen des Behälters aus, wo Teilschalen zusammenstoßen. Die Amplituden


in <strong>der</strong> Mitte des Zylin<strong>der</strong>s erreichen Werte von <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Wanddicke. Der Einfluß<br />

<strong>der</strong> Theorie II. Ordnung auf die Stabilität des Gleichgewichtszustandes ist daher nicht<br />

mehr zu vernachlässigen.<br />

Die Membrankräfte in den Ringschnitten sind in den (Bil<strong>der</strong>n 1.4.3a und b) dargestellt.<br />

Sie geben den Scheibenanteil <strong>der</strong> Schalenlösung an. Der ungestörte Verlauf <strong>der</strong> Ringzugkraft<br />

n 11 im (Bild 1.4.3a) ist in einfacher Weise durch die Faßformel zu kontrollieren.<br />

Es gilt: n 11 = p 3 ⋅ R, vgl. Abschnitt 5. Der Füllungsdruck auf die Schalenwand in Zylin<strong>der</strong>–<br />

mitte beträgt p 3 = γ ⋅ Z / 2 = 12 ⋅ 5 = 60. kN/m 2 , so daß sich <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> Ringkraft zu<br />

n 11 = p 3 ⋅ R = 60 ⋅ 5 = 300. kN/m berechnet, <strong>der</strong> mit dem Wert im (Bild 1.4.3a) übereinstimmt.<br />

Im gestörten unteren Zylin<strong>der</strong>bereich gilt die Faßformel nicht mehr. Vorzeichen und<br />

Verlauf <strong>der</strong> Ringkraft weichen daher erheblich vom Verlauf in Zylin<strong>der</strong>mitte ab. Eine<br />

analytische Berechnung ist kaum möglich. Dies trifft neben <strong>der</strong> Meridiankraft n 22 im<br />

(Bild 1.4.3b) auch für die Momente m 11 und m 22 zu. Sie sind in den (Bil<strong>der</strong>n 1.4.4a<br />

und b) dargestellt und geben den Plattenanteil <strong>der</strong> Schalenlösung an. Die Ringmomente<br />

m 11 im (Bild 1.4.4a) fallen insgesamt sehr klein aus und werden in analytischen<br />

Betrachtungen i.a. vernachlässigt. Das Meridianmoment im (Bild 1.4.4b) ist im ungestörten<br />

Bereich ebenfalls vernachlässigbar klein, im gestörten Bereich aber von dominanter<br />

Größenordnung.<br />

Es sind elementare Kenntnisse aus <strong>der</strong> Schalentheorie erfor<strong>der</strong>lich, um das Tragverhalten<br />

von aus Teilschalen zusammengesetzten Behältern genauer zu verstehen. Da<br />

sie noch nicht vorliegen, son<strong>der</strong>n erst im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong> <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> erarbeitet<br />

werden sollen, ist eine weitere Diskussion an dieser Stelle nicht sinnvoll.<br />

– 1 / 27 –


4.50+02<br />

3.00+02<br />

1.50+02<br />

0.<br />

–1.50+02<br />

–3.00+02<br />

–4.50+02<br />

a) Ringkraft<br />

3.00+02<br />

1.50+02<br />

0.<br />

–1.50+02<br />

–3.00+02<br />

–4.50+02<br />

–6.00+02<br />

b) Meridiankraft<br />

n 11 (kN�m)<br />

–1.80+02 –1.20+02 –6.00+01 0. 6.00+01 1.20+02 1.80+02<br />

n 22 (kN�m)<br />

–1.80+02 –1.20+02 –6.00+01 0. 6.00+01 1.20+02 1.80+02<br />

Bild 1.4.3 : Behälter: Membrankräfte in Ringschnitten<br />

– 1 / 28 –<br />

Mitte Zylin<strong>der</strong><br />

Unteres Ende Zylin<strong>der</strong><br />

� 1 (Grad)<br />

� 1 (Grad)


3.00–01<br />

1.50–01<br />

0.<br />

–1.50–01<br />

–3.00–01<br />

–4.50–01<br />

–6.00–01<br />

–1.80+02 –1.20+02 –6.00+01 0. 6.00+01 1.20+02 1.80+02<br />

a) Ringmoment<br />

3.00–01<br />

0.<br />

–3.00–01<br />

–6.00–01<br />

–9.00–01<br />

–1.20+00<br />

–1.50+00<br />

m 11 (kNm�m)<br />

m 22 (kNm�m)<br />

–1.80+02 –1.20+02 –6.00+01 0. 6.00+01 1.20+02 1.80+02<br />

b) Meridianmoment<br />

Bild 1.4.4 : Behälter. Biegemomente in Ringschnitten<br />

– 1 / 29 –<br />

Mitte Zylin<strong>der</strong><br />

Unteres Ende Zylin<strong>der</strong><br />

� 1 (Grad)<br />

� 1 (Grad)


1.5.4 Faltwerk<br />

Die dichte Bebauung in innerstädtischen Lagen hat vielfach zur Folge, daß die Außenkanten<br />

von benachbarten Bauwerken auf den Grundstücksgrenzen zusammenstoßen.<br />

Eine mittige Gründung von tragenden Außenwänden und von Stützen, die in den Fluchten<br />

<strong>der</strong> Außenwände liegen, ist dann nicht mehr möglich. Bei halbseitigen Gründungen<br />

mit notwendigerweise exzentrischer Lasteinleitung entstehen aber große Versatzmomente.<br />

Es sind daher in <strong>der</strong> Regel Son<strong>der</strong>überlegungen anzustellen, um diese zusätz–<br />

lichen Versatzmomente aufzunehmen. Eine häufig angewandte konstruktive Lösung<br />

besteht darin, Zentrierbalken anzuordnen, um die Versatzmomente in Kräftepaare zu<br />

überführen.<br />

Im (Bild 1.5) ist ein Ausschnitt aus dem Gründungstragwerk eines Warenhauses dargestellt.<br />

Die Flachgründung wird in Stahlbeton errichtet und vor Ort betoniert. Sie besteht<br />

aus einer unmittelbar auf dem Baugrund aufliegenden Bodenplatte und aus Kellerwänden,<br />

die als massive Wandscheiben zusammen mit <strong>der</strong> Bodenplatte ein dehn– und biegesteifes<br />

Faltwerk bilden. Die Bodenplatte ist in den Schnittpunkten des Stützenrasters<br />

durch Einzelfundamente verstärkt, um die Stützenlasten aufzunehmen, vgl. (Bild 1.5).<br />

Im Randbereich können die Einzelfundamente wegen <strong>der</strong> Randbebauung nur halbseitig<br />

ausgeführt werden. Durch die ungewollte Exzentrizität erhalten die Stützen und angrenzenden<br />

Kellerwände an <strong>der</strong> Außenseite eine große Beanspruchung aus Biegezug,<br />

die u.a. das Dichtungskonzept <strong>der</strong> geplanten weißen Wanne in Frage stellt. Dieser Zusammenhang<br />

ist in <strong>der</strong> nachfolgenden Skizze verdeutlicht.<br />

Einwirkung Randstütze<br />

Halbseitiges<br />

Einzelfundament<br />

Resultierende<br />

Bodenpressung<br />

Grundstücksgrenze<br />

– 1 / 30 –<br />

+<br />

M = N R ⋅ e<br />

N R<br />

+<br />

Große Zug–<br />

beanspruchung<br />

in <strong>der</strong> Kellerwand !<br />

e<br />

N R


150 kN/m<br />

6.00<br />

0.775<br />

16.325<br />

11.125<br />

6000 kN<br />

Kellerwand<br />

t = 0.45 m<br />

2.60<br />

Bild 1.5 : Faltwerk<br />

5.50<br />

1250 kN<br />

2.60<br />

1.80 6.60<br />

Grundstücksgrenze<br />

X 3 (Z)<br />

X 1 (X)<br />

1.50<br />

5.50<br />

5350 kN<br />

X 2 (Y)<br />

1.50<br />

225 kN<br />

11300 kN<br />

2.00 2.00<br />

Symmetrie–<br />

linie X 1 = konst.<br />

Gründung<br />

Baugrund<br />

– 1 / 31 –<br />

15.725 m<br />

11.225 4.50<br />

Kellerwand<br />

t = 0.45 m<br />

Grundstücksgrenze<br />

1.50<br />

2.55<br />

3.00 3.00<br />

1.50<br />

3.20<br />

8120 kN<br />

6.35<br />

2.00<br />

2.00<br />

80 kN/m<br />

6.00<br />

0.775<br />

2.00<br />

Symmetrie–<br />

linie X 2 = konst.<br />

Einzelfundamente mit<br />

Zentrierbalken t = 1.50 m<br />

Bodenplatte t = 0.40 m<br />

: Stahlbeton, E = 3 ⋅ 10<br />

: Bodengutachten<br />

7 kN/m2 ,<br />

, E = 5 ⋅ 104 kN/m2 ν = 0.2.<br />

,<br />

ν = 0.35.


Es ist daher vorgesehen, Randstützen und Kellerwände mit Hilfe von Zentrierbalken zu<br />

entlasten, vgl. (Bild 1.5). Und zwar so, daß ein großer Anteil des Versatzmomentes als<br />

vertikale Zugkraft auf das benachbarte Mittelfundament einwirkt. Dieser Zusammenhang<br />

ist in <strong>der</strong> nachfolgenden Skizze verdeutlicht.<br />

Einwirkung Randstütze<br />

Zentrierbalken<br />

Resultierende<br />

Bodenpressung<br />

Grundstücksgrenze<br />

Einwirkung<br />

Mittelstütze<br />

– 1 / 32 –<br />

+<br />

M ≈ 0<br />

N R<br />

Geringe Zug–<br />

beanspruchung<br />

in <strong>der</strong> Kellerwand !<br />

Die Frage, ob diese einfache statische Modellbildung ausreicht, um die wirklichen Verhältnisse<br />

in einer räumlichen Kellerecke wirklichkeitsnah zu erfassen, bleibt allerdings<br />

offen. Sie läßt sich nur durch eine Untersuchung mit Hilfe <strong>der</strong> FEM beantworten. Dazu<br />

ist <strong>der</strong> Ausschnitt gemäß (Bild 1.5) mit Scheiben– und Plattenelementen zu elementieren<br />

und mit den vorgegebenen Einwirkungen und Materialdaten als Faltwerk zu berechnen.<br />

Zur Beurteilung <strong>der</strong> Ergebnisse ist es wichtig zu wissen, wie sich die Bodenpressung<br />

im Baugrund einstellt. Er wurde daher mit Volumenelementen elementiert, um u.a.<br />

auch den Einfluß <strong>der</strong> Setzungsmulde zu erfassen. Die Elementierung des Baugrunds<br />

und des Faltwerks im verformten Zustand sind im (Bild 1.5.1) dargestellt und die Verteilung<br />

<strong>der</strong> Bodenpressung σ 33 (kN/m 2 ) des Baugrunds im (Bild 1.5.2). Das Mittelfundament<br />

erhält mit 11300 kN die mit Abstand größte Auflast. Die Bodenpressung unter<br />

+<br />

N RD<br />

–<br />

N RZ


– 1 / 33 –<br />

X<br />

Z<br />

Y<br />

Bild 1.5.1 : Faltwerk–Baugrund. Resultierende Verschiebung


– 1 / 34 –<br />

X<br />

Z<br />

Y<br />

Bild 1.5.2 : Vertikale Spannungsverteilung σ 33 (kN/m<br />

2<br />

) im Baugrund (Z–Richtung)<br />

1.31+01<br />

–1.84+01<br />

–4.99+01<br />

–8.14+01<br />

–1.13+02<br />

–1.44+02<br />

–1.76+02<br />

–2.07+02<br />

–2.39+02<br />

–2.70+02<br />

–3.02+02<br />

–3.34+02


dem Fundament ist aber erheblich kleiner als unter den Randstützen, die deutlich geringere<br />

Auflasten erhalten. Dies ist als Hinweis zu werten, daß die Zentrierbalken wie vorgesehen<br />

statisch wirken, da sie ins Mittelfundament Zugkräfte einleiten, die zur Verringerung<br />

<strong>der</strong> dort wirkenden Stützenauflast beitragen und somit die Bodenpressung<br />

reduzieren.<br />

In den (Bil<strong>der</strong>n 1.5.3 und 1.5.4) ist die Verteilung <strong>der</strong> Scheibenkräfte n 11 (kN/m) und<br />

n 22 (kN/m) in den Kellerwänden und <strong>der</strong> Bodenplatte dargestellt. Sie stimmen mit den<br />

Erwartungen überein. In den Kellerwänden stellen sich z.B. Druckzwiebeln unter den<br />

Einzellasten ein und in <strong>der</strong> Bodenplatte steigen im Bereich <strong>der</strong> Zentrierbalken die Scheibenkräfte<br />

an, weil wegen <strong>der</strong> unterschiedlichen Dicken zwischen Platte und Balken eine<br />

Dehnungsbehin<strong>der</strong>ung auftritt. Auch die Zugkräfte im oberen Kellerwandbereich, die<br />

sich zwischen den Stützenauflasten einstellen, sind als Spaltzugkräfte charakteristisch<br />

für das Tragverhalten von Scheiben, vgl. (Bild 1.5.4).<br />

Interessant ist, daß im unteren Eckbereich <strong>der</strong> Kellerwände Zugkräfte auftreten,<br />

vgl. (Bild 1.5.3). Sie resultieren aus <strong>der</strong> Eckverankerung <strong>der</strong> Bodenplatte, die dort<br />

durch die Wirkung <strong>der</strong> Bodenpressung von den stützenden Scheibenrän<strong>der</strong>n abhe–<br />

ben will, wegen <strong>der</strong> Verankerung aber nicht kann und daher eine Verankerungskraft in<br />

die Kellerwand–Scheiben einleitet. Dieser Effekt, in <strong>der</strong> Literatur unter dem Namen<br />

Kirchhoff’sche Eckkraft bekannt, ist u.a. Gegenstand von theoretischen Betrachtungen,<br />

die im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong> <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> zur Plattentheorie durchgeführt werden.<br />

1.6 Erkenntnisse<br />

Die präsentierten Anwendungsbeispiele verdeutlichen den hohen Entwicklungsstand<br />

von rechnerorientierten Methoden in <strong>der</strong> Baustatik. Beson<strong>der</strong>s bei Flächentragwerken<br />

erleichtert die grafische Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse in Form von farbig *) angelegten<br />

Höhenstreifen o<strong>der</strong> Trajektoren die Interpretation und damit die Einsicht in das Tragverhalten.<br />

Es bleibt aber anzumerken, daß die Handhabung von verfügbaren Programmen<br />

allein nicht ausreicht, um mit dieser Technik auch baustatische Qualität zu erzeugen.<br />

Das ist nur möglich, wenn vor allem die baustatischen Theorien, die den Berechnungen<br />

zugrunde liegen, voll verstanden werden. Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, entfällt die Möglichkeit<br />

zur Kontrolle <strong>der</strong> erzielten Ergebnisse. Sie ist aber unabdingbar, da sich vor allem bei<br />

größeren Anwendungsbeispielen eine Vielzahl von Fehlerquellen ergeben, die es im<br />

Rahmen einer baustatischen Ergebnisinterpretation einzugrenzen gilt.<br />

*) Im Skript wird auf eine farbige Darstellung verzichtet, um die Reproduktionskosten zu verringern.<br />

– 1 / 35 –


– 1 / 36 –<br />

X<br />

Z<br />

Y<br />

Bild 1.5.3 : Verteilung von n 11 (kN/n) im Faltwerk,<br />

Kellerwände: Z–Richtung; Bodenplatte: Y–Richtung<br />

6.12+02<br />

1.51+02<br />

–3.10+02<br />

–7.71+02<br />

–1.23+03<br />

–1.69+03<br />

–2.15+03<br />

–2.61+03<br />

–3.08+03<br />

–3.54+03<br />

–4.00+03<br />

–4.46+03<br />

–4.92+03<br />

–5.38+03<br />

–5.84+03<br />

–6.30+03


– 1 / 37 –<br />

Z<br />

2<br />

X<br />

X<br />

Z<br />

Y<br />

Bild 1.5.4 : Verteilung von n 22 (kN/m) im Faltwerk, Kellerwände: X– bzw. Y–Richtung, Bodenplatte: X–Richtung<br />

1.41+03<br />

1.20+03<br />

9.93+02<br />

7.83+02<br />

5.73+02<br />

3.64+02<br />

1.54+02<br />

–5.61+01<br />

–2.66+02<br />

–4.76+02<br />

–6.86+02<br />

–8.95+02<br />

–1.11+03<br />

–1.31+03<br />

–1.52+03<br />

–1.73+03


Teil 2: Bezeichnungen<br />

2.1 Indexschreibweise<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong> <strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> wird konsequent die Indexschreibweise<br />

angewendet. Sie beschreibt baustatische Zusammenhänge mit Hilfe von indizierten<br />

Größen. Dabei ist wie gewohnt zwischen Geometrie–, Einwirkungs– und Zustands–<br />

größen zu unterscheiden. Diese Größen sind für den allgemeinen Fall eines dreidimensionalen<br />

Kontinuums im (Bild 2.1) dargestellt. Sie sind in geeigneter Weise auf flächenbezogene<br />

Größen zu reduzieren, um Berechnungstheorien für Flächentragwerke<br />

abzuleiten. Dies geschieht im einzelnen in den Teilen 3 bis 5, die sich mit den Grund–<br />

lagen <strong>der</strong> Scheiben–, Platten– und Schalentheorie beschäftigen. Zuvor sollen wesent–<br />

liche Merkmale <strong>der</strong> Indexschreibweise erklärt werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />

zu erheben.<br />

Indizes von indizierten Größen, die sich auf räumliche Gegebenheiten gemäß (Bild 2.1)<br />

beziehen, werden durch kleine lateinische Buchstaben gekennzeichnet. Sie durch–<br />

laufen grundsätzlich den Wertebereich von 1 bis 3.<br />

i, j, k ... � 1, 2, 3<br />

– 2 / 1 –<br />

(2.1)<br />

Beziehen sich die indizierten Größen dagegen auf Flächentragwerke, erfolgt die Kennzeichnung<br />

mit kleinen Buchstaben des griechischen Alphabets, die nun den Werte–<br />

bereich von 1 bis 2 durchlaufen.<br />

�, �, � ... � 1, 2<br />

(2.2)<br />

Stellung und Reihenfolge von Indizes sind nicht willkürlich, son<strong>der</strong>n beschreiben<br />

spezielle Eigenschaften <strong>der</strong> indizierten Größen. Sie sind vorab festzulegen und danach<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Anwendung streng zu beachten. So hat es sich z.B. als sinnvoll er–<br />

wiesen, Wegzustände immer unten und Kraftzustände immer oben zu indizieren.<br />

Weiter gelten die Regeln, daß indexfreie Größen Skalare sind, daß <strong>der</strong> Index von einfach<br />

indizierten Größen immer die Richtung angibt und daß bei einem Indexpaar <strong>der</strong><br />

erste Index den Ortsbezug und <strong>der</strong> zweite Index den Richtungsbezug ausdrückt. Lediglich<br />

bei geometrischen Größen ist eine freiere Indizierung erlaubt. So werden z.B. Koordinaten<br />

in <strong>der</strong> Regel oben, Längen und Flächen i.a. aber unten indiziert.


Θ 3 , f 3 , v 3<br />

Körperfeste<br />

Koordinaten<br />

X 1<br />

A 3<br />

R<br />

σ 33 ,ε 33<br />

σ 32 ,ε 32<br />

σ 31 ,ε 31<br />

L 1<br />

X 3<br />

Θ 1 , f 1 , v 1<br />

Bild 2.1 : Ausschnitt aus einem Kontinuum<br />

σ 23 ,ε 23<br />

L 2<br />

X 2<br />

Ortsfeste Koordinaten<br />

– 2 / 2 –<br />

A 2<br />

σ 22 ,ε 22<br />

σ 21 ,ε 21<br />

σ 13 ,ε 13<br />

A 1<br />

σ 12 ,ε 12<br />

σ 11 ,ε 11<br />

L 3<br />

Θ 2 , f 2 , v 2


2.2 Geometrische Größen<br />

Zur geometrischen Beschreibung von Tragwerken sind globale und lokale Koordinatensysteme<br />

einzuführen. Globale Systeme sind im dreidimensionalen Euklid–Raum E3<br />

definiert.<br />

X � �X 1 ,X 2 ,X 3� � �X i�.<br />

– 2 / 3 –<br />

(2.3)<br />

Sie sind ortsfest und kartesisch (Bild 2.1). Lokale Systeme sind dagegen immer körperfest.<br />

Für den allgemeinsten Fall sind sie im dreidimensionalen gekrümmten Riemann–<br />

Raum R3 definiert.<br />

� � �� 1 , � 2 , � 3� � �� i�.<br />

(2.4)<br />

Der Riemann–Raum ist eine mathematische Definition. Ein anschaulicher Zusammenhang<br />

mit unserem Erfahrungsraum, nämlich den Euklid–Raum, ist somit nicht unmittelbar<br />

gegeben.<br />

Lokale Systeme sind in <strong>der</strong> Regel krummlinig und schiefwinklig (Bild 2.1). Sie können<br />

aber auch kartesisch sein. Dann fällt <strong>der</strong> R3– mit dem E3–Raum zusammen. Bei numerischen<br />

Tragwerksberechnungen ist man daher stets bemüht, diesen Zustand zu erreichen,<br />

was bis auf Schalen i.a. auch immer gelingt.<br />

Der Zusammenhang zwischen globalem und lokalem System ist durch die Parame–<br />

terabbildung<br />

R � R �X i �� i��<br />

(2.5)<br />

gegeben, die aus geometrischer Sicht einen Ortsvektor darstellt, vgl. (Bild 2.1). Für die<br />

baustatische Beschreibung ist das körperfeste System Gl. (2.5) von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung,<br />

da es als lokales System vorrangig die physikalischen Eigenschaften eines<br />

Tragwerks erfaßt. Das ortsfeste System Gl. (2.4) dient vor allem als Bezugssystem. Es<br />

ist immer dann erfor<strong>der</strong>lich, wenn das betrachtete Gesamttragwerk aus räumlich<br />

angeordneten Einzeltragwerken besteht, wenn z.B. räumlich angeordnete Scheiben<br />

und Platten ein Faltwerk bilden, vgl. (Bild 1.5). Bei einzelnen Scheiben (vgl. Bild 1.2)<br />

und Platten (vgl. Bild 1.3) ist eine Unterscheidung zwischen orts– und körperfestem<br />

System i.a. nicht erfor<strong>der</strong>lich, so daß in diesen Fällen beide Systeme zusammenfallen,<br />

vgl. Teil 3 und 4.<br />

Längenmessungen sind in Richtung <strong>der</strong> körperfesten Koordinaten Θ i vorzunehmen.<br />

Es gilt<br />

L � �L 1 ,L 2 ,L 3 � � �L i � .<br />

(2.6)


Schnittflächen im dreidimensionalen Kontinuum sind durch Schnitte Θ i = konstant<br />

definiert.<br />

A � �A 1 ,A 2 ,A 3 � � �A i � .<br />

Im einzelnen gilt<br />

und<br />

A 1 � A 1 �� 1 � konstant, � 2 , � 3� ,<br />

A 2 � A 2 �� 1 , � 2 � konstant, � 3�<br />

A 3 � A 3 �� 1 , � 2 , � 3 � konstant� .<br />

– 2 / 4 –<br />

(2.7)<br />

(2.7.1)<br />

(2.7.2)<br />

(2.7.3)<br />

Die Schnittflächen Gl. (2.7) werden vielfach auch als Spannungsflächen bezeichnet,<br />

weil sie u.a. dazu dienen, den Wirkungsort von Spannungen zu definieren.<br />

2.3 Einwirkungsgrößen<br />

Als äußere Größen können sowohl Weg– als auch Kraftzustände auf das zu unter–<br />

suchende Tragwerk einwirken. Hier werden stellvertretend für beliebige Einwirkungen<br />

lediglich volumenbezogene Krafteinwirkungen betrachtet. Sie greifen jeweils in Richtung<br />

einer körperfesten Koordinate an und sind für den allgemeinsten Fall als Funktion<br />

aller körperfesten Koordinaten zu definieren. Es gilt<br />

f �<br />

f 1 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

f 2 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

f 3 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

= f i �� j� .<br />

(2.8)<br />

Die Überstreichung <strong>der</strong> Größen soll darauf hinweisen, daß es sich um vorgegebene,<br />

also bekannte Größen, handelt, die sich im Verlauf <strong>der</strong> Berechnung nicht verän<strong>der</strong>n. Die<br />

Vorgabe von Gl. (2.8), z.B. als spezifisches Gewicht hat in <strong>der</strong> Dimension kN/m 3 o<strong>der</strong><br />

N/mm 3 zu erfolgen.


2.4 Zustandsgrößen<br />

Gesucht sind diejenigen Weg– und Kraftzustände, die sich einstellen, wenn z.B. volumenbezogene<br />

Lasten Gl. (2.8) auf ein dreidimensionales Tragwerk mit Abmessungen<br />

Gl. (2.6) einwirken, vgl. (Bild 2.1). Als äußere Weggrößen sind Verschiebungen in Richtung<br />

<strong>der</strong> körperfesten Koordinaten zu ermitteln. Sie sind als Funktion aller körperfesten<br />

Koordninaten definiert, treten in <strong>der</strong> Dimension (m) o<strong>der</strong> (mm) auf und bilden mit den<br />

äußeren Kraftgrößen <strong>der</strong> Einwirkungen Gl. (2.8) arbeitskonforme Paare. Es gilt<br />

v �<br />

v 1 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

v 2 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

v 3 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

= v i �� j� .<br />

– 2 / 5 –<br />

(2.9)<br />

Als innere Kraftgrößen sind Spannungen in den Schnittflächen Gl. (2.7) zu ermitteln. Sie<br />

sind als Funktion <strong>der</strong> körperfesten Koordinaten definiert und treten in <strong>der</strong> Dimension<br />

(kN/m 2 ) o<strong>der</strong> (N/mm 2 ) auf. In je<strong>der</strong> Schnittfläche (erster Index) sind Spannungen in<br />

drei Richtungen (zweiter Index) zu beachten, so daß sich bei drei Schnittflächen insgesamt<br />

neun Spannungskomponenten ergeben. Es gilt<br />

� �<br />

� 11�� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 12�� 1 , � 2 , � 3� � 13�� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 21�� 1 , � 2 , � 3� � 22�� 1 , � 2 , � 3� � 23�� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 31�� 1 , � 2 , � 3� � 32�� 1 , � 2 , � 3� � 33�� 1 , � 2 , � 3�<br />

= �ij��k� .<br />

(2.10)<br />

Die Verschiebungen Gl. (2.9) und die Spannungen Gl. (2.10) sind Bemessungsgrößen,<br />

um die Gebrauchstauglichkeit und die Tragfähigkeit von Bauwerken nachzuweisen.<br />

Innere Weggrößen haben dagegen den Charakter von Hilfsgrößen. Sie werden ausschließlich<br />

zur Bestimmung <strong>der</strong> Bemessungsgrößen benötigt, sind als Verzerrungen in<br />

Abhängigkeit <strong>der</strong> körperfesten Koordinaten definiert und bilden mit den Spannungen<br />

Gl. (2.10) arbeitskonforme Paare. In je<strong>der</strong> Schnittfläche (erster Index) treten Verzerrungen<br />

in drei Richtungen (zweiter Index) auf, so daß sich bei drei Schnittflächen insgesamt<br />

neun Verzerrungskomponenten ergeben. Es gilt<br />

� �<br />

� 11 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 12 �� 1 , � 2 , � 3� � 13 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 21 �� 1 , � 2 , � 3� � 22 �� 1 , � 2 , � 3� � 23 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

� 31 �� 1 , � 2 , � 3� � 32 �� 1 , � 2 , � 3� � 33 �� 1 , � 2 , � 3�<br />

= � ij �� k�<br />

.<br />

(2.11)


2.5 Arbeitskonforme Größen<br />

Die Arbeitsgleichung<br />

W v � W v a � W v i<br />

� 0<br />

– 2 / 6 –<br />

(2.12)<br />

ist von zentraler Bedeutung für die gesamte Baustatik. In Gl. (2.12) werden virtuelle Arbeiten<br />

(oberer Index v) bilanziert, die sich aus äußeren (unterer Index a) und inneren<br />

Anteilen (unterer Index i) zusammensetzen. Das PvW und das PvK sind aus <strong>der</strong> <strong>Statik</strong><br />

für Stabtragwerke bekannt. Sie sind aber auch hervorragend geeignet, um Näherungslösungen<br />

für Flächentragwerke zu ermitteln. Zur Formulierung von virtuellen Arbeitsprinzipien<br />

ist es erfor<strong>der</strong>lich, arbeitskonforme Paare zu bilden. Dies ist nur mit arbeitskonformen<br />

Größen möglich. Hierunter versteht man einan<strong>der</strong> zugeordnete Weg– und<br />

Kraftgrößen, <strong>der</strong>en Produkte virtuelle Arbeitsausdrücke in <strong>der</strong> Dimension (kN ⋅ m) o<strong>der</strong><br />

(N ⋅ mm) ergeben.<br />

Besteht die Zuordnung aus virtuellen Weggrößen (oberer Index v) und wirklichen Kraftgrößen,<br />

bezeichnet man die Produkte als virtuelle Weggrößenarbeit. Auf dieser Formulierung<br />

beruht das PvW. Die äußere Weggrößenarbeit ist durch den Ausdruck<br />

W v a �� v<br />

�v v 1 f 1 � v v 2 f 2 � v v 3 f 3 �dV �� v<br />

v v i f i dV<br />

definiert und die innere Weggrößenarbeit durch den Ausdruck<br />

� W v i �� v<br />

(� v 11 �11 � � v 12 �12 � � v 13 �13<br />

� � v 21 �21 � � v 22 �22 � � v 23 �23<br />

� � v 31 �31 � � v 32 �32 � � v 33 �33 ) dV �� v<br />

� v ij �ij dV.<br />

(2.13.1)<br />

(2.13.2)<br />

Besteht die Zuordnung dagegen aus virtuellen Kraftgrößen (unterer Index v) und wirk–<br />

lichen Weggrößen, bezeichnet man die Produkte als virtuelle Kraftgrößenarbeit. Auf<br />

dieser Formulierung beruht das PvK. Im Fall von volumenbezogenen Krafteinwirkungen<br />

verschwindet die äußere Kraftgrößenarbeit.<br />

W v a � 0. (2.14.1)


Eine Definition ergibt keinen Sinn, da die äußeren Kraftgrößen Gl. (2.8) Einwirkungen<br />

sind, die sich als vorgeschriebene Größen nicht än<strong>der</strong>n, so daß keine äußeren virtuellen<br />

Kraftgrößen auftreten können. Die innere Kraftgrößenarbeit ist durch den Ausdruck<br />

� W v i �� v<br />

(� 11<br />

v � 11 � � 12<br />

v � 12 � � 13<br />

v � 13<br />

� � 21<br />

v � 21 � � 22<br />

v � 22 � � 23<br />

v � 23<br />

� � 31<br />

v � 31 � � 32<br />

v � 32 � � 33<br />

v � 33 � dV �� v<br />

– 2 / 7 –<br />

� ij v � ij dV<br />

(2.14.2)<br />

definiert. Die Integration in Gl. (2.13) und Gl. (2.14) ist jeweils über das Volumen des<br />

betrachteten Kontinuums zu führen.<br />

Bei <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Kurzformen von Gl. (2.13) und Gl. (2.14) ist eine zusätzliche Regel<br />

zu beachten, um die Summation <strong>der</strong> einzelnen Arbeitsanteile zu erfassen. Sie wird als<br />

Summationsregel bezeichnet.<br />

Summationsregel:<br />

Sind in Formeln o<strong>der</strong> sonstigen Ausdrücken indizierte Größen enthalten, die unten<br />

und oben gleiche Indizes aufweisen, so ist über alle Zahlenwerte zu summieren,<br />

die von den betreffenden Indizes in Abhängigkeit vom definierten Wertebereich<br />

Gl. (2.1) bzw. Gl. (2.2) durchlaufen werden.<br />

Die mathematische Art <strong>der</strong> Formeln und Ausdrücke ist beliebig. Zur Summation können<br />

Einzelgrößen, Ableitungsgrößen, Produkte, Quotienten o<strong>der</strong> gemischte Formeln und<br />

Ausdrücke anstehen. Die Indizierung muß aber eindeutig sein. Formeln und Ausdrücke,<br />

in denen <strong>der</strong> gleiche Index mehr als zweimal Verwendung findet, ergeben keinen Sinn<br />

und sind daher als falsch einzuordnen.<br />

Die Summationsregel führt im Rahmen <strong>der</strong> Indexschreibweise zu sehr kompakten Ausdrücken<br />

im Formelapparat. Darüber hinaus erlaubt sie eine physikalische Interpretation<br />

<strong>der</strong> dargestellten Größen. Arbeitsausdrücke sind z.B. Skalare. Die Indizes in Gl. (2.13)<br />

und Gl. (2.14) heben sich durch die Summation auf und haben somit keine Wirkung<br />

nach außen. Sie werden daher auch als stille Indizes bezeichnet. An den verbleibenden<br />

Indizes kann man also sofort erkennen, um was für eine physikalische Größe es sich<br />

handelt: Heben sich die Indizes vollständig auf, liegt ein Skalar vor. Verbleibt ein Index<br />

unten, liegt eine Verschiebungskomponente gemäß Gl. (2.9) vor. Steht <strong>der</strong> Index oben,<br />

muß es sich um eine äußere Kraftgröße handeln, z.B. um eine volumenbezogene Einwirkung<br />

gemäß Gl. (2.8). Verbleibt dagegen ein Indexpaar, muß es oben stehen, da es<br />

sich bei <strong>der</strong> indizierten Größe zwangsläufig um eine Spannung bzw. Schnittgröße handeln<br />

muß.


Teil 3: Scheibentheorie<br />

3.1 Einführung<br />

Die Scheibentheorie beschreibt das baustatische Verhalten von ebenen Flächentragwerken,<br />

bei denen die Lastebene mit <strong>der</strong> Mittelfläche des dünnwandigen Tragwerks zusammenfällt.<br />

Ziel ist es, zweidimensionale Weg– und Kraftgrößen zu definieren und zu<br />

berechnen, die sich aus den allgemeinen dreidimensionalen Kontinuumsgrößen ergeben,<br />

wenn man die geometrischen und physikalischen Voraussetzungen beachtet, die<br />

Scheibentragwerke charakterisieren. Diese Größen erfassen den Beanspruchungszustand<br />

mit ausreichen<strong>der</strong> Genauigkeit, um Scheibentragwerke sicher und wirtschaftlich<br />

planen und bemessen zu können, vgl. z.B. Einführungsbeispiel 1.5.1: Wandscheibe. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Scheibentheorie sind die Problemstellung zu formulieren, die Grundgleichungen:<br />

Gleichgewicht und Verträglichkeit abzuleiten, allgemeine Lösungswege aufzuzeigen<br />

und spezielle Lösungsmethoden zu entwickeln. Dies geschieht in den Abschnitten<br />

3.2 bis 3.6. Ein Zahlenbeispiel im Abschnitt 3.7, das mit dem baustatischen<br />

Verfahren von Schleeh /6/ berechnet wird, beschließt die Ausführungen zur Scheiben–<br />

theorie.<br />

3.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

Ein rechteckig begrenzter Ausschnitt aus einem dreidimensionalen Scheibenkontinuum<br />

ist im (Bild 3.1) dargestellt.<br />

L 2 = H<br />

X 3<br />

f 3 ,v 3<br />

X 2<br />

f 2 ,v 2<br />

Bild 3.1 : Scheibenkontinuum<br />

A 2<br />

A 2<br />

σ 3j ,ε 3j<br />

σ 2j ,ε 2j<br />

A 3<br />

L 1 = L<br />

A 1<br />

– 3 / 1 –<br />

n22 p<br />

,α22 2 ,u2; n 21 ,α 21<br />

σ 1j ,ε 1j<br />

Mittelfläche<br />

Kontinuums–<br />

größen<br />

A 3<br />

Scheibengrößen<br />

n 12 ,α 12<br />

n11 p<br />

,α11 A1 1 ,u1; L 3 = t<br />

X 1<br />

f 1 ,v 1


Zur geometrischen Beschreibung werden die kartesischen Koordinaten X 1 und X 2<br />

eingeführt, die als ortsfeste Koordinaten die Mittelfläche <strong>der</strong> Scheibe aufspannen. Die<br />

Betrachtung ist auf eine einzelne Scheibe beschränkt. Die ortsfesten Koordinaten stimmen<br />

daher mit den körperfesten Koordinaten überein. Es gilt: Θ 1 ≡ X 1 und Θ 2 ≡ X 2 .<br />

Die Koordinate Θ 3 ≡ X 3 , die in Richtung <strong>der</strong> Dicke <strong>der</strong> Scheibe zeigt, steht senkrecht<br />

zur Mittelfläche.<br />

Für die Abmessungen des baustatischen Modells Scheibe gilt die geometrische Restriktion<br />

(L 1 � L, L 2 � H) �� (L 3 � t) . (3.1)<br />

Nach Gl. (3.1) muß die Längen (L)– und die Höhenabmessung (H) deutlich größer sein<br />

als die Dicke (t), so daß die dritte Koordinate X 3 als unabhängige Beschreibungskoordinate<br />

entfällt. Die Berechnung kann dann mit den im (Bild 3.1) dargestellten Scheibengrößen<br />

<strong>der</strong> Mittelfläche durchgeführt werden. Ab dem Verhältnis<br />

L : H � 4 : 1 (3.2)<br />

gilt die Stabwerkstheorie, weil dann die Dehnung im Scheibenquerschnitt in guter Näherung<br />

linear verteilt ist (Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte o<strong>der</strong> Hypthese<br />

von Bernoulli), so daß auch die zweite Koordinate X 2 entfällt.<br />

Die volumenbezogenen Kräfte f i , die z.B. in <strong>der</strong> Dimension (kN/m 3 ) auf das dreidimensionale<br />

Scheibenkontinuum einwirken, sind auf die Mittelfläche zu reduzieren. Mit <strong>der</strong><br />

Restriktion<br />

f 3 � 0 (3.3)<br />

erhält man als flächenbezogene Scheibeneinwirkung den Integralausdruck<br />

p � �� t<br />

f � dX 3 . (3.4)<br />

Die Flächenlasten Gl. (3.4), die z.B. in <strong>der</strong> Dimension (kN/m 2 ) anzugeben sind, wirken<br />

in <strong>der</strong> Mittelfläche in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten. Anzumerken ist, das Flächenlasten<br />

bei realen Scheibenproblemen selten auftreten. Typische Lastfälle sind Einzellasten<br />

o<strong>der</strong> Linienlasten, die auf den Rän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> im Inneren <strong>der</strong> Scheibe angreifen,<br />

vgl. (Bild 1.2). Im Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Betrachtung ist Gl. (3.4) daher als<br />

stellvertreten<strong>der</strong> Lastfall anzusehen, um eine vollständige Theorie zu entwickeln. Für<br />

an<strong>der</strong>e Lastfälle ergeben sich äquivalente Zusammenhänge.<br />

Zusätzlich zur Festlegung <strong>der</strong> Geometrie und Einwirkung ist noch <strong>der</strong> Beanspruchungszustand<br />

zu definieren, <strong>der</strong> sich in Scheiben einstellen kann. Es ist ein reiner Dehnungszustand.<br />

Dabei ist zwischen ebenem Spannungs– und ebenem Verformungszustand<br />

zu unterscheiden, je nach dem, welche Randbedingungen auf den Spannungsflächen<br />

A 3 vorliegen, die das Scheibenkontinuum in Richtung <strong>der</strong> X 3 –Koordinate nach außen<br />

begrenzen.<br />

– 3 / 2 –


Ein ebener Spannungszustand liegt vor, wenn auf den Spannungsflächen A 3 des<br />

Scheibenkontinuums (Bild 3.1) keine Spannungen auftreten, so daß sich als Reaktion<br />

darauf die Begrenzungsflächen <strong>der</strong> Scheibe frei verformen können.<br />

A 3 : � 3j � 0 � � 3j � 0. (3.5)<br />

Gl. (3.5) ist z.B. für den wichtigen Fall <strong>der</strong> Wandscheiben erfüllt. Im konstruktiven<br />

Ingenieurbau ist <strong>der</strong> ebene Spannungszustand daher als Regelfall anzusehen. Wegen<br />

Gl. (3.3) und Gl. (3.5) gilt zusätzlich in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 1 die Bedingung σ 13 = 0<br />

und in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 2 die Bedingung σ 23 = 0.<br />

Ein ebener Verformungszustand liegt vor, wenn die Spannungsflächen A 3 des Scheibenkontinuums<br />

sich nicht verformen können, so daß als Reaktion darauf Spannungen<br />

auftreten.<br />

A 3 : � 3j � 0 � � 3j � 0. (3.6)<br />

Gl. (3.6) ist erfüllt, wenn man z.B. Wellen in Längsrichtung in Kreisscheiben <strong>der</strong><br />

Dicke t zerlegt, zwischen denen die Spannung σ 33 wirkt (Bild 3.2). Dieser Fall ist für<br />

den konstruktiven Ingenieurbau aber von untergeordneter Bedeutung. Er wird daher<br />

nicht weiter behandelt.<br />

X 2<br />

X 1<br />

Kreisscheibe<br />

Bild 3.2 : Scheibenmodell einer Welle<br />

Achse<br />

– 3 / 3 –<br />

A 3<br />

σ 33<br />

3.3 Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

Im Scheibenkontinuum (Bild 3.3) können sich die Verschiebungen v 1, v 2 und v 3<br />

einstellen. Wegen <strong>der</strong> Restriktion Gl. (3.3) gilt aber v 3 ≡ 0. Die Lastebene von Schei–<br />

benproblemen fällt mit <strong>der</strong> Mittelfläche des Scheibenkontinuums zusammen, in <strong>der</strong> die<br />

Verschiebungen u 1 und u 2 auftreten. Sie stimmen mit den Verschiebungen v 1 und<br />

v 2 überein und verhalten sich arbeitskonform zur Flächenlast Gl. (3.4). Es gilt<br />

v��X � ,X 3� � u�(X � ) . (3.7)<br />

t<br />

X 1<br />

X 3<br />

σ 33<br />

A 3


Bei Annahme eines ebenen Spannungszustandes Gl. (3.5) wirken in <strong>der</strong> Spannungs–<br />

fläche A 1 die Spannungen σ 11 und σ 12 und in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 2 die Spannungen<br />

σ 21 und σ 22 . Dazu gehören die arbeitskonformen Dehnungen ε 11 und ε 12 bzw.<br />

ε 21 und ε 12. Die gleichwertigen Kraft– und Weggrößen <strong>der</strong> Mittelfläche sind durch die<br />

resultierenden Spannungen<br />

n �� �� t<br />

� �� dX 3<br />

und die Dehnungen<br />

� �� �X � ,X 3� � � �� (X � )<br />

definiert, die sich ebenfalls arbeitskonform zueinan<strong>der</strong> verhalten.<br />

– 3 / 4 –<br />

(3.8)<br />

(3.9)<br />

Die Scheibenkräfte Gl. (3.8) sind längenabhängige Größen. In <strong>der</strong> Spannungsfläche<br />

A 1 mit X 1 = konstant bezieht sich die Längenabhängigkeit auf die X 2 –Koordinate<br />

und in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 2 mit X 2 = konstant auf die X 1 –Koordinate. Die Angabe<br />

kann z.B. in <strong>der</strong> Dimension (kN/m) erfolgen. Die Dehnungen Gl. (3.9) haben dagegen<br />

lediglich die Bedeutung von Hilfsgrößen, um die Scheibenkräfte zu berechnen.<br />

Mit Gl. (3.4), Gl. (3.7), Gl. (3.8) und Gl. (3.9) sind alle Einwirkungs– und Berechnungsgrößen<br />

<strong>der</strong> Scheibentheorie definiert. Die arbeitskonforme Zuordnung ist im (Bild 3.3)<br />

dargestellt, vgl. auch (Bild 3.1).<br />

p 2 ,u 2<br />

X 2<br />

A 2<br />

Mittelfläche<br />

n 22 ,α 22<br />

A 1<br />

n 21 ,α 21<br />

n 12 ,α 12<br />

n 11 ,α 11<br />

Bild 3.3 : Einwirkungs– und Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

t<br />

2<br />

t<br />

t<br />

2<br />

Mittelfläche<br />

X 1<br />

p 1 ,u 1


Bei Vorgabe <strong>der</strong> Einwirkungen p α sind zu berechnen:<br />

– Zum Nachweis <strong>der</strong> Tragfähigkeit die Scheibenkräfte n αβ = n βα .<br />

– Zum Nachweis <strong>der</strong> Gebrauchstauglichkeit die Verschiebungen uα .<br />

Dazu sind die Grundgleichungen für das Gleichgewicht und die Verträglichkeit aufzustellen<br />

und analytisch o<strong>der</strong> numerisch zu lösen.<br />

3.4 Grundgleichungen <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

3.4.1 Gleichgewicht<br />

Das Gleichgewicht <strong>der</strong> Scheibenkräfte ist am Flächenschnitt (Bild 3.4) zu formulieren.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Theorie I. Ordnung geschieht dies näherungsweise am unverformten<br />

System. Zwischen linker und rechter Spannungsfläche A 1 nimmt die Koordinate X 1<br />

um die Strecke ∆X 1 zu und zwischen unterer und oberer Spannungsfläche A 2 die Koordinate<br />

X 2 um die Strecke ∆X 2 . In dem Flächenelement ∆X 1 ⋅∆X 2 wirken die Flächenlasten<br />

p 1 und p 2 . Dadurch än<strong>der</strong>n sich in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 1 die Scheibenkräfte<br />

n 11 um den Betrag ∆n 11 und n 12 um den Betrag ∆n 12 und in <strong>der</strong> Spannungsfläche<br />

A 2 die Scheibenkräfte n 21 um den Betrag ∆n 21 und n 22 um den Betrag ∆n 22 . Alle<br />

Größen sind auf die ortsfesten Koordinaten X 1 und X 2 bezogen. Richtungsän<strong>der</strong>ungen<br />

treten daher nicht auf.<br />

X 2 ,A 2<br />

oben A 2<br />

n 11<br />

n 12<br />

links A 1<br />

∆X 2<br />

n 21<br />

Positive Drehung<br />

um die Scheibennormale<br />

Bild 3.4 : Flächenschnitt Scheibentragwerk<br />

– 3 / 5 –<br />

n 22 +∆n 22<br />

n 21 +∆n 21<br />

p 2<br />

∆X 1<br />

p 1<br />

n 22<br />

n 12 +∆n 12<br />

n 11 +∆n 11<br />

unten A 2<br />

rechts A 1<br />

X 1 ,A 1<br />

Das Kräftegleichgewicht ist in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten zu erfüllen und<br />

das Momentengleichgewicht um die Scheibennormale, die senkrecht auf <strong>der</strong> (X 1 –<br />

X 2 )–Fläche steht und mit <strong>der</strong> X 3 –Koordinaten zusammenfällt, vgl. (Bild 3.1). Dabei ist<br />

<strong>der</strong> Mittelwertsatz <strong>der</strong> Integralrechnung zu beachten.


Das Gleichgewicht <strong>der</strong> resultierenden Kräfte, die am Flächenelement (Bild 3.4) in Richtung<br />

<strong>der</strong> X 1 –Koordinate angreifen, ist durch<br />

�n 11 � �n 11��X 2 � �n 21 � �n 21��X 1 � p 1 �X 1 �X 2 � n 11 �X 2 � n 21 �X 1 � 0<br />

– 3 / 6 –<br />

(3.10.1)<br />

gegeben. In Richtung <strong>der</strong> X 2 –Koordinate erhält man in gleicher Weise den Ausdruck<br />

�n (3.10.2)<br />

12 � �n12��X2 � �n22 � �n22��X1 � p 2 �X1�X2 � n12�X2 � n22�X1 � 0.<br />

Das Momentengleichgewicht um die Scheibennormale wird in <strong>der</strong> Mitte des Flächenschnitts<br />

(Bild 3.4) aufgestellt<br />

�n 12 �X 2��X 1 � �n 21 �X 1��X 2 � 0.<br />

(3.10.3)<br />

Durch Division mit (∆X 1 ∆X 2 ) und durch Bildung <strong>der</strong> Grenzübergänge (∆X 1 ) → 0 und<br />

(∆X 2 ) → 0 folgen aus Gl. (3.10.1) und Gl. (3.10.2) die partiellen Differentialgleichungen<br />

zur Beschreibung des Gleichgewichts <strong>der</strong> Scheibenkräfte zu<br />

und<br />

�n11 �n21<br />

�<br />

�X1 �X2 � p1 � 0<br />

�n12 �n22<br />

�<br />

�X1 �X2 � p2 � 0,<br />

(3.11.1)<br />

(3.11.2)<br />

während das Momentengleichgewicht Gl. (3.10.3) nach Division mit (∆X 1 ∆X 2 ) unmit–<br />

telbar die Symmetrie <strong>der</strong> Schubkräfte ausdrückt.<br />

n 12 � n 21 .<br />

Mit <strong>der</strong> Abkürzung<br />

�( )<br />

�X� � ( ),�<br />

(3.11.3)<br />

(3.12)<br />

zur Kennzeichnung von partiellen Ableitungen kann man Gl. (3.11.1) und Gl. (3.11.2)<br />

auch durch<br />

und<br />

n 11 ,1 � n21 ,2 � p1 � 0<br />

n 12 ,1 � n22 ,2 � p2 � 0<br />

(3.13.1)<br />

(3.13.2)<br />

ersetzen. Wird <strong>der</strong> erste Index <strong>der</strong> Scheibenkräfte, <strong>der</strong> Ortsindex, <strong>der</strong> in Gl. (3.13) als<br />

Summationsindex – oben und unten gleich – auftritt, allgemein mit α und <strong>der</strong> zweite<br />

Index, <strong>der</strong> Richtungsindex, allgemein mit β bezeichnet, kann man Gl. (3.13.1) und<br />

Gl. (3.13.2) zu einer Gleichung zusammenfassen.<br />

n �� ,� � p� � 0.<br />

(3.14)


Die Struktur von Gl. (3.14) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Gleichung<br />

N��n � 0<br />

überein, die für den Druck–Zug–Stab das Gleichgewicht in Richtung <strong>der</strong> Stabachse beschreibt.<br />

Sie ist bereits aus <strong>der</strong> LV <strong>Statik</strong> I bekannt. Der Stab ist statisch bestimmt, weil<br />

zur Berechnung <strong>der</strong> Stabkraft N genau eine Gleichgewichtsbedingung existiert. Dagegen<br />

führt das Ausschreiben von Gl. (3.14) auf zwei Gleichungen, nämlich Gl. (3.13.1)<br />

und Gl. (3.13.2), die wegen Gl. (3.11.3) drei unbekannte Kraftgrößen enthalten, für die<br />

aber nur zwei Gleichgewichtsbedingungen existieren. Die Scheibe ist also grundsätzlich<br />

1–fach innerlich statisch unbestimmt. Zur Integration von Gl. (3.14) ist es daher erfor<strong>der</strong>lich,<br />

zusätzlich den Verträglichkeitszustand zu betrachten, um die fehlende Gleichung<br />

zur eindeutigen Berechnung <strong>der</strong> Scheibenkräfte n 11 , n 22 und n 12 = n 21 zu<br />

erhalten.<br />

3.4.2 Verträglichkeit<br />

Die Verträglichkeit ist formal durch die Gleichung<br />

� K �� � �M ��<br />

– 3 / 7 –<br />

(3.15)<br />

definiert. Die Struktur von Gl. (3.15) stimmt mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> äquivalenten Stabgleichung<br />

� K � � M<br />

überein, die den Dehnungszustand in Richtung <strong>der</strong> Stabachse erfaßt. Der Index (K)<br />

kennzeichnet den kinematischen und <strong>der</strong> Index (M) den materiellen Verzerrungszustand.<br />

Beide Anteile von Gl. (3.15) sind speziell für Scheibentragwerke abzuleiten.<br />

3.4.2.1 Kinematischer Verzerrungszustand<br />

Der kinematische Verzerrungszustand �K �� ist am verformten Flächenschnitt zu ermitteln,<br />

<strong>der</strong> sich unter <strong>der</strong> Wirkung <strong>der</strong> Scheibenkräfte nαβ einstellt. Dabei ist die arbeitskonforme<br />

Zuordnung dieser Größen zu beachten. Die Situation vor und nach <strong>der</strong> Verformung<br />

ist im (Bild 3.5) dargestellt.<br />

Im unverformten Zustand nimmt die Spannungsfläche A 1 die Position links (1,3) und<br />

rechts (2,4) ein. Sie bewegt sich unter <strong>der</strong> Wirkung von n 11 und n 12 in die Position<br />

(1,3)’ und (2,4)’. Für die Spannungsfläche A 2 gelten im unverformten Zustand die<br />

Positionen unten (1,2) und oben (3,4). Sie gehen unter Wirkung von n 21 und n 22<br />

in die verformten Positionen (1,2)’ und (3,4)’ über. Die Längszugkräfte n 11 und n 22<br />

dehnen das Flächenelement, n 11 in Richtung <strong>der</strong> X 1 –Koordinate um � K 11 und n22 in<br />

Richtung <strong>der</strong> X 2 –Koordinate um � K 22 . Die Schubkräfte n12 = n 21 bewirken dagegen


eine Schiefstellung bzw. Gleitung des Flächenelements um die Winkel � K 12 und �K 21 ,<br />

vgl. (Bild 3.5). Zur Erreichung einer einheitlichen Bezeichnung ist es üblich, die Gleitungen<br />

auch als Schubdehnungen bzw. noch einfacher als Dehnungen zu bezeichnen.<br />

∆u 2<br />

∆X 2<br />

n 11<br />

n 12<br />

1 = 1’<br />

X 2 ,A 2,u 2<br />

∆u 1<br />

n 21<br />

∆X 1<br />

Bild 3.5 : Verformter Flächenschnitt<br />

3’<br />

� K 12<br />

n 22<br />

n 22<br />

∆s 1<br />

– 3 / 8 –<br />

� K 22<br />

�K 21<br />

n21 3 4<br />

2<br />

n 12<br />

∆u 1<br />

2’<br />

n 11<br />

4’<br />

∆s 2<br />

∆u 2<br />

� K 11<br />

X 1 ,A 1,u 1<br />

Grundlage <strong>der</strong> Betrachtung ist die Theorie I. Ordnung. Die Kinematik ist daher konsequent<br />

zu linearisieren. Im Rahmen dieser Annahme sind die Dehnungen durch<br />

und<br />

�K 11 � �u1 �X1��X 1 �<br />

�0<br />

�u1 �X1 � u1,1 �K 22 � �u2 �X2��X 2 �<br />

�0<br />

�u2 �X2 � u2,2 und die Gleitungen durch<br />

�K 12 � �u2 �X1��X 1 �<br />

�0<br />

�u2 �X1 � u2,1 (3.16.1)<br />

(3.16.2)<br />

(3.16.3)


und<br />

�K 21 � �u1 �X2��X 2 �<br />

�0<br />

�u1 �X2 � u1,2 definiert. Die Kurzform von Gl. (3.16) ist durch<br />

� K �� � u �,�<br />

– 3 / 9 –<br />

(3.16.4)<br />

(3.17)<br />

gegeben. Die Vertauschung <strong>der</strong> Indizierung auf <strong>der</strong> rechten Seite von Gl. (3.17), die sich<br />

unmittelbar durch Gl. (3.16.3) und Gl. (3.16.4) ergibt, ist bei <strong>der</strong> Auswertung zu beachten.<br />

3.4.2.2 Materieller Verzerrungszustand<br />

Das Materialverhalten ist in <strong>der</strong> Prüfungsmaschine zu erkunden. Läßt man z.B. im Versuch<br />

Dehnungen auf ein Scheibenelement einwirken, kann man die daraus resultierenden<br />

Kräfte messen. Natürlich kann man auch in umgekehrter Reihenfolge vorgehen<br />

und Kräfte einprägen und die daraus resultierenden Dehnungen messen. Im Rahmen<br />

<strong>der</strong> hier betrachteten Scheibentheorie soll uneingeschränkt elastisches und isotropes<br />

Materialverhalten gelten. Es sind daher lediglich zwei Materialparameter zu bestimmen:<br />

Der Elastizitätsmodul E und die Querdehnzahl ν.<br />

Der Elastizitätsmodul, <strong>der</strong> die Steifigkeit des verwendeten Materials ausdrückt, ist bereits<br />

von <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Stabtragwerke bekannt. Neu ist dagegen die Querdehnzahl.<br />

Sie gibt die Größe <strong>der</strong> Querverkürzung an, die beim Zugversuch in flächigen Prüfkörpern<br />

jeweils quer zur Richtung <strong>der</strong> Zugkraft auftritt. Wirken die Zugkräfte n 11 und n 22<br />

auf ein Scheibenelement ein, erhält man die arbeitskonformen Dehnungen<br />

und<br />

� M 11<br />

� M 22<br />

� 1<br />

Et �n 11 � �n 22�<br />

� 1<br />

Et �� �n 11 � n 22� .<br />

(3.18.1)<br />

(3.18.2)<br />

Der Zusammenhang zwischen Kräften und Dehnungen ist im (Bild 3.6) dargestellt.<br />

(Bild 3.6a) veranschaulicht die Wirkung von n 11 und (Bild 3.6b) die Wirkung von n 22 .<br />

Zusätzlich ist im (Bild 3.6c) die Wirkung <strong>der</strong> Schubkräfte n 12 = n 21 dargestellt, die zur<br />

Schiefstellung des Prüfkörpers führt. Diese Schiefstellung kann sich aber auch unter<br />

<strong>der</strong> Wirkung <strong>der</strong> gleichwertigen Kräfte n Z und n D einstellen, die in Richtung <strong>der</strong><br />

Zug– und Druckdiagonalen angreifen. Für sie gilt Gl. (3.18) ebenfalls, wenn man<br />

n 11 und n 22 durch n Z und n D ersetzt und die Abhängigkeiten n D = –n Z und<br />

n Z = 1/2(n 12 + n 21 ) = n 12 = n 21 beachtet.


n 11<br />

a) Wirkung von n 11<br />

n 22<br />

n 22<br />

b) Wirkung von n 22<br />

Bild 3.6 : Zusammenhang zwischen Kräften und Dehnungen<br />

Die Zugdiagonale wird um das Maß<br />

� M<br />

Z<br />

� 1 � �<br />

Et n Z<br />

n Z<br />

n 12<br />

n D<br />

gedehnt und die Druckdiagonale um das Maß<br />

� M<br />

D � 1 � �<br />

Et n D<br />

– 3 / 10 –<br />

n 11<br />

n 21<br />

n 21<br />

c) Wirkung von n 12 = n 21<br />

n D<br />

n 12<br />

n Z<br />

(3.19.1)<br />

(3.19.2)


gestaucht. Den Zug–Druck–Zustand <strong>der</strong> Schiefstellung Gl. (3.19) kann man natürlich<br />

auch durch die Überlagerung <strong>der</strong> Einzelzustände<br />

und<br />

� M 12<br />

� M 21<br />

� 1 � �<br />

Et n12<br />

� 1 � �<br />

Et n21<br />

– 3 / 11 –<br />

(3.20.1)<br />

(3.20.2)<br />

erzeugen, weil n Z und n D aus n 12 und n 21 gebildet werden. Die Überlagerung von<br />

Gl. (3.20.1) und Gl. (3.20.2) ergibt dann<br />

�� M 12 � �M 21 � �<br />

2(1 � �)<br />

n<br />

Et<br />

12 �<br />

2(1 � �)<br />

n<br />

Et<br />

21 .<br />

(3.21)<br />

Mit Gl. (3.18) und Gl. (3.20) ist das elastische Materialverhalten von Scheiben in eindeutiger<br />

Weise festgelegt. Die Zusammenfassung in Form einer Matrizengleichung ergibt<br />

� M 11<br />

� M 22<br />

� M 12 � �M 21<br />

o<strong>der</strong> in Kurzform<br />

mit<br />

= D*<br />

� M �� � D*E ���� n��<br />

D*� 1<br />

Et<br />

1 –ν 0<br />

–ν 1 0<br />

0 0<br />

2(1 + ν)<br />

n 11<br />

n 22<br />

n 12 = n 21<br />

,<br />

(3.22.1)<br />

(3.22.2)<br />

(3.23)<br />

als Scheiben– bzw. Dehnnachgiebigkeitsfaktor und Eαβρλ als Elastizitätsmatrix in<br />

Nachgiebigkeitsform. Gl. (3.22) gilt bei Vorgabe des Kraftzustands und wird z.B. zur<br />

Auswertung <strong>der</strong> Verträglichkeitsbedingung Gl. (3.15) benötigt. Vielfach ist es aber auch<br />

erfor<strong>der</strong>lich, den Wegzustand vorzugeben. Dies trifft immer dann zu, wenn es darum<br />

geht, Kraftzustände durch Wegzustände auszudrücken. Die Invertierung von Gl. (3.22)<br />

ergibt<br />

n 11<br />

n 22<br />

n 12 = n 21<br />

= D<br />

1 ν 0<br />

ν 1 0<br />

0 0<br />

1 � �<br />

2<br />

� M 11<br />

� M 22<br />

� M 12 � �M 21<br />

,<br />

(3.24.1)


o<strong>der</strong> in Kurzform<br />

mit<br />

n �� � DE ���� � M ��<br />

D � Et<br />

1 � � 2<br />

– 3 / 12 –<br />

(3.24.2)<br />

(3.25)<br />

als Scheiben– bzw. Dehnsteifigkeitsfaktor und E ���� als Elastizitätsmatrix in Steifigkeitsform.<br />

3.4.2.3 Berechnungsgleichungen<br />

In Gl. (3.15) ist die Kinematik Gl. (3.17) und das Materialgesetz Gl. (3.22.2) einzusetzen,<br />

um die Kurzform <strong>der</strong> Berechnungsgleichungen <strong>der</strong> Verträglichkeit zu erhalten.<br />

u �,� � D*E ���� n �� � 0.<br />

Die Struktur von Gl. (3.26) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Stabgleichung<br />

u�� N<br />

� 0<br />

EA<br />

(3.26)<br />

überein. Die Auswertung von Gl. (3.26) unter Beachtung von Gl. (3.22.1) und Gl. (3.23)<br />

ergibt drei unabhängige Berechnungsgleichungen, nämlich<br />

und<br />

u 1,1 � D*�n 11 � �n 22� � 0,<br />

u 2,2 � D*�� �n 11 � n 22� � 0<br />

�u 2,1 � u 1,2 � � 2(1 � �)D*�n 12 � n 21� � 0.<br />

(3.27.1)<br />

(3.27.2)<br />

(3.27.3)<br />

Sie beschreiben in Scheibentragwerken den verträglichen Zustand zwischen Kinematik<br />

und Material. Die Kinematik hängt von den Eigenschaften des speziell betrachteten<br />

Tragwerks ab. Haupteinflußparameter sind die Tragwerks– bzw. Bauteilgeometrie und<br />

<strong>der</strong> Beanspruchungszustand. Die Verformbarkeit des Materials ist dagegen ausschließlich<br />

eine Eigenschaft des eingesetzten Materials. Ziel eines jeden konstruktiven<br />

Prozesses ist es, Kinematik und Material optimal aufeinan<strong>der</strong> abzustimmen, um Bauschäden<br />

zu vermeiden. Dies geschieht im Rahmen <strong>der</strong> Scheibentheorie mit Hilfe von<br />

Gl. (3.27).


3.4.3 Bilanz<br />

Die Bilanz im Gleichgewicht Gl. (3.13) bzw. Gl. (3.14) hat ergeben, daß zur Berechnung<br />

<strong>der</strong> drei unbekannten Kraftgrößen n 11 , n 22 und n 12 = n 21 nur zwei unabhängige<br />

Gleichungen existieren. Die Bilanz <strong>der</strong> Verträglichkeit Gl. (3.26) bzw. Gl. (3.27) ergibt<br />

nun aber, daß zur Berechnung <strong>der</strong> zwei unbekannten Weggrößen u 1 und u 2 drei un–<br />

abhängige Gleichungen existieren. Die Gesamtbilanz zwischen den fünf unbekannten<br />

Größen (n 11 , n 22 , n 12 = n 21 , u 1, u 2) und den dazu zur Verfügung stehenden fünf unabhängigen<br />

Berechnungsgleichungen (3.13) und (3.27) ist ausgeglichen. Das Scheibenproblem<br />

ist daher eindeutig, wenn auch 1–fach statisch unbestimmt zu lösen. Bei <strong>der</strong><br />

Integration sind die aktuellen statischen und geometrischen Randbedingungen zu beachten.<br />

3.4.4 Randbedingungen<br />

Die Rän<strong>der</strong> von Scheiben <strong>der</strong> Baupraxis sind in <strong>der</strong> Regel geradlinig begrenzt. Vielfach<br />

verlaufen die Rän<strong>der</strong> sogar parallel zu den X 1 – und X 2 –Koordinaten, z.B. bei Wandscheiben.<br />

Die Formulierung <strong>der</strong> Randbedingungen kann sich daher auf den Fall schiefwinkliger,<br />

aber gera<strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> beschränken.<br />

Ein Ausschnitt aus einem schiefen Scheibenrand R ist im (Bild 3.7) dargestellt. Die<br />

Schiefe ist durch den Randwinkel ω gegeben. Tangential und radial bzw. normal zum<br />

Rand sind die Einheitsvektoren<br />

und<br />

t 1<br />

t = = =<br />

t 2<br />

r 1<br />

t 1<br />

t 2<br />

r = = =<br />

r 2<br />

r 1<br />

r 2<br />

–sinω<br />

cosω<br />

cosω<br />

sinω<br />

– 3 / 13 –<br />

(3.28.1)<br />

(3.28.2)<br />

definiert. Sie werden durch Komponenten in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten<br />

aufgespannt. In Richtung dieser Vektoren zeigen die Randverschiebungen u r und u t<br />

und die dazu arbeitskonformen Randkräfte n r und n t, die in <strong>der</strong> Randspannungs–<br />

fläche A <strong>der</strong> Länge ∆s wirken. In diesen Weg– und Kraftgrößen, die sich aus den<br />

Scheibenverschiebungen u 1 und u 2 und den Scheibenkräften n 11 , n 22 und n 12 = n 21<br />

ableiten, sind die geometrischen und statischen Randbedingungen zu erfüllen.


u 2<br />

X 2<br />

∆X 2<br />

n 11<br />

n 12<br />

Bild 3.7 : Schiefer Scheibenrand<br />

s<br />

A<br />

A 1<br />

ω<br />

A 2<br />

n 21<br />

t<br />

∆X 1<br />

– 3 / 14 –<br />

u t,n t<br />

r<br />

n 22<br />

ω<br />

∆s<br />

u r,n r<br />

ω<br />

Scheiben–<br />

rand R<br />

Die Scheibenverschiebungen u 1 und u 2 zeigen in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordi–<br />

naten. Es ist lediglich eine Richtungsformation erfor<strong>der</strong>lich, um die Randverschiebungen<br />

u r und u t zu erhalten. Der Zusammenhang ist den Skizzen<br />

cosω u 1<br />

sinω u 2<br />

zu entnehmen. Es gilt<br />

und<br />

ω<br />

u r<br />

ω<br />

u 1<br />

ur � cos� u 1 � sin� u 2 � r � u�<br />

u 2<br />

u t ��sin� u 1 � cos� u 2 � t � u� ,<br />

u 2<br />

ω<br />

–u 1<br />

u t<br />

ω<br />

X 1<br />

cosω u 2<br />

u 1<br />

–sinω u 1<br />

(3.29.1)<br />

(3.29.2)<br />

wobei sich die Kurzformen unmittelbar aus dem Vergleich mit Gl. (3.28) ergeben.


Die Scheibenkräfte n 11 , n 22 und n 12 = n 21 sind orts– und richtungsbezogen. Es ist<br />

daher eine Doppeltransformation erfor<strong>der</strong>lich, um die Randkräfte zu erhalten. Zu–<br />

nächst ist die Ortstransformation durchzuführen, in dem man die resultierenden Randkräfte<br />

n 1 und n 2 in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten bestimmt. Es gilt<br />

und<br />

n 1 �s � n 11 �X 2 � n 21 �X 1<br />

n 2 �s � n 12 �X 2 � n 22 �X 1 .<br />

Mit den Projektionen<br />

und<br />

�X 1 � sin��s<br />

�X 2 � cos��s<br />

<strong>der</strong> Randlänge ∆s erhält man<br />

und<br />

n 1 � cos�n 11 � sin�n 21<br />

n 2 � cos�n 12 � sin�n 22<br />

o<strong>der</strong> in Kurzform<br />

n � � r�n �� ,<br />

– 3 / 15 –<br />

(3.30)<br />

die wie<strong>der</strong>um aus dem Vergleich mit Gl. (3.28) folgt. Nach <strong>der</strong> Ortstransformation<br />

Gl. (3.30) ist die Richtungstransformation von n β vorzunehmen. Sie ist genauso durchzuführen,<br />

wie bei den Verschiebungen Gl. (3.29). Es gilt<br />

und<br />

nr � r � n � � r�r � n ��<br />

n t � t � n � � r�t � n ��<br />

o<strong>der</strong> ausgeschrieben<br />

und<br />

nr � cos 2 �n 11 � 2sin�cos�n 12 � sin 2 �n 22<br />

n t ��sin�cos�n 11 � �cos 2 � � sin 2 ��n 12 � sin�cos�n 22 .<br />

(3.31.1)<br />

(3.31.2)<br />

(3.31.3)<br />

(3.31.4)


Weggrößen, hier die Verschiebungen Gl. (3.29) sind auf dem Teilrand R W vorzuschreiben<br />

und Kraftgrößen, hier die Kräfte Gl. (3.31) auf dem Teilrand R K, wobei die Summe<br />

<strong>der</strong> Teilrän<strong>der</strong> den Gesamtrand R bildet. Für geometrische Randbedingungen auf R W<br />

gilt die Vorgabe<br />

u r<br />

u t<br />

=<br />

u r<br />

u t<br />

und für statische Randbedingungen auf R K<br />

n r<br />

n t<br />

=<br />

n r<br />

n t<br />

.<br />

– 3 / 16 –<br />

(3.32.1)<br />

(3.32.2)<br />

Die Randbedingungen <strong>der</strong> Weg– und Kraftgrößen Gl. (3.32) können auch in gemischter<br />

Form auftreten. Sind die vorgeschriebenen Werte u r und u t bzw. n r und n t auf Null<br />

gesetzt, liegen homogene, ansonsten inhomogene Randbedingungen vor. Durch<br />

Gl. (3.32) kann man über vier unabhängige Randgrößen verfügen. Das Integrationsproblem<br />

<strong>der</strong> Scheibentheorie ist demnach von vierter Ordnung.<br />

3.5 Lösungswege <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

Es bieten sich drei Wege zur Lösung <strong>der</strong> Grundgleichungen <strong>der</strong> Scheibentheorie an,<br />

die auf grundsätzlich unterschiedlichen Formulierungen beruhen.<br />

3.5.1 Gemischte Formulierung in Weg– und Kraftgrößen<br />

Bei dieser Vorgehensweise werden die Grundgleichungen (3.14) und (3.26) unter Beachtung<br />

<strong>der</strong> Randbedingungen Gl. (3.32) direkt als Differentialgleichungssystem erster<br />

Ordnung integriert. Analytisch ist dies kaum möglich, weil fünf Funktionen, nämlich<br />

und<br />

u 1 = u 1(X 1 ,X 2 ) ,<br />

u 2 = u 2(X 1 ,X 2 ) ,<br />

n 11 = n 11 (X 1 ,X 2 ) ,<br />

n 22 = n 22 (X 1 ,X 2 )<br />

n 12 = n 21 = n 12 (X 1 ,X 2 )<br />

simultan zu integrieren sind, die jeweils von den Flächenkoordinaten X 1 und X 2 abhängen.<br />

Numerische Lösungen sind dagegen bekannt. Sie beruhen in <strong>der</strong> Regel auf Differenzen–<br />

o<strong>der</strong> Mehrstellenverfahren, die hier aber nicht weiter betrachtet werden.


3.5.2 Gleichgewichtsformulierung in Weggrößen<br />

Bei dieser Vorgehensweise werden die Kraftgrößen vor <strong>der</strong> Integration eliminiert. Dazu<br />

ist die Verträglichkeitsbedingung Gl. (3.26) nach den Kraftgrößen aufzulösen und in die<br />

Gleichgewichtsbedingung Gl. (3.14) einzusetzen. Mit<br />

n �� � DE ���� u �,�<br />

– 3 / 17 –<br />

(3.33)<br />

und konstanten Materialwerten erhält man ein Differentialgleichungssystem, das aus<br />

zwei Differentialgleichungen zweiter Ordnung besteht.<br />

DE ���� u �,�� � p � � 0.<br />

Das Ausschreiben von Gl. (3.33) ergibt die Bestimmungsgleichungen<br />

und<br />

n 11 � D�u 1,1 � �u 2,2 � ,<br />

n 22 � D��u 1,1 � u 2,2 � ,<br />

n 12 � n 21 � D<br />

1 � ��u<br />

2 1,2 � u � 2,1<br />

(3.34)<br />

(3.35.1)<br />

(3.35.2)<br />

(3.35.3)<br />

<strong>der</strong> Scheibenkräfte und das Ausschreiben von Gl. (3.34) unter Beachtung von Gl. (3.35)<br />

die partiellen Differentialgleichungen<br />

und<br />

D�2u 1,11 � (1 � �)u 1,22 � (1 � �)u 2,12 � � 2p 2 � 0<br />

D�2u 2,22 � (1 � �)u 2,11 � (1 � �)u 1,12 � � 2p 2 � 0<br />

(3.36.1)<br />

(3.36.2)<br />

zur Berechnung <strong>der</strong> Scheibenverschiebungen. Die analytische Integration von<br />

Gl. (3.36) unter Beachtung <strong>der</strong> Randbedingungen Gl. (3.32) ist einfacher als bei <strong>der</strong><br />

gemischten Vorgehensweise, weil nur noch zwei Funktionen, nämlich<br />

und<br />

u 1 = u 1(X 1 ,X 2 )<br />

u 2 = u 2(X 1 ,X 2 )<br />

<strong>der</strong> simultanen Integration unterliegen. Bei technisch interessanten Anwendungen gelingt<br />

es allerdings kaum, geschlossene Lösungen zu finden. Bei numerischen Lösungen<br />

spielt die Formulierung in Weggrößen dagegen eine große Rolle. So beruhen z.B. fast<br />

alle praxisrelevanten FE–Programme zur Lösung von Scheibenproblemen auf eine<br />

schwache Formulierung <strong>der</strong> Gl. (3.34), die mit dem PvW übereinstimmt, vgl. Teil 7.


3.5.3 Verträglichkeitsformulierung in Kraftgrößen<br />

Bei dieser Vorgehensweise werden vor <strong>der</strong> Integration die Weggrößen eliminiert. Vorab<br />

ist daher eine geeignete Kraftgröße zu definieren, um dies zu erreichen. Dabei ist anzustreben,<br />

die Anzahl <strong>der</strong> direkten Integrationsfunktionen deutlich zu reduzieren.<br />

Bei <strong>der</strong> Verwendung von nur einer Variablen sind alle Funktionen<br />

F � F�X 1 ,X 2�<br />

– 3 / 18 –<br />

(3.37)<br />

zulässig, die als Nebenbedingung das homogene Gleichgewicht <strong>der</strong> Scheibenkräfte<br />

n 11 , n 22 und n 12 = n 21 erfüllen. Dies leistet <strong>der</strong> Ansatz<br />

und<br />

n 11 � F ,22 ,<br />

n 22 � F ,11<br />

n 12 � n 21 ��F ,12 .<br />

(3.38.1)<br />

(3.38.2)<br />

(3.38.3)<br />

Setzt man Gl. (3.38) zur Kontrolle in Gl. (3.13) ein, erhält man unter <strong>der</strong> Voraussetzung<br />

von p 1 ≡ 0 und p 2 ≡ 0 die Ausdrücke<br />

und<br />

n11 ,1 � n21 ,2 � F ,221 � F ,122 � 0<br />

n12 ,1 � n22 ,2 ��F ,121 � F ,112 � 0.<br />

Sie verschwinden identisch, wenn man die Vertauschbarkeit von partiellen Ableitungen<br />

beachtet.<br />

Alle Funktionen Gl. (3.37), die Gl. (3.38) erfüllen, werden als Spannungsfunktionen bezeichnet.<br />

Aus baustatischer Sicht sind sie als mathematisch definierte statisch bestimmte<br />

Grundsysteme <strong>der</strong> Scheibentheorie aufzufassen. Gl. (3.38) ist in die Verträglichkeitsbedingung<br />

Gl. (3.26) bzw. Gl. (3.27) einzusetzen, um die Verschiebungen u 1<br />

und u 2 aus den Grundgleichungen zu eliminieren. Dadurch erhält man die Gleichungen<br />

und<br />

u 1,1 � D*�F ,22 � �F ,11 � � 0, (3.39.1)<br />

u 2,2 � D*�� �F ,22 � F ,11 � � 0 (3.39.2)<br />

�u 1,2 � u 2,1 � � D*2(1 � �)F ,12 � 0. (3.39.3)


Das zweimalige partielle Ableiten von Gl. (3.39.1) nach <strong>der</strong> X 2 –Koordinate, von<br />

Gl. (3.39.2) nach <strong>der</strong> X 1 –Koordinate und das gemischte partielle Ableiten von<br />

Gl. (3.39.3) nach <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinate ergibt<br />

und<br />

u 1,122 � D*�F ,2222 � �F ,1122 � � 0, (3.40.1)<br />

u 2,211 � D*�� �F ,2211 � F ,1111 � � 0 (3.40.2)<br />

�u 1,212 � u 2,112 � � D*2(1 � �)F ,1212 � 0. (3.40.3)<br />

Addiert man nun Gl. (3.40.1) und Gl. (3.40.2) und subtrahiert die Summe von<br />

Gl. (3.40.3), entfallen die Verschiebungen, wenn man die Vertauschbarkeit <strong>der</strong> partiellen<br />

Ableitungen beachtet. Man erhält mit D* > 0 zunächst den Ausdruck<br />

2(1 � �)F ,1212 � F ,1111 � F ,2222 � �F ,1122 � �F ,2211 � 0<br />

und unter Beachtung <strong>der</strong> Vertauschbarkeit von partiellen Ableitungen die partielle Differentialgleichung<br />

vierter Ordnung<br />

F ,1111 � 2F ,1122 � F ,2222 � 0 (3.41)<br />

mit <strong>der</strong> Spannungsfunktion F als einzig verbleiben<strong>der</strong> Integrationsfunktion. Mit <strong>der</strong><br />

Definition des Operators<br />

und<br />

� � ( ) ,11 � ( ) ,22 (3.42.1)<br />

�� � � 2 � ( ) ,1111 � 2( ) ,1122 � ( ) ,2222 (3.42.2)<br />

kann man Gl. (3.41) auch in kurzer Form schreiben<br />

��F � 0. (3.43)<br />

Gl. (3.43) ist eine spezielle Formulierung <strong>der</strong> Verträglichkeit. Da die Spannungsfunk–<br />

tion F implizit das Gleichgewicht erfüllt, erfaßt Gl. (3.43) das Scheibenproblem in vollständiger<br />

Form. Sie wird daher auch als Scheibengleichung bezeichnet.<br />

Die Integration von Gl. (3.43) ist unter Beachtung <strong>der</strong> Randbedingungen Gl. (3.32)<br />

vorzunehmen. Ist für F eine Lösung ermittelt, sind durch Gl. (3.38) auch die Scheibenkräfte<br />

n 11 , n 22 und n 12 = n 21 bekannt, in dem man die partiellen Ableitungen von F<br />

bildet. Die Berechnung <strong>der</strong> Verschiebungen ist aufwendiger, weil dies eine Integration<br />

erfor<strong>der</strong>t. Es kann z.B. dadurch geschehen, daß man Gl. (3.39) integriert. Da die Verschiebungen<br />

bei <strong>der</strong> Integration von Gl. (3.43) nicht explizit vorliegen, bereitet es vor<br />

allem bei statisch unbestimmt gelagerten Scheiben erhebliche Schwierigkeiten, geometrische<br />

Randbedingungen gemäß Gl. (3.32.1) zu berücksichtigen. Baupraktisch re-<br />

– 3 / 19 –


levante Lösungen von Scheibenproblemen mit Gl. (3.43) sind daher nur im begrenzten<br />

Umfang möglich.<br />

3.6 Lösungsmethoden <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

Das baustatische Verfahren von Schleeh, die Gitterrostmethode (GRM) und die<br />

Methode <strong>der</strong> finiten Elemente (FEM) sind von Interesse, wenn es darum geht, baupraktische<br />

Scheibenprobleme zu lösen. Die GRM wird im Teil 6 und die FEM im Teil 7<br />

behandelt. Das Verfahren von Schleeh ist ausführlich in /6/ beschrieben. Eine kurze<br />

Diskussion <strong>der</strong> Vorgehensweise soll die theoretischen Grundlagen des Verfahrens verdeutlichen.<br />

Die praktische Anwendung anhand eines Zahlenbeispiels erfolgt im Abschnitt<br />

3.7.<br />

Das Verfahren von Schleeh setzt voraus, daß man den Beanspruchungszustand in<br />

Scheiben in zwei Anteile aufspalten kann. Der erste Anteil ist ein Gleichgewichtszustand.<br />

Er erstreckt sich in <strong>der</strong> Regel über das gesamte Scheibengebiet und ist in ein–<br />

facher Weise mit Hilfe <strong>der</strong> technischen Biegetheorie ebener Balken zu ermitteln. Die<br />

Gültigkeit dieser Lösung, die auf <strong>der</strong> Bernoulli–Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte<br />

beruht, ist an Längen–Höhen–Verhältnisse von L : H > 4 : 1 gebunden. Bei<br />

realen Scheiben mit H ≈ L trifft diese Voraussetzung aber nicht mehr zu. Die Gleich–<br />

gewichtslösung ist daher mit einem Eigenspannungszustand zu überlagern, <strong>der</strong> sich in<br />

<strong>der</strong> Regel nur über spezielle Teilbereiche des Scheibensystems erstreckt. Er muß alle<br />

Zwänge erfassen, die sich aus den konstruktiven Abweichungen ergeben, die zwischen<br />

Balken und Scheiben bestehen. Der scheibenverträgliche Eigenspannungszustand ist<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> Scheibengleichung (3.43) zu ermitteln.<br />

Die Aufspaltung <strong>der</strong> Lösung in einen Balken– und einen Scheibenanteil ist im (Bild 3.8)<br />

am Beispiel einer Wandscheibe dargestellt. Am oberen Rand wirkt in <strong>der</strong> Mitte eine<br />

Einzellast F, die am unteren Rand je zur Hälfte von den dort angeordneten Auflagern<br />

aufgenommen wird (Bild 3.8a).<br />

Die Lösung am Biegebalken ist im (Bild 3.8b) dargestellt. Bei diesem Anteil ist <strong>der</strong><br />

Gleichgewichtszustand zwischen äußeren Einwirkungen und inneren Schnittgrößen<br />

erfüllt. Die Längsspannung σ, die sich aus dem Biegemoment M errechnet und die<br />

mit <strong>der</strong> Scheibenkraft n11 0 � �⋅t übereinstimmt, ist wegen <strong>der</strong> Bernoulli–Hypothese geradlinig<br />

über den Querschnitt verteilt. Der Verlauf <strong>der</strong> Schubspannung τ, die sich<br />

aus <strong>der</strong> Querkraft Q errechnet und die mit <strong>der</strong> Scheibenkraft n12 0 � �⋅t übereinstimmt,<br />

ist wegen <strong>der</strong> schubspannungsfreien oberen und unteren Balkenrän<strong>der</strong> parabolisch<br />

über den Querschnitt verteilt. Spannungen quer zur Balkenachse treten im Rahmen <strong>der</strong><br />

technischen Biegetheorie nicht auf. Der 0–Index <strong>der</strong> Scheibenkräfte soll darauf hinweisen,<br />

daß eine Balkenlösung vorliegt.<br />

– 3 / 20 –


H<br />

2<br />

H<br />

2<br />

a) Wandscheibe<br />

F<br />

2<br />

�t � n 12<br />

0 �X 1 �� L<br />

2 �<br />

+<br />

n 22<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

L<br />

2<br />

Bild 3.8 : Wandscheibe. Anteil Biegebalken und Scheibentheorie<br />

n 12<br />

n 11<br />

b) Anteil Biegebalken: Gleichgewichtszustand<br />

F � t�� MdX2 �n 12�X 1 �� L<br />

2 �<br />

–<br />

–<br />

+<br />

F<br />

2<br />

� R<br />

Q–Verlauf<br />

+<br />

M–Verlauf<br />

F<br />

2 � t�� R dX2<br />

c) Anteil Scheibentheorie: Eigenspannungszustand<br />

� M<br />

FL<br />

4<br />

F<br />

2<br />

F<br />

u 2<br />

X 2<br />

F<br />

F<br />

2<br />

+<br />

X 1<br />

– 3 / 21 –<br />

u 1<br />

L<br />

2<br />

–<br />

� R<br />

F<br />

2<br />

F<br />

2<br />

Mittel–<br />

fläche<br />

�t � n11 0 �X1 � 0�<br />

–<br />

+<br />

+<br />

–<br />

–<br />

t<br />

�n 11�X 1 � 0�<br />

F<br />

2 � t�� R dX2


Die Scheibenkräfte n11 0 und n12<br />

0 stimmen nur dann mit <strong>der</strong> Lösung Gl. (3.43) überein,<br />

wenn die betrachtete Scheibe die Voraussetzungen <strong>der</strong> Balkentheorie erfüllt. Bei Abmessungen<br />

H ≈ L und vor allem in den Einleitungsbereichen <strong>der</strong> Kräfte ergeben sich<br />

mehr o<strong>der</strong> weniger große Abweichungen von <strong>der</strong> Bernoulli–Hypothese vom Ebenbleiben<br />

<strong>der</strong> Querschnitte, die eine Korrektur <strong>der</strong> Balkenlösung erfor<strong>der</strong>n. Da die Balkenlösung<br />

aber bereits einen Gleichgewichtszustand bildet, kann es sich nur um eine Korrektur<br />

<strong>der</strong> Verträglichkeit handeln, die auf einem Eigenspannungszustand beruht. Die<br />

Korrekturgrößen ∆n11 , ∆n22 und ∆n12 bewirken eine Umlagerung <strong>der</strong> Scheibenkräfte,<br />

ohne das sich die resultierenden Integralwerte<br />

und<br />

�<br />

H<br />

�<br />

H<br />

� L<br />

n 11 X 2 dX 2 � M<br />

n 12 dX 2 � Q<br />

n 22 X 1 dX 1 � 0<br />

<strong>der</strong> überlagerten Scheibenkräfte<br />

und<br />

n 11 � n 11<br />

0 � �n11 ,<br />

n 22 � �n 22<br />

n 12 � n 12<br />

0<br />

verän<strong>der</strong>n.<br />

� �n12<br />

Die Korrekturlösung ist im (Bild 3.8c) dargestellt. Der Eigenspannungszustand in <strong>der</strong><br />

Mitte (Index M) und am linken und rechten Rand (Index R) ist durch die Differenz zwischen<br />

den dort wirkenden Einzelkräften am wirklichen System (Bild 3.8a) und <strong>der</strong> parabolisch<br />

verteilten Lasteinleitung am Biegebalken (Bild 3.8b) definiert. Die Berechnung<br />

erfolgt nach <strong>der</strong> Scheibengleichung (3.43). Die Verläufe von <strong>der</strong> Korrekturspannung<br />

∆n 11 in <strong>der</strong> Mitte und ∆n 12 am Rand sind im (Bild 3.8c) skizziert. Nach dem Prinzip von<br />

de Saint–Venant ist die Korrekturlösung nur unmittelbar in Störungsbereichen von Interesse.<br />

Außerhalb dieser Bereiche klingt sie sehr schnell ab, so daß hier in guter Näherung<br />

die Balkenlösung gilt. Man kann die Korrekturlösung daher unabhängig vom aktuell<br />

betrachteten Scheibensystem ermitteln. Für wichtige Anwendungsfälle ist dies z.B.<br />

in /6/ geschehen. Die Ergebnisse sind in Form von Tabellen bereitgestellt. Das Verfahren<br />

von Schleeh ist daher sehr gut zur Durchführung von Handrechnungen geeignet.<br />

– 3 / 22 –


3.7 Beispiel zum Verfahren von Schleeh<br />

Das Zahlenbeispiel ist aus /6/ entnommen. Es orientiert sich an <strong>der</strong> Systemskizze<br />

(Bild 3.8a). Für einen Biegebalken mit den Abmessungen L / H = 6 und t = 1. m sind<br />

die Scheibenkräfte n 11 , n 22 und n 12 zu ermitteln, um die Genauigkeit <strong>der</strong> Spannungsberechnung<br />

nach <strong>der</strong> Balkentheorie zu überprüfen. Die Störungsbereiche nach<br />

de Saint–Venant , in denen die Abweichungen auftreten, sind im (Bild 3.9) dargestellt.<br />

Die Länge <strong>der</strong> Störungsbereiche erstreckt sich jeweils über das Höhenmaß H <strong>der</strong><br />

Scheibe. Zur Verteilung <strong>der</strong> Einzellasten wird eine Lastbreite 0.1H angenommen. Die<br />

Berechnung erfolgt am kinematischen Gleichgewichtssystem (Bild 3.9). Mit dieser<br />

Maßnahme kann man das schwierige Problem <strong>der</strong> Erfüllung von geometrischen Randbedingungen<br />

umgehen, die beim wirklichen System vorliegen, vgl. (Bild 3.8a). In <strong>der</strong><br />

Mitte des Balkens sind im Schnitt (X 1 = 0, X 2 ) die Scheibenkräfte n 11 und n 22 und<br />

im Schnitt (X 1 = 0.05H, X 2 ) die Scheibenkraft n 12 zu berechnen.<br />

Die Ergebnisse sind in (Tabelle 3.1) zusammengestellt. Die Zahlenwerte gelten für die<br />

Einheitslast F = 1 kN und die Balkenhöhe H = 0.10 m. Angegeben sind die Gleichgewichtslösungen<br />

nach <strong>der</strong> Balkentheorie, die Korrekturlösung nach <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

und die gesuchte Gesamtlösung als Überlagerung <strong>der</strong> beiden Einzellösungen.<br />

F<br />

0.05H 0.05H<br />

H H<br />

0.05H 0.05H 0.05H 0.05H<br />

F<br />

2<br />

H<br />

L / 2 = 3H<br />

Bild 3.9 : Gestörte Spannungsbereiche beim Biegebalken<br />

X 2<br />

L = 6H<br />

X 1<br />

– 3 / 23 –<br />

L / 2 = 3H<br />

H<br />

F<br />

2<br />

H<br />

2<br />

H<br />

2<br />

H


X 2<br />

H<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

–0.1<br />

–0.2<br />

–0.3<br />

–0.4<br />

–0.5<br />

Gleichgewichtslösung nach<br />

<strong>der</strong> Balkentheorie<br />

n 11<br />

0<br />

–89.25<br />

–71.40<br />

–53.55<br />

–35.70<br />

–17.85<br />

0.0<br />

17.85<br />

35.70<br />

53.55<br />

71.40<br />

89.25<br />

n 22<br />

0<br />

0.0<br />

0.0<br />

Tabelle 3.1 : Scheibenkräfte in (kN/m)<br />

Korrekturlösung nach<br />

<strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

– 3 / 24 –<br />

Gesamtlösung durch Über–<br />

lagerung <strong>der</strong> Einzellösungen<br />

n 12<br />

0 �n 11 �n 22 �n 12 n 11 n 22 n 12<br />

0.0<br />

2.7<br />

4.8<br />

6.3<br />

7.2<br />

7.5<br />

7.2<br />

6.3<br />

4.8<br />

2.7<br />

0.0<br />

–88.32<br />

6.76<br />

8.51<br />

6.91<br />

4.75<br />

2.44<br />

0.23<br />

–1.62<br />

–2.85<br />

–3.12<br />

–1.92<br />

–100.00<br />

–54.80<br />

–29.81<br />

–19.28<br />

–13.25<br />

–9.12<br />

–6.00<br />

–3.58<br />

–1.73<br />

–0.48<br />

0.0<br />

0.0<br />

13.41<br />

1.91<br />

–2.68<br />

–4.83<br />

–5.76<br />

–5.84<br />

–5.24<br />

–4.02<br />

–2.25<br />

0.0<br />

–177.6<br />

–64.6<br />

–45.0<br />

–28.8<br />

–13.1<br />

2.4<br />

18.1<br />

34.1<br />

50.7<br />

68.3<br />

87.3<br />

–100.0<br />

–54.8<br />

–29.8<br />

–19.3<br />

–13.3<br />

–9.1<br />

–6.0<br />

–3.6<br />

–1.7<br />

–0.5<br />

0.0<br />

0.0<br />

16.1<br />

6.7<br />

3.6<br />

2.4<br />

1.7<br />

1.4<br />

1.1<br />

0.8<br />

0.5<br />

0.0<br />

Bei <strong>der</strong> elementaren Berechnung <strong>der</strong> Gleichgewichtslösung ist die linienförmige<br />

Lasteinleitung zu berücksichtigen und das Vorzeichen von Q an die Richtung von n12 0<br />

anzupassen. Die Korrekturlösung kann für X1 = 0 und X1 / H = 0.05 unmittelbar aus<br />

Tafel I auf Seite 786 von /6/ abgelesen werden. Die Verläufe <strong>der</strong> Scheibenkräfte sind<br />

im (Bild 3.10) dargestellt.<br />

Die Abweichungen, die sich zwischen Balken– und Scheibenlösung einstellen, sind<br />

wegen L / H = 6 > 4 gering (Bild 3.10a). Nur im Wirkungsbereich <strong>der</strong> Einzellast erge–<br />

ben sich größere Differenzen. Sie resultieren unmittelbar aus <strong>der</strong> Lasteinleitung und<br />

sind im Regelfall ohne Bedeutung.<br />

So erfolgt die Einleitung <strong>der</strong> mittigen Einzellast bei <strong>der</strong> Scheibe wirklichkeitsnah durch<br />

die Scheibenkraft n 22 (Bild 3.10b). Im Rahmen <strong>der</strong> Balkentheorie tritt diese Größe nicht<br />

auf. Die Einleitung beim Balken ist daher nur durch parabolisch verteilte Schubspannungen<br />

möglich, was zwangsläufig zu einer Verletzung des lokalen Gleichgewichts<br />

führt (Bild 3.10c).


177.6<br />

89.3<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

–<br />

n 11<br />

X 2<br />

+<br />

87.3<br />

89.3<br />

X 1 = 0<br />

100.<br />

Bild 3.10 : Verläufe <strong>der</strong> Scheibenkräfte, vgl. (Tabelle 3.1)<br />

–<br />

n 22<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

– 3 / 25 –<br />

X 2 X 2<br />

X 1 = 0<br />

n 21 = n 12<br />

a) b) c)<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

ÇÇÇ<br />

n 12<br />

+<br />

X 1 = 0.05H<br />

7.5<br />

61.<br />

Scheibenlösung<br />

Balkenlösung


Teil 4: Plattentheorie<br />

4.1 Einführung<br />

Die Plattentheorie beschreibt das baustatische Verhalten von ebenen Flächentragwerken,<br />

bei denen die Lastebene eine Senkrechte zur Mittelfläche des dünnwandigen<br />

Tragwerks bildet. Ziel ist es, zweidimensionale Weg– und Kraftgrößen zu definieren und<br />

zu berechnen, die sich aus den allgemeinen dreidimensionalen Kontinuumsgrößen ergeben,<br />

wenn man die geometrischen und physikalischen Voraussetzungen beachtet,<br />

die Plattentragwerke charakterisieren. Diese Größen erfassen den Beanspruchungszustand<br />

mit ausreichen<strong>der</strong> Genauigkeit, um Plattentragwerke sicher und wirtschaftlich<br />

planen und bemessen zu können, vgl. z.B. Einführungsbeispiel 1.5.2: Flach– und Pilzdecke.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Plattentheorie sind die Problemstellung zu formulieren, die<br />

Grundgleichungen: Gleichgewicht und Verträglichkeit abzuleiten, allgemeine Lösungswege<br />

aufzuzeigen und spezielle Lösungsmethoden zu entwickeln. Dies geschieht in<br />

den Abschnitten 4.2 bis 4.6. Ein Beispiel im Abschnitt 4.7, das mit dem Verfahren von<br />

Ritz berechnet wird, beschließt die Ausführungen zur Plattentheorie.<br />

4.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

Ein rechteckig begrenzter Ausschnitt aus einem dreidimensionalen Plattenkontinuum<br />

ist im (Bild 4.1) dargestellt.<br />

L 2 = B<br />

X 3<br />

f 3 ,v 3<br />

X 2<br />

f 2 ,v 2<br />

Bild 4.1 : Plattenkontinuum<br />

A 2<br />

A 2<br />

σ 3j ,ε 3j<br />

m 22 ,β 22<br />

q 23 ,γ 23<br />

σ 2j ,ε 2j<br />

A 3<br />

L 1 = L<br />

A 1<br />

– 4 / 1 –<br />

σ 1j ,ε 1j<br />

Mittelfläche<br />

m 21 ,β 21<br />

p 3 ,u 3<br />

Kontinuums–<br />

größen<br />

A 3<br />

ϕ1 ϕ2 q 13 ,γ 13<br />

Plattengrößen<br />

m 11 ,β 11<br />

m 12 ,β 12<br />

L 3 = t<br />

A 1<br />

X 1<br />

f 1 ,v 1


Die geometrische Beschreibung und die Restriktion <strong>der</strong> Abmessungen stimmen mit<br />

den Gegebenheiten beim Scheibenkontinuum überein. Die Länge (L 1 = L) und die<br />

Breite (L 2 = B) muß deutlich größer sein als die Dicke (L 3 = t). Es gilt<br />

(L, B) �� t. (4.1)<br />

Für Einwirkungen ist zu beachten, daß sie nur senkrecht zur Mittelfläche angreifen dürfen.<br />

Für volumenbezogene Lasten gilt z.B. die Restriktion<br />

f � � 0, (4.2)<br />

so daß als Einwirkung die Flächenlast<br />

p 3 �� t<br />

f 3 dX 3<br />

– 4 / 2 –<br />

(4.3)<br />

verbleibt. Gl. (4.3) ist z.B. in <strong>der</strong> Dimension (kN/m 2 ) anzugeben. Flächenlasten können<br />

als Voll– o<strong>der</strong> Teillasten wirken. In <strong>der</strong> Lastebene senkrecht zur Mittelfläche können natürlich<br />

auch Einzellasten und Einzelmomente, Linienlasten und Linienmomente o<strong>der</strong><br />

eingeprägte Weggrößen angreifen.<br />

Der Beanspruchungszustand des statischen Modells Platte ist ein reiner Biegezustand.<br />

Er ist durch drei Eigenschaften definiert:<br />

1. Die Spannungsflächen A 3 , die das Plattenkontinuum (Bild 4.1) in Richtung <strong>der</strong><br />

X 3 –Koordinate nach außen begrenzen, sind als spannungsfrei anzunehmen.<br />

2. In Richtung <strong>der</strong> Dicke soll sich <strong>der</strong> Plattenquerschnitt dehnstarr verhalten.<br />

3. Es gilt die Bernoulli–Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte.<br />

Für Platten aus dem Bereich des konstruktiven Ingenieurbaus sind diese Annahmen in<br />

guter Näherung erfüllt. Damit entfällt die X 3 –Koordinate als unabhängige Beschreibungskoordinate<br />

und die Berechnung kann mit den im (Bild 4.1) dargestellten Plattengrößen<br />

<strong>der</strong> Mittelfläche erfolgen.<br />

4.3 Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

Durch die Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte wird festgelegt, daß sich die<br />

Verschiebungen v 1 und v 2 linear im Querschnitt verteilen.<br />

0<br />

v � �X � ,X 3� � u � (X � ) � X 3 ϕ � (X � ) . (4.4)


In Gl. (4.4) sind u 1 und u 2 Verschiebungen in <strong>der</strong> Plattenmittelfläche, die wegen <strong>der</strong><br />

Restriktion Gl. (4.2) nicht auftreten. ϕ 1 und ϕ 2 sind Verdrehungen <strong>der</strong> Plattenmittel–<br />

fläche, die im Rahmen <strong>der</strong> Plattentheorie die Verschiebungen des Plattenkontinuums<br />

v 1 und v 2 gleichwertig ersetzen.<br />

In Anlehnung an Gl. (3.17), Teil 3: Scheibentheorie gilt: ε 33 = v 3,3 . Wegen <strong>der</strong> Annahme<br />

<strong>der</strong> Dehnstarrheit in Dickenrichtung ε 33 ≡ 0 folgt unmittelbar v 3,3 = 0, so daß sich alle<br />

Punkte im Querschnitt des Plattenkontinuums um das gleiche Maß durchbiegen. Die<br />

Verschiebung v 3 stimmt daher mit <strong>der</strong> Durchbiegung u 3 <strong>der</strong> Plattenmittelfläche überein.<br />

v 3 �X � ,X 3� � u 3 (X � ) . (4.5)<br />

Die Spannungen σ αβ = σ βα , die in den Spannungsflächen Aα, α = 1, 2 im Abstand<br />

X 3 parallel zur Mittelfläche in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten wirken, sind wegen<br />

<strong>der</strong> Annahme vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte Gl. (4.4) linear im Querschnitt verteilt.<br />

Weil in diesen Richtungen keine Einwirkung auftritt – es gilt Gl. (4.2) – , bilden sie innerhalb<br />

<strong>der</strong> Querschnitte Gleichgewichtszustände, so daß man als resultierende Größen<br />

<strong>der</strong> Mittelfläche Momente erhält.<br />

m �� �� t<br />

� �� X 3 dX 3 � m �� . (4.6)<br />

Die Momente Gl. (4.6) sind längenbezogen. m 11 und m 12 beziehen sich auf die Länge<br />

<strong>der</strong> X 2 –Koordinate und m 21 und m 22 auf die Länge <strong>der</strong> X 1 –Koordinate, vgl. (Bild 4.1).<br />

Die Dimensionsangabe kann z.B. in (kNm/m) erfolgen.<br />

Die Gleichgewichtsspannung σ 13 , die in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 1 wirkt und die Gleichgewichtsspannung<br />

σ 23 , die in <strong>der</strong> Spannungsfläche A 2 wirkt, zeigen in Richtung <strong>der</strong><br />

Flächenlast Gl. (4.3). Sie sind über die Dicke zu resultierenden Querkräften zusammenzufassen.<br />

q �3 �� t<br />

� �3 dX 3 . (4.7)<br />

Die Querkräfte Gl. (4.7) sind längenbezogen. q 13 bezieht sich auf die Länge <strong>der</strong><br />

X 2 –Koordinate und q 23 auf die Länge <strong>der</strong> X 1 –Koordinate, vgl. (Bild 4.1). Die Dimensionsangabe<br />

kann z.B. in (kN/m) erfolgen.<br />

Den Schnittgrößen Gl. (4.6) und Gl. (4.7) sind arbeitskonform innere Weggrößen zugeordnet,<br />

die sich ebenfalls auf die Mittelfläche beziehen. Im Fall <strong>der</strong> Momente Gl. (4.6)<br />

sind es die Krümmungen<br />

� �� � � �� (X � ) (4.8)<br />

und im Fall <strong>der</strong> Querkräfte Gl. (4.7) die Gleitungen<br />

� �3 � � �3 (X � ) . (4.9)<br />

– 4 / 3 –


Mit Gl. (4.3) bis Gl. (4.9) sind alle Einwirkungs– und Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Platten–<br />

theorie definiert. Die arbeitskonforme Zuordnung ist im (Bild 4.2) dargestellt, vgl. auch<br />

(Bild 4.1).<br />

t<br />

t<br />

2<br />

t<br />

2<br />

p 3 ,u 3<br />

X 3<br />

X 2<br />

Mittelfläche<br />

– 4 / 4 –<br />

m21 q<br />

,β21 23 ,γ23 ϕ 2,m 22 ,β 22<br />

ϕ 1,m 11 ,β 11<br />

m 12 ,β 12<br />

q 13 ,γ 13<br />

Bild 4.2 : Einwirkungs– und Berechnungsgrößen <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

Bei Vorgabe <strong>der</strong> Einwirkung p 3 sind zu berechnen:<br />

– Zum Nachweis <strong>der</strong> Tragfähigkeit die Momente m αβ = m βα und ggf. die Quer–<br />

kräfte q α3 .<br />

– Zum Nachweis <strong>der</strong> Gebrauchstauglichkeit die Durchbiegung u 3 und ggf. die Verdrehungen<br />

ϕα.<br />

Dazu sind die Grundgleichungen für das Gleichgewicht und die Verträglichkeit aufzustellen<br />

und analytisch o<strong>der</strong> numerisch zu lösen.<br />

4.4 Grundgleichungen <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

4.4.1 Gleichgewicht<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Theorie I. Ordnung ist <strong>der</strong> Gleichgewichtszustand von Platten am unverformten<br />

System zu formulieren. Der Flächenschnitt mit den Gleichgewichtsgrößen<br />

ist im (Bild 4.3) dargestellt. Bei <strong>der</strong> Formulierung des Kräfte– und Momentengleichgewichts<br />

ist <strong>der</strong> Mittelwertsatz <strong>der</strong> Integralrechnung zu beachten.<br />

X 1


m 12 ∆X 2<br />

m 11 ∆X 2<br />

q 13 ∆X 2<br />

m 21 ∆X 1<br />

∆X 2<br />

∆X 1<br />

X 2 ,A 2<br />

q 23 ∆X 1<br />

m 22 ∆X 1<br />

Bild 4.3 : Flächenschnitt Plattentragwerk<br />

– 4 / 5 –<br />

p 3<br />

(q 23 +∆q 23 )∆X 1<br />

(m 21 +∆m 21 )∆X 1<br />

(m 22 +∆m 22 )∆X 1<br />

(m 11 +∆m 11 )∆X 2<br />

(m 12 +∆m 12 )∆X 2<br />

(q 13 +∆q 13 )∆X 2<br />

X 1 ,A 1<br />

Das Kräftegleichgewicht in Richtung <strong>der</strong> Flächenlast p 3 ist durch die Kräftesumme<br />

�q 13 � �q 13��X 2 � �q 23 � �q 23��X 1 � q 13 �X 2 � q 23 �X 1 � p 3 �X 1 �X 2 � 0 (4.10.1)<br />

erfüllt. Das Momentengleichgewicht in <strong>der</strong> Mitte des Flächenschnitts ist für die X 1 – und<br />

X 2 –Richtung aufzustellen. Für die X 1 –Richtung gilt die Momentensumme<br />

�m 11 � �m 11��X 2 � �m 21 � �m 21��X 1 � m 11 �X 2 � m 21 �X 1 � q 13 �X 1 �X 2 � 0 (4.10.2)<br />

und für die X 2 –Richtung die Momentensumme<br />

�m 22 � �m 22��X 1 � �m 12 � �m 12��X 2 � m 22 �X 1 � m 12 �X 2 � q 23 �X 1 �X 2 � 0. (4.10.3)<br />

Wegen <strong>der</strong> Orthogonalität <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten dreht die Momentensumme<br />

<strong>der</strong> X 1 –Richtung Gl. (4.10.2) um die positive X 2 –Achse und die Momentensumme <strong>der</strong><br />

X 2 –Richtung Gl. (4.10.3) um die negative X 1 –Achse.


Durch Division mit (∆X 1 ∆X 2 ) und durch Bildung <strong>der</strong> Grenzübergänge (∆X 1 → 0) und<br />

(∆X 2 → 0) folgen aus Gl. (4.10) die Differentialgleichungen<br />

und<br />

q 13 ,1 � q23 ,2 � p3 � 0, (4.11.1)<br />

m 11 ,1 � m21 ,2 � q13 � 0 (4.11.2)<br />

m 12 ,1 � m22 ,2 � q23 � 0. (4.11.3)<br />

Die Kurzform von Gl. (4.11) ist unter Beachtung <strong>der</strong> Summationsregel durch<br />

und<br />

q �3 ,� � p 3 � 0 (4.12.1)<br />

m �� ,� � q�3 � 0 (4.12.2)<br />

gegeben. Die Struktur von Gl. (4.12) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Gleichungen<br />

und<br />

Q��p � 0<br />

M��Q � 0<br />

überein, die für den Biegebalken gelten. Beim Balken ist die Bilanz zwischen den Unbekannten<br />

und <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Gleichungen ausgeglichen. Bei <strong>der</strong> Platte fehlen dagegen<br />

zwei Gleichungen, um alle fünf Schnittgrößen, nämlich m 11 , m 22 , m 12 = m 21 , q 13 und<br />

q 23 berechnen zu können. Platten sind also grundsätzlich 2–fach innerlich statisch unbestimmt.<br />

Die fehlenden Gleichungen sind daher aus dem Verträglichkeitszustand zu<br />

entwickeln.<br />

4.4.2 Verträglichkeit<br />

Die Verträglichkeit ist formal durch die Gleichungen<br />

und<br />

� K �� � �M ��<br />

� K �3 � �M �3<br />

– 4 / 6 –<br />

(4.13.1)<br />

(4.13.2)<br />

definiert. Die Struktur von Gl. (4.13) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> äquivalenten<br />

Balkengleichungen<br />

� K � � M


und<br />

� K � � M<br />

überein, die den Krümmungs– und Gleitungszustand von Biegebalken erfassen. Der<br />

Index (K) kennzeichnet den kinematischen und <strong>der</strong> Index (M) den materiellen Verzerrungszustand.<br />

Beide Anteile von Gl. (4.13.1) und Gl. (4.13.2) sind speziell für Plattentragwerke<br />

abzuleiten.<br />

4.4.2.1 Kinematischer Verzerrungszustand<br />

Der Verformungszustand von Platten ist im (Bild 4.4) dargestellt.<br />

u 3<br />

P Q<br />

P M<br />

Mittelfläche<br />

verformter<br />

Plattenquerschnitt<br />

Normale<br />

X 3<br />

uα<br />

Mittelfläche<br />

vα<br />

unverformter<br />

Plattenquerschnitt<br />

X 3<br />

Bild 4.4 : Verformungszustand von Platten<br />

X α<br />

– 4 / 7 –<br />

–u 3,α<br />

P’ M<br />

X 3 ϕα<br />

ϕα<br />

P’ Q<br />

� K �3<br />

–u 3,α<br />

Normale<br />

Hypothese<br />

vom Eben–<br />

bleiben <strong>der</strong><br />

Querschnitte<br />

v 3 = u 3<br />

Die mathematische Formulierung <strong>der</strong> Verschiebungen im Plattenkontinuum ist durch<br />

Gl. (4.4) und Gl. (4.5) gegeben. Bezugsfläche ist die Mittelfläche des Kontinuums.<br />

Punkte P M auf <strong>der</strong> unverformten Mittelfläche nehmen auf <strong>der</strong> verformten Mittelfläche<br />

die Lage P’ M ein. Die tangentiellen Verschiebungen uα, α = 1, 2 zwischen den Punkten<br />

P M und P’ M entfallen im Rahmen <strong>der</strong> Plattentheorie. Zwischen P M und P’ M ist allein<br />

die Durchbiegung u 3 in Richtung <strong>der</strong> Normalen zu berücksichtigen. Sie erfaßt wegen<br />

<strong>der</strong> Annahme <strong>der</strong> Dehnstarrheit in Dickenrichtung auch den Abstand zwischen den<br />

Querschnittspunkten P Q und P’ Q, vgl. Gl. (4.5). Der verformungsbedingte tangentiale


Abstand zwischen den Punkten im Querschnitt P’ Q und Punkten auf <strong>der</strong> Mittelfläche<br />

P’ M läßt sich wegen <strong>der</strong> Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte ebenfalls durch<br />

Größen <strong>der</strong> Mittelfläche, nämlich durch die Verdrehungen ϕα, α = 1, 2 ausdrücken, vgl.<br />

Gl. (4.4).<br />

Der kinematische Dehnungszustand von Flächen (Scheiben) im dickenstarren Plattenkontinuum,<br />

die im Abstand X 3 parallel zur Mittelfläche liegen, ist in Anlehnung an<br />

Gl. (3.17), Teil 3: Scheibentheorie durch<br />

und<br />

� K �� � v �,�<br />

� K �3 � v 3,�<br />

� K 3� � v �,3<br />

, (4.14.1)<br />

gegeben. Gl. (4.4) und Gl. (4.5) in Gl. (4.14) eingesetzt, ergibt<br />

und<br />

– 4 / 8 –<br />

(4.14.2)<br />

(4.14.3)<br />

� K �� � X3 ϕ �,� , (4.15.1)<br />

� K �3 � u 3,�<br />

(4.15.2)<br />

� K 3� � ϕ� . (4.15.3)<br />

Die Dehnungsausdrücke in Gl. (4.15) hängen zwar von Größen <strong>der</strong> Plattenmittelfläche<br />

ab, stellen aber immer noch Dehnungen des Plattenkontinuums dar. Sie sind daher<br />

durch Integration auf die Plattenmittelfläche zu reduzieren. Dies hat im Zusammenhang<br />

mit den arbeitskonformen Spannungsgrößen σ αβ , σ α3 und σ 3α = σ α3 zu geschehen,<br />

um die statische Gleichwertigkeit zwischen dem dreidimensionalen Plattenkontinuum<br />

und <strong>der</strong> zweidimensionalen Plattentheorie zu gewährleisten. Unter Beachtung von<br />

Gl. (4.6), Gl. (4.7) und Gl. (4.15) erhält man die Arbeitsausdrücke<br />

� t<br />

� �� � K �� dX3 �� t<br />

und<br />

� �<br />

t<br />

�3��K �3 � �K 3��dX3 ��<br />

t<br />

In Gl. (4.16.1) ist<br />

� K �� � ϕ �,�<br />

die Krümmung und in Gl. (4.16.2)<br />

� �� X 3 dX 3 ϕ �,� � m �� ϕ �,� � m �� � K ��<br />

(4.16.1)<br />

��3dX3�u3,� � ϕ�� � q�3�u3,� � ϕ�� � q�3�K �3 . (4.16.2)<br />

(4.17.1)


� K �3 � u 3,�<br />

� ϕ�<br />

(4.17.2)<br />

– 4 / 9 –<br />

die Gleitung <strong>der</strong> Plattenmittelfläche, die sich arbeitskonform zu den durch Gl. (4.6) und<br />

Gl. (4.7) definierten Momenten und Querkräften <strong>der</strong> Plattenmittelfläche verhalten.<br />

Die Gleitung Gl. (4.17.2) erfaßt im verformten Plattenquerschnitt die Abweichung von<br />

<strong>der</strong> Normalen, vgl. (Bild 4.4). Plattentragwerke im konstruktiven Ingenieurbau sind wegen<br />

Gl. (4.1) dünn. Der Einfluß <strong>der</strong> Gleitung auf das Tragverhalten ist von untergeord-<br />

neter Bedeutung und wird daher im Rahmen einer schubstarren Plattentheorie vernachlässigt.<br />

Mit �K �3 � 0 folgt aus Gl. (4.17.2) die Normalenregel<br />

ϕ� ��u 3,� . (4.18)<br />

Gl. (4.18) drückt aus, daß die Normale nach <strong>der</strong> Verformung Normale bleibt, vgl.<br />

(Bild 4.4). Gl. (4.18) in Gl. (4.17.1) eingesetzt, ergibt für die Krümmung den Ausdruck<br />

� K �� ��u 3,��<br />

. (4.19)<br />

Durch Gl. (4.19) ist <strong>der</strong> kinematische Krümmungszustand von schubstarren Platten als<br />

zweite partielle Ableitung <strong>der</strong> Durchbiegung u 3 nach den Koordinaten X 1 und X 2<br />

definiert. Die arbeitskonforme Zuordnung zu den Momenten ist im (Bild 4.5) dargestellt.<br />

Die Biegemomente m 11 im (Bild 4.5a) und m 22 im (Bild 4.5b) erzeugen jeweils eine<br />

Zylin<strong>der</strong>biegung und die Wirkung <strong>der</strong> Torsionsmomente m 12 = m 21 im (Bild 4.5c) führt<br />

zu einer Verwindung <strong>der</strong> Plattenmittelfläche.<br />

4.4.2.2 Materieller Verzerrungszustand<br />

Der materielle Dehnungszustand von Flächen im Plattenkontinuum, die im Abstand X 3<br />

parallel zur Mittelfläche liegen, ist durch<br />

�M �<br />

1<br />

�� E E������� (4.20)<br />

gegeben. Die Elastizitätsmatrix in <strong>der</strong> Nachgiebigkeitsform Eαβρλ ist durch Gl. (3.22.1),<br />

Teil 3: Scheibentheorie bekannt. E ist <strong>der</strong> Elastizitätsmodul. In Analogie zu Gl. (4.15.1)<br />

und Gl. (4.17.1) kann die materielle Dehnung Gl. (4.20) auch durch die materielle Krümmung<br />

<strong>der</strong> Plattenmittelfläche ausgedrückt werden.<br />

�M �� � X3�M �� . (4.21)


a) � K 11 ��u 3,11<br />

u 3<br />

b)<br />

u 3<br />

X 2<br />

X 2<br />

� K 22 ��u 3,22<br />

m 22<br />

X 1<br />

X 1<br />

m 11<br />

c)<br />

– 4 / 10 –<br />

X 2<br />

X 1<br />

� 12 � � 21 ���u 3,12 � u 3,21 � ��2u 3,12<br />

Bild 4.5 : Kinematischer Krümmungszustand von schubstarren Platten<br />

Gl. (4.21) in Gl. (4.20) eingesetzt und nach den Spannungen aufgelöst, ergibt<br />

u 3<br />

m 21 = m 12<br />

��� 3 � X<br />

E<br />

1 � �2 E�����M . �� (4.22)<br />

m 12


Die Elastizitätsmatrix in <strong>der</strong> Steifigkeitsform E αβρλ ist durch Gl. (3.24.1), Teil 3: Scheibentheorie<br />

bekannt. E ist <strong>der</strong> Elastizitätsmodul und ν die Querdehnzahl. Setzt man<br />

nun Gl. (4.22) in die Definitionsgleichung <strong>der</strong> Momente Gl. (4.6) ein, so erhält man unter<br />

Beachtung <strong>der</strong> Integration<br />

�t�2<br />

�<br />

�t�2<br />

�X<br />

3� 2<br />

dX3 � t3<br />

12<br />

den Zusammenhang zwischen den Plattenmomenten und <strong>der</strong> materiellen Krümmung<br />

Der Faktor<br />

m �� � BE ���� � M ��<br />

B �<br />

Et3<br />

12�1 � � 2�<br />

. (4.23.1)<br />

– 4 / 11 –<br />

(4.24)<br />

definiert die Steifigkeit von Platten und wird daher auch als Plattensteifigkeit bezeichnet.<br />

Das Ausschreiben von Gl. (4.23.1) in Form einer Matrizengleichung ergibt<br />

m 11<br />

m 22<br />

m 12 � m 21<br />

� B<br />

1 ν 0<br />

ν 1 0<br />

0 0<br />

1 � �<br />

2<br />

� M 11<br />

� M 22<br />

� M 12 � �M 21<br />

.<br />

(4.23.2)<br />

Durch die Invertierung von Gl. (4.23.2) erhält man den Zusammenhang zwischen den<br />

materiellen Krümmungen und den Momenten ebenfalls in Form einer Matrizengleichung<br />

� M 11<br />

� M 22<br />

� M 12 � �M 21<br />

o<strong>der</strong> in Kurzform<br />

� B*<br />

1 −ν 0<br />

−ν 1 0<br />

0 0 2(1 � �)<br />

m 11<br />

m 22<br />

m 12 � m 21<br />

,<br />

(4.25.1)<br />

� M �� � B*E ���� m�� . (4.25.2)


Der Faktor<br />

B*� 12<br />

Et 3<br />

– 4 / 12 –<br />

(4.26)<br />

definiert die Nachgiebigkeit von Platten und wird daher auch als Plattennachgiebigkeit<br />

bezeichnet.<br />

Mit �K �3 � 0 ist wegen Gl. (4.13.2) auch �M �3 � 0. Damit entfällt im Fall von schubstarren<br />

Platten das Materialgesetz, das den elastischen Zusammenhang zwischen den<br />

Querkräften und den materiellen Gleitungen definiert. Es ist eine Gleichgewichtsbedingung<br />

erfor<strong>der</strong>lich, um die Querkräfte zu berechnen. Sie ist durch die Momentengleichgewichtsbedingung<br />

Gl. (4.12.2) bekannt, die im Fall von schubstarren Platten als Definitionsgleichung<br />

zur Berechnung <strong>der</strong> Querkräfte<br />

q �3 � m �� ,�<br />

(4.27)<br />

dient. Setzt man nun Gl. (4.27) in die Kräftegleichgewichtsbedingung Gl. (4.12.1) ein,<br />

so nimmt das Kräftegleichgewicht von schubstarren Platten die Kurzform<br />

m �� ,�� � p3 � 0. (4.28)<br />

an. Gl. (4.28) stellt eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung dar. Das Ausschreiben<br />

m 11 ,11 � 2m12 ,12 � m22 ,22 � p3 � 0 (4.29)<br />

zeigt, daß für das Gleichgewicht eine Berechnungsgleichung mit drei unbekannten<br />

Kraftzuständen, nämlich den Momenten m 11 , m 22 und m 12 = m 21 vorliegt.<br />

4.4.2.3 Berechnungsgleichungen<br />

In Gl. (4.13.1) ist die Kinematik Gl. (4.19) und das Materialgesetz Gl. (4.25.2) einzusetzen,<br />

um die Kurzform <strong>der</strong> Berechnungsgleichung <strong>der</strong> Verträglichkeit zu erhalten.<br />

u 3,�� � B*E ���� m �� � 0. (4.30)<br />

Gl. (4.30) stellt eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung dar. Die Struktur<br />

stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Balkengleichung<br />

w�� � M<br />

� 0<br />

EI<br />

überein. Das Ausschreiben von Gl. (4.30) unter Beachtung von Gl. (4.25.1) und<br />

Gl. (4.26) ergibt drei unabhängige Berechnungsgleichungen, nämlich


und<br />

u 3,11 � B*�m 11 � �m 22� � 0, (4.31.1)<br />

u 3,22 � B*�� �m 11 � m 22� � 0 (4.31.2)<br />

u 3,12 � B*(1 � �)�m 12 � m 21� � 0. (4.31.3)<br />

Unbekannter Wegzustand ist die Durchbiegungsfunktion u 3 = u 3(X 1 , X 2 ). Im Rahmen<br />

des konstruktiven Prozesses sind Kinematik und Material optimal aufeinan<strong>der</strong> abzustimmen.<br />

Dies geschieht bei Plattentragwerken mit Hilfe von Gl. (4.31).<br />

4.4.3 Bilanz<br />

Im Gleichgewicht Gl. (4.28) bzw. Gl. (4.29) hat die Bilanz zwischen Anzahl <strong>der</strong> Unbekannten<br />

und Anzahl <strong>der</strong> verfügbaren Gleichungen ergeben, daß zur Berechnung <strong>der</strong><br />

Momente m 11 , m 22 und m 12 = m 21 nur eine unabhängige Gleichung existiert. Die<br />

Bilanz <strong>der</strong> Verträglichkeit Gl. (4.30) bzw. Gl. (4.31) ergibt nun aber, daß zur Berechnung<br />

<strong>der</strong> Durchbiegung u 3 drei unabhängige Gleichungen existieren. Die Gesamtbilanz<br />

zwischen den vier unbekannten Größen (m 11 , m 22 , m 12 = m 21 , u 3) und den dazu zur<br />

Verfügung stehenden vier unabhängigen Berechnungsgleichungen ist demnach ausgeglichen.<br />

Das Plattenproblem ist also eindeutig, wenn auch 2–fach statisch unbestimmt<br />

zu lösen. Bei <strong>der</strong> Integration sind die aktuellen statischen und geometrischen<br />

Randbedingungen zu beachten. Mit den Momenten und <strong>der</strong> Durchbiegung sind bei<br />

schubstarren Platten auch die Querkräfte und die Verdrehungen bekannt. Die Querkräfte<br />

folgen wegen Gl. (4.27) aus <strong>der</strong> partiellen Ableitung <strong>der</strong> Momente und die Verdrehungen<br />

wegen Gl. (4.18) aus <strong>der</strong> partiellen Ableitung <strong>der</strong> Durchbiegung.<br />

4.4.4 Randbedingungen<br />

Die Grundgleichungen von schubstarren Platten: Gleichgewicht Gl. (4.28) bzw.<br />

Gl. (4.29) und Verträglichkeit Gl. (4.30) bzw. (4.31) sind jeweils partielle Differentialgleichungen<br />

von 2–ter Ordnung, so daß insgesamt ein Integrationsproblem von 4–ter Ordnung<br />

vorliegt. Es sind daher vier Randbedingungen zu formulieren, um eine eindeutige<br />

Lösung zu erhalten. Die Vorgabe kann aus statischen, geometrischen o<strong>der</strong> aus einer<br />

Kombination aus statischen und geometrischen Randbedingungen bestehen.<br />

Die Weg– und Kraftzustände am schiefen Plattenrand sind im (Bild 4.6) dargestellt. Die<br />

Randvektoren r und t sind wie beim schiefen Scheibenrand zu ermitteln, vgl. (Bild 3.7),<br />

Teil 3: Scheibentheorie. Die Randverdrehungen, die den Plattenrand verbiegen und<br />

verdrillen, ergeben sich aus <strong>der</strong> Richtungstranformation<br />

– 4 / 13 –


und<br />

ϕr � r � ϕ�<br />

– 4 / 14 –<br />

(4.32.1)<br />

ϕ t � t � ϕ� . (4.32.2)<br />

X 3<br />

u 3<br />

m 12<br />

m 11<br />

q 13<br />

m 21<br />

A 2<br />

Bild 4.6 : Schiefer Plattenrand<br />

s<br />

A 1<br />

A<br />

q 23<br />

m 22<br />

ϕ 2<br />

t<br />

X 2<br />

Drei arbeits–<br />

konforme Paare<br />

r<br />

q 3 ,u 3<br />

m r,ϕ r<br />

m t,ϕ t<br />

ω<br />

Plattenrand R<br />

Zwei gleich–<br />

wertige Paare<br />

ϕ 1<br />

q* 3 ,u 3<br />

m r,ϕ r<br />

Für die Durchbiegung u 3 entfällt die Richtungstransformation, da sie auch auf dem<br />

Rand immer senkrecht zur Plattenmittelfläche wirkt. Für die Randmomente ist eine<br />

Orts– und Richtungstransformation durchzuführen. In Analogie zu den Scheibenkräften<br />

gilt für das Randbiegemoment<br />

mr � r�r � m ��<br />

und für das Randtorsionsmoment<br />

X 1<br />

(4.33.1)<br />

m t � r�t � m �� . (4.33.2)<br />

Für die Randquerkraft<br />

q 3 � r � q �3<br />

(4.34)<br />

ist dagegen nur eine Ortstransformation erfor<strong>der</strong>lich. Die Richtung ist wie bei <strong>der</strong> Durchbiegung<br />

u 3 durch die Plattennormale fest vorgegeben.


Eine Bilanz über die Anzahl <strong>der</strong> Randgrößen verdeutlicht, daß am Plattenrand drei<br />

arbeitskonforme Paare auftreten. Es sind demnach sechs Randbedingungen zu er–<br />

füllen. Dies steht allerdings im direkten Wi<strong>der</strong>spruch zum vorliegenden Integrations–<br />

problem von 4–ter Ordnung. Die Annahme <strong>der</strong> Schubstarrheit beeinflußt also neben<br />

den Gebietsgleichungen auch die Randbedingungen. Von den drei auftretenden Randpaaren<br />

ist daher ein Paar gleichwertig durch zwei verbleibende Paare zu ersetzen, vgl.<br />

(Bild 4.6).<br />

Dies gelingt, wenn man das Randtorsionsmoment m t entlang <strong>der</strong> Randkoordinate s<br />

in Kräftepaare auflöst und zusammen mit <strong>der</strong> Randquerkraft q 3 die Ersatzquer–<br />

kraft q* 3 bildet. Dieser Vorgang ist im (Bild 4.7) veranschaulicht.<br />

t<br />

∆s<br />

q 3 – ∆q 3<br />

a) Einzelwirkung von q 3 in drei benachbarten Randabschnitten ∆s<br />

t<br />

b) Einzelwirkung von m t in drei benachbarten Randabschnitten ∆s<br />

t<br />

t/2<br />

t/2<br />

t/2<br />

t/2<br />

t/2<br />

t/2<br />

∆s ∆s<br />

∆s ∆s ∆s<br />

m t – ∆m t<br />

q 3 q 3 + ∆q 3<br />

m t<br />

∆s/2<br />

q* 3<br />

m t + ∆m t<br />

∆s/2<br />

c) Resultierende Wirkung von q* 3 im verschobenen Randabschnitt ∆s<br />

Bild 4.7 : Bildung <strong>der</strong> Ersatzquerkraft<br />

In drei benachbarten Randabschnitten ∆s ist jeweils die Einzelwirkung von q 3 im<br />

(Bild 4.7a) und die Einzelwirkung von m t im (Bild 4.7b) dargestellt. Die Zusammenfassung<br />

im verschobenen Randabschnitt ∆ zur resultierenden Größe q* 3 ist (Bild 4.7c)<br />

zu entnehmen. Es gilt<br />

– 4 / 15 –<br />

s<br />

s<br />

s


q* 3 �s � �q 3 � �q 3��s<br />

2<br />

� q3�s 2 � �mt � �m ��s t<br />

�<br />

�s<br />

mt�s �s<br />

Durch Kürzen von ∆s , Vernachlässigung von Glie<strong>der</strong>n höherer Ordnung und Bildung<br />

des Grenzübergangs (∆s → 0) folgt<br />

q* 3 � q 3 � �m t<br />

�s � q3 � m t,t . (4.35)<br />

Eine Festlegung von ϕ t entfällt. Die tangentiale Randverdrehung ist durch<br />

ϕ t � t � ϕ� ��t � u 3,� ��u 3,t<br />

– 4 / 16 –<br />

.<br />

(4.36)<br />

eindeutig bestimmt, wobei sich Gl. (4.36) durch Einsetzen von Gl. (4.18) in Gl. (4.32.2)<br />

ergibt. Auf dem Rand von schubstarren Platten sind demnach lediglich die arbeitskonformen<br />

Paare (q* 3 , u 3) und (m r, ϕ r) zu beachten, vgl. (Bild 4.6). Damit lassen sich genau<br />

vier Randbedingungen formulieren, um die Grundgleichungen <strong>der</strong> schubstarren Plattentheorie<br />

in eindeutiger Form zu integrieren. Für geometrische Randbedingungen auf<br />

dem Weggrößenrand R W gilt<br />

u 3<br />

ϕr<br />

=<br />

u 3<br />

ϕr<br />

und für statische Randbedingungen auf dem Kraftgrößenrand R K<br />

q* 3<br />

mr<br />

=<br />

q 3<br />

mr<br />

.<br />

(4.37.1)<br />

(4.37.2)<br />

Erfolgt die Vorgabe <strong>der</strong> überstrichenen Größen zu Null, liegen homogene, ansonsten<br />

inhomogene Randbedingungen vor.<br />

Bei Plattentragwerken, die im Grundriß eine unregelmäßige Berandung aufweisen,<br />

stoßen in <strong>der</strong> Regel zwei schiefe Rän<strong>der</strong> zusammen, so daß schiefe Ecken entstehen.<br />

Diese Situation ist im (Bild 4.8) dargestellt. (Bild 4.8a) zeigt die Situation im Grund–<br />

riß und (Bild 4.8b) im Seitenriß einer schiefen Ecke. Am Ende des ersten Randes<br />

wirkt im Abschnitt ∆s 1 das resultierende Torsionsmoment (m t1∆s 1) auf den Platten–<br />

rand ein und am Anfang des zweiten Randes im Abschnitt ∆s 2 das resultierende<br />

Torsionsmoment (m t2∆s 2) . Das abschnittsweise Erfassen als Kräftepaare ergibt ver–<br />

tikale Kraftkomponenten, für den Rand 1 ±(m t1∆s 1) / ∆s 1 = m t1 und für den Rand 2<br />

±(m t2∆s 2) / ∆s 2 = m t2 . Die Kraftkomponenten in den inneren Abschnitten <strong>der</strong> einzelnen<br />

Rän<strong>der</strong> heben sich gegenseitig auf, vgl. (Bild 4.7b). Im unmittelbaren Bereich <strong>der</strong> Ecken<br />

kommt es dagegen zu einer Summation <strong>der</strong> anteiligen Kraftkomponenten, die zusammen<br />

die Eckkraft<br />

A � m t1 � m t2<br />

bilden. Sie ist bei schubstarren Platten zusätzlich zu beachten.<br />

(4.38.1)


X 2<br />

Ecke (6,1)<br />

a) Unregelmäßig berandeter Plattengrundriß<br />

Rand 1<br />

Rand 5<br />

Ecke (5,6)<br />

Rand 6<br />

Rand 1<br />

∆s1<br />

Ecke (1,2)<br />

∆s1<br />

m t1<br />

b) Seitenriß <strong>der</strong> schiefen Ecke (1,2)<br />

Ecke (4,5)<br />

Rand 2<br />

Bild 4.8 : Platte mit schiefen Rän<strong>der</strong>n und Ecken<br />

A<br />

∆s2<br />

m t2<br />

Ecke (1,2)<br />

– 4 / 17 –<br />

Rand 4<br />

∆s2<br />

Ecke (3,4)<br />

Rand 3<br />

Ecke (2,3)<br />

Rand 2<br />

Wenn zwei freie und damit auch kraftfreie Rän<strong>der</strong> zusammenstoßen, ist die Eckkraft<br />

Gl. (4.38.1) Null. Bei volleingespannten Plattenrän<strong>der</strong>n, die in einer Ecke zusammenstoßen,<br />

stellt sich ebenfalls keine Eckkraft ein. Wegen u 3,t = 0 gilt u 3,tt = 0 und damit<br />

auch m t = 0. Bei gelenkiger Lagerung <strong>der</strong> Plattenrän<strong>der</strong> ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden.<br />

Bei einer Lagerung ohne Zugverankerung heben die Plattenrän<strong>der</strong> in den<br />

Ecken ab und entziehen sich somit <strong>der</strong> Kraftaufnahme. Durchbiegung und Momente in<br />

Plattenmitte werden größer. Dies ist bei <strong>der</strong> Bemessung <strong>der</strong> Platte zu berücksichtigen.<br />

Ist dagegen eine Zugverankerung zur Aufnahme <strong>der</strong> Eckkraft vorgesehen, z.B. durch<br />

aufliegendes Mauerwerk, treten in den Ecken Torsionsmomente auf, die zur Eckkraft<br />

Gl. (4.38.1) führen. Speziell für rechtwinklige Ecken ergibt sich <strong>der</strong> Wert<br />

A � m 12 � m 21 � 2m 12 . (4.38.2)<br />

In diesem Fall ist in den Ecken eine Bewehrung zur Aufnahme <strong>der</strong> Torsionsmomente<br />

vorzusehen.<br />

X 1


4.5 Lösungswege <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Scheibentheorie wurden drei mögliche Lösungswege vorgestellt, die<br />

von grundsätzlich unterschiedlichen Formulierungen <strong>der</strong> Integrationsgleichungen ausgehen.<br />

1. Die gemischte Formulierung in Weg– und Kraftgrößen.<br />

2. Die Gleichgewichtsformulierung in Weggrößen.<br />

3. Die Verträglichkeitsformulierung in Kraftgrößen.<br />

Die klassische Scheibengleichung ∆∆F = 0 beruht auf <strong>der</strong> dritten Lösungsvariante. Dagegen<br />

hat sich im Rahmen <strong>der</strong> klassischen Plattentheorie die zweite Variante bewährt.<br />

Sie führt auf die Plattengleichung<br />

��u 3 � p3<br />

B<br />

, (4.39)<br />

die in ihrer Struktur vollständig mit <strong>der</strong> Balkengleichung<br />

w���� � p<br />

EI<br />

übereinstimmt. Die Operatoren<br />

und<br />

� � ( ) ,11 � ( ) ,22<br />

�� � � 2 � ( ) ,1111 � 2( ) ,1122 � ( ) ,2222 ,<br />

die in Gl. (4.39) auftreten, wurden bereits bei <strong>der</strong> Ableitung <strong>der</strong> Scheibengleichung<br />

durch Gl. (3.42) definiert, vgl. Teil 3: Scheibentheorie. p 3 ist die Flächenlast Gl. (4.3)<br />

und B die Plattensteifigkeit Gl. (4.24). Die explizite Form <strong>der</strong> Plattengleichung (4.39)<br />

ergibt sich, wenn man Gl. (4.30) nach den Momenten auflöst,<br />

m �� ��BE ���� u 3,�� . (4.40)<br />

o<strong>der</strong> ausgeschrieben<br />

und<br />

m 11 ��B�u 3,11 � �u 3,22 � , (4.40.1)<br />

m 22 ��B��u 3,11 � u 3,22 � (4.40.2)<br />

m 12 ��B(1 � �)u 3,12 � m 21 ,<br />

– 4 / 18 –<br />

(4.40.3)<br />

das Ergebnis <strong>der</strong> Invertierung unter Beachtung konstanter Materialwerte in Gl. (4.28)<br />

einsetzt und die Operatoren Gl. (3.42) einführt.


4.6 Lösungsmethoden <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

Der mathematische Aufwand ist sehr groß, um die Plattengleichung (4.39) analytisch<br />

zu integrieren. Dies gelingt in <strong>der</strong> Regel auch nur für einfache Geometrien, Einwirkungen<br />

und Randbedingungen. Näherungslösungen mit dem Ritz–Verfahren kann man<br />

dagegen mit relativ geringem Aufwand ermitteln. Dies gilt aber wie<strong>der</strong>um nur für ein–<br />

fache Geometrien, Einwirkungen und Randbedingungen. Wenn es darum geht, baupraktische<br />

Plattenprobleme zu lösen, sind vor allem die Gitterrostmethode und die Methode<br />

<strong>der</strong> finiten Elemente von Interesse, die im Teil 6 und 7 u.a. auch im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> Anwendung auf Plattentragwerke betrachtet werden.<br />

Die analytische Integration und das Ritz–Verfahren sind ausführlich in /1/, /3/ und /5/<br />

behandelt. Eine kurze Diskussion <strong>der</strong> jeweiligen Vorgehensweise soll die theoretischen<br />

Grundlagen dieser Methoden verdeutlichen. Die praktische Anwendung des Ritz–Verfahrens<br />

anhand eines Beispiels erfolgt im Abschnitt 4.7.<br />

4.6.1 Analytische Integration <strong>der</strong> Plattengleichung<br />

Die Plattengleichung (4.39) wird im Zusammenhang mit dem Beispiel <strong>der</strong> allseitig gelenkig<br />

gelagerten Rechteckplatte integriert, auf die eine konstante Teilflächenlast einwirkt.<br />

Die Teilflächenlast ist durch den Aufpunkt (u, v) festgelegt. Die vollständigen Berechnungsdaten<br />

sind (Bild 4.9) zu entnehmen.<br />

v<br />

d<br />

d<br />

X 2<br />

p 3 ,u 3<br />

p 3 ,u 3<br />

u<br />

Lastaufpunkt<br />

L 1 = a<br />

c c<br />

Bild 4.9 : Gelenkig gelagerte Rechteckplatte<br />

– 4 / 19 –<br />

p 3 = konstant<br />

X 1<br />

X 1<br />

X 2<br />

p 3 = konstant<br />

p 3 ,u 3<br />

Dicke<br />

E–Modul<br />

Querdehnzahl<br />

L 2 = b<br />

: t<br />

: E<br />

: ν


Gesucht sind die Verläufe <strong>der</strong> Durchbiegung u 3 = u 3(X 1 , X 2 ) <strong>der</strong> Momente<br />

m αβ = m αβ (X 1 , X 2 ) und <strong>der</strong> Hauptmomente m r1 und m r2 . Die Auswertung soll für den<br />

Son<strong>der</strong>fall <strong>der</strong> Quadratplatte unter voller Flächenlast erfolgen.<br />

Die geometrische Randbedingung u 3 = 0 und die statische Randbedingung m r = 0<br />

ist auf allen vier Rän<strong>der</strong>n zu erfüllen. Auf den Rän<strong>der</strong>n X 1 = 0 und X 1 = a gelten für<br />

die Komponenten des Randnormalenvektors r die Werte r 1 = �1 und r 2 = 0 und<br />

auf den Rän<strong>der</strong>n X 2 = 0 und X 2 = b die Werte r 1 = 0 und r 2 = �1. Mit Gl. (4.33.1)<br />

folgt daraus unmittelbar, daß auf den X 1 –Rän<strong>der</strong>n m r = �m 11 gilt und auf den<br />

X 2 – Rän<strong>der</strong>n m r = �m 22 . Auf den X 1 –Rän<strong>der</strong>n ist wegen u 3 = 0 auch u 3,2 = 0 und<br />

damit auch u 3,22 = 0 . Aus m r = �m 11 = �B u 3,11 = 0 folgt zusätzlich u 3,11 = 0 , so daß<br />

man hier die Randbedingung m r = 0 durch die Bedingung u 3,11 + u 3,22 = ∆u 3 = 0 ersetzen<br />

kann. Auf den X 2 –Rän<strong>der</strong>n kann man ebenfalls die Randbedingung m r = 0 durch<br />

die Bedingung ∆u 3 = 0 ersetzen. Hier gilt wegen u 3 = 0 auch u 3,1 = 0 und u 3,11 = 0<br />

und wegen m r = �m 22 = �B u 3,22 = 0 zusätzlich auch u 3,22 = 0.<br />

Die analytische Integration beruht auf dem Doppelreihen–Sinusansatz<br />

mit<br />

und<br />

u 3 �X 1 ,X 2� � � � u 3mn sin�mX 1 sin�nX 2 (4.41)<br />

�m � m�<br />

a<br />

�n � n�<br />

b<br />

– 4 / 20 –<br />

(4.41.1)<br />

. (4.41.2)<br />

Dieser Ansatz ist zulässig, da er die Randbedingungen u 3 = 0 und ∆u 3 = 0 auf allen<br />

Rän<strong>der</strong>n identisch erfüllt. Entwickelt man die Flächenlast p 3 = p 3 (X 1 , X 2 ), die auf <strong>der</strong><br />

rechten Seite <strong>der</strong> Plattengleichung steht, nun ebenfalls in eine doppelte Sinusreihe, ist<br />

ein Koeffizientenvergleich zwischen Lösungs– und Lastansatz möglich, um die unbekannten<br />

Koeffizienten u 3mn im Lösungsansatz Gl. (4.41) zu ermitteln.<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> Flächenlast in eine doppelte Sinusreihe ist durch eine Fourier–<br />

Reihe grundsätzlich immer möglich. Es gilt<br />

p ~ 3 �X 1 ,X 2� � � � p 3<br />

mn sin�mX 1 sin�nX 2 . (4.42)


Die Lastentwicklung Gl. (4.42) ist mit dem Kopfzeiger (�) gekennzeichnet, um sie von<br />

<strong>der</strong> vorgegebenen Lastfunktion p3 zu unterscheiden. Beide Funktionen stimmen überein,<br />

wenn die Summation in Gl. (4.42) über ausreichend viele Reihenglie<strong>der</strong> erfolgt. Die<br />

Fourier–Koeffizienten p 3<br />

mn in <strong>der</strong> Lastentwicklung Gl. (4.42) sind durch den Integralausdruck<br />

p 3<br />

mn �<br />

4<br />

ab �u�c<br />

u�c<br />

v�d<br />

�<br />

v�d<br />

p 3 �X 1 ,X 2� sin � m X 1 sin � n X 2 dX 1 dX 2<br />

– 4 / 21 –<br />

(4.43)<br />

definiert. Mit p 3 = konstant ergibt die Auswertung des Doppelintegrals Gl. (4.43) den<br />

Wert<br />

p 3 16p3<br />

mn �<br />

�2mn sin�mu sin�mc sin�nv sin�nd . (4.44)<br />

Setzt man nun den Reihenansatz Gl. (4.41) und die Lastentwicklung Gl. (4.42) in die<br />

Plattengleichung (4.39) ein, so erhält man durch Koeffizientenvergleich den Ausdruck<br />

u 3mn �<br />

p 3<br />

mn<br />

B��2 m � �2 . (4.45)<br />

�2<br />

n<br />

Bei voller Last liegt <strong>der</strong> Lastaufpunkt (u, v) in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Platte. Dann ist u = c = a/2<br />

und v = d = b/2 , vgl. (Bild 4.8) und aus Gl. (4.44) folgt<br />

p 3 16p3<br />

mn �<br />

�2mn , (m, n) � 1, 3, 5 ... . (4.46)<br />

Damit ist die Lösung für die Durchbiegungsfunktion einer Rechteckplatte bei voller<br />

Lasteinwirkung bekannt. Setzt man Gl. (4.46) in Gl. (4.45) und Gl. (4.45) in Gl. (4.41)<br />

ein, so erhält man den Ausdruck<br />

u 3 �X 1 ,X 2� � 16p3<br />

B� 2 � m<br />

� n<br />

sin� mX 1 sin� nX 2<br />

mn�� 2 m � �2 n �2<br />

. (4.47)<br />

Mit Gl. (4.47) sind auch die Schnittmomente bekannt. Bildet man die zweiten partiellen<br />

Ableitungen von Gl. (4.47) und setzt sie in Gl. (4.39.1 bis 3) ein, so ergeben sich die<br />

Ausdrücke<br />

m 11�X 1 ,X 2� � 16p3<br />

� 2 � m<br />

m 22�X 1 ,X 2� � 16p3<br />

� 2 � m<br />

� n<br />

� n<br />

�� 2 m � ��2 n �sin�mX 1 sin�nX 2<br />

mn�� 2 m � �2 n �2<br />

�� 2 n � ��2 m �sin�mX 1 sin�nX 2<br />

mn�� 2 m � �2 n �2<br />

, (4.48.1)<br />

(4.48.2)


und<br />

m 12�X 1 ,X 2� ��(1 � �) 16p3<br />

� 2 � m<br />

� n<br />

� m� ncos� mX 1 cos� nX 2<br />

mn�� 2 m � �2 n �2<br />

– 4 / 22 –<br />

� m 21�X 1 ,X 2� . (4.48.3)<br />

Die Summation in Gl. (4.47) und Gl. (4.48) ist wegen Gl. (4.46) nur mit den ungeraden<br />

Glie<strong>der</strong>n (m, n) = 1, 3, 5 ... <strong>der</strong> Fourier–Reihenentwicklung Gl. (4.42) auszuwerten.<br />

Die Hauptmomente berechnen sich aus <strong>der</strong> Bedingung, daß die Torsionsmomente m t<br />

in den Linienschnitten <strong>der</strong> Hauptrichtungen verschwinden. Bei Flächentragwerken<br />

treten zwei Hauptrichtungen auf, die einen Winkel von 90° einschließen. Sie sind im<br />

(Bild 4.10) dargestellt.<br />

X 2<br />

m t2 = 0<br />

m r2<br />

Haupt–<br />

richtung 2<br />

ω 2<br />

ω 1<br />

Haupt–<br />

richtung 1<br />

Bild 4.10 : Hauptmomente von Platten<br />

m r1<br />

m t1 = 0<br />

Momente in Linienschnitten sind wie Randmomente zu bilden. Für das Torsionsmoment<br />

im beliebigen Linienschnitt erhält man daher unter Beachtung von Gl. (4.33.2) und<br />

Gl. (3.28) den Ausdruck<br />

m t � r�t � m �� , (4.49)<br />

� r 1 t 1 m 11 � r 2 t 2 m 22 � r 1 t 2 m 12 � r 2 t 1 m 21 ,<br />

� sin�cos��� m 11 � m 22� � m 12�cos 2 � � sin 2 �� .<br />

ω 1<br />

X 1


Das Umformen von Gl. (4.49) mit Hilfe von Additionstheoremen, das m t = 0 setzen und<br />

die Auflösung nach dem Winkel ω ergibt die Lage <strong>der</strong> ersten Hauptrichtung.<br />

tan2� 1 �<br />

2m12<br />

m11 .<br />

� m22 Die Lage <strong>der</strong> zweiten Hauptrichtung ist dann durch<br />

� 2 � � 1 � 90°<br />

bekannt, vgl. (Bild 4.10).<br />

– 4 / 23 –<br />

(4.50.1)<br />

(4.50.2)<br />

Für das Biegemoment im beliebigen Linienschnitt erhält man unter Beachtung von<br />

Gl. (4.33.1) und Gl. (3.28) den Ausdruck<br />

mr � r�r � m �� , (4.51)<br />

� r 1 r 1 m 11 � r 2 r 2 m 22 � r 1 r 2 m 12 � r 2 r 1 m 21 ,<br />

� cos 2 �m 11 � sin 2 �m 22 � 2sin�cos�m 12 .<br />

Die Hauptmomente m r1 und m r2 folgen nun aus Gl. (4.51), wenn man jeweils die Winkel<br />

Gl. (4.50.1) und Gl. (4.50.2) einsetzt. Alternativ kann man die Hauptmomente auch<br />

mit <strong>der</strong> Gleichung<br />

m r1,2 � m11 � m 22<br />

2<br />

�<br />

�<br />

�m11 � m22� 2<br />

2<br />

2<br />

� �m12� (4.52)<br />

berechnen. Sie ergibt sich, wenn man Gl. (4.49) und Gl. (4.51) durch Umformen mit Hilfe<br />

von Additionstheoremen, Quadrieren und Addieren zusammenfaßt, m t = 0 setzt und<br />

dann durch Wurzelziehen die Hauptmomente ermittelt.<br />

Im (Bild 4.11) ist die analytische Lösung für eine Quadratplatte mit den Spannweiten<br />

L 1 = a und L 2 = b = a und <strong>der</strong> Querdehnzahl ν = 0.3 ausgewertet. Im (Bild 4.11a) ist<br />

<strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> Durchbiegungsfunktion Gl. (4.47) dargestellt. Zur Berechnung des maximalen<br />

Wertes in Plattenmitte sind acht Reihenglie<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich, damit sich die ersten<br />

drei Ziffern nicht mehr än<strong>der</strong>n. Für die Momente ist die Konvergenz schlechter. Es sind<br />

bereits 14 Reihenglie<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich, um die angestrebte Genauigkeit bis zur dritten<br />

Ziffer zu erreichen. Die Verläufe <strong>der</strong> auf die X 1 – und X 2 –Koordinaten bezogenen Momentenfunktionen<br />

Gl. (4.48) sind im (Bild 4.11b) und die Verläufe <strong>der</strong> Hauptmomente<br />

Gl. (4.52) im (Bild 4.11c) dargestellt.<br />

Auf den Symmetrielinien (X 1 = L 1/2 = a/2, X 2 ) und (X 1 , X 2 = L 2/2 = a/2) in <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> Platte verschwinden die Torsionsmomente. Dann stimmen nach Gl. (4.52) die<br />

Hauptmomente in Plattenmitte mit den Biegemomenten überein. Im einzelnen gilt:<br />

m r1 = m 11 und m r2 = m 22 . Auf den Plattenrän<strong>der</strong>n treten wegen <strong>der</strong> gelenkigen Lagerung<br />

keine Biegemomente son<strong>der</strong>n nur Torsionsmomente auf, die in den Ecken maximale<br />

Werte erreichen. Dann stimmen nach Gl. (4.52) die Hauptmomente in den<br />

Plattenecken mit den Torsionsmomenten überein. Im einzelnen gilt: m r1 = m 12 und<br />

m r2 = – m 12 . Gl. (4.50.1) ist wegen tan2ω 1 = ∞ → 2ω 1 = 90° zu entnehmen, daß m r1


a/2<br />

a/2<br />

a) Durchbiegung u 3<br />

A<br />

m 12<br />

A<br />

b) Momente und Eckkräfte<br />

–<br />

X 2<br />

+<br />

–<br />

+<br />

–<br />

a/2 a/2<br />

m 22<br />

L 1 = a<br />

0.00406 p3 a 4<br />

B<br />

c) Hauptmomente entlang einer Diagonalen<br />

+<br />

+<br />

m r2<br />

+<br />

m 21<br />

0.0479p 3 a 2<br />

m 21<br />

m 11<br />

0.0325p 3 a 2<br />

Bild 4.11 : Gelenkig gelagerte Quadratplatte unter voller Flächenlast<br />

–<br />

+<br />

+ –<br />

m r1<br />

0.0479p 3 a 2<br />

– 4 / 24 –<br />

–<br />

L 2 = a<br />

A<br />

m 12<br />

0.0325p 3 a 2<br />

X 1<br />

0.0325p 3 a 2<br />

A = 0.065p 3 a 2<br />

0.0325p 3 a 2<br />

m r2<br />

m 22<br />

m r1<br />

p 3 ,u 3<br />

m 21 = m 12<br />

m 11<br />

m 12


die Platte unter ω 1 = 45° beansprucht und Gl. (4.50.2) ist zu entnehmen, daß m r2 die<br />

Platte unter ω 2 = 135° beansprucht, vgl. (Bild 4.10). Für die Verteilung in Richtung <strong>der</strong><br />

Diagonalen verhalten sich die Ecken wie feste Einspannungen, vgl. (Bild 4.11c). Dies<br />

setzt aber voraus, daß die Verankerung <strong>der</strong> Eckkräfte Gl. (4.38.2) durch geeignete konstruktive<br />

Maßnahmen erfolgt, um das Abheben <strong>der</strong> Plattenrän<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Lagerung zu<br />

verhin<strong>der</strong>n. Der Durchbiegungsverlauf entlang <strong>der</strong> Diagonalen muß im Randbereich<br />

Wendepunkte <strong>der</strong> Krümmung aufweisen, vgl. (Bild 4.11a).<br />

4.6.2 Ritz–Verfahren<br />

Das Ritz–Verfahren beruht auf einer schwachen Formulierung <strong>der</strong> Gleichgewichtsbedingung<br />

Gl. (4.28) Mit dem PvW ist im Gebiet G <strong>der</strong> Plattenmittelfläche die virtuelle<br />

Arbeit<br />

W v � � G<br />

u v 3�m ��<br />

,�� � p3�dG � 0<br />

– 4 / 25 –<br />

(4.53)<br />

zu bilanzieren, um das Kräftegleichgewicht von schubstarren Platten in schwacher<br />

Form zu erhalten. In Gl. (4.53) ist u v 3 � uv 3 (X1 ,X 2 ) eine virtuelle Durchbiegungsfunktion,<br />

die mit <strong>der</strong> wirklichen Kräftesumme �m ��<br />

,�� � p3� einen arbeitskonformen Ausdruck bildet.<br />

Sie ist als virtuelle Größe beliebig. Gl. (4.53) kann daher nur erfüllt sein, wenn <strong>der</strong><br />

Klammerausdruck <strong>der</strong> Kräftesumme verschwindet, <strong>der</strong> dann mit <strong>der</strong> Differentialgleichung<br />

(4.28) übereinstimmt. Gl. (4.53) muß zusätzlich die statischen Randbedingungen<br />

Gl. (4.37.2) erfüllen. Dies ist auch an <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> zwei partiellen Ableitungen<br />

zu erkennen, die beide bei einer statischen Größe, nämlich dem Moment stehen.<br />

Mit <strong>der</strong> Identität<br />

�<br />

G<br />

�u v 3 m�� ,� � ,� dG � � G<br />

und <strong>der</strong> partiellen Integration<br />

�<br />

G<br />

q �3 q 3<br />

�u v 3 m�� ,� � ,� dG � � R<br />

u v 3,� m�� ,� dG �� G<br />

u v 3 q�3 r � dR � � R<br />

u v 3 m��<br />

,�� dG<br />

u v 3 q3 dR ,<br />

die unter Beachtung von Gl. (4.27) und Gl. (4.34) erfolgt, erhält man als erste Umformung<br />

den Ausdruck<br />

�<br />

G<br />

u v 3 m��<br />

,�� dG � � R<br />

u v 3 q3 dR �� G<br />

uv 3,�m�� ,�dG . (4.54)


Mit <strong>der</strong> Identität<br />

���u G<br />

v 3,�m��� dG ���<br />

,�<br />

G<br />

und <strong>der</strong> partiellen Integration<br />

�� G<br />

� ϕ v �<br />

�u v 3,� m��� ,� dG �� R<br />

u v 3,�� m�� dG �� G<br />

m �<br />

ϕ v � m�� r�dR � � R<br />

– 4 / 26 –<br />

u v 3,� m�� ,� dG<br />

ϕ v � m� dR � � R<br />

�ϕ v r mr � ϕ v t m t �dR ,<br />

die unter Beachtung von Gl. (4.18), Gl. (4.32) und Gl. (4.33) erfolgt, erhält man als<br />

zweite Umformung den Ausdruck<br />

�� G<br />

u v 3,� m�� ,� dG � � R<br />

�ϕ v r mr � ϕ v t m t �dR �� G<br />

u v 3,�� m�� dG . (4.55)<br />

Gl. (4.55) in Gl. (4.54) eingesetzt, ergibt für die erste und zweite Umformung den Ausdruck<br />

�<br />

G<br />

uv 3m�� ,�� dG � ��u R<br />

v 3q3 � ϕv r mr � ϕv t mt�dR ��<br />

G<br />

u v 3,�� m�� dG , (4.56)<br />

<strong>der</strong> eine Vertauschung <strong>der</strong> Ableitungen von den wirklichen Momenten zur virtuellen<br />

Durchbiegung bewirkt. Mit Gl. (4.56) kann man Gl. (4.53) gleichwertig durch<br />

W v � � G<br />

u v 3,�� m�� dG �� G<br />

u v 3 p3 dG �� R<br />

�u v 3 q3 � ϕ v r mr � ϕ v t m t �dR � 0<br />

(4.57)<br />

ersetzen. Gl. (4.57) muß zusätzlich geometrische Randbedingungen für die virtuellen<br />

Größen erfüllen, weil durch die Umformung die zwei partiellen Ableitungen von den<br />

wirklichen Momenten zur virtuellen Durchbiegung wechseln. Im Randintegral von<br />

Gl. (4.57) treten aber noch drei arbeitskonforme Paare auf. Es ist daher eine weitere<br />

Umformung erfor<strong>der</strong>lich, um sie durch zwei gleichwertige Paare zu ersetzen, vgl.<br />

(Bild 4.6). Mit Gl. (4.18) und Gl. (4.32.2) kann man die tangentiale Randverdrehung<br />

durch<br />

ϕ v t � t� ϕ v � ��t � u v 3,� ��uv 3,t<br />

(4.58)<br />

ausdrücken. Gl. (4.58) in das Randintegral von Gl. (4.57) eingesetzt, ergibt den Ausdruck<br />

��u v 3 q3 � ϕrmr � u v 3,t m t �dR . (4.59)


Mit <strong>der</strong> Identität<br />

���u R<br />

v 3mt� ,t dR ��� R<br />

u v 3,t m t �� R<br />

u v 3,t m t,t dR<br />

und <strong>der</strong> partiellen Integration<br />

���u R<br />

v 3mt� ,t dR ��uv 3 �mt1 � m � t2 ,<br />

Ecke<br />

erhält man als dritte Umformung den Ausdruck<br />

�� uv 3,tmtdR ��uv 3 �mt1 � m � t2 �� u<br />

Ecke v 3mt,tdR . (4.60)<br />

Gl. (4.60) in Gl. (4.59) eingesetzt, ergibt für das Randintegral von Gl. (4.57) einen Ausdruck,<br />

in dem nur noch zwei konjugierte Paare auftreten, wenn man die Ersatzquerkraft<br />

Gl. (4.35) und die Eckkraft Gl. (4.38.1) als neue Unbekannte einführt.<br />

��u v 3 q* 3 � � v r mr�dR � �u v 3 A� Ecke . (4.61)<br />

Die statischen Randbedingungen Gl. (4.37.2) gelten auf dem Kraftgrößenrand R K . Sie<br />

sind natürlich erfüllt, da das Moment in Gl. (4.57) keine Ableitung mehr trägt. Im homogenen<br />

Fall gilt q* 3 = 0, m r = 0 und A = 0 , so daß Gl. (4.61) entfällt. Dagegen sind im<br />

inhomogenen Fall die Arbeitsanteile von bekannten Einwirkungen q* 3 = q 3 , m r = m r und<br />

ggf. A = A mit Hilfe von Gl. (4.61) zu erfassen.<br />

Die geometrischen Randbedingungen Gl. (4.37.1) sind auf dem Weggrößenrand R W<br />

zu erfüllen. Die virtuellen Weggrößen u v 3 und ϕv r müssen auf R W verschwinden, um<br />

zu erreichen, daß Gl. (4.61) ebenfalls entfällt. Dies ist <strong>der</strong> Fall, wenn man die virtuellen<br />

Weggrößen als Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> wirklichen Weggrößen definiert. Es gilt<br />

u v 3 � �u 3<br />

und mit Gl. (4.32.1) und Gl. (4.18)<br />

– 4 / 27 –<br />

(4.62.1)<br />

ϕ v r � �ϕr � r � �ϕ� ��r � �u 3,� ���u 3,r . (4.62.2)<br />

Gibt man nun die geometrischen Randbedingungen für die wirklichen Weggrößen vor,<br />

dann sind durch Gl. (4.62) auch die geometrischen Randbedingungen <strong>der</strong> virtuellen<br />

Weggrößen erfüllt, so daß <strong>der</strong> Randterm Gl. (4.61) vollständig aus dem virtuellen Arbeitsausdruck<br />

Gl. (4.57) entfällt. Es verbleiben lediglich die Gebietsintegrale <strong>der</strong> inneren<br />

und äußeren Arbeit.<br />

�W � � G<br />

�u 3,�� m �� dG �� G<br />

�u 3 p 3 dG � 0 . (4.63)


Die Momente im inneren Arbeitsanteil von Gl. (4.63) können durch die Verträglichkeitsaussage<br />

Gl. (4.40) eliminiert werden.<br />

�W � � G<br />

�u 3,�� �BE �����u 3,�� dG �� G<br />

�u 3 p 3 dG � 0 . (4.64)<br />

Mit Gl. (4.64) ist die endgültige Form des PvW für schubstarre Platten bekannt. Das<br />

Prinzip ist eine notwendige Bedingung dafür, daß die gesamte potentielle Energie Π<br />

einen minimalen Wert annimmt, wenn <strong>der</strong> gesuchte Gleichgewichtszustand vorliegt.<br />

� � 1<br />

2 � G<br />

BE ���� u 3,�� u 3,�� dG �� G<br />

u 3 p 3 dG � Minimum . (4.65.1)<br />

In Gl. (4.65.1) erfaßt <strong>der</strong> erste Term die im Plattentragwerk gespeicherte Formän<strong>der</strong>ungsenergie<br />

und <strong>der</strong> zweite Term das Potential <strong>der</strong> Einwirkungen. Das Ausschreiben<br />

von Gl. (4.65.1) ergibt den Ausdruck<br />

� � 1<br />

2 � G<br />

�� G<br />

B��u3,11 � u � 3,22 2<br />

� 2(1 � �) �u3,11u3,22 � �u � 3,12 2��dG<br />

u 3 p 3 dG � Minimum .<br />

– 4 / 28 –<br />

(4.65.2)<br />

Das Ritz–Verfahren zur Berechnung von schubstarren Platten beruht auf Gl. (4.65.2).<br />

Alle Funktionen<br />

u 3 � � Cnfn�X 1 ,X 2� ,n�1,2,3 ...<br />

(4.66)<br />

mit zweiten partiellen Ableitungen ungleich Null sind zur Konkurenz zugelassen, wenn<br />

sie die geometrischen Randbedingungen Gl. (4.37.1) als Zwangsbedingungen erfüllen.<br />

Die statischen Randbedingungen Gl. (4.37.2) unterliegen dagegen keinen Zwängen.<br />

Sie sind implizit als natürliche Bedingungen in Gl. (4.65.2) enthalten.<br />

4.7 Beispiel zum Ritz–Verfahren<br />

Mit dem Ritz–Verfahren soll die Mittendurchbiegung einer quadratischen Platte berechnet<br />

werden. Das Berechnungssystem ist im (Bild 4.9) dargestellt. Die konstante<br />

Flächenlast erstreckt sich über die gesamte Mittelfläche <strong>der</strong> Platte. Das Ergebnis <strong>der</strong><br />

analytischen Integration ist (Bild 4.11a) zu entnehmen.


Als Ritzansatz Gl. (4.66) kann man z.B. den Doppelreihen–Sinusansatz Gl. (4.41) <strong>der</strong><br />

analytischen Integration wählen und mit Hilfe von Gl. (4.65.2) die unbekannten Koeffizienten<br />

u 3mn <strong>der</strong> dominanten Reihenglie<strong>der</strong> berechnen. Durch diese spezielle Wahl<br />

stimmt das Ergebnis des Ritz–Verfahrens mit dem Ergebnis <strong>der</strong> analytischen Integration<br />

Gl. (4.45) überein.<br />

Als alternative Ritzansätze Gl. (4.66) sind aber auch Ansätze zulässig, die nicht mit <strong>der</strong><br />

analytisch exakten Integration <strong>der</strong> Plattengleichung übereinstimmen. Allerdings sind<br />

zwei Kriterien bei <strong>der</strong> Konstruktion von zulässigen Näherungsansätzen zu beachten:<br />

1. Die Ansätze sind so zu wählen, daß die zweiten partiellen Ableitungen in Richtung<br />

<strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten mindestens konstante Werte ergeben. Dies ist erfor<strong>der</strong>lich,<br />

um als minimale Voraussetzung konstante Krümmungen zu erfassen.<br />

2. Die Ansätze sind so zu wählen, daß sie die geometrischen Randbedingungen des<br />

Problems nicht verletzen.<br />

Der eingliedrige Polynomansatz<br />

u 3 � C�X 1�X 1 � L 1 � X 2�X 2 � L 2 ��<br />

erfüllt bereits beide Voraussetzungen. Die partiellen Ableitungen<br />

und<br />

u 3,11 � �u 3<br />

�X 1 �X 1 � 2C�X 2�X 2 � L 2 �� ,<br />

u 3,22 � �u 3<br />

�X 2 �X 2 � 2C�X 1�X 1 � L 1 ��<br />

u 3,12 � �u 3<br />

�X 1 �X 2 � C��2X 1 � L 1 ��2X 2 � L 2 ��<br />

ergeben Werte ungleich Null und die geometrischen Randbedingungen <strong>der</strong> gelenkig<br />

gelagerten Rän<strong>der</strong><br />

und<br />

X 1 � 0 � u 3 � 0,<br />

X 1 � L 1 � u 3 � 0,<br />

X 2 � 0 � u 3 � 0<br />

X 2 � L 2 � u 3 � 0<br />

– 4 / 29 –


sind ebenfalls erfüllt. Unbekannte des Näherungsansatzes ist die Konstante C , die zusätzlich<br />

noch Gl. (4.65.2) erfüllen muß. Um dies zu erreichen, sind erstens <strong>der</strong> Näherungsansatz<br />

und die partiellen Ableitungen davon in Gl. (4.65.2) einzusetzen und zweitens<br />

die Gebietsintegrale auszuwerten. Als Ergebnis erhält man den Ausdruck<br />

� � 1<br />

2 C2� �<br />

�<br />

� C� �<br />

�<br />

4B� �<br />

�<br />

�L � 1 5 L2 30 � L1�L � 2 5<br />

p 3 �L 1 � 3 �L 2 � 3<br />

36<br />

� �<br />

�<br />

30 � �L 1 � 3 �L 2 � 3<br />

� Minimum,<br />

– 4 / 30 –<br />

18 ��<br />

� ��<br />

�<br />

<strong>der</strong> nur noch von <strong>der</strong> Konstanten C abhängt. Die Anwendung des PvW Gl. (4.64) als<br />

notwendige Bedingung <strong>der</strong> Lösung führt auf<br />

�� � ��<br />

�C � 0.<br />

�C<br />

Die virtuelle Größe δC ist beliebig. Dann muß ��<br />

�C<br />

zu erfüllen.<br />

��<br />

�C<br />

� C� �<br />

�<br />

�� �<br />

�<br />

4B� �<br />

�<br />

�L � 1 5 L2 30 � L1�L � 2 5<br />

p 3 �L 1 � 3 �L 2 � 3<br />

36<br />

� �<br />

�<br />

Die Auflösung nach C ergibt<br />

C � 1<br />

24<br />

�<br />

��<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�L 1 � 2 �L 2 � 2<br />

��L � 1 4<br />

5 � �L � 2 4<br />

30 � �L 1 � 3 �L 2 � 3<br />

� 0.<br />

5 � �L � 1 2 �L � 2 2<br />

3<br />

� p3<br />

B<br />

�<br />

��<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

und speziell für Qudratplatten mit L 1 = L 2 = a<br />

C � 15<br />

264<br />

p 3<br />

B .<br />

18 ��<br />

� ��<br />

�<br />

gleich Null werden, um das PvW<br />

Damit ist eine Näherungslösung für die Durchbiegungsfunktion u 3 = u 3(X 1 ,X 2 ) bekannt.<br />

Die Auswertung in Plattenmitte mit X 1 = L 1 / 2 = a / 2 und X 2 = L 2 / 2 = a / 2 ergibt den<br />

Wert<br />

u 3,Mitte � 0.00355 p3 a 4<br />

B ,


<strong>der</strong> kleiner ausfällt als <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> analytisch exakten Lösung im (Bild 4.11a). Die Abweichung<br />

beträgt 12.6 %. Zur Abschätzung <strong>der</strong> Größenordnung ist dies eine noch ausreichende<br />

Genauigkeit. Sie reicht aber nicht mehr aus, wenn man zusätzlich auch noch<br />

die Größenordnung <strong>der</strong> Momente abschätzen will. Die Auswertung von Gl. (4.40.1) und<br />

Gl. (4.40.2) in Plattenmitte ergibt für die Biegemomente den Wert<br />

m11 � m22<br />

Mitte Mitte � 0.0369p3a2 ,<br />

<strong>der</strong> nun doch schon deutlich kleiner ausfällt als <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> analytisch exakten Lösung<br />

im (Bild 4.11b). Die Abweichung beträgt bereits 23 %. Die Torsionsmomente in den<br />

Ecken <strong>der</strong> Platten fallen dagegen größer aus als die Vergleichswerte <strong>der</strong> analytischen<br />

Integration im (Bild 4.11b). Die Auswertung von Gl. (4.40.3) ergibt den Wert<br />

m 12<br />

Ecken �� 0.0398p3 a 2 .<br />

Die Abweichung beträgt 22.5 %. Die Genauigkeit des Ritz–Verfahrens läßt sich aber<br />

in einfacher Weise dadurch erhöhen, indem man die Berechnung mit verbesserten<br />

Näherungsansätzen durchführt. Dies ist in zweierlei Weise möglich. Der klassische<br />

Weg besteht darin, in Gl. (4.66) höherwertige Verlaufsfunktionen f n(X 1 , X 2 ) zu verwenden,<br />

um die Anzahl <strong>der</strong> unbekannten Parameter C n und damit die Anzahl <strong>der</strong> algebraischen<br />

Gleichungen so gering wie möglich zu halten. Der mo<strong>der</strong>ne Weg beruht dagegen<br />

auf <strong>der</strong> umgekehrten Vorgehensweise, da die Anzahl <strong>der</strong> anfallenden Gleichungen im<br />

Zeitalter von Rechnern keine Rolle mehr spielt.<br />

Die Konstruktion von einfachen Verlaufsfunktionen, die im gesamten Gebiet <strong>der</strong> Plattenmittelfläche<br />

gelten, ergibt keinen Sinn, wenn es um die Erhöhung <strong>der</strong> Genauigkeit<br />

geht. Löst man dagegen die gesamte Plattenmittelfläche in endlich viele Teilflächen auf,<br />

kann man in einfacher Weise Verlaufsfunktionen konstruieren, die für alle Teilflächen<br />

gelten. Die Anzahl <strong>der</strong> unbekannten Parameter C n <strong>der</strong> Teilflächenansätze sind die<br />

Variablen des Problems. Das Zusammensetzen <strong>der</strong> endlich vielen Teilflächen gelingt<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> geometrischen Randbedingungen. Sie sind nun als Übergangsbedingungen<br />

zwischen den einzelnen Teilflächen zu formulieren. Dies führt zwar auf sehr viele<br />

Unbekannte C n, Aufbau und Lösung von großen algebraischen Gleichungssystemen<br />

ist aber durch den Einsatz von Rechnern problemlos zu bewältigen und bereitet daher<br />

keine Schwierigkeiten.<br />

Die endlichen Teilflächen werden in allgemeiner Form als finite Elemente bezeichnet.<br />

Das Ritz–Verfahren und die Methode <strong>der</strong> finiten Elemente sind demnach sehr eng miteinan<strong>der</strong><br />

verwandt. Sie beruhen auf gleichen theoretischen Grundlagen. Unterschiede<br />

gibt es nur in <strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong> technischen Durchführung. Die spezielle Vorgehensweise<br />

<strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> finiten Elemente wird im Teil 7 im Detail vorgestellt.<br />

– 4 / 31 –


Teil 5: Schalentheorie<br />

5.1 Einführung<br />

Geometrische Form und Festigkeit bilden bei Schalen (Bild 5.1) eine untrennbare Ein–<br />

heit. Diese Eigenschaft ist beson<strong>der</strong>s deutlich bei den natürlichen Konstruktionen <strong>der</strong><br />

Natur zu beobachten, die in <strong>der</strong> Regel Schalen darstellen. In diesem Zusammenhang<br />

sei z.B. an Schneckenschalen (Bild 5.1a) o<strong>der</strong> an Muschelschalen, Krebsschalen,<br />

Schildkrötenschalen, Eierschalen usw. erinnert, die sich alle durch eine optimale Festigkeit<br />

bei minimalem Materialeinsatz auszeichnen.<br />

Optimale Festigkeit bzw. optimales Tragverhalten liegt vor, wenn alle Fasern in möglichst<br />

allen Querschnitten <strong>der</strong> betrachteten Konstruktion eine möglichst gleichmäßige<br />

Beanspruchung erfahren. Dieser Zustand führt unmittelbar zur vollen Ausnutzung des<br />

eingesetzten Materials. Aus physikalischen Gründen kann es nur ein reiner Dehnungszustand<br />

sein, wie er z.B. auch bei Scheiben auftritt. Bei ebenen Flächen kann er sich<br />

aber nur einstellen, wenn man die Richtungen <strong>der</strong> Einwirkungen einschränkt. Beim statischen<br />

Modell Scheibe dürfen sie daher nur in <strong>der</strong> Fläche angreifen. Greifen sie dagegen<br />

senkrecht zur Fläche an, ein Fall, wie er z.B. beim statischen Modell Platte auftritt,<br />

stellt sich bei ebenen Flächen ein reiner Biegezustand ein. Dadurch verlagert sich die<br />

Hauptbeanspruchung in die Außenfasern des Querschnitts. Er ist nicht mehr voll ausgenutzt,<br />

was sich beson<strong>der</strong>s bei dünnwandigen Flächentragwerken sehr ungünstig auswirkt.<br />

Platten stellen daher keine optimalen Tragwerke dar.<br />

Will man dagegen erreichen, daß sich auch ohne Einschränkung <strong>der</strong> Einwirkungsrichtung<br />

ein möglichst reiner Dehnungszustand in Flächentragwerken einstellt, muß man<br />

die Fläche verkrümmen, also die geometrische Form verän<strong>der</strong>n. Der gezielte konstruktive<br />

Eingriff in die Gestaltung <strong>der</strong> Fläche führt zum statischen Modell Schale (Bild 5.1b),<br />

das zusammen mit den bereits betrachteten statischen Modellen Scheibe und Platte die<br />

Klasse <strong>der</strong> Flächentragwerke bildet.<br />

Bei Schalen bezeichnet man den reinen Dehnungszustand als Membranzustand. Dies<br />

geschieht in Anlehnung an dünne, vor allem in <strong>der</strong> Natur auftretende Haut– bzw. Membranstrukturen.<br />

Sie sind völlig biegefrei. Dieser Zustand läßt sich bei technischen Schalen<br />

nur näherungsweise erreichen. Oberstes Ziel beim Entwurf von Schalen sollte es<br />

aber immer sein, Formen zu finden, die Einwirkungen möglichst biegefrei abtragen /14/.<br />

Sonst sind große, i.a. unzulässige Verformungen die zwangsläufige Folge. Reine Biegezustände<br />

sind auf jeden Fall zu vermeiden. Sie werden als dehnungslose Verschiebungen<br />

bezeichnet. Da sie sich diametral zum günstigen Membranzustand verhalten,<br />

sind Schalen, die zu dehnungslosen Verschiebungen neigen, aus ästhetischen und<br />

wirtschaftlichen Gründen immer als Fehlkonstruktion zu bezeichnen.<br />

– 5 / 1 –


a) Schneckenschale<br />

b) Statisches Modell Schale: Überdachung eines Naturtheaters<br />

Bild 5.1: Natürliche und technische Schalen, entnommen aus /14/<br />

– 5 / 2 –


Das optimale Verhalten von gekrümmten Tragwerken war schon den Baumeistern <strong>der</strong><br />

Antike bekannt /15/. Zahlreich erhaltene Viadukte und Straßenbrücken, vor allem aber<br />

das Pantheon in Rom sind auch heute noch eindrucksvolle Zeugen von dieser Kenntnis.<br />

Das Pantheon (Bild 5.2), um 130 gebaut, hat z.B. eine Kuppel, die bei einem Durchmesser<br />

von 43.5 m eine Höhe von 40. m erreicht. Bei den genannten Bauwerken handelt<br />

es sich um druckbeanspruchte Konstruktionen aus Naturstein o<strong>der</strong> Gußwerk, eine<br />

<strong>der</strong> heutigen Betontechnik verwandten Bauweise. Der Wi<strong>der</strong>stand gegenüber einer<br />

Biegebeanspruchung ist gering.<br />

Gekrümmte Stäbe tragen Lasten biegefrei ab, wenn sie eine speziell geneigte Form aufweisen,<br />

die dazu führt, daß sich das Krafteck allein mit Längskräften schließt. Für den<br />

Bogen ist dieser Zusammenhang im (Bild 5.3) dargestellt.<br />

N links<br />

a) Bogenausschnitt<br />

F = p ⋅ ∆s<br />

�s<br />

N rechts<br />

Bild 5.3 : Biegefreier Gleichgewichtszustand beim Bogen<br />

p<br />

– 5 / 3 –<br />

N links<br />

N rechts<br />

b) Krafteck<br />

Die resultierende Last, die auf dem Bogenausschnitt (Bild 5.3a) einwirkt, ist im Gleichgewicht<br />

mit den unterschiedlich geneigten Längsdruckkräften. Das Krafteck (Bild 5.3b)<br />

ist geschlossen, ohne das Querkräfte auftreten, die den Bogen biegen. Bei konstanter<br />

Streckenlast p muß die Bogenlinie z.B. als quadratische Parabel gekrümmt sein, damit<br />

man einen biegefreien Zustand erhält. Sie wird als Stützlinie bezeichnet. Beim Seil, das<br />

nur Zugkräfte aufnimmt, ist es die Seillinie, die sich unter Eigengewicht z.B. als Ketten–<br />

linie ausbildet.<br />

Bögen und Seile verfügen nur über eine Kraftrichtung. Für jede unterschiedliche Einwirkung<br />

ist daher eine an<strong>der</strong>e Bogen– bzw. Seilform erfor<strong>der</strong>lich, um einen biegefreien Zustand<br />

zu erhalten. Bei Schalen ergeben sich wegen <strong>der</strong> Flächenwirkung wesentlich<br />

günstigere Verhältnisse. Der biegefreie Gleichgewichtszustand, nämlich <strong>der</strong> Membranzustand<br />

kann sich entlang von zwei Hauptkraftrichtungen ausbilden. Dieser Zusammenhang<br />

ist im (Bild 5.4) dargestellt.<br />

F


– 5 / 4 –<br />

Bild 5.2 : Innenansicht des Pantheons in Rom, entnommen aus /15/


n 1 links<br />

∆s 1<br />

n 2 unten<br />

F = p 3 ⋅ ∆s 1 ∆s 2<br />

Bild 5.4 : Biegefreier Gleichgewichtszustand bei Schalen<br />

p 3<br />

n 2 oben<br />

∆s 2<br />

– 5 / 5 –<br />

n 1 rechts<br />

n 1 rechts<br />

a) Schalenausschnitt b) Krafteck<br />

n 1 links<br />

n 2 oben<br />

F<br />

n 2 unten<br />

Die resultierende Last, die auf dem Schalenausschnitt (Bild 5.4a) einwirkt, ist im Gleichgewicht<br />

mit den unterschiedlich geneigten Längskräften <strong>der</strong> beiden Hauptrichtungen,<br />

ohne das Querkräfte auftreten. Die Schließung des Kraftecks (Bild 5.4b) mit zwei Hauptlängskraftpaaren<br />

ist sehr variabel, so daß eine Schale im Gegensatz zum Bogen Stützfläche<br />

für mehr als eine Flächenlast sein kann. Eigengewicht, Schnee und Windeinwirkungen<br />

lassen sich z.B. mit Hilfe einer einzigen geometrischen Form günstig abtragen.<br />

Daraus folgt aber auch, daß eine Last durch unterschiedliche Schalenformen membrangerecht<br />

abgetragen werden kann. Eine optimale Schalenform gibt es daher nicht.<br />

Einzige Voraussetzung für das günstige Tragverhalten ist, daß sich ein biegefreier<br />

Gleichgewichtszustand einstellen kann.<br />

Dies ist <strong>der</strong> Fall, wenn in <strong>der</strong> Schale keine geometrischen o<strong>der</strong> lastbedingten Zwänge<br />

auftreten. Schalenform, Rän<strong>der</strong> und Lagerung müssen eine konstruktive Einheit bilden<br />

und Einwirkungen dürfen keine sprunghaften Än<strong>der</strong>ungen aufweisen. Kann <strong>der</strong> Formfindungsprozess<br />

ohne Zwänge nach den erfor<strong>der</strong>lichen physikalischen Bedingungen<br />

des Tragverhaltens gestaltet werden, erhält man ein in je<strong>der</strong> Hinsicht optimales Schalenbauwerk.<br />

Auf diesen Ansatz beruht z.B. die Vorgehensweise des Schweizer Bauingenieurs Heinz<br />

Isler /14/. Daß dabei Formen entstehen, die neben den physikalischen auch allen ästhetischen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen genügen (Bild 5.1b), ist als Naturgesetz zu deuten, da natürliche<br />

Schalen (Bild 5.1a) durch die Evolution immer beide Bedingungen erfüllen, vgl. /14/.


Schalen zu entwerfen, zu konstruieren und zu bauen ist ein technischer Prozess, <strong>der</strong><br />

sich mehr o<strong>der</strong> weniger an die Bedingungen <strong>der</strong> konkreten Bauaufgabe orientieren<br />

muß, was zwangsläufig zu einer Beschränkung in <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Schalenformen führt.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> Entwürfe beruht daher auf einer mathematisch und nicht auf einer<br />

physikalisch definierten Schalenform. Mängel, die sich aus dem Unterschied zwischen<br />

vorgegebener und freier Schalenform ergeben, werden durch konstruktive Eingriffe behoben.<br />

Die auf dieser Grundlage konzipierten Schalen erfüllen dann zwar alle formalen<br />

Bedingungen, stellen aber insgesamt keine optimalen Konstruktionen im Hinblick auf<br />

das Tragverhalten dar.<br />

Die Diskrepanz zwischen vorgegebener und freier Schalenform kann beson<strong>der</strong>s bei<br />

Überdachungskonstruktionen sehr groß ausfallen. Willkürlich gewählte mathematische<br />

Formen erfor<strong>der</strong>n i.a. massive Randversteifungen, die zu geometrischen Unverträglichkeiten<br />

zwischen massigen Randträgern und dünner Schale führen. Ein Beispiel für<br />

das Vorgehen mit fester Geometrie ist die Jahrhun<strong>der</strong>thalle Höchst in Frankfurt a. Main<br />

(Bild 5.5).<br />

a) Ansicht b) Randträger<br />

Bild 5.5 : Jahrhun<strong>der</strong>thalle Höchst, entnommen aus /14/<br />

– 5 / 6 –


Aus <strong>der</strong> Ansicht im (Bild 5.5a) ist zu erkennen, daß die Schalenform aus einem polygonförmig<br />

begrenzten Kugelabschnitt besteht. Geschlossene Kugelschalen verfügen über<br />

ein hervorragendes Membran–Tragverhalten. Durch das Aufschneiden nimmt <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />

gegen Ovalisieren aber stark ab. Es würden sich daher reine Biegezustände<br />

mit großen Verformungen einstellen, wenn man keine Randträger gemäß (Bild 5.5b)<br />

anordnet, um den Kugelabschnitt auszusteifen. Im direkten Vergleich zur Schale mit frei<br />

gestalteter Form (Bild 5.1b) stellt die Jahrhun<strong>der</strong>thalle (Bild 5.5) keine optimale Lösung<br />

dar. Beim Vergleich ist aber zu beachten, daß die Abmessungen <strong>der</strong> betrachteten Bauwerke<br />

stark differieren. Es bleibt daher offen, ob bei <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>thalle eine freie<br />

Formwahl im Hinblick auf das baustatische Verhalten zu deutlich an<strong>der</strong>en Ergebnissen<br />

führen würde als die feste Formwahl gemäß (Bild 5.5).<br />

Dagegen ist bei Funktionsschalen die Vorgabe fester Geometrien durchaus sinnvoll, da<br />

hier eindeutig die Funktion im Vor<strong>der</strong>grund des Interesses steht und nicht die Suche<br />

nach einer optimalen und damit ästhetischen Schalenform. Zur Klasse <strong>der</strong> Funktionsschalen<br />

zählen u.a. auch alle Behälterbauwerke, die sich in <strong>der</strong> Regel aus einer Vielzahl<br />

von unterschiedlichen Schalenformen zusammensetzen, vgl. z.B. (Bild 1.4).<br />

Wegen des engen Zusammenhangs zwischen Form und Tragverhalten reagieren<br />

Schalen sehr empfindlich auf Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ausgangsgeometrie. Dieser Umstand<br />

erschwert die Konstruktion und den rechnerischen Nachweis erheblich. Vor allem<br />

dann, wenn gleichzeitig die Gefahr des Ausbeulens besteht, da Schalen wegen <strong>der</strong><br />

überwiegend auftretenden Druckspannungen verstärkt zum Verlust <strong>der</strong> Stabilität neigen.<br />

Trotzdem ist <strong>der</strong> Schalenbau für konstruktive Bauingenieure eine sehr reizvolle<br />

Aufgabe, da er höchste Ansprüche an das baustatische und konstruktive Können stellt.<br />

Dünnwandige Schalen haben von allen Tragwerken den günstigsten Materialeinsatz.<br />

Lei<strong>der</strong> werden sie wegen <strong>der</strong> hohen Fertigungskosten kaum noch gebaut. Wenn demnach<br />

<strong>der</strong> Bedarf auch gering ist, so gehört doch eine kurze Einführung in die Schalenstatik<br />

zum unabdingbaren Bestandteil einer <strong>Lehrveranstaltung</strong> über Flächentragwerke.<br />

Das baustatische Verhalten von Schalen wird durch drei Anteile festgelegt: Durch die<br />

Scheibenwirkung, durch die Plattenwirkung und durch den Einfluß <strong>der</strong> Schalenform.<br />

Die Scheiben– und Plattenwirkung sind durch die Teile 3 und 4 bekannt. Neu ist <strong>der</strong><br />

Einfluß <strong>der</strong> Schalenform. Es wäre daher sinnvoll, den Einstieg in die Schalentheorie mit<br />

einer allgemeingültigen Betrachtung <strong>der</strong> Schalengeometrie zu beginnen. Dies erweist<br />

sich im Rahmen einer Einführung aber als zu aufwendig und muß daher einer vertieften<br />

<strong>Lehrveranstaltung</strong> zur Schalentheorie vorbehalten bleiben. Die <strong>Lehrveranstaltung</strong><br />

<strong>Statik</strong> <strong>IV</strong> beschränkt sich auf drei Teilaspekte: Im Abschnitt 5.2 auf eine Betrachtung von<br />

technischen Schalenformen, im Abschnitt 5.3 auf die baustatische Berechnung von<br />

Rotationsschalen und im Abschnitt 5.4 auf die Behandlung <strong>der</strong> Membrantheorie von<br />

allgemeinen Schalen.<br />

– 5 / 7 –


5.2 Technische Schalenformen<br />

5.2.1 Einfluß <strong>der</strong> Schalenform<br />

Beim Entwurf von Schalen ist die Formgebung als das Hauptproblem anzusehen. Drei<br />

Kriterien sind zu beachten, um optimale Schalenformen zu entwickeln:<br />

1. Die Form darf die Funktion von Schalenbauwerken nicht einschränken.<br />

2. Die Form sollte allen ästhetischen Ansprüchen genügen, die für eine gelungene<br />

Architektur gelten.<br />

3. Die Form ist so zu gestalten, daß sich in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Lagerung maximales<br />

Membrantragverhalten einstellen kann.<br />

Die Chance, alle Kriterien gleichzeitig zu erfüllen, ist wohl nur beim Entwurf von repräsentativen<br />

Schalenbauten gegeben. Bei Nutzbauten steht vor allem die Funktion im Mittelpunkt<br />

des Interesses. Die For<strong>der</strong>ungen nach einer gelungenen Architektur und<br />

optimalem Tragwerksverhalten treten dagegen zurück. Dies führt dazu, daß freie Schalenformen<br />

in <strong>der</strong> Regel durch technische Schalenformen ersetzt werden.<br />

Technische Schalenformen beruhen auf festen, mathematisch definierten Geometrievorgaben.<br />

Als bekannte Eingangsgröße sind sie einer statisch–konstruktiven Betrachtung<br />

direkt zugänglich /16/, /17/. Freie Formen sind dagegen zu Beginn <strong>der</strong> Entwurfsbearbeitung<br />

noch unbekannt. Da sie im Rahmen des Prozesses erst zu ermitteln sind,<br />

bedarf es zusätzliche Kriterien, um sie zu finden. Dazu sind entwe<strong>der</strong> experimentelle<br />

Untersuchungen erfor<strong>der</strong>lich, vgl. /14/, o<strong>der</strong> man muß spezielle Algorithmen <strong>der</strong> Tragwerksoptimierung<br />

einschalten, um ans Ziel zu gelangen. In beiden Fällen also eine sehr<br />

aufwendige Angelegenheit, die daher nur in Son<strong>der</strong>fällen zur Anwendung kommt.<br />

Den qualitativen Einfluß <strong>der</strong> Form auf das Tragverhalten von Schalen kann man durch<br />

die charakteristische Flächenkrümmung<br />

K �<br />

1<br />

R 1 ⋅ R 2<br />

– 5 / 8 –<br />

(5.1)<br />

abschätzen. Gl. (5.1) wird nach dem Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Differentialgeometrie <strong>der</strong> Flächen,<br />

dem Mathematiker F.K. Gauß, als Gauß’sches Krümmungsmaß bezeichnet. Es ist im<br />

(Bild 5.6) veranschaulicht.


R 1<br />

M 2<br />

M 1<br />

R 2<br />

a) K > 0 b) K < 0 c) K = 0<br />

M 1<br />

M 2<br />

Bild 5.6 : Charakteristische Flächenkrümmung<br />

– 5 / 9 –<br />

R 1<br />

R 2<br />

R 2<br />

M 2<br />

R 1 → ∞<br />

Drei Fälle sind zu unterscheiden, die das Tragverhalten von Schalen sehr unterschiedlich<br />

beeinflussen.<br />

1. Im (Bild 5.6a) treten die Hauptkrümmungsradien R 1 und R 2 <strong>der</strong> Fläche auf einer<br />

Seite <strong>der</strong> Fläche auf, so daß eine elliptisch geformte Fläche mit positivem Krümmungsmaß<br />

vorliegt. Flächen mit diesen Eigenschaften lassen sich nicht ab–<br />

wickeln. Eine Gestaltungsän<strong>der</strong>ung ohne Dehnung <strong>der</strong> Fläche ist nicht möglich.<br />

Doppelt gekrümmte Schalen mit positiver Gauß’scher Krümmung K > 0 sind daher<br />

sehr steif und tragen Lasten vorrangig über Membranwirkung ab.<br />

2. Im (Bild 5.6b) treten die Hauptkrümmungsradien R 1 und R 2 <strong>der</strong> Fläche auf verschiedenen<br />

Seiten <strong>der</strong> Fläche auf, so daß eine hyperbolisch geformte Fläche mit<br />

negativem Krümmungsmaß vorliegt. Sie enthält schiefwinklig zu den Hauptkrümmungsrichtungen<br />

gerade Erzeugende, die sich ohne Dehnungswi<strong>der</strong>stand biegen<br />

lassen. Eine Gestaltungsän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fläche kann daher auch durch Biegung<br />

begrenzt werden. Doppelt gekrümmte Schalen mit negativer Gauß’scher<br />

Krümmung K < 0 sind weniger steif als elliptische Flächen. Sie tragen Lasten sowohl<br />

durch Biegung als auch durch Dehnung ab.<br />

3. Im (Bild 5.6c) ist ein Hauptkrümmungsradius <strong>der</strong> Fläche, hier R 1 , unendlich groß,<br />

da die Schale entlang <strong>der</strong> betrachteten Hauptrichtung gerade verläuft. Dann ist die<br />

Krümmung dieser Richtung Null und damit auch die Gauß’sche Krümmung <strong>der</strong><br />

Fläche. Es gilt K = 0. Die Fläche ist parabolisch geformt und läßt sich ohne Wi<strong>der</strong>stand<br />

abwickeln. Eine Gestaltungsän<strong>der</strong>ung ist nur durch die Biegesteifigkeit des<br />

Schalenquerschnitts zu begrenzen. Es sind also Aussteifungselemente o<strong>der</strong> spezielle<br />

Lagerelemente erfor<strong>der</strong>lich, um die Gestalt <strong>der</strong> Schalenform aufrecht zu erhalten.<br />

Parabolisch gekrümmte Schalen tragen Lasten durch Dehnung und Biegung<br />

ab.


5.2.2 Klassifikation von technischen Schalenformen<br />

Zur Klassifikation von Schalenformen erweist es sich als zweckmäßig, eine Einteilung<br />

nach <strong>der</strong> geometrischen Erzeugungsvorschrift vorzunehmen. Aus <strong>der</strong> Vielfalt mög–<br />

licher Varianten sind für technische Anwendungen vorrangig Rotations–, Translations–<br />

und Regelflächen von Interesse.<br />

Rotationsflächen sind im (Bild 5.7) dargestellt. Sie entstehen durch Drehung einer ebenen<br />

Meridianlinie um eine Rotationsachse (Bild 5.7a). Die aktuelle Stellung einer Meridianlinie<br />

ist durch die Winkelkoordinate Θ 1 bekannt. Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Linie<br />

werden durch die Koordinate Θ 2 erfaßt. Sie ist entwe<strong>der</strong> als Länge in Richtung <strong>der</strong><br />

Rotationsachse o<strong>der</strong> als Winkelmaß in <strong>der</strong> Meridianebene anzugeben, vgl. (Bild 5.7a).<br />

Spezielle Rotationsflächen sind im (Bild 5.7b) dargestellt. Ist die Meridianlinie eine<br />

vertikale Gerade, erhält man einen Zylin<strong>der</strong> (Bild 5.7b 1). Ist die Gerade dagegen<br />

geneigt, ergibt sich ein Kegel (Bild 5.7b 2). Eine Kugel entsteht, wenn die Vorgabe<br />

<strong>der</strong> Meridianlinie als zentrischer Kreis erfolgt (Bild 5.7b 3). Ist sie dagegen ein ex–<br />

zentrischer Kreis, erhält man einen Torus (Bild 5.7b 4). Paraboloide (Bild 5.7b 5) o<strong>der</strong><br />

Hyperboloide (Bild 5.7b 6) ergeben sich, wenn man als Meridianlinie eine Parabel<br />

o<strong>der</strong> eine Hyperbel vorgibt.<br />

Translationsflächen sind im (Bild 5.8) dargestellt. Sie sind ebenfalls sehr einfach zu<br />

erzeugen. Dazu ist lediglich eine Erzeugende parallel entlang von zwei gleichen Leit–<br />

linie zu verschieben (Bild 5.8a). Die körperfesten Koordinaten sind beliebig einzuführen.<br />

Θ 1 kann z.B. mit <strong>der</strong> Erzeugenden zusammenfallen und Θ 2 mit <strong>der</strong> Leitlinie. Die An–<br />

bindung an die ortsfesten Koordinaten erfolgt durch die Parameterdarstellung des<br />

Ortsvektors, vgl. (Bild 5.8a). Spezielle Regelflächen sind im (Bild 5.8b) dargestellt.<br />

Erzeugende und Leitlinie sind analytisch o<strong>der</strong> numerisch definierte Raumlinien.<br />

Sie können gleich– o<strong>der</strong> gegensinnig gekrümmt sein. Die Anzahl unterschiedlicher<br />

Formen ist daher sehr viel größer als bei Rotationsflächen. Beispielhaft sind eine Tonne<br />

im (Bild 5.8b 1) und eine Kugelkappe im (Bild 5.8b 2) dargestellt. Die Tonnenfläche<br />

entsteht, wenn man eine Kreislinie als Erzeugende verwendet und sie entlang einer<br />

geraden Leitlinie verschiebt. Bei <strong>der</strong> Fläche <strong>der</strong> Kugelkappe ist die Leitlinie ebenfalls<br />

eine Kreislinie.<br />

Regelflächen sind im (Bild 5.9) dargestellt. Sie entstehen, wenn man eine gerade Erzeugende<br />

entlang von zwei beliebigen Leitlinien führt. Sind die Leitlinien und die Er–<br />

zeugende jeweils windschiefe Gerade, ergeben sich als Flächen parabolische Hyperboloide<br />

(Bild 5.9a). Ist die 1–te Leitlinie dagegen eine Gerade o<strong>der</strong> Kreis und die 2–te<br />

ein Kreis, so erhält man Konoidflächen (Bild 5.9b).<br />

– 5 / 10 –


Rotations–<br />

achse<br />

X 1<br />

(X 1 , X 2 , X 3 )<br />

(Θ1 , Θ2 ) :<br />

Θ 1<br />

Θ 2<br />

Θ 1<br />

r :<br />

: Ortsfeste<br />

Koordinaten<br />

:<br />

:<br />

X 3 = Θ 2<br />

Körperfeste<br />

Flächenkoordinaten<br />

Winkel in <strong>der</strong><br />

Breitenkreisebene<br />

Länge in Richtung<br />

<strong>der</strong> Rotationsachse<br />

o<strong>der</strong> Winkel in <strong>der</strong><br />

Meridianebene<br />

r : Ortsvektor<br />

Radius im<br />

Breitenkreis<br />

a) Definition b) Spezielle Rotationsflächen<br />

Bild 5.7 : Rotationsflächen<br />

r<br />

r<br />

Θ 2<br />

Meridianlinie<br />

Θ 1 = konstant<br />

Breitenkreislinie<br />

Θ 2 = konstant<br />

X 2<br />

b 1) Zylin<strong>der</strong> b 2) Kegel<br />

b 3) Kugel b 4) Torus<br />

b 5) Paraboloid b 6) Hyperboloid<br />

– 5 / 11 –


(X 1 , X 2 , X 3 )<br />

(Θ1 , Θ2 ) :<br />

a) Definition<br />

X 3<br />

X 1<br />

: Ortsfeste<br />

Koordinaten<br />

Körperfeste<br />

Flächenkoordinaten<br />

r : Ortsvektor<br />

X 2<br />

Θ 2<br />

Bild 5.8 : Translationsflächen<br />

r<br />

E 1<br />

Θ 1<br />

Leitlinie<br />

b 1) Tonne<br />

b 2) Kugelkappe<br />

b) Spezielle Translationsflächen<br />

– 5 / 12 –<br />

E 2 � E 1<br />

Erzeugende<br />

Zwei gleiche<br />

Gerade als Leitlinie<br />

Kreis als<br />

Erzeugende<br />

Zwei gleiche<br />

Kreise als Leitlinie<br />

Kreis als<br />

Erzeugende


a) Hyperbolisches Paraboloid<br />

1–te Leitlinie: Gerade o<strong>der</strong><br />

Kreis<br />

b) Konoid<br />

X 3<br />

X 3<br />

X 2<br />

X 1<br />

X 1<br />

X 2<br />

Bild 5.9 : Regelflächen<br />

1–te Leitlinie: Gerade<br />

r<br />

– 5 / 13 –<br />

r<br />

Θ 1<br />

Θ 2<br />

2–te Leitlinie: Gerade<br />

Θ 2<br />

Θ 1<br />

Erzeugende: Gerade<br />

2–te Leitlinie: Kreis<br />

Grundriß:<br />

Rechteck<br />

o<strong>der</strong><br />

Trapez<br />

Grundriß:<br />

Rechteck<br />

Erzeugende: Gerade


Die mathematische Beschreibung von Regelflächen erfolgt wie<strong>der</strong>um durch eine<br />

Parameterdarstellung, die sich wie bei Translationsflächen in <strong>der</strong> Regel auf einen<br />

rechteckigen Grundriß bezieht, vgl. (Bil<strong>der</strong> 5.8b und 5.9a). Bei Regelflächen kann <strong>der</strong><br />

Grundriß aber auch trapezförmig begrenzt sein, vgl. (Bild 5.9b).<br />

Technische Schalenformen lassen sich oft auf geometrisch unterschiedlichen Wegen<br />

erzeugen. So kann man z.B. eine Zylin<strong>der</strong>fläche, die im (Bild 5.7b 1) bereits als Rota–<br />

tionsfläche definiert war, auch als spezielle Translationsfläche erzeugen, indem man als<br />

Erzeugende einen zentrischen Vollkreis entlang von geraden Leitlinien verschiebt, die<br />

mit <strong>der</strong> Rotationsachse zusammenfallen.<br />

5.2.3 Anwendungen im konstruktiven Ingenieurbau<br />

Im konstruktiven Ingenieurbau ist es üblich, zwischen Behälterschalen, Schalen zur<br />

Überdachung von Grundrissen und reinen Funktionsschalen zu unterscheiden. In den<br />

(Bil<strong>der</strong>n 5.10 bis 5.13) sind typische Beispiele aus diesen Bereichen dargestellt.<br />

Behälterschalen (Bild 5.10) werden am häufigsten gebaut, vgl. auch (Bild 1.4).<br />

a) Faulschlammbehälter b) Kugelgasbehälter<br />

Bild 5.10 : Behälterschalen<br />

– 5 / 14 –


(Bild 5.10a) zeigt einen 45 m hohen Faulturm von eiförmiger Schalenform aus vor–<br />

gespanntem Stahlbeton, <strong>der</strong> das Kernstück einer biologischen Kläranlage bildet.<br />

(Bild 5.10b) zeigt einen Hochdruck–Kugelgasbehälter von 40 m Durchmesser aus<br />

Stahl, <strong>der</strong> zur Speicherung von hochverdichtetem Erdgas dient.<br />

Im (Bild 5.11) sind Hallendächer dargestellt. (Bild 5.11a) zeigt ein Faltwerk, das mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Faltenanzahl in eine Tonnenschale übergeht. Sheddächer (Bild 5.11b) entstehen,<br />

wenn man Faltwerke, Tonnen o<strong>der</strong> Konoide mit Lichtbän<strong>der</strong>n versieht und aneinan<strong>der</strong><br />

reiht. Bei Faltwerken und Tonnen mit K = 0 dominiert die Spannweite in<br />

Richtung <strong>der</strong> Geraden. Die Spannweite in Richtung <strong>der</strong> Schalenkrümmung fällt dagegen<br />

deutlich kleiner aus, vgl. (Bil<strong>der</strong> 5.11a). Sie kommen vor allem dann zur Anwendung,<br />

wenn es darum geht, Industriehallen zu überdachen. Dies gilt auch für Shed–<br />

dächer gemäß (Bild 5.11b).<br />

Bei quadratischen o<strong>der</strong> fast quadratischen Grundrissen sind dagegen doppelt<br />

gekrümmte Schalen von Vorteil. Im (Bild 5.11c) ist ein Kappendach mit K > 0 und im<br />

(Bild 5.11d) ein Hypardach mit K < 0 dargestellt. Sie kommen vielfach zur Anwendung,<br />

wenn es darum geht, repräsentative Bauwerke zu überdachen. Das im (Bild 5.11d)<br />

dargestellte, durch Randbalken ausgesteifte hyperbolische Paraboloid ist das große<br />

Dach <strong>der</strong> wie<strong>der</strong> aufgebauten Berliner Kongreßhalle, das frei über dem Auditorium<br />

schwebt /18/.<br />

a) Faltwerk– bzw. Tonnendach, aus /17/ b) Sheddach, aus /17/<br />

c) Kappendach, aus /17/<br />

Bild 5.11 : Hallendächer<br />

– 5 / 15 –<br />

d) Hypardach, aus /18/


Als Material zum Bau von Dachschalen bietet sich in <strong>der</strong> Regel Stahlbeton an ohne und<br />

mit Vorspannung /17/. Eine interessante technische Neuentwicklung stellen aber auch<br />

Netzschalen (Bild 5.12) dar, die zur Klasse <strong>der</strong> Glaskuppeln gehören /19/. Der tragende<br />

Teil besteht aus einlagigen Gitterrosten mit viereckigen Maschen aus Flachstahlstäben<br />

mit drehbaren Knoten und vorgespannten Diagonalseilen. Die Formgebung ist beliebig<br />

und daher sehr variabel.<br />

Im (Bild 5.12a) ist eine einzelne Kugelkuppel dargestellt und (Bild 5.12b) zeigt eine Kombination<br />

aus zwei, durch eine Zwischenform verbundenen Kugelkuppeln, die durch eine<br />

vertikale Frontfläche begrenzt werden. Die Abwicklung im Grundriß ergibt jeweils Quadratmaschen,<br />

die sich durch rechte Winkel und gleichlange Maschenstäbe auszeichnen,<br />

was die Fertigung <strong>der</strong> Schalen sehr vereinfacht. Lediglich im Randbereich sind<br />

Stablängen durch Abschneiden anzupassen. Die Viereckmaschen werden einzeln verglast.<br />

Dies gelingt in <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Fälle sogar mit ebenen Glasscheiben, da die einzelnen<br />

Maschen entwe<strong>der</strong> keine o<strong>der</strong> nur sehr geringe Verwindung aufweisen.<br />

a) Kugelkuppel<br />

b) Kombination aus unterschiedlichen Flächen (ohne Diagonalstäbe)<br />

Bild 5.12 : Verglaste Netzschalen<br />

– 5 / 16 –


Netzschalen (Bild 5.12) sind echte Schalentragwerke. Trotzdem können sie wegen <strong>der</strong><br />

Gitterroststruktur als räumliche Stabtragwerke berechnet werden, wodurch sich <strong>der</strong><br />

rechnerische Nachweis erheblich vereinfacht, vgl. Teil 6.<br />

Dies trifft für den Kühlturm im (Bild 5.13) nicht mehr zu, <strong>der</strong> zur Klasse <strong>der</strong> Funktionsschalen<br />

gehört. Die Gesamtkonstruktion besteht aus einem Rotationshyperboloid, <strong>der</strong><br />

auf einem Stützenfachwerk auflagert. Die Höhe kann bis 180. m betragen, <strong>der</strong> Durchmesser<br />

am Stützenfachwerk bis zu 100. m. Wegen des hyperbolischen Flächentyps<br />

gilt K < 0. In <strong>der</strong> Regel stellt die Membranlösung keine geeignete Näherung dar, um den<br />

Einfluß <strong>der</strong> Einwirkungen zu erfassen. Für den gesamten Schalenbereich ist jeweils <strong>der</strong><br />

vollständige Satz <strong>der</strong> Schalenbiegegleichungen zu lösen, um zulässige Ergebnisse zu<br />

erhalten, was einen erheblichen rechnerischen Aufwand erfor<strong>der</strong>t.<br />

+ 117 m<br />

+ 90 m<br />

+ 5.75 m<br />

± 0.<br />

Bild 5.13 : Funktionsschale Kühlturm<br />

∅ 65 m<br />

Rotations–<br />

achse<br />

∅ 50 m<br />

∅ 90 m<br />

– 5 / 17 –<br />

Oberer Rand, t = 0,50 m<br />

Taille, t = 0.35 m<br />

Rotations–<br />

hyperboloid<br />

Unterer Rand, t = 0.75 m<br />

Stützenfachwerk


5.3 Zur baustatischen Berechnung von Rotationsschalen<br />

5.3.1 Allgemeines<br />

Die Ermittlung <strong>der</strong> Weg– und Kraftzustände von Schalentragwerken gestaltet sich<br />

äußerst schwierig. Analytisch geschlossene Vorgehensweisen sind nur für stark vereinfachte<br />

Problemstellungen bekannt. Erst durch die konsequente Anwendung <strong>der</strong> FEM<br />

gelingt es, Schalen so zu berechnen, wie es die geplante Konstruktion erfor<strong>der</strong>t, vgl.<br />

z.B. Anwendungsbeispiel 1.5.3, Teil 1.<br />

Die DGL <strong>der</strong> Scheiben– und Plattentheorie im Teil 3 und 4 erfassen lediglich die Betragsän<strong>der</strong>ungen<br />

von statischen Größen in ortsfesten, also unverän<strong>der</strong>lichen Koordinatensystemen.<br />

Auf den gekrümmten Flächen von Schalen sind zusätzlich auch noch<br />

die Richtungsän<strong>der</strong>ungen von statischen Größen in nun körperfesten, also verän<strong>der</strong>–<br />

lichen Koordinatensystemen zu berücksichtigen. Dies führt zu einer Kopplung <strong>der</strong><br />

Scheiben– und Plattenwirkung, so daß sich <strong>der</strong> Aufwand zur Formulierung und Lösung<br />

<strong>der</strong> baustatischen Aufgabe Schalenberechnung im Vergleich zur reinen Scheiben–<br />

o<strong>der</strong> Plattenberechnung deutlich erhöht.<br />

Baustatische Berechnungsmethoden beruhen auf analytischen Vorgehensweisen. Sie<br />

sind i.a. durch eine Vielzahl von Vereinfachungen gekennzeichnet, die lediglich für spezielle<br />

Konstruktionen gelten. Ein technisch wichtiger Anwendungsfall sind z.B. Behälter<br />

von rotationssymmetrischer Schalenform unter Füllungsdruck, die sich mit dem KGV<br />

o<strong>der</strong> dem WGV berechnen lassen.<br />

Grundlage <strong>der</strong> Berechnung von Rotationsschalen (Bild 5.14) ist die Membrantheorie.<br />

Sie beschreibt die Gleichgewichtsbedingungen <strong>der</strong> Schalentheorie als reinen Dehnungszustand<br />

an einem SGS, das aus dem wirklichen System durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Lagerungsbedingungen entsteht. Die Lagerung ist im Hinblick auf die Biegung in <strong>der</strong><br />

Weise zu modifizieren, daß ein denkbarer Biegezustand ersatzlos entfällt. Bei <strong>der</strong> Konstruktion<br />

<strong>der</strong> Rotationsschale im (Bild 5.14a) ist speziell die feste und unverschiebliche<br />

Einspannung <strong>der</strong> Schalenwand in die Fundamentplatte (Bild 5.14b) durch eine gelenkige<br />

und horizontal verschiebliche Lagerung (Bild 5.14c) zu ersetzen, um einen biege–<br />

freien Beanspruchungszustand zu erhalten. Die Annahme einer festen Einspannung im<br />

statischen System (Bild 5.14b) ist allerdings nur zulässig, wenn ein sehr steifer Baugrund<br />

vorliegt und die Dicke <strong>der</strong> Fundamentplatte deutlich größer ausfällt als die Dicke<br />

<strong>der</strong> Schalenwand. Die Umwandlung von statischen Systemen (z.B. Bild 5.14b) in SGS<br />

(z.B. Bild 5.14c) ist immer möglich, wenn auch nicht immer so einfach wie bei <strong>der</strong> Rota–<br />

tionsschale im (Bild 5.14). Wegen <strong>der</strong> Rotationssymmetrie von Geometrie und Einwirkungen<br />

verschwinden die horizontalen Verschiebungen in <strong>der</strong> Rotationsachse, so daß<br />

im vorliegenden Fall ein eindeutig gefesseltes SGS vorliegt. Dies ist bei <strong>der</strong> Betrachtung<br />

von (Bild 5.14c) zu beachten, das beim ersten Anblick wie ein kinematisches<br />

System aussieht.<br />

– 5 / 18 –


Schalenwand Füllung γ<br />

ÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎ<br />

ÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎ<br />

ÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎ<br />

ÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎ<br />

Fundamentplatte<br />

ÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎÎ<br />

Bild 5.14 : Rotationsschale<br />

Rotationsachse (RA)<br />

Baugrund<br />

– 5 / 19 –<br />

RA<br />

Feste Ein–<br />

spannung<br />

Füllungsdruck<br />

p 3<br />

RA<br />

Gelenkige<br />

Lagerung<br />

a) Konstruktion b) Statisches System c) SGS<br />

Biegung entsteht demnach nur durch Zwängungen zwischen Schalenwand und Fundamentplatte.<br />

Am SGS ist also die Verträglichkeit zu erfüllen, um diesen Störungszustand<br />

zu ermitteln. Die Berechnung ist nach den Regeln des KGV durchzuführen. Es sind<br />

die Einwirkungs– und Einheitskraftzustände am SGS zu definieren, aus dem Gelenkschluß<br />

die statischen Unbestimmten zu berechnen und durch Superposition die Bemessungsgrößen<br />

zu ermitteln.<br />

Natürlich läßt sich auch ein vergleichbares WGV ableiten. Das dazu erfor<strong>der</strong>liche GGS<br />

ist aber erheblich komplizierter als das beson<strong>der</strong>s einfache Membransystem des SGS,<br />

da es in <strong>der</strong> Regel partikuläre Biegelösungen <strong>der</strong> Schalentheorie voraussetzt, die nur<br />

im beschränkten Umfang vorliegen. In <strong>der</strong> klassischen Baustatik <strong>der</strong> Schalen wird das<br />

WGV daher kaum angewandt. Standardverfahren ist die Vorgehensweise mit Kraftzuständen.<br />

Die Methodik des KGV gilt auch für zusammengesetzte Rotationsschalen<br />

und ist z.B. im Markus /8/ sehr ausführlich dargestellt.<br />

5.3.2 Membranlösung<br />

Die Rotationsschale im (Bild 5.14) besteht lediglich aus einem Kreiszylin<strong>der</strong>, wenn man<br />

die Fundamentplatte und den Baugrund im Rahmen <strong>der</strong> Schalenberechnung vernachlässigt.<br />

Das Berechnungssystem <strong>der</strong> Membrantheorie ist im (Bild 5.15) dargestellt.<br />

p 3


Freier Rand<br />

Kreiszylin<strong>der</strong> Füllung γ<br />

ϕ 2<br />

Θ 2<br />

u 3<br />

R<br />

RA<br />

n 12 = n 21<br />

Θ<br />

a) SGS b) Füllungsdruck<br />

1 = ω<br />

Membranlagerung<br />

n 22<br />

Bild 5.15 : Berechnungssystem <strong>der</strong> Membrantheorie<br />

Die körperfesten Koordinaten Θ 1 und Θ 2 beschreiben die Ring– und Meridianrichtung<br />

<strong>der</strong> Schale. Θ 2 stimmt mit <strong>der</strong> Bogenlänge des Meridians überein. Θ 1 ist dagegen keine<br />

Bogenlänge, son<strong>der</strong>n ein Winkelmaß <strong>der</strong> Ringrichtung. Es ist daher eine Umrechnung<br />

erfor<strong>der</strong>lich, um Bemessungsgrößen zu erhalten, die sich grundsätzlich auf Bogenlängen<br />

beziehen. Die Schalennormale ist als Senkrechte <strong>der</strong> Tangentialfläche definiert, die<br />

zu jedem Punkt von Θ 1 und Θ 2 gehört.<br />

Am SGS (Bild 5.15a) sind die Kraft– und Wegzustände zu ermitteln, die sich durch den<br />

Füllungsdruck (Bild 5.15b) nach <strong>der</strong> Membrantheorie ergeben. Wegen <strong>der</strong> Rotationssymmetrie<br />

des Füllungsdrucks<br />

p 3 � � �H � � 2�, (5.1)<br />

<strong>der</strong> in Richtung <strong>der</strong> Schalennormale wirkt, gibt es keine Schiefstellung in <strong>der</strong> Schalen–<br />

fläche, so daß die Schubkräfte n 12 = n 21 entfallen. Das Gleichgewicht ist in Ring–, Meridian–<br />

und Normalenrichtung zu erfüllen.<br />

Ringrichtung<br />

Meridianrichtung<br />

Normalenrichtung<br />

:<br />

:<br />

:<br />

n 11 ,1 = 0.<br />

n 22 ,2 = 0.<br />

� 1<br />

R n11 � p 3<br />

� 0.<br />

– 5 / 20 –<br />

n 11<br />

Θ 2<br />

p 3<br />

u 3<br />

H<br />

(5.2.1)<br />

(5.2.2)<br />

(5.2.3)<br />

In Ring– und Meridianrichtung wirken keine Lasten. Die Längskräfte n 11 GL. (5.2.1) und<br />

n 22 (Gl. 5.2.2) än<strong>der</strong>n sich daher nicht. Der obere Rand ist ein freier Rand, so daß dort<br />

keine Längskräfte auftreten können. Die Meridianlängskraft n 22 muß daher Null werden.


Das Gleichgewicht in Normalenrichtung Gl. (5.2.3) kann im Rahmen <strong>der</strong> statisch bestimmten<br />

Membrantheorie mit dem Schnittprinzip aufgestellt werden. Im Ringschnitt<br />

(Bild 5.16) ist <strong>der</strong> halbe Zylin<strong>der</strong> dargestellt.<br />

n 11<br />

n 11<br />

R<br />

R<br />

�<br />

90°<br />

Bild 5.16 : Schnittprinzip zur Bestimmung von n 11<br />

p 3<br />

p 3<br />

p 3<br />

H<br />

�<br />

p 3<br />

H<br />

�<br />

p 3<br />

V<br />

p 3<br />

V<br />

– 5 / 21 –<br />

Innendruck:<br />

Vertikale Komponente:<br />

Horizontale Komponente:<br />

p 3<br />

p 3<br />

V � cos � p3<br />

p 3<br />

H � sin � p3<br />

Die vertikalen Komponenten des Innendrucks heben sich gegenseitig auf. Für die horizontale<br />

Komponente gilt:<br />

2n11 � � 180o<br />

p 3<br />

Hds � p3R� �<br />

0<br />

Daraus folgt Gl. (5.2.3) o<strong>der</strong> die Faßformel<br />

0<br />

sin � d� � p 3 R [� cos �] �<br />

0 � 2p3 R.<br />

n 11 � p 3 R . (5.3)<br />

Stellt man z.B. gedanklich eine Scheibe in den Zylin<strong>der</strong>, so erhält man im Ringschnitt<br />

das Gleichgewichtssystem<br />

p 3<br />

Scheibe<br />

p 3<br />

Scheibe<br />

und daraus durch einen speziellen Schnitt durch die Scheibe unmittelbar Gl. (5.3), ohne<br />

integrieren zu müssen.<br />

n 11<br />

n 11<br />

p 3<br />

R<br />

R


Die Ringkraft in einer zylindrischen Schalenwand ergibt sich aus dem Produkt Flächenlast<br />

mal Zylin<strong>der</strong>radius, wenn eine statisch bestimmte Membranlagerung vorliegt,<br />

die eine freie Verschiebung in Richtung <strong>der</strong> Einwirkung ermöglicht, vgl. (Bild 5.15a).<br />

Speziell für den Füllungsdruck Gl. (5.1) gilt<br />

n 11 � R� �H � � 2� . (5.4)<br />

Mit bekanntem Kraftzustand kann man den Wegzustand am SGS ebenfalls ermitteln.<br />

Von Interesse ist lediglich die Ringrichtung, da nur hier Kräfte auftreten. Es gilt die Verträglichkeitsaussage<br />

<strong>der</strong> Ringdehnung<br />

� K 11 � �M 11<br />

. (5.5)<br />

Die formale Darstellung von Gl. (5.5) ist bereits aus <strong>der</strong> Scheibentheorie bekannt, vgl.<br />

Teil 3. Der kinematische Anteil (Index K) ist bei Rotationsschalen als normierte Differenz<br />

<strong>der</strong> Bogenlängen des verformten und des unverformten Ringquerschnitts definiert. Die<br />

Bogenlängen sind im (Bild 5.17) dargestellt.<br />

Bild 5.17 : Bogenlänge im Ringquerschnitt<br />

R<br />

u 3<br />

verformte Bogenlänge<br />

unverformte Bogenlänge s<br />

Durch den Füllungsdruck verschiebt sich die Schalenwand gleichmäßig um das Maß<br />

u 3 nach außen. Die Bogenlänge <strong>der</strong> verformten Schalenwand beträgt<br />

s ~ � 2 �R � u 3 � � (5.6.1)<br />

und die Bogenlänge <strong>der</strong> unverformten Schalenwand<br />

s � 2R� . (5.6.2)<br />

Mit Gl. (5.6.1) als Normierungslänge errechnet sich die Ringdehnung zu<br />

� K 11 � s~ � s<br />

s<br />

. (5.7)<br />

– 5 / 22 –<br />

s ~


Gl. (5.6) in Gl. (5.7) eingesetzt, ergibt<br />

� K 11 � u 3<br />

R<br />

. (5.8)<br />

Die kinematische Ringdehnung Gl. (5.8) muß mit <strong>der</strong> Ringdehnung übereinstimmen,<br />

die das verwendete Material (Index M) zuläßt. Für elastisches Material gilt wie bei<br />

Scheiben die Beziehung<br />

� M 11<br />

� 1<br />

Et �n 11 � � n 22� . (5.9)<br />

Gl. (5.8 und 5.9) unter Beachtung von Gl. (5.4) und n 22 = 0 in Gl. (5.5) eingesetzt ergibt<br />

u 3<br />

R<br />

n11<br />

�<br />

Et � R� �H � �2� Et<br />

. (5.10)<br />

Die Auflösung von Gl. (5.10) nach u3 liefert dann die Bestimmungsgleichung <strong>der</strong> gesuchten<br />

Weggröße. Es gilt<br />

u3 � R2� �H � �2� . (5.11)<br />

Et<br />

Mit Gl. (5.11) ist auch die Meridianverdrehung bekannt. Es gilt<br />

��u3,2 �� � u3 � �2 � R2� ϕ2<br />

. (5.12)<br />

Et<br />

Die Membranlösung ist im (Bild 5.18) dargestellt. Verän<strong>der</strong>ungen ergeben sich nur in<br />

Richtung <strong>der</strong> Koordinate Θ 2 des Meridians. In Richtung <strong>der</strong> Koordinate Θ 1 des Breitenkreises<br />

sind die Größen dagegen wegen <strong>der</strong> Rotationssymmetrie von Geometrie und<br />

Einwirkung konstant. (Bild 5.18a) zeigt den Verlauf <strong>der</strong> Ringkraft Gl. (5.4), (Bild 5.18b)<br />

den Verlauf <strong>der</strong> Durchbiegung Gl. (5.11) und (Bild 5.18c) den Verlauf <strong>der</strong> Verdrehung<br />

Gl. (5.12).<br />

n 11<br />

Θ 2<br />

Bild 5.18 : Membranlösung<br />

u 3<br />

+ +<br />

+<br />

�RH<br />

�R 2 H<br />

Et<br />

– 5 / 23 –<br />

ϕ2<br />

�R 2<br />

Et<br />

a) Ringkraft b) Durchbiegung c) Verdrehung<br />

Oberer Rand<br />

Unterer Rand


5.3.3 Biegelösung<br />

Aus (Bild 5.18b und c) ist zu entnehmen, daß sich bei <strong>der</strong> Membranlösung am unteren<br />

Rand (Koordinate Θ 2 = 0) eine Durchbiegung und eine Verdrehung einstellt, die beim<br />

wirklichen System nicht auftreten können, da hier eine feste Einspannung vorliegt, vgl.<br />

(Bild 5.14b). Es sind also entlang des Breitenkreises arbeitskonforme Kraftzustände am<br />

Ort <strong>der</strong> Störung anzubringen, um den Einspannzustand wie<strong>der</strong> herzustellen. Zur Rücknahme<br />

<strong>der</strong> Durchbiegung u 3 (Θ 2 = 0) ist eine umlaufende Querkraft Q und zur Rücknahme<br />

<strong>der</strong> Verdrehung ϕ 2 (Θ 2 =0) ein umlaufendes Moment M anzubringen. Beide<br />

führen zu einer Biegebeanspruchung <strong>der</strong> Schalenwand. Es ist also neben <strong>der</strong> Membrantheorie<br />

auch noch eine Biegetheorie abzuleiten, um diesen Zustand zu erfassen.<br />

Das Berechnungssystem <strong>der</strong> Biegetheorie ist im (Bild 5.19) dargestellt. Es stimmt mit<br />

dem SGS <strong>der</strong> Membrantheorie überein. (Bild 5.19a) zeigt den Einwirkungszustand und<br />

(Bild 5.19b) die dadurch auftretenden Zustandsgrößen.<br />

H<br />

Θ 2<br />

Bild 5.19 : Berechnungssystem <strong>der</strong> Biegetheorie<br />

R<br />

t<br />

Q<br />

Θ1 = ω<br />

M<br />

Membranlagerung<br />

– 5 / 24 –<br />

Θ 2 , u 2<br />

u 3<br />

n 22<br />

m22 m11 a) SGS und Einwirkung b) Zustandsgrößen<br />

Die Weggrößen u 1 und ϕ 1 sowie die Kraftgrößen n 12 = n 21 , m 12 = m 21 und q 13<br />

entfallen, da es sich bei den Randgrößen Q und M um rotationssymmetrische Ein–<br />

wirkungen handelt. Wegen des freien Randes am oberen Ende <strong>der</strong> Rotationsschale<br />

(Koordinate Θ 2 = H) tritt auch im Rahmen <strong>der</strong> Biegetheorie keine n 22 –Kraft entlang<br />

des Meridians auf. Eine einwirkungsbedingte Krümmung in Ringrichtung kann sich<br />

ebenfalls nicht ausbilden. Es gilt � K 11 � 0. Das Ringmoment m11 ist daher durch<br />

die Verträglichkeitsaussage<br />

� K 11 � �M 11 � B* �m 11 � � m 22� � 0 � m 11 � � m 22 (5.13)<br />

als ν–facher Wert des Meridianmoments m 22 bekannt und spielt für die weitere Betrachtung<br />

keine Rolle. Gl. (5.13) ist bereits aus <strong>der</strong> Plattentheorie bekannt, vgl. Teil 4.<br />

Dort gilt sie z.B. für Plattenstreifen unter Gleichlast, <strong>der</strong>en Krümmung in einer Richtung<br />

ebenfalls verschwindet.<br />

q 23<br />

ϕ 2<br />

n 11<br />

Θ 1


Von den Gleichgewichtsbedingungen Gl. (5.2) ist nur Gl. (5.2.3) von Interesse, die das<br />

Kräftegleichgewicht in Normalenrichtung <strong>der</strong> Schalenwand beschreibt. Sie gilt auch für<br />

die Biegetheorie, wenn man den Einwirkungsterm p3 äquivalent durch die erste Ableitung<br />

q23 ,2 <strong>der</strong> Querkraft q23 ersetzt und diesen Term wie<strong>der</strong>um durch die zweite Ableitung<br />

m22 ,22 des Meridianmoments m22 ausdrückt; Zusammenhänge, die sich wegen<br />

des geraden Verlaufs <strong>der</strong> Meridianrichtung und <strong>der</strong> Rotationssymmetrie ebenfalls unmittelbar<br />

aus <strong>der</strong> Plattentheorie ergeben. Es gilt<br />

� 1<br />

R n11 � m22 ,22 � 0. (5.14)<br />

Die Bestimmungsgleichungen für die Längskräfte sind durch das Auflösen <strong>der</strong> Verträglichkeitsaussagen<br />

� K 11 � �M 11 und �K 22 � �M 22 nach n11 und n 22 zu ermitteln. Die<br />

formale Darstellung ist wie<strong>der</strong>um aus <strong>der</strong> Scheibentheorie bekannt, vgl. Teil 3. Für Rotationsschalen<br />

gilt speziell<br />

und<br />

� K 11<br />

� K 22<br />

n 11 � D � 1<br />

R u 3 � � u 2,2� (5.14.1)<br />

� K 22<br />

� K 11<br />

n 22 � D �u 2,2 � � 1<br />

R u 3� � 0. (5.14.2)<br />

Gl. (5.14.2) nach u 2,2 aufgelöst und in Gl. (5.14.1) eingesetzt, ergibt für die Ringkraft<br />

den Ausdruck<br />

n 11 � D<br />

R �1 � � 2� u 3 . (5.15)<br />

Die Bestimmungsgleichungen für die Biegemomente sind durch das Auflösen <strong>der</strong> Verträglichkeitsaussagen<br />

� K 11 � �M 11 und �K 22 � �M 22 nach m11 und m 22 zu ermitteln,<br />

die sich, wie bereits angemerkt, unmittelbar aus <strong>der</strong> Plattentheorie ergeben. Die Berechnungsgleichung<br />

für m 11 ist von untergeordneter Bedeutung und entfällt. Mit<br />

� K 11 � 0 verbleibt für m22 <strong>der</strong> Ausdruck<br />

� K 22<br />

m 22 � B �� u 3,22 � . (5.16)<br />

Die Ringkraft Gl. (5.15) und das Meridianmoment Gl. (5.16) hängen nur von <strong>der</strong> Durchbiegung<br />

u 3 ab. Das Kräftegleichgewicht in Richtung <strong>der</strong> Schalennormale Gl. (5.14)<br />

kann daher allein durch die Weggröße u 3 ausgedrückt werden. Mit <strong>der</strong> Annahme einer<br />

konstanten Plattensteifigkeit B erhält man zunächst die DGL<br />

� D<br />

R 2 �1 � � 2� u 3 � Bu 3,2222 � 0.<br />

– 5 / 25 –


Mit dem Verhältnis von Scheiben– und Plattensteifigkeit bzw. <strong>der</strong> Dehn– und Biege–<br />

steifigkeit <strong>der</strong> Schalenwand<br />

D<br />

B �<br />

folgt die Form<br />

Et<br />

�1�� 2�<br />

Et 3<br />

12 �1�� 2�<br />

� 12<br />

t 2<br />

u 3,2222 � 12 �1 � � 2�<br />

R 2 t 2<br />

u 3 � 0<br />

o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Abkürzung<br />

3 �1 � �<br />

� � H<br />

2�<br />

R2 t2 4� (5.17)<br />

endgültig<br />

u 3,2222 � 4 � �<br />

H �4<br />

u 3 � 0. (5.18)<br />

Die DGL (5.18) beschreibt die Biegelösung von geschlossenen Kreiszylin<strong>der</strong>scha–<br />

len, wenn rotationssymmetrische Randgrößen auf die Schale einwirken. Die Struktur<br />

von Gl. (5.18) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> DGL von gebetteten Biegebalken überein, vgl.<br />

z.B. /12/. Die Abkürzung Gl. (5.17) kann daher als Abklingfaktor <strong>der</strong> Lösung<br />

�<br />

u3 � e��H��2�C1 cos�� – 5 / 26 –<br />

�� 2�<br />

H ��2 � C2 sin�� H<br />

�<br />

� e��H�� 2�C3 cos�� H �� 2 � C4 sin�� H �� 2� gedeutet werden, die zu einem elastisch gebetteten Balken mit <strong>der</strong> Bettungszahl<br />

K � Et�1 � � 2�<br />

R 2<br />

(5.19)<br />

(5.20)<br />

und <strong>der</strong> Länge s = H gehört. Gl. (5.20) folgt aus dem Vergleich <strong>der</strong> Abklingfaktoren<br />

von Schale und Balken, die mit H = s gleiche Höhen– bzw. Längenabmessungen<br />

aufweisen. Beide Systeme sind im (Bild 5.20) dargestellt. Im (Bild 5.20a) sind die Zusammenhänge<br />

bei <strong>der</strong> Schale und im (Bild 5.20b) beim Balken angegeben.


System<br />

DGL<br />

Abkling–<br />

faktor<br />

Rotations–<br />

achse<br />

u 3<br />

Θ 2<br />

Θ 1 = ω<br />

R<br />

u 3,2222 � 4 � �<br />

H �4<br />

u 3 � 0<br />

� � H<br />

t<br />

E, ν<br />

u 3<br />

3 �1 � �2� R2 t2 4� � H<br />

R 3 �1 � �2� 4�<br />

a) Kreiszylin<strong>der</strong>schale b) Elastisch gebetteter<br />

Balken<br />

Bild 5.20 : Vergleich zwischen Kreiszylin<strong>der</strong>schale und elastisch gebetteten Balken<br />

– 5 / 27 –<br />

Oberer Rand<br />

Θ 2<br />

Θ 2<br />

�<br />

R<br />

t<br />

H<br />

Unterer Rand<br />

Bettung K <strong>der</strong> Schale<br />

Linker<br />

Rand<br />

w<br />

s<br />

x x<br />

EI<br />

Rechter<br />

Rand<br />

Bettung K des<br />

Baugrunds<br />

w���� � 4 �� s�4w � 0<br />

� � s<br />

4� K<br />

4EI<br />

Die Biegelösung Gl. (5.19) besteht aus zwei Anteilen (Bild 5.21). Es sind periodische<br />

cos– und sinus–Schwingungen, die von den Schalenrän<strong>der</strong>n Θ2 (Bild 5.21a) bzw.<br />

Θ2 (Bild 5.21b) ausgehen und als Folge <strong>der</strong> negativen Exponenten <strong>der</strong> e–Funktion<br />

⋅�R � hän-<br />

abklingen. Die Zahlenwerte <strong>der</strong> Abklingfaktoren, z.B. �� H � �2 � �2<br />

R �3 1�4<br />

�1 � �2� t�1�2 gen maßgeblich vom Verhältnis �R t� ab, wenn ��2 R� � 1 ist, es sich also nicht um extrem<br />

kurze Schalen handelt. �R t� �� 1 ist dagegen stets erfüllt. Dadurch sind bei praktischen<br />

Problemen in <strong>der</strong> Regel sehr große Abklingfaktoren zu erwarten, so daß die<br />

Lösungen lediglich in einem schmalen Randbereich auftreten und die Schalen– rän<strong>der</strong><br />

sich nicht gegenseitig beeinflussen. Das Verhältnis von zwei, um die Periode T versetzten<br />

Schwingungsamplituden ist z.B. durch<br />

u 3�T<br />

u 3 �<br />

e�� �<br />

H �(�2 �T)<br />

e<br />

� �� ��2 H<br />

� e�� �<br />

H �T � 2 �2� � 0.00187 .


u 3<br />

a) Anpassen <strong>der</strong> Randbedingungen mit Θ 2 = 0<br />

Rand Θ 2 = 0<br />

Θ 2<br />

Kein Einfluß<br />

c) Schwingungsperiode:<br />

Bild 5.21 : Biegelösung<br />

cos���� 2<br />

H<br />

sin�� H<br />

Θ 2<br />

u 3<br />

b) Anpassen <strong>der</strong> Randbedingungen mit<br />

e<br />

T<br />

H<br />

T<br />

e<br />

cos�� H<br />

sin�� 2<br />

��<br />

H<br />

� 2<br />

�� �� H<br />

�� 2<br />

� �� ��2 H<br />

Θ 2<br />

�� 2<br />

Θ 2 = 0<br />

– 5 / 28 –<br />

Θ 2<br />

Kein Einfluß<br />

u 3<br />

�� H �T � 2� � T �<br />

2� ⋅ R<br />

3(1 � �2 4� )<br />

Rand Θ 2 = 0<br />

⋅<br />

R<br />

R<br />

�t<br />

R


ekannt, wobei T nach (Bild 5.21a bzw. b) die Länge einer vollen Schwingung in<br />

Θ 2 – bzw. Θ 2 –Richtung angibt, die wegen � t<br />

R � �� 1 nur einen Bruchteil des Schalenradius<br />

R beträgt (Bild 5.21c). Die Anpassung <strong>der</strong> Lösung Gl. (5.19) an die vorliegenden<br />

Randbedingungen kann daher getrennt für die einzelnen Schalenrän<strong>der</strong>, also in entkoppelter<br />

Form erfolgen. Dazu müssen jeweils zwei Bedingungen pro Schalenrand bekannt<br />

sein, entwe<strong>der</strong> zwei geometrische, zwei statische o<strong>der</strong> eine geometrische und<br />

eine statische Randbedingung.<br />

Mit dem ersten Anteil <strong>der</strong> Lösung Gl. (5.19) sind dann auch alle weiteren Zustands–<br />

größen <strong>der</strong> abklingenden Biegelösung des Θ 2 –Schalenrandes bekannt. Im einzelnen<br />

gilt<br />

und<br />

n 11 � D<br />

R �1 � � 2� u 3 , (5.21.1)<br />

ϕ<br />

2 ��u3,2 , (5.21.2)<br />

m 22 ��Bu 3,22<br />

– 5 / 29 –<br />

(5.21.3)<br />

q 23 ��Bu 3,222 . (5.21.4)<br />

Die Durchführung <strong>der</strong> Ableitungsvorschrift ergibt<br />

und<br />

� �C1 � C � 2 cos�� H ��2 � �C1 � C � 2 sin�� H<br />

� C2 cos�� ��2�, (5.22.1)<br />

H ��2 � C1 sin�� m ��2� H 22 �<br />

� (5.22.2)<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�e�� ��2 H<br />

H 2 �<br />

B2�� �<br />

�e�� ��2 H<br />

H<br />

q23 � B2�� H �3<br />

�<br />

e��H �� 2<br />

�� �C 1 � C 2 � cos� �<br />

H �� 2 � �C 1 � C 2 � sin� �<br />

H �� 2�. (5.22.3)<br />

Für den Θ 2 –Schalenrand ist lediglich Θ 2 mit Θ 2 zu tauschen, um auch dort Lösun–<br />

gen zu erhalten. Durch die Vorgabe <strong>der</strong> statischen Randbedingungen Q und M für<br />

Θ 2 = 0 können abschließend die Konstanten C 1 und C 2 bestimmt werden, so daß<br />

eine eindeutige Lösung des Randstörungsproblems <strong>der</strong> Kreiszylin<strong>der</strong>schale vorliegt.


5.3.4 Beispiel Wasserbehälter<br />

Es sind die maßgeblichen Bemessungsgrößen zur Auslegung eines randvoll gefüllten<br />

Wasserbehälters aus Stahlbeton nach <strong>der</strong> linear–elastischen Schalentheorie zu er–<br />

mitteln. Das Berechnungssystem ist im (Bild 5.22) dargestellt. Die Geometrie des Behälters<br />

besteht aus einer kreiszylindrischen Schalenform. Die Wanddicke ist konstant<br />

und <strong>der</strong> Behälterfuß fest in ein umlaufendes Fundament eingespannt. Eine obere Abdeckung<br />

ist nicht vorhanden.<br />

H = 8. m<br />

t = 0.24 m<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

ÉÉÉÉÉ<br />

Ç ÉÉÉÉÉ<br />

Ç ÇÇÇÇÇÇÇÇÇÇÇÇÇÇ<br />

ÉÉÉÉÉ<br />

ÉÉÉÉÉ<br />

9. m<br />

Bild 5.22 : Wasserbehälter, aus /4/<br />

Rotations–<br />

achse<br />

Wasserfüllung (γ)<br />

Wasserdruck<br />

Betonplatte<br />

– 5 / 30 –<br />

R = 9. m<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

ÉÉÉÉÉ<br />

ÉÉÉÉÉ<br />

Kreiszylin<strong>der</strong><br />

E = 3 ⋅ 107 kN/m2 ν = 0.2<br />

Fundament<br />

Der Wasserdruck ist ein rotationssymmetrischer Lastfall, so daß keine antimetrischen<br />

Zustandsgrößen (u 1, ϕ 1, n 12 = n 21 , m 12 = m 21 , q 13 ) auftreten. Von den symmetrischen<br />

Zustandsgrößen sind (u 2, n 22 und m 11 ) von untergeordneter Bedeutung. Die Ver–<br />

drehung ϕ 2 wird lediglich zur Durchführung <strong>der</strong> Berechnung nach dem KGV benötigt.<br />

Als Bemessungsgrößen zur Dimensionierung <strong>der</strong> Behälterwand sind also nur die im<br />

(Bild 5.23) dargestellten Zustandsgrößen (u 3, n 11 , m 22 und q 23 ) zu ermitteln.


Θ 1<br />

Θ 2<br />

u 3<br />

= Ringrichtung.<br />

= Meridian– bzw. Längsrichtung.<br />

= Richtung � zur Behälterwand.<br />

Bild 5.23 : Bemessungsgrößen<br />

Die Gesamtlösung <strong>der</strong> Durchbiegung<br />

u 3 � u 3h � u 3p<br />

setzt sich aus zwei Anteilen zusammen. Die homogene Lösung (Index h) erfaßt die<br />

Randbedingungen des Systems und die partikuläre Lösung (Index p) die Wirkung<br />

des Wasserdrucks. Das Anpassen <strong>der</strong> Randbedingungen ist ein Randstörungs–<br />

problem. Es ist näherungsweise durch die abklingende Biegelösung Gl. (5.19) und<br />

Gl. (5.22) bekannt. Die partikuläre Lösung kann ebenfalls durch eine Näherung ersetzt<br />

werden. Hierfür bietet sich die Membranlösung Gl. (5.4), Gl. (5.11) und Gl. (5.12) an,<br />

da <strong>der</strong> Wasserdruck großflächig auf die Wand einwirkt. Sie ist im (Bild 5.24) dargestellt.<br />

H<br />

Rotations–<br />

achse<br />

Θ 2<br />

R<br />

Membranlagerung<br />

Wasser–<br />

druck<br />

– 5 / 31 –<br />

Θ 2<br />

m 22<br />

Bild 5.24 : Partikuläre Lösung = Membrantheorie = 0–Zustand am SGR<br />

p 3<br />

Ring–<br />

kraft<br />

+<br />

n 11<br />

0<br />

u 3<br />

q 23<br />

Durch–<br />

biegung<br />

+<br />

u 30<br />

n 11<br />

+<br />

Θ 1<br />

Ver–<br />

drehung<br />

ϕ 20


Die Anwendung <strong>der</strong> Membrantheorie setzt voraus, daß Randbedingungen vorliegen,<br />

die eine zwängungsfreie Durchbiegung erlauben. Im SGS (Bild 5.24) ist die Einspannung<br />

<strong>der</strong> Behälterwand daher durch eine momentenfreie und verschiebliche Lagerung<br />

zu ersetzen, um diese Bedingung zu erfüllen. Aus <strong>der</strong> Gleichgewichtsbedingung in<br />

Ringrichtung folgt dann die Ringkraft<br />

n 11<br />

0 � Rp3 � R� (H � � 2 )<br />

und aus <strong>der</strong> zugeordneten Verträglichkeitsbedingung die Durchbiegung<br />

u30 � R n11<br />

0<br />

Et � R2 � (H � �2 )<br />

Et<br />

.<br />

Mit u 30 ist durch ϕ 20 = – u 30,2 auch die Verdrehung im Momentengelenk bekannt.<br />

�<br />

20� R2<br />

Et .<br />

ϕ<br />

Im wirklichen System sind in <strong>der</strong> Einspannung Θ 2 = 0 die Durchbiegung u 3 und die<br />

Verdrehung ϕ 2 Null. Die partikulären Lösungen u 30 und ϕ 20 müssen daher mit homogenen<br />

Lösungen u 3j und ϕ 2j überlagert werden, um dies zu erreichen. Dazu sind am<br />

SGS (Bild 5.24) <strong>der</strong> Membrantheorie die j = 1, 2 arbeitskonformen Einheitskraftzustände<br />

X j anzubringen, die Vergleichswerte zur Erfüllung <strong>der</strong> Lagerbedingungen durch<br />

die Auswertung <strong>der</strong> Biegelösung zu berechnen und die Verträglichkeitsbedingungen<br />

und<br />

u 3 (� 2 � 0) � u 30 (� 2 � 0) � X 1 ⋅ u 31 (� 2 � 0, X 1 � 1)<br />

� X 2 ⋅ u 32 (� 2 � 0, X 2 � 1) � ! 0<br />

22 (�2 � 0, X2 � 1) � ! 2<br />

0<br />

(�2 � 0) � 20 (�2 ϕ ϕ � 0) � X1 ⋅ 21<br />

� X2 ⋅<br />

(�2 ϕ � 0, X1 � 1)<br />

ϕ<br />

aufzustellen. Der X 1–Zustand ist im (Bild 5.25) und <strong>der</strong> X 2–Zustand im (Bild 5.26) dargestellt.<br />

Angegeben sind jeweils unter a) das System, unter b) die Bestimmung <strong>der</strong><br />

Konstanten und unter c) die Lösung des Biegeproblems für die Einheitszustände.<br />

– 5 / 32 –


a) System<br />

c) Lösung<br />

Θ 2<br />

Membranlagerung<br />

X1 � q23 1 ��2 � 0� � 2B ��<br />

H�3 X2 � m22 1 ��2 � 0� � 2B ��<br />

H�2 b) Bestimmung <strong>der</strong> Konstanten<br />

u 31 � 1<br />

m 22<br />

1<br />

q 23<br />

1<br />

C 1 �� 1<br />

2B ��<br />

H<br />

�<br />

�<br />

1<br />

e��<br />

�<br />

� �<br />

H<br />

2B ��<br />

H �3 und C 2<br />

���<br />

2<br />

e��H �3<br />

��2 H<br />

Bild 5.25 : X 1–Zustand = Querkraft am SGR<br />

– 5 / 33 –<br />

Rotationsachse<br />

R<br />

�� C 1 � C 2 � � 1.<br />

� C 2 � � 0.<br />

� 0.<br />

X2 = 0.<br />

X1 = 1.<br />

cos� �<br />

H �� 2 ,u 31 �� 2 � 0� �� 1<br />

sin� �<br />

H �� 2 ,<br />

� e�� �<br />

H �� 2�cos� �<br />

H �� 2 � sin� �<br />

H �� 2� .<br />

2B ��<br />

H<br />

� 21 �� 2 � 0� �� 1<br />

2B ��<br />

H<br />

�3 ,<br />

�2 ,


a) System<br />

c) Lösung<br />

Θ 2<br />

Membranlagerung<br />

X1 � q23 2 ��2 � 0� � 2B ��<br />

H�3 X2 � m22 2 ��2 � 0� � 2B ��<br />

H�2 C 2 ��C 1 � 1<br />

b) Bestimmung <strong>der</strong> Konstanten<br />

u 32 �� 1<br />

m 22<br />

2<br />

q 23<br />

2<br />

2B ��<br />

H<br />

�2 .<br />

2B ��<br />

���<br />

2�cos� e��<br />

�<br />

H<br />

�2<br />

H<br />

Bild 5.26 : X 2–Zustand = Biegemoment am SGR<br />

– 5 / 34 –<br />

Rotationsachse<br />

R<br />

�� C 1 � C 2 � � 0.<br />

� C 2 � � 1.<br />

���2�cos�<br />

� e��<br />

�<br />

H<br />

H ��2 � sin�� H ��2� ,<br />

��2� �<br />

H �� 2 e<br />

� �� ��2 H<br />

X 2 = 1.<br />

X 1 = 0.<br />

H ��2 � sin�� H ��2�, u �� 32 2 � 0� �� 1<br />

sin� �<br />

H �� 2 .<br />

2B ��<br />

H<br />

� 22 �� 2 � 0� �� 1<br />

2B ��<br />

H<br />

�2 ,<br />

� ,


Die explizite Form <strong>der</strong> Verträglichkeitsbedingungen ist durch<br />

X 1<br />

1<br />

2B ��<br />

H �3<br />

1<br />

2B ��<br />

H �2<br />

– 5 / 35 –<br />

X 2<br />

1<br />

2B ��<br />

H �2<br />

Lastzustand<br />

R 2 �H<br />

Et<br />

gegeben. Die Lösung des algebraischen Gleichungssystems führt für die statisch Un–<br />

und<br />

Lagerbedingung<br />

u 3 (Θ 2 = 0) = 0<br />

ϕ 2 (Θ 2 = 0) = 0<br />

bestimmten auf die Werte:<br />

Damit sind dann auch die gesuchten Bemessungsgrößen bekannt:<br />

und<br />

X 1 �� 2B R2 � ��<br />

H �2<br />

Et<br />

X 2 � 2B R2 � ��<br />

H �<br />

Et<br />

u 3 � u 30 � X 1 ⋅ u 31 � X 2 ⋅ u 32 ,<br />

n 11 � Et<br />

R u 3 ,<br />

(1 � 2�) �� �<br />

(1 � �) �� �<br />

m22 � m22 0 � X1 ⋅ m22<br />

1 � X2 ⋅ m22<br />

2<br />

2� �<br />

(1 � 2�)<br />

�2<br />

H<br />

2�� (1 � �) .<br />

�3<br />

H<br />

Membrantheorie !<br />

mit m22<br />

0<br />

� 0<br />

q23 � q23 0 � X1 ⋅ q23<br />

1 � X2 ⋅ q23<br />

2 mit q23 0 � 0.<br />

1<br />

B ��<br />

H �<br />

R 2 �<br />

Et


Die Auswertung <strong>der</strong> Superposition führt auf die Ausdrücke<br />

und<br />

u 3 �<br />

� R2<br />

Et ��H � � 2� � He<br />

n 11 � � R��H � � 2� � He<br />

m 22 � �<br />

2� �<br />

H<br />

F 2<br />

F 3<br />

Die Verläufe <strong>der</strong> Bemessungsgrößen sind im (Bild 5.27) dargestellt.<br />

�<br />

Wasserspiegel<br />

2 (m)<br />

u 3 � �R2<br />

Et F 1<br />

n 11 � �RF 1<br />

F 3<br />

� �� ��2�cos�� H<br />

–8. –6. –4. –2. 0. +2. +4. +6. +8.<br />

Bild 5.27 : Verlauf <strong>der</strong> Bemessungsgrößen<br />

0.<br />

F 1<br />

� �� ��2�cos�� H<br />

�3�e �� �<br />

H �� 2�(1 � �) cos� �<br />

8.<br />

7.<br />

6.<br />

5.<br />

4.<br />

3.<br />

2.<br />

1.<br />

– 5 / 36 –<br />

H��2 ��1 � 1�<br />

sin��<br />

� H��2�� ,<br />

H��2 ��1 � 1�<br />

sin��<br />

� H��2�� ,<br />

H��2 � � sin�� H��2�� q23 � �<br />

2�� H �2��<br />

�<br />

e��H��2�(1 � 2�) cos�� H��2 � sin�� H��2�� .<br />

F 1<br />

F 2<br />

m 22 � �<br />

2� �<br />

H �3 F 2<br />

q 23 � �<br />

2� �<br />

H �2 F 3<br />

Membrantheorie


In <strong>der</strong> oberen Hälfte des Behälters stimmt die Verteilungsfunktion F 1 <strong>der</strong> Durch–<br />

biegung u 3 und <strong>der</strong> Ringkraft n 11 mit den Ergebnissen <strong>der</strong> Membranlösung überein.<br />

Biegelösungen treten daher nur in <strong>der</strong> unteren Hälfte des Behälters auf. Die Ver–<br />

teilungsfunktionen F 2 des Biegemoments m 22 und F 3 <strong>der</strong> Querkraft q 23 nehmen<br />

am Behälterfuß (Koordinate Θ 2 = 0) ein Maximum an, weil dort die Einspannbe–<br />

dingungen u 3 (Θ 2 = 0) = 0. und ϕ 2 (Θ 2 = 0) = 0. gelten, die den größten Zwang er–<br />

geben. Bei Θ 2 ≈ 1. wechseln sie das Vorzeichen und klingen danach sehr schnell ab,<br />

vgl. (Bild 5.27). Die Ringkraft n 11 verschwindet am Behälterfuß ebenfalls, da in <strong>der</strong> Einspannung<br />

keine Ringdehnung und somit auch keine Kraft auftreten kann.<br />

Die Lösungen gemäß (Bild 5.27) hätte man auch unmittelbar aus Gl. (5.19) und<br />

Gl. (5.22) durch Anpassen <strong>der</strong> Konstanten ermitteln können, ohne das KGV anwenden<br />

zu müssen. Die Methodik des KGV ist aber wesentlich anschaulicher als die direkte<br />

Integration <strong>der</strong> DGL. Darüber hinaus läßt sie sich in einfacher Weise auf beliebige Anwendungsfälle<br />

erweitern (Bild 5.28); z.B. auf Behälter, die Sprünge in <strong>der</strong> Wanddicke<br />

aufweisen (Bild 5.28a) o<strong>der</strong> auf Behälter, die sich aus zwei o<strong>der</strong> mehr Teilschalen zusammensetzen<br />

(Bild 5.28b).<br />

t 2<br />

t 1<br />

a 1) Statisches System<br />

Rotationsachse<br />

a 2) SGS<br />

a) Behälter mit Wanddickensprung<br />

Bild 5.28 : Anwendungsfälle<br />

Füllung γ Füllung γ<br />

m 22 = X 1<br />

q 23 = X 2<br />

m 22 = X 3<br />

q 23 = X 4<br />

– 5 / 37 –<br />

t<br />

Rotationsachse<br />

b 1) Statisches System b 2) SGS<br />

b) Zusammengesetzter Behälter<br />

m 22 = X 1<br />

q 23 = X 2<br />

m 22 = X 3<br />

q 23 = X 4<br />

In beiden Fällen sind zwei zusätzliche statische Unbestimmte einzuführen. Im SGS<br />

(Bild 5.28a 2), um die Biegelösung zu erfassen, die aus dem Dickensprung resultiert und<br />

im SGS (Bild 5.28b 2), um die Biegestörung zu erfassen, die sich durch das biegesteife<br />

Zusammenwirken <strong>der</strong> Teilschalen ergibt.


5.4 Membrantheorie von Allgemeinen Schalen<br />

Die Membrantheorie ist eine statisch bestimmte Schalentheorie, die nur den Schei–<br />

benanteil enthält. Biegung darf im Rahmen dieser Theorie nicht auftreten, so daß <strong>der</strong><br />

Plattenanteil entfällt. Wegen <strong>der</strong> gekrümmten Mittelfläche können bei Membranschalen<br />

Flächenlasten senkrecht zur Fläche allein durch Scheibenkräfte aufgenommen werden.<br />

Der Unterschied zwischen Scheiben und Membranschalen ist im (Bild 5.29) dargestellt.<br />

(Bild 5.29a) zeigt die Verhältnisse bei ebenen Scheiben und (Bild 5.29b) bei gekrümmten<br />

Membranschalen.<br />

(2)<br />

n 22<br />

p 2<br />

p 1<br />

n 21 = n 12<br />

n 12<br />

n 11<br />

(1)<br />

Drei Kräfte (n 11 , n 22 , n 12 = n 21 )<br />

und zwei unabhängige Kräfte–<br />

gleichgewichtsbedingungen in<br />

(1)– und (2)–Richtung ergeben<br />

ein 1–fach statisch unbestimmtes<br />

System.<br />

Bild 5.29 : Unterschied zwischen Scheiben und Membranschalen<br />

– 5 / 38 –<br />

(2)<br />

n 22<br />

n 21 = n 12<br />

p 3<br />

p 2<br />

p 1<br />

n 12<br />

n 11<br />

(1)<br />

(3): Normale <strong>der</strong> Mittelfläche<br />

Drei Kräfte (n 11 , n 22 , n 12 = n 21 )<br />

und drei unabhängige Kräfte–<br />

gleichgewichtsbedingungen in<br />

(1)–, (2)– und (3)–Richtung ergeben<br />

ein statisch bestimmtes System.<br />

a) Ebene Fläche: Scheibe b) Gekrümmte Fläche: Membranschale<br />

Damit keine Biegung auftritt, ist die Lagerung von Schalen als Membranlagerung auszubilden,<br />

die nur Kräfte in <strong>der</strong> Schalenfläche aufnehmen darf, um Querkräfte und Momente<br />

zu vermeiden. Auch dürfen keine Einzelkräfte angreifen, da die Krafteinleitung<br />

lokal ebenfalls eine Biegewirkung auslöst.


5.4.1 Kräftegleichgewicht<br />

In <strong>der</strong> (1)– und (2)–Richtung in <strong>der</strong> Tangentenfläche von Membranschalen gilt<br />

n �� � � � p � � 0. (5.33)<br />

Gleichung (5.33) ist eine Erweiterung <strong>der</strong> Scheibengleichung n�� ,� � p � � 0. Die partielle<br />

Ableitung n�� ,� � �n�� �n��<br />

��� �<br />

�x� erfaßt die Betragsän<strong>der</strong>ung des Kraftvek–<br />

tors n � n���a� � a �. � Die Richtung �a� � a � � ist konstant, weil bei Scheiben die kör-<br />

perfesten Koordinaten �� 1 , � 2� mit <strong>der</strong> Basis a 1 und a 2 und die ortsfesten Koordina-<br />

ten (X 1 , X 2 ) mit <strong>der</strong> konstanten Basis �i 1 � i 2 � zusammenfallen.<br />

Bei Schalen ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, so daß nun auch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Basis<br />

(a 1 und a 2) erfaßt werden muß. Anstelle <strong>der</strong> partiellen Ableitung n �� ,� � �n��<br />

daher die kovariante Ableitung<br />

n �� � �� n �� ,� � n �� � � �� � n �� � � ��<br />

– 5 / 39 –<br />

��� ist<br />

(5.34)<br />

zu bilden, um die Betrags– und Richtungsän<strong>der</strong>ung von Kraftvektoren zu erfassen.<br />

Die kovariante Ableitung enthält neben <strong>der</strong> partiellen Ableitung zur Erfassung <strong>der</strong> Betragsän<strong>der</strong>ung<br />

zwei zusätzliche Terme, um den Einfluß <strong>der</strong> Orts– und Richtungsabhängigkeit<br />

<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>lichen Basis zu erfassen. Die Transformationskoeffizienten �� ��<br />

werden als Christoffel–Symbole bezeichnet.<br />

In <strong>der</strong> (3)–Richtung senkrecht zur Tangentenfläche von Membranschalen gilt<br />

b �� n �� � p 3 � 0. (5.35)<br />

Gleichung (5.35) fehlt in <strong>der</strong> Theorie ebener Scheibentragwerke. Sie kann wegen <strong>der</strong><br />

Umlenkwirkung durch die Flächenkrümmung b �� nur bei Schalen auftreten (Bild 5.30).<br />

Bei ebenen Flächentragwerken muß sie durch die Plattentheorie ersetzt werden.<br />

(3): Normale<br />

n ��<br />

links<br />

Bild 5.30 : Umlenkwirkung bei Membranschalen<br />

p 3<br />

Flächen–<br />

krümmung b ��<br />

n ��<br />

rechts<br />

b �� n ��


5.4.2 Kovariante Ableitung und Krümmung<br />

Im (Bild 5.31) ist die Einbettung <strong>der</strong> Schalenfläche im dreidimensionalen Raum dargestellt.<br />

i 1<br />

X 1<br />

X 3<br />

i 3<br />

i 2<br />

X 2<br />

a 3<br />

(Ortfeste Basis)<br />

a 2<br />

R � (Ortsvektor)<br />

a 1<br />

– 5 / 40 –<br />

� 3<br />

(Körperfeste Basis)<br />

� 1<br />

Körperfeste Flächenkoordinaten � � , � � 1, 2<br />

mit <strong>der</strong> Basis a 1 , a 2 , a 3 .<br />

Ortsfeste Raumkoordinaten X i ,i� 1, 2, 3<br />

mit <strong>der</strong> Basis i 1 , i 2 , i 3 .<br />

Bild 5.31 : Einbettung <strong>der</strong> Schalenfläche im Raum<br />

Die Einbettung ist durch die Parameterabbildung mit dem Ortsvektor<br />

X 1 � X 1 (� 1 , � 2 )<br />

R = X 2 � X 2 (� 1 , � 2 )<br />

X 3 � X 3 (� 1 , � 2 )<br />

(5.36)<br />

eindeutig festgelegt. Mit Gl. (5.36) ist die Geometrie beliebiger Schalenflächen vollständig<br />

bekannt.<br />

Körperfeste Basis in <strong>der</strong> Tangentenfläche:<br />

a� � �R<br />

�� � � R, � , � � 1, 2 .<br />

(5.36.1)


Körperfeste Einheitsbasis in Richtung <strong>der</strong> Normalen zur Tangentenfläche:<br />

a 3 � a 1 � a 2<br />

�a 1 � a 2 � .<br />

– 5 / 41 –<br />

(5.36.2)<br />

Die körperfesten Koordinaten (� 1 , � 2 ) stimmen in <strong>der</strong> Regel nicht mit den Bogenkoordinaten<br />

(s 1 , s 2 ) überein. Sie werden zur Unterscheidung als Tensorkoordinaten bezeichnet.<br />

Gl. (5.36.1) definiert daher keine Einheitsvektoren. Der Normalenvektor<br />

Gl. (5.36.2) ist dagegen als Einheitsvektor definiert. Die Umrechnung von Gl. (5.36.1)<br />

auf Einheitsvektoren ist mit dem Maßtensor<br />

a�·a � � a �� �<br />

a 11<br />

a 21<br />

a 12<br />

a 22<br />

=<br />

a 1 ·a 1 , a 1 ·a 2<br />

a 2 ·a 1 , a 2 ·a 2<br />

(5.37)<br />

vorzunehmen, <strong>der</strong> die Schalenfläche durch Skalarprodukte <strong>der</strong> Basis ausmißt. Die Determinante<br />

von Gl. (5.37) errechnet sich zu<br />

a � det(a �� ) � a 11 a 22 � (a 12 ) 2 .<br />

Die Inverse des Maßtensors a �� ist durch<br />

�a�� � �a ��� � � � �<br />

Kronecker–Symbol = Einheitsmatrix.<br />

� � � � 1<br />

� � � � 0<br />

Inverse = Hochgestellte Indizes.<br />

definiert. Das Ausschreiben führt auf die explizite Form<br />

a 11<br />

a 21<br />

a 12<br />

a 22<br />

=<br />

a 11 a 12<br />

a 21<br />

1 0<br />

0 1<br />

a 22<br />

.<br />

= 1 a<br />

a 22 � a 21<br />

� a 12<br />

a 11<br />

= a �� .<br />

Die Determinante des inversen Maßtensors Gl. (5.40) errechnet sich zu<br />

a ~ � det(a �� ) � 1 a .<br />

(5.38)<br />

(5.39)<br />

(5.40)<br />

(5.41)


Mit dem inversen Maßtensor Gl. (5.39) kann man nun eine zweite Basis definieren, die<br />

orthogonal zur ersten Basis Gl. (5.36) steht. Aus Gl. (5.39)<br />

erhält man<br />

und<br />

�a�� � �a ��� � a�·a��a ��� � a�·a � � � � �<br />

a � � a�a �� (5.42.1)<br />

a3 � a1 � a2 �a1 � a2� � a3 . (5.42.2)<br />

Zur Unterscheidung <strong>der</strong> Basen bezeichnet man Gl. (5.39) als kovariante Basis und<br />

Gl. (5.42) als kontravariante Basis. Weil nach Gl. (5.42.2) die Einheitsnormalen <strong>der</strong><br />

Basen zusammenfallen, entsteht Gl. (5.42.1) aus Gl. (5.36.1) durch eine Drehung um<br />

die Normale. Wegen <strong>der</strong> Orthogonalität <strong>der</strong> Basen gilt speziell a 1 � a 2 und a 2 � a 1<br />

(Bild 5.32).<br />

a 3 � a 3<br />

a 2<br />

Bild 5.32 : Ko– und kontravariante Basis <strong>der</strong> Schalenfläche<br />

a 1<br />

a 2<br />

a 1<br />

Die Einführung von unterschiedlichen Basen ist nur in allgemeinen Tensorkoordinaten<br />

sinnvoll. Sie vereinfacht die allgemeine Beschreibung von Schalentheorien (hier <strong>der</strong><br />

Membrantheorie) erheblich. In Bogenkoordinaten mit Einheitsvektoren sind alle Basen<br />

gleich. Die Bemessungsgrößen müssen immer in Bogenkoordinaten angegeben werden.<br />

Die Einheitsvektoren <strong>der</strong> Basen werden zur Unterscheidung durch geklammerte Indizes<br />

gekennzeichnet. Man erhält sie, indem man die allgemeinen Basen durch die zugeordneten<br />

Maßzahlen dividiert.<br />

– 5 / 42 –<br />

� 1<br />

� 2


Einheitsvektoren <strong>der</strong> kovarianten Basis:<br />

a (1) � a1 �<br />

a 11<br />

, a (2) � a2 �<br />

, a (3) � a3 �<br />

a22 �a1 � a �<br />

2<br />

�a<br />

Einheitsvektoren <strong>der</strong> kontravarianten Basis:<br />

a (1) � a1<br />

�<br />

a 11<br />

, a (2) � a2<br />

�<br />

a 22<br />

– 5 / 43 –<br />

. (5.43.1)<br />

, a (3) � a (3) � a 3 . (5.43.2)<br />

Um die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Basis zu bestimmen, wird ein Ansatz gemacht, <strong>der</strong> die Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Basis auf die Basis selbst bezieht. Für die kovariante Basis Gl. (5.36) gilt<br />

und<br />

�a�<br />

��� � a�, � � ��<br />

�� a� � �3 �� a3 (5.44.1)<br />

�a3 ��� � a3, � � ��<br />

3� a� � �3 3� a3 . (5.44.2)<br />

Die Transformationskoeffizienten, die mit den Christoffel–Symbolen <strong>der</strong> kovarianten<br />

Ableitung bzw. <strong>der</strong> Krümmung übereinstimmen, erhält man durch Überschieben (Bildung<br />

von Skalarprodukten) mit <strong>der</strong> kontravarianten Basis �a � , a 3� die orthogonal zur<br />

kovarianten Basis �a�, a 3 � steht. Die Bildung <strong>der</strong> Skalarprodukte von links ergibt<br />

und<br />

a � ·a �, � � � �<br />

�� a� ·a� � � 3<br />

�� a� ·a 3 , (5.45.1)<br />

a 3 ·a �, � � � �<br />

�� a3 ·a� � � 3<br />

�� a3 ·a 3 , (5.45.2)<br />

a � ·a 3, � � � �<br />

3� a� ·a� � � 3<br />

3� a� ·a 3<br />

(5.45.3)<br />

a 3 ·a 3, � � � �<br />

3� a3 ·a� � � 3<br />

3� a3 ·a 3 . (5.45.4)<br />

Mit a � ·a� � � � � (1 � � � � und 0 � � � �), a� ·a 3 � 0, a 3 ·a� � 0, a 3 ·a 3 � 1 und<br />

a 3 ·a 3, � � 0 folgt aus Gl. (5.45)<br />

und<br />

� �<br />

�� � a� ·a �, � , � �<br />

3� � a� ·a 3, �<br />

(5.46.1)<br />

�3 �� � a3 ·a�, � � b�� , �3 � 0 . (5.46.2)<br />

3�


Das Christoffel–Symbol �� erfaßt die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> tangentialen Basis in <strong>der</strong> Tangen-<br />

��<br />

tenfläche und das Christoffel–Symbol �3 die Än<strong>der</strong>ung senkrecht zur Tangenten–<br />

��<br />

fläche, also in <strong>der</strong> Normalen– o<strong>der</strong> Krümmungsfläche. Dieses Symbol wird daher auch<br />

als Krümmungstensor b�� bezeichnet. Das Auschreiben mit (�, �, �) � 1, 2 ergibt<br />

acht Christoffel–Symbole<br />

� �<br />

�� �<br />

� 1 11<br />

� 1 21<br />

� 1 12<br />

� 1 22<br />

und vier Krümmungsterme<br />

b �� �<br />

b 11<br />

b 21<br />

b 12<br />

b 22<br />

.<br />

� 2 11<br />

� 2 21<br />

� 2 12<br />

� 2 22<br />

– 5 / 44 –<br />

(5.47)<br />

(5.48)<br />

Das Christoffel–Symbol �� erfaßt die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schalennormalen in <strong>der</strong> Tangen-<br />

3�<br />

tenfläche und das Christoffel–Symbol �3 die Än<strong>der</strong>ung senkrecht dazu in Richtung<br />

3�<br />

<strong>der</strong> Normalen, die Null wird, weil bei Flächen in dieser Richtung keine Än<strong>der</strong>ung auftreten<br />

kann.<br />

Es gilt wegen a 3 ·a� � a 3 ·a� � 0 auch �a 3 ·a� � , � � a 3, � ·a� � a 3 ·a �, � � 0 und damit<br />

und<br />

� 3<br />

�� � a 3 ·a �, � ��a�·a 3, � � b ��<br />

(5.49.1)<br />

�� 3� � a� ·a3, � � a�� a�·a3, � ��a�� b�� ��b� . (5.49.2)<br />

�<br />

Der Ausdruck<br />

b� � � b�� a�� b<br />

� (5.50)<br />

1 1 b1 2<br />

b 2 1<br />

definiert die Krümmung in physikalischen Bogenkoordinaten.<br />

b 2 2<br />

Die allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen <strong>der</strong> Membrantheorie Gl. (5.33) und<br />

Gl. (5.35) können nun für spezielle Geometrien ausgewertet werden. Dies soll am Beispiel<br />

von Rotationsschalen erfolgen.


5.4.3 Rotationsschalen<br />

5.4.3.1 Allgemeine Rotationsschalen<br />

Die Klasse <strong>der</strong> Rotationsschalen umfaßt sechs Schalenformen unterschiedlicher Geometrie:<br />

Zylin<strong>der</strong>, Kegel, Kugel, Torus, Paraboloid, Hyperboloid. Die Geometrie <strong>der</strong><br />

Schalenfläche von Rotationsschalen kann zunächst einheitlich für alle Schalenformen<br />

in den Flächenkoordinaten � 1 � Winkel in Ringrichtung und � 2 � Länge entlang <strong>der</strong><br />

Rotationsachse angegeben werden (Bild 5.33).<br />

Breitenkreis<br />

� 2<br />

X 3<br />

R(� 2 )<br />

Bild 5.33 : Geometrie von Rotationsschalen<br />

R<br />

a 2<br />

� 1<br />

– 5 / 45 –<br />

a 1<br />

a 3<br />

X 1<br />

Rotationsachse<br />

X 2<br />

Meridian


Mit <strong>der</strong> Parameterabbildung<br />

R �<br />

R�� 2� cos � 1<br />

R�� 2� sin � 1<br />

� 2<br />

sind dann auch die geometrischen Kennwerte<br />

und<br />

a �� �<br />

b �� �<br />

� �<br />

�� �<br />

a 11<br />

0<br />

b 11<br />

0<br />

0<br />

a 22<br />

0<br />

b 22<br />

0 � 1 12<br />

� 1 21<br />

0<br />

1<br />

a<br />

0<br />

11<br />

, a<br />

1<br />

0 a22 �� � ,<br />

, b � � �<br />

� 2 11<br />

0<br />

0<br />

� 2 22<br />

b<br />

0<br />

1 1 � b11 a11 – 5 / 46 –<br />

0<br />

b 2 2 � b 22<br />

a 22<br />

(5.51)<br />

bekannt. Da bei Rotationsschalen die Flächenkoordinaten �1 und �2 orthogonal zueinan<strong>der</strong><br />

stehen und Rotationsflächen keine Verwindung aufweisen, entfallen die gemischten<br />

Terme (a12 ,a21 ,a12 ,a21 ) und (b 12 ,b21 ,b1 2 ,b2 1 ) im Maß– und Krümmungstensor,<br />

womit sich auch die Anzahl <strong>der</strong> Christoffel–Symbole halbiert.<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Kräftegleichgewichtsbedingungen Gl. (5.33) und Gl. (5.35) ist unter<br />

Beachtung <strong>der</strong> Summationsregel vorzunehmen. Das System <strong>der</strong> partiellen Differentialgleichungen<br />

läßt sich sehr übersichtlich in Matrizenform darstellen.<br />

� 1<br />

� 2 11<br />

b 11<br />

0<br />

� 2 � � 1 12 � 2 �2 22<br />

b 22<br />

� 2 � 3 � 1 12 � �2 22<br />

� 1<br />

0<br />

n 11<br />

n 22<br />

n 12 � n 21<br />

=<br />

� p 1<br />

� p 2<br />

� p 3<br />

(5.52)<br />

Die partiellen Ableitungen sind als Operatoren definiert. Es ist daher in Gl. (5.52) nicht<br />

nur die Matrizenmultiplikation son<strong>der</strong>n auch die Operation durchzuführen. Z.B. bedeutet<br />

�1n11 � �n11<br />

u.s.w.<br />

��1


Bei den Kräften und Einwirkungen in Gl. (5.52) handelt es sich um Tensorgrößen. Sie<br />

sind daher mit dem Maßtensor auf physikalische Bemessungsgrößen umzurechnen.<br />

Die Kennzeichnung ist wie bei <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Einheitsvektoren durch Klammern <strong>der</strong><br />

Indizes vorzunehmen.<br />

und<br />

n�� � n(��)<br />

a���<br />

p � � p(�)<br />

�<br />

� a ��<br />

a��<br />

, p 3 � p(3)<br />

�a<br />

– 5 / 47 –<br />

(5.53.1)<br />

. (5.53.2)<br />

Die Umrechnung erfolgt in <strong>der</strong> Regel nach <strong>der</strong> Integration von Gl. (5.52). Da die Einwirkung<br />

immer in physikalischen Größen definiert ist, muß sie vorab mit Gl. (5.53.2) auf<br />

tensorielle Einwirkungen umgerechnet werden.<br />

Bei Rotationsschalen kann man Gl. (5.52) wegen <strong>der</strong> einfachen Geometrie auch vor <strong>der</strong><br />

Integration auf physikalische Größen umschreiben, indem man Gl. (5.53) in Gl. (5.52)<br />

einsetzt. Als Ergebnis erhält man das Gleichungssystem in <strong>der</strong> Form<br />

d 1<br />

� �<br />

b 1 1<br />

0<br />

d 2 � �<br />

b 2 2<br />

d 2 � 2 �<br />

d 1<br />

0<br />

n (11)<br />

n (22)<br />

n (12) � n (21)<br />

=<br />

� p (1)<br />

� p (2)<br />

� p (3)<br />

.<br />

(5.54)<br />

Die Ableitungen in Richtung <strong>der</strong> Bogenlänge s 1 (Breitenkreis) und s 2 (Meridian) sind<br />

durch<br />

d1 � �1 �a11<br />

und d2 � �2 �a22<br />

definiert und das modifizierte Christoffel–Symbol durch<br />

� � �1 12<br />

�a22<br />

(5.55.1)<br />

. (5.55.2)<br />

Die weitere Vorgehensweise soll am speziellen Beispiel <strong>der</strong> Geometrie einer Kugelschale<br />

vorgestellt werden.


5.4.3.2 Kugelschale<br />

Die Geometrie <strong>der</strong> Kugelschale ist im (Bild 5.34) dargestellt. (Bild 5.34a) zeigt einen<br />

Punkt P auf dem Meridian in <strong>der</strong> (X 1 � X 3 ) �Ebene und (Bild 5.34b) den zugehörigen<br />

Breitenkreis parallel zur (X 1 � X 3 ) �Ebene auf <strong>der</strong> Höhe des Punktes P.<br />

a) Meridian<br />

X 3<br />

R K cos � 2<br />

Bild 5.34 : Geometrie einer Kugelschale<br />

P<br />

P<br />

�2 �1 RK sin �2 X 1<br />

– 5 / 48 –<br />

X 3<br />

b) Breitenkreis<br />

�R K cos � 2� cos � 1<br />

�R K cos � 2� sin � 1<br />

R K cos � 2<br />

Zur Beschreibung <strong>der</strong> Kugelgeometrie ist es einfacher, zwei Winkelkoordinaten einzuführen,<br />

nämlich den Winkel � 1 im Breitenkreis (Bild 5.34b) und den Winkel � 2 im<br />

Meridian (Bild 5.34a). Der Ortsvektor zum Punkt P auf <strong>der</strong> Kugel ist dann durch<br />

R �<br />

X 1 � R K cos � 2 cos � 1<br />

X 2 � R K cos � 2 sin � 1<br />

X 3 � R K sin � 2<br />

X 1<br />

(5.56)<br />

gegeben. Mit Gl. (5.56) kann man alle benötigten geometrischen Daten <strong>der</strong> Kugelschale<br />

ermitteln.<br />

a 1 � R ,1 �<br />

� R K cos � 2 sin � 1<br />

R K cos � 2 cos � 1<br />

0<br />

� R K sin � 2 cos � 1<br />

, a2 � R ,2 � � RK sin � ,<br />

2 sin �1 R K cos � 2


a �� � a�·a � �<br />

�a11 � RK cos �2 ,<br />

�a22 � RK ,<br />

� 2 a � RK cos �2 ,<br />

b �� � a 3 ·a �,� �<br />

� � �1 12<br />

�a22<br />

� a1 ·a1,2 �a22<br />

2<br />

�RK cos �2� 0<br />

� R K cos 2 � 2<br />

0<br />

� a11 ·a1 ·a1,2 �a22<br />

0<br />

R 2 K<br />

0<br />

� R K<br />

– 5 / 49 –<br />

, a�� 1<br />

2<br />

�RK cos �2� �<br />

1 ,<br />

R2 0<br />

0<br />

K<br />

a3 � a1 � a2 �a ,<br />

cos � 2 cos � 1<br />

� cos � ,<br />

2 sin �1 sin � 2<br />

� 1<br />

b� � � a�� RK b�� � ,<br />

�� 1<br />

tan �<br />

RK 2 .<br />

0<br />

0<br />

�<br />

1<br />

Das Differentialgleichungssystem <strong>der</strong> Membrantheorie speziell für Kugelschalen ergibt<br />

sich damit zu<br />

�1 RK cos �2 0<br />

�<br />

tan �2<br />

R K<br />

� 1<br />

R K<br />

� 2<br />

R K<br />

�<br />

� 1<br />

R K<br />

tan �2<br />

R K<br />

�2 RK �<br />

2 tan �2<br />

R K<br />

� 1<br />

R K cos � 2<br />

0<br />

n (11)<br />

n (22)<br />

n (12) � n (21)<br />

=<br />

R K<br />

� p (1)<br />

� p (2)<br />

� p (3)<br />

.<br />

(5.57)


Die Lösung von Gl. (5.57) soll beispielhaft für rotationssymmetrische Lastfälle erfolgen.<br />

Dazu gehören u.a. die Lastfälle Eigengewicht (g), Schnee (s) und Innendruck (p). Dann<br />

gilt � 1 � 0, p 1 � 0 und n (12) � n (21) � 0, so daß sich die Membrantheorie <strong>der</strong> Kugelschale<br />

weiter vereinfacht. Aus Gl. (5.57) folgt<br />

�<br />

tan �2<br />

R K<br />

� 1<br />

R K<br />

� 2<br />

R K<br />

�<br />

� 1<br />

R K<br />

tan �2<br />

R K<br />

n (11)<br />

n (22)<br />

– 5 / 50 –<br />

=<br />

� p (2)<br />

� p (3)<br />

Die zweite Gleichung von (5.58) ist eine rein algebraische Gleichung.<br />

.<br />

(5.58)<br />

n (11) � n (22) ) � R K p 3 . (5.59)<br />

Gl. (5.59) kann als Faßformel <strong>der</strong> Kugel interpretiert werden. Damit ist die Beanspruchung<br />

in <strong>der</strong> Summe bekannt. Unbekannt bleibt die Aufteilung <strong>der</strong> Kräfte in Richtung<br />

des Breitenkreises und des Meridians. Dies muß daher die Integration <strong>der</strong> ersten Gleichung<br />

liefern. Nach <strong>der</strong> Multiplikation mit R K cos � 2 erhält man den Ausdruck<br />

sin � 2 n (11) � cos � 2 n (22) ,2 � sin �2 n 22 ��p 2 R K cos � 2 .<br />

Die Anwendung <strong>der</strong> Kettenregel ergibt<br />

�cos � 2 n (22)� ,2 ��sin � 2 n (22) � cos � 2 n (22) ,<br />

so daß man nach dem Einsetzen von Gl. (5.59) zur Elimination <strong>der</strong> Kraft n (11) eine Differentialgleichung<br />

für die Unbekannte Kraft n (22) erhält.<br />

�cos � 2 n 22� ,2 � sin � 2 n (22) ��R K �p 2 cos � 2 � p 3 sin � 2� .<br />

Die Multiplikation mit cos � 2 ergibt<br />

cos � 2�cos � 2 n (22)� ,2 � sin � 2 cos � 2 n (22) ��R K cos � 2�p 2 cos � 2 � p 3 sin � 2�<br />

und das nochmalige Anwenden <strong>der</strong> Kettenregel<br />

�cos 2 � 2 n (22)� ,2 � cos � 2 �cos � 2 n (22)� ,2 � sin � 2 cos � 2 n (22) ,<br />

so daß die Differentialgleichung zur Berechnung von n (22) die integrierbare Form<br />

�cos 2 � 2 n (22)� ,2 ��R K cos � 2 �p 2 cos � 2 � p 3 sin � 2�


annimmt. Die Durchführung <strong>der</strong> Integration ergibt die Lösung<br />

n (22) �� RK cos2 �2 ��p �2 2 cos2 �2 � p 3 sin �2 cos �2�d�2 � C . (5.60)<br />

Mit Gl. (5.59) und Gl. (5.60) ist die Membranlösung für Kugelschalen unter rotationssymmetrischer<br />

Flächenlasten p 2 und p 3 bekannt. Gl. (5.60) läßt sich durch das Schnittprinzip,<br />

nämlich durch die Bildung des vertikalen Gleichgewichts in einfacher Weise<br />

kontrollieren. Im Breitenkreisschnitt eines beliebigen Meridians (Bild 5.35) sind die Zusammenhänge<br />

zur Bildung des Gleichgewichts in vertikaler Richtung (Index v) dargestellt.<br />

n (22)<br />

v<br />

n (22)<br />

Nv, Pv<br />

R K cos � 2<br />

Bild 5.35 : Breitenkreisschnitt eines beliebigen Meridians<br />

– 5 / 51 –<br />

R K<br />

p 2<br />

� 2<br />

p v<br />

p 3<br />

Meridianschnitt<br />

Meridian im<br />

Breitenkreisschnitt<br />

Die resultierende Einwirkung <strong>der</strong> Flächenlasten p 2 und p 3 in vertikaler Richtung errechnet<br />

sich in einem Meridianschnitt zu<br />

Pv �� A<br />

p v dA .<br />

A ist die Schalenfläche unterhalb des Meridianschnitts, vgl. (Bild 5.35). Die vertikale<br />

Flächenlast p v (kN/m 2 ) ist durch die Projektion<br />

Pv � cos � 2 p 2 � sin � 2 p 3


ekannt und das Differential <strong>der</strong> Schalenfläche durch das Produkt <strong>der</strong> Differentiale <strong>der</strong><br />

Bogenkoordinaten<br />

dA � ds1ds2 � ��a11 d�1� � ��a22 d�2� � a � d�1d�2 � R2 K cos �2d�1d� 2 .<br />

Die Auswertung des Flächenintegrals ergibt mit<br />

� 2�<br />

0<br />

d� 1 � 2�<br />

den Ausdruck<br />

Pv � 2� R 2 K � � 2<br />

�p 2 cos 2 � 2 � p 3 sin � 2 cos � 2�d� 2 .<br />

Die vertikale Komponente n (22)<br />

v (kN�m) <strong>der</strong> Schnittkraft n (22) im betrachteten Meridianschnitt<br />

ist durch die Projektion<br />

n (22)<br />

v<br />

� cos �2 n (22)<br />

bekannt. Die Resultierende erhält man durch Multiplikation mit <strong>der</strong> Bogenlänge<br />

�2� R K cos � 2� des zugehörigen Breitenkreises zu<br />

Nv � cos � 2 n (22)�2� R K cos � 2� � 2� R K cos 2 � 2 n (22) .<br />

Aus dem Gleichgewicht <strong>der</strong> resultierenden Kräfte<br />

Nv � Pv � 0 � Nv ��Pv<br />

folgt <strong>der</strong> Ausdruck<br />

n (22) �� RK cos2 �2��p �<br />

2 cos2 �2 � p 3 sin �2 cos �2�d�2 ,<br />

<strong>der</strong> bis auf die Integrationskonstante vollständig mit Gl. (5.60) übereinstimmt.<br />

– 5 / 52 –


5.4.3.3 Lastfall Innendruck einer Vollkugel<br />

Für den speziellen Lastfall Innendruck einer Vollkugel, z.B. eines Fußballs, mit p 2 � 0<br />

und p 3 � 0 ist die Lösung Gl. (5.59) und Gl. (5.60) auszuwerten. Der Lastfall ist im<br />

(Bild 5.36) dargestellt. (Bild 5.36a) zeigt die Einwirkung entlang des Meridians und<br />

(Bild 5.36b) entlang des Breitenkreises.<br />

R K<br />

a) Meridian<br />

X 3<br />

n (22) X 2<br />

p (3) p (3)<br />

�2<br />

X 1<br />

Bild 5.36 : Lastfall Innendruck einer Vollkugel<br />

– 5 / 53 –<br />

R K<br />

b) Breitenkreis<br />

n (11)<br />

Die Summe <strong>der</strong> Membrankräfte ergibt sich nach Gl. (5.59) aus <strong>der</strong> Faßformel, also aus<br />

Radius mal Innendruck. Bei <strong>der</strong> vollsymmetrischen Kugel ist zu erwarten, daß sich <strong>der</strong><br />

Einwirkungsteil R K p (3) je zur Hälfte auf Breitenkreis und Meridian verteilt. Die Lösung<br />

wäre demnach<br />

und<br />

n (11) � 1<br />

2 R K p3<br />

n (22) � 1<br />

2 R K p(3) .<br />

Zur Bestätigung wird Gl. (5.60) ausgewertet. Die Integration mit p 2 � 0 ergibt<br />

p 3 � � 2<br />

sin � 2 cos � 2 d� 2 � p 3 � � 2<br />

Damit erhält man für n (22) den Ausdruck<br />

n (22) � R K p3<br />

2<br />

� C<br />

�� 1<br />

2 cos2 �2� d�<br />

,2<br />

2 �� 1<br />

2 cos2 �2 � 1<br />

X 1


und für n (11) nach Einsetzen von n (22 ) in Gl. (5.59) den Ausdruck<br />

n (11) � R K p3<br />

2<br />

� C.<br />

Im oberen Scheitelpunkt <strong>der</strong> Kugel gilt � 2 = 90°, vgl. (Bild 5.34a). In diesem Punkt fallen<br />

die Richtung von Breitenkreis und Meridian zusammen (Bild 5.37).<br />

n (11)<br />

n (22)<br />

Bild 5.37 : Scheitelpunkt einer Kugel<br />

– 5 / 54 –<br />

Breitenkreis<br />

Meridian<br />

Aus Gleichgewichtsgründen muß hier daher n (11) = n (22) werden. Die Integrationskonstante<br />

C muß demnach Null werden, um dies zu erreichen. Die mathematische Lösung<br />

stimmt also mit <strong>der</strong> anschaulichen Lösung überein.


Teil 6: Gitterrostmethode (GRM)<br />

6.1 Baustatischer Lösungsansatz mit Gitterrosten<br />

Die programmunterstützte Bearbeitung von statischen Problemen ist als Regel–<br />

fall <strong>der</strong> Ingenieurpraxis anzusehen. Im Konstruktiven Ingenieurbau dominieren<br />

Programme zur Untersuchung von Stabtragwerken. Sie beruhen i.a. auf <strong>der</strong> rechner–<br />

orientierten Variante des Weggrößenverfahrens. Es wird z.B. in <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong><br />

<strong>Statik</strong> III behandelt und dort als Verfahren <strong>der</strong> Stabsteifigkeiten bezeichnet /12/. Die Berechnung<br />

kann mit allen Programmen erfolgen, die in ihrer Elementbibliothek ebene<br />

o<strong>der</strong> räumliche Stäbe enthalten.<br />

<strong>Baukonstruktionen</strong> setzen sich in <strong>der</strong> Regel aus stabförmigen und flächigen Tragelementen<br />

zusammen. Wandscheiben und Deckenplatten sind neben Stützen und Balken<br />

in fast allen Hochbauten anzutreffen. Sie bilden wichtige Tragelemente, um Gebäude<br />

auszusteifen. Zur Festlegung <strong>der</strong> Aussteifungskonzeption ist es daher vielfach erfor<strong>der</strong>lich,<br />

statische Systeme zu verwenden, die aus einer Kombination von stabförmigen<br />

und flächigen Tragelementen bestehen. Ein Programm zur Untersuchung von Stabtragwerken<br />

ist i.a. immer verfügbar. Es stellt sich daher die Frage, wie flächige Tragelemente<br />

in statischen Systemen erfaßt werden können, ohne den Anwendungsbereich<br />

<strong>der</strong> Stabstatik zu verlassen.<br />

Dies gelingt mit dem baustatischen Lösungsansatz <strong>der</strong> GRM. Gitterroste sind Stab–<br />

modelle, die das flächige Tragverhalten von Scheiben und Platten in baustatisch gleichwertiger<br />

Weise erfassen. In beiden Modellen müssen sich also äquivalente Gleichgewichts–<br />

und Verträglichkeitszustände einstellen. Die Ableitung von Gitterrosten ist<br />

daher konsequent auf <strong>der</strong> Grundlage eines Vergleichs <strong>der</strong> zugehörigen Berechnungstheorien<br />

durchzuführen. Ziel ist es, Scheiben durch ebene Fachwerke und Platten durch<br />

liegende Rahmenwerke bzw. Trägerroste zu ersetzen, um sie in das Konzept <strong>der</strong> Stabstatik<br />

einbeziehen zu können, ohne daß sich ein grundsätzlicher Verlust an flächiger<br />

Tragwirkung einstellt.<br />

Wandscheiben sind aber auch zur Verteilung konzentrierter Lasten erfor<strong>der</strong>lich und<br />

Deckenplatten zur Abtragung von Flächenlasten. Zur Untersuchung dieser lokalen<br />

Wirkungen kann man zwar auch die GRM verwenden, <strong>der</strong> Aufwand wächst aber überproportional<br />

an. In solchen Fällen erweist es sich als sinnvoller, die FEM einzusetzen,<br />

die Scheiben und Platten direkt als flächige Tragelemente modelliert. Eine kurze Einführung<br />

in die FEM <strong>der</strong> Flächentragwerke erfolgt im Teil 7.<br />

Die Abschnitte 6.2.2 und 6.3.2 sind beson<strong>der</strong>s wichtig. In ihnen wird die Ermittlung<br />

<strong>der</strong> Querschnittswerte <strong>der</strong> Gitterroststäbe behandelt, damit sie Scheiben und Platten<br />

gleichwertig ersetzen. Das Ergebnis ist im (Bild 6.38) zusammengestellt. Darüber hinaus<br />

ist noch <strong>der</strong> Abschnitt 6.2.4 von Interesse. Er zeigt auf, wie man aus den Schnitt–<br />

größen <strong>der</strong> Gitterroststäbe die Schnittgrößen von Flächentragwerken ermittelt. Das Ergebnis<br />

dieser Betrachtung ist im (Bild 6.39) zusammengestellt. Die restlichen<br />

Abschnitte haben begleitenden Charakter. Sie haben vorrangig die Aufgabe, das Verständnis<br />

<strong>der</strong> GRM zu erhöhen.<br />

– 6 / 1 –


6.2 Scheibe und Fachwerk<br />

6.2.1 Einleitung<br />

Die analytische Lösung von baupraktischen Scheibenproblemen mit Hilfe <strong>der</strong> Scheibengleichung<br />

∆∆F = 0 ist nur im sehr begrenzten Umfang möglich, vgl. Teil 3: Scheibentheorie.<br />

Es sind zwar hinreichend viele Fundamentallösungen <strong>der</strong> Scheibengleichung<br />

bekannt, es gelingt aber nur unter starken Einschränkungen, die zulässigen<br />

Spannungsfunktionen F auch an die vorliegenden Randbedingungen anzupassen. Es<br />

ist daher sinnvoll, Überlegungen darüber anzustellen, ob sich das Scheibenproblem<br />

nicht auf bekannte baustatische Vorgehensweisen zurückführen läßt, wobei man natürlich<br />

sofort an ebene Fachwerke denkt, da beide Modellsysteme ihre Lasten ausschließlich<br />

über Dehnbeanspruchung abtragen.<br />

Im (Bild 6.1) ist am Beispiel einer Stahlbetonwand dargestellt, wie die Modellanalogie<br />

zwischen Scheibenkonstruktion und Fachwerk aussehen könnte. (Bild 6.1a) zeigt<br />

das statische System <strong>der</strong> Wandscheibe als Kontinuum nach <strong>der</strong> Scheibentheorie und<br />

(Bild 6.1b) als Fachwerk nach <strong>der</strong> Gitterrosttheorie. Wenn es gelingt, den Querschnitt<br />

<strong>der</strong> kontinuierlichen Wandscheibe durch gleichwertige Ersatzflächen <strong>der</strong> Gitterroststäbe<br />

im Fachwerk zu ersetzen, so kann an Stelle des kontinuierlichen Scheibenproblems<br />

das diskrete Fachwerkproblem gelöst werden, um die Bemessungsgrößen <strong>der</strong><br />

Wandscheibe zu ermitteln. Die Vorteile einer solchen Vorgehensweise liegen auf <strong>der</strong><br />

Hand:<br />

– Die Berechnung von ebenen Fachwerksystemen ist eine Standardaufgabe <strong>der</strong><br />

Baustatik und kann daher als bekannt vorausgesetzt werden. Die Durchführung<br />

ist leicht programmierbar. Die Vielzahl <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Fachwerkstäbe, die zur<br />

wirklichkeitsnahen Erfassung <strong>der</strong> Scheibenwirkung notwendig sind, stellen daher<br />

keine Einschränkung dar.<br />

– Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Fachwerksanalogie entfallen konstruktive Einschränkungen,<br />

da die Scheiben im statischen Berechnungssystem so abgebildet werden<br />

können, wie sie im Bauwerk vorliegen.<br />

– Der aufwendige mathematische Apparat, <strong>der</strong> zur Lösung von partiellen Differentialgleichungen<br />

4–ter Ordnung erfor<strong>der</strong>lich ist, entfällt ersatzlos. Er wird durch<br />

ingenieurmäßige Betrachtungen ersetzt, die aus <strong>der</strong> Baustatik vertraut sind, wodurch<br />

sich die anschauliche Kontrolle <strong>der</strong> Ergebnisse erheblich vereinfacht.<br />

Der Erfolg <strong>der</strong> Idee, Scheibenprobleme über Fachwerksysteme zu lösen, hängt ausschließlich<br />

von <strong>der</strong> Güte <strong>der</strong> Querschnittsflächen <strong>der</strong> Ersatzstäbe ab, da nur sie die statische<br />

und geometrische Äquivalenz zwischen beiden Modellen gewährleisten. Ihre Ermittlung<br />

steht daher im Mittelpunkt <strong>der</strong> weiteren Betrachtung.<br />

– 6 / 2 –


h<br />

L 2<br />

n 2<br />

b<br />

X 2<br />

X 1<br />

L 1<br />

a a<br />

– 6 / 3 –<br />

Rand–<br />

einwirkung<br />

Elastomere Auflager mit E–Modul E L<br />

a) Kontinuum: Modell nach <strong>der</strong> Scheibentheorie<br />

C 11<br />

C 22<br />

R<br />

4<br />

R<br />

2<br />

R<br />

4<br />

C 11<br />

b) Fachwerk: Modell nach <strong>der</strong> Gitterrosttheorie<br />

R = n 2 b<br />

C 22<br />

Bild 6.1 : Statische Systeme einer Stahlbetonwand<br />

t<br />

C 22 � E L at<br />

h<br />

C 11 � 0, 3C 22<br />

Scheiben–<br />

mittelfläche<br />

E, ν<br />

A n: Querschnitts–<br />

fläche des n–ten<br />

Fachwerkstabs.


6.2.2 Querschnittsflächen <strong>der</strong> Gitterroststäbe<br />

Aus dem Scheibenmodell <strong>der</strong> Wandscheibe (Bild 6.1a) wird ein endlich begrenztes<br />

Element (Bild 6.2a) herausgeschnitten und in den Schnitten die Scheibengrößen eingetragen.<br />

n 11 , α 11<br />

n 12 , α 12<br />

X 2<br />

Bild 6.2a : Scheibenelement<br />

a<br />

n 21 , α 21<br />

Am Scheibenelement (Bild 6.2a) bedeuten:<br />

(a,b) die Seitenlängen,<br />

b<br />

– 6 / 4 –<br />

n 22 , α 22<br />

n 22 , α 22<br />

(n αβ ) die Scheibenkräfte mit n 12 = n 21 ,<br />

n 21 , α 21<br />

n 12 , α 12<br />

n 11 , α 11<br />

(ααβ) die Dehnungen des Scheibenelements mit α12 → (α12 + α21) und<br />

α, β ... = 1, 2) die Indizierung <strong>der</strong> Flächenkoordinaten.<br />

In gleicher Weise wird aus dem Fachwerkmodell <strong>der</strong> Wandscheibe (Bild 6.1b) ein rechteckig<br />

begrenztes Gitterrostelement (Bild 6.2b) herausgeschnitten, das sich aus sechs<br />

Fachwerkstäben zusammensetzt. Die Diagonalen sind am Kreuzungspunkt nicht miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden.<br />

X 1


X 2<br />

Bild 6.2b : Gitterrostelement<br />

a<br />

N 1 D<br />

1<br />

D<br />

N 1, A 1<br />

N 1 A<br />

�<br />

N 2 D<br />

α 3 3 α<br />

α<br />

N<br />

α<br />

3, A3 �<br />

�<br />

A N2, A2 B<br />

N 2 A<br />

2<br />

b = a tanα<br />

Da es sich im vorliegenden Fall um ein rechteckiges und daher symmetrisches Gitter–<br />

rostelement handelt, sind jeweils zwei Seitenstäbe und die beiden Diagonalen gleich,<br />

so daß nur drei unabhängige Stäbe auftreten. Am Gitterrostelement (Bild 6.2b) bedeuten:<br />

n = 1, 2 und 3 die Stabnummern,<br />

A, B, C und D die Eck– o<strong>der</strong> Kontaktknoten,<br />

N 1, N 2 und N 3<br />

A 1, A 2 und A 3<br />

N 1 K und N2 K<br />

die Stabkräfte,<br />

die Stabquerschnittsflächen,<br />

– 6 / 5 –<br />

2<br />

�<br />

N 2 C<br />

C<br />

N 2 B<br />

n =<br />

N 1 C<br />

1<br />

N 1 B<br />

mit K = A, B, C und D die resultierenden Knotenkräfte<br />

in Richtung <strong>der</strong> X 1 – und X 2 –Koordinaten und<br />

(a, b) die Seitenlängen des Gitterrostelements, die mit den<br />

Längen des Scheibenelements übereinstimmen.<br />

(α) ist <strong>der</strong> Neigungswinkel <strong>der</strong> Diagonalstäbe, so daß<br />

zwischen den Seitenlängen die Beziehung<br />

b = a tanα gilt.<br />

X 1


Es sind natürlich auch an<strong>der</strong>e Gitterrostformen möglich, z.B. Dreiecke und Trapeze.<br />

Aus didaktischen Gründen ist es aber sinnvoll, nur die einfachste Form, nämlich die<br />

Rechteckform zu betrachten, da bei <strong>der</strong> Ableitung <strong>der</strong> Stabflächen bereits alle wesent–<br />

lichen Überlegungen zum Tragen kommen und <strong>der</strong> Formelapparat noch überschaubar<br />

bleibt, <strong>der</strong> sich bei Dreiecken und Trapezen erheblich komplizierter gestaltet.<br />

Ziel <strong>der</strong> Betrachtung ist es, die vollständige statische und geometrische Äquivalenz<br />

zwischen Scheiben– und Fachwerkmodell, abzuleiten, um Gleichgewicht und Verträglichkeit<br />

als Grundfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Baustatik wechselseitig zu erfüllen. Das Scheiben–<br />

element (Bild 6.2a) ist durch kontinuierliche Schnitte von seiner Umgebung getrennt, in<br />

denen die globalen, auf die X 1 – und X 2 –Koordinaten bezogenen Scheibengrößen n αβ<br />

und ααβ wirken. Beim Gitterrostelement (Bild 6.2b) reduziert sich <strong>der</strong> Kontakt zur Umgebung<br />

auf vier Eckknoten, da alle Stäbe lediglich in diesen Knoten zusammenstoßen.<br />

Alle Einwirkungen auf das Gitterrost müssen daher über diese Knoten erfolgen, um sich<br />

im Gitterrost verteilen zu können.<br />

Die Kontaktkräfte <strong>der</strong> Gitterrostkanten sind aus globalen Gleichgewichtsbedingungen<br />

mit den Scheibengrößen zu bestimmen, um die For<strong>der</strong>ung nach statischer Äquivalenz<br />

erfüllen zu können. Sie sind im (Bild 6.3) dargestellt. Dabei ist zu beachten, daß die<br />

Scheibenkräfte längenbezogene Größen darstellen. Zur Bildung <strong>der</strong> Resultierenden ist<br />

also die Multiplikation mit den Längen <strong>der</strong> Schnitträn<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich, wobei das Verhältnis<br />

b = a tanα eingeht, um nur mit einer Länge zu arbeiten.<br />

X 2<br />

X 1<br />

N 1 D<br />

D<br />

n11 a<br />

N 1 A<br />

n 21 = n 12<br />

a tanα<br />

n21 = n12 A B<br />

Bild 6.3a : Globales Kräftegleichgewicht in X 1 –Richtung<br />

Nach (Bild 6.3a) ergeben sich die Knotenkräfte <strong>der</strong> X 1 –Richtung zu<br />

und<br />

N 1 A ��N1 C � 0.5a(n11 � tan� n 12 ) (6.1.1)<br />

� N 1 B � N1 D � 0.5a(n11 � tan� n 12 ). (6.1.2)<br />

– 6 / 6 –<br />

C<br />

N 1 C<br />

N 1 B<br />

n 11


X 2<br />

X 1<br />

N 2 D<br />

D<br />

a tanα<br />

A B<br />

N 2 A<br />

n 22<br />

Bild 6.3b : Globales Kräftegleichgewicht in X 2 –Richtung<br />

– 6 / 7 –<br />

N 2 C<br />

C<br />

n a 12 n12 n 22<br />

In gleicher Weise können aus (Bild 6.3b) die Knotenkräfte <strong>der</strong> X 2 –Richtung bestimmt<br />

werden.<br />

und<br />

N 2 A ��N2 C � 0.5a(tan� n22 � n 12 ) (6.1.3)<br />

N 2 B ��N2 D � 0.5a(tan� n22 � n 12 ). (6.1.4)<br />

Mit (6.1) sind die Kräfte bekannt, die als Reaktionsgrößen auf das Gitterrostelement einwirken.<br />

Die statische Äquivalenz für das Gleichgewicht ist erfüllt, wenn die globalen<br />

Knotenkräfte mit den lokalen Stabkräften im Gitterrost einen Gleichgewichtszustand bilden.<br />

Die lokalen Gleichgewichtsbedingungen sind für jeden Kontaktknoten auszuwerten.<br />

Für den Knoten A sind die Zusammenhänge im (Bild 6.4) dargestellt.<br />

N 1 A<br />

Globale Knotenkräfte (Aktion)<br />

X 2<br />

X 1<br />

Bild 6.4 : Lokales Kräftegleichgewicht in X 1 – und X 2 –Richtung am Knoten A<br />

N 1<br />

α<br />

A<br />

N 2 A<br />

N 2 B<br />

N 3<br />

N 2<br />

Lokale Stabkräfte (Reaktion)


Es gilt<br />

und<br />

N 2<br />

� N 3 sin� � N 1 A<br />

– 6 / 8 –<br />

(6.2.1)<br />

N3cos� � N1 � N (6.2.2)<br />

2 A .<br />

Da das Gitterrost im vorliegenden Fall nur aus drei unabhängigen Stäben besteht und<br />

aufgrund <strong>der</strong> Rechteckform doppeltsymmetrisch ist, ergeben sich aus den Gleich–<br />

gewichtsbedingungen <strong>der</strong> Knoten B, C und D keine neuen Erkenntnisse. Das<br />

Gleichungssystem (6.2) ist unterbestimmt, da nach (Bild 6.4) drei unbekannten Stab–<br />

kräften nur zwei bekannte Knotenkräfte gegenüberstehen. Diese Bilanz korrespondiert<br />

mit <strong>der</strong> Scheibentheorie, die 1–fach innerlich statisch unbestimmte Grundgleichungen<br />

aufweist. Eine eindeutige Lösung ist daher nur möglich, wenn zusätzlich auch die kinematischen<br />

und elastischen Bedingungen im Gitterrost erfüllt werden, so daß die Gleichwertigkeit<br />

zwischen Scheiben– und Fachwerkmodell neben dem Gleichgewicht<br />

zwangsläufig auch die Verträglichkeit einschließen muß.<br />

Die lokale Verträglichkeit für die Stäbe n = 1, 2 und 3 ist aus <strong>der</strong> Stabstatik bekannt.<br />

Zwischen Kinematik (Index K) und Material (Index M) gilt <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

� K n � � M n � 0<br />

mit � M n � Nn<br />

EAn<br />

(6.3.1)<br />

. (6.3.2)<br />

� K n ist die kinematische und � M n die materialbedingte Dehnung <strong>der</strong> Gitterroststäbe. Der<br />

Wert (EA n) drückt die lokale Stabsteifigkeit aus und enthält als Flächenparameter die<br />

gesuchte Querschnittsfläche A n <strong>der</strong> Stäbe.<br />

Die kinematische Stabdehnung �K n ist als Funktion <strong>der</strong> kinematischen Scheibendehnungen<br />

�K zu ermitteln, die über die Kontaktknoten auf das Gitterrost einwirken und<br />

��<br />

von diesen geometrisch äquivalent aufgenommen werden müssen. Die Stabdehnung<br />

und die Scheibendehnungen sind im (Bild 6.5) dargestellt. Der Zusammenhang zwischen<br />

ihnen ist aus einer zweifachen Transformationsvorschrift abzuleiten, um die<br />

Orts– und Richtungsän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> zweidimensionalen Scheibendehnungen zu erfassen.<br />

Die Ortstransformation ist im (Bild 6.5a) veranschaulicht. Im Flächenschnitt<br />

, im Flächen-<br />

X1 = konstant wirken entlang <strong>der</strong> Länge a die Komponenten �K 11 und �K 12<br />

schnitt X2 = konstant wirken entlang <strong>der</strong> Länge b die Komponenten �K 21 und �K 22<br />

und im schiefen Schnitt wirken entlang <strong>der</strong> Länge s die resultierenden Dehnungen � K 1<br />

und � K 2 , die in Richtung <strong>der</strong> X1 – bzw. X 2 –Koordinate zeigen.


� K 11<br />

� K 12<br />

X 2 , u 2<br />

Bild 6.5a : Ortstransformation<br />

a<br />

ϕ n � K 2<br />

s<br />

b<br />

� K 21 � K 22<br />

Wegen <strong>der</strong> Längenbezogenheit <strong>der</strong> Scheibengrößen gilt<br />

und<br />

– 6 / 9 –<br />

ϕ n<br />

n–ter Gitterroststab<br />

� K 1<br />

ϕ n<br />

ϕ n<br />

X 1 , u 1<br />

� K s � � K a � � K b (6.4.1)<br />

� K s � � K a � � K b . (6.4.2)<br />

Mit den geometrischen Beziehungen<br />

a � scosϕn und b � ssinϕn ,<br />

die zwischen den Längen a, b und s und <strong>der</strong> Richtung ϕ n des n–ten Gitterstabs gelten,<br />

folgt aus Gl. (6.4.1)<br />

� K � � K cosϕn � � K sinϕn<br />

und aus Gl. (6.4.2)<br />

(6.5.1)<br />

� K � � K cosϕn � � K sinϕn . (6.5.2)<br />

Damit ist die Ortstransformation abgeschlossen, die sich auf den ersten Index von �K ��<br />

bezieht. Im zweiten Transformationsschritt ist nun noch die Richtungstransformation<br />

<strong>der</strong> resultierenden Dehnungen �K 1 und �K 2 vorzunehmen, die sich auf den zweiten Index<br />

von �K bezieht. Sie ist im (Bild 6.5b) veranschaulicht.<br />

��


X 2<br />

Bild 6.5b : Richtungstransformation<br />

Es gilt<br />

� K 11<br />

� K 12<br />

a<br />

� K 2<br />

s<br />

b<br />

� K 21 � K 22<br />

– 6 / 10 –<br />

� K n<br />

ϕ n<br />

ϕ n<br />

� K 1<br />

� K 2 sinϕn<br />

� K 1 cosϕn<br />

� K n � � K cosϕn � � K sinϕn . (6.6.1)<br />

Mit den Beziehungen (6.5.1) und (6.5.2) folgt aus Gl. (6.6.1) <strong>der</strong> Ausdruck<br />

� K n � � K 11 cos2 ϕn � � K 22 sin2 ϕn � �� K 12 � �K 21 �sinϕncosϕn . (6.6.2)<br />

Die resultierende Scheibengleitung ist gemäß (Bild 6.5c)<br />

Bild 6.5c : Resultierende Scheibengleitung<br />

durch<br />

90° � �� K 12 � �K 21 �<br />

90° � �� K 12 � �K 21 �<br />

X 1<br />

90° � �� K 12 � �K 21 �<br />

90° � �� K 12 � �K 21 �<br />

� K 12 � �� K 12 � �K 21 � (6.6.3)


definiert. Wird Gl. (6.6.3) in Gl. (6.6.2) eingesetzt, erhält man den Ausdruck<br />

� K n � � K cos 2 ϕn � � K sin 2 ϕn � � K sinϕncosϕn . (6.6.3)<br />

Die kinematischen Scheibendehnungen � K ��<br />

sind über die Verträglichkeitsbedingung<br />

<strong>der</strong> Scheibentheorie mit den Scheibenkräften nαβ verknüpft. Aus <strong>der</strong> Gleichheit <strong>der</strong><br />

kinematischen und materiellen Scheibendehnungen<br />

� K ��<br />

–<br />

� M ��<br />

� 0<br />

folgt durch Ausschreiben die explizite Form <strong>der</strong> Scheibenverträglichkeit zu<br />

� K 11<br />

� K 22<br />

� K 12<br />

� 1<br />

Et �n 11 � �n 22� � 0,<br />

– 6 / 11 –<br />

(6.7)<br />

(6.7.1)<br />

� 1<br />

Et �n 22 � �n 11� � 0 , (6.7.2)<br />

��2 (1 � �)<br />

Et �n12 � 0 (6.7.3)<br />

o<strong>der</strong> nach den Scheibenkräften aufgelöst<br />

mit<br />

n 11 � D�� K 11 � ��K 22 � , (6.7.4)<br />

n 22 � D�� K 22 � ��K 11 � ,<br />

n12 (1 � �)<br />

� D� ��<br />

2 K 12<br />

D �<br />

Et<br />

�1 � � 2�<br />

als Dehnsteifigkeitsfaktor <strong>der</strong> Scheibentheorie.<br />

(6.7.5)<br />

(6.7.6)<br />

(6.7.7)<br />

Es können nun zwei alternative Zustände an den Kontaktknoten des Gitterrostes vorgeschrieben<br />

werden, um die Stabflächen A n aus <strong>der</strong> vollständigen statischen und geometrischen<br />

Äquivalenz zwischen einem elastischen Scheiben– und einem elastischen<br />

Fachwerkmodell bestimmen zu können. Der Vergleich kann entwe<strong>der</strong> mit Hilfe eines<br />

Einheitsspannungs– o<strong>der</strong> eines Einheitsverformungszustandes erfolgen. Für den Fall<br />

isotroper Elastizität führen beide Vorgehensweisen auf identische Werte für die Stab–<br />

flächen.<br />

Im vorliegenden Fall wird dem Gitterrost über die Kontaktknoten an den Ecken ein Einheitsverformungszustand<br />

eingeprägt, <strong>der</strong> sich aus<br />

� K 11<br />

� K 22<br />

: Globale Scheibendehnung in X 1 –Richtung,<br />

: Globale Scheibendehnung in X 2 –Richtung


und<br />

� K 12<br />

: Globale Scheibengleitung<br />

zusammensetzt. Damit sind über Gl. (6.7.4 bis 6.7.6) auch die zugehörigen Scheibenkräfte<br />

bekannt, die sich aus den Einheitsverformungen ergeben und die über die<br />

Knotenkräfte nach Gl. (6.1.1 bis 6.1.3) auf das Gitterrost einwirken. Alle globalen Einwirkungsgrößen<br />

auf das Gitterrostelement sind durch die Vorgabe von Einheitsverformungen<br />

also eindeutig festgelegt. Wird Gl. (6.7.4 bis 6.7.6) in Gl. (6.1.1 und 6.1.3)<br />

eingesetzt, ergibt sich<br />

und<br />

N1 A � 0.5aD���K 11 � ��K 22� (1 � �)<br />

� tan�� ��<br />

2 K 12� (6.8.1)<br />

N2 A � 0.5aD�tan� ��K 22 � ��K 11� (1 � �) �� ��<br />

2 K 12� . (6.8.2)<br />

Die Aufnahme <strong>der</strong> Knotenkräfte Gl. (6.8.1 und 6.8.2) im Gitterrost ist durch die lokale<br />

Gleichgewichtsbedingung Gl. (6.2.1 und 6.2.2) bekannt. Das Einsetzen von Gl. (6.8.1<br />

und 6.8.2) in Gl. (6.2.1 und 6.2.2) führt auf<br />

und<br />

N2 � N3sin� � 0.5aD���K 11 � ��K 22� (1 � �)<br />

� tan�� ��<br />

2 K 12� (6.9.1)<br />

N1 � N3cos� � 0.5aD�tan���K 22 � ��K 11� (1 � �) �� ��<br />

2 K 12� . (6.9.2)<br />

Da dieser Gleichgewichtszustand auch verträglich sein muß, gilt für die lokalen Stabkräfte<br />

Gl. (6.3.1 und 6.3.2), die über Gl. (6.6.3) ebenfalls mit den globalen Einheitsverformungen<br />

verknüpft sind, so daß durch das Einsetzen von Gl. (6.6.3) in Gl. (6.3.1) und<br />

Gl. (6.3.1) in Gl. (6.3.2) die allgemeine Bestimmungsgleichung für die Stabkräfte<br />

Nn � EAn�� K 11 cos2 ϕn � � K 22 sin2 ϕn � � K 12 sinϕncosϕn� (6.10)<br />

folgt, die für die Stabwinkel ϕ n, n = 1, 2 und 3 auszuwerten ist, um sie in Gl. (6.9.1<br />

und 6.9.2) einsetzen zu können. Die Stabwinkel sind durch die Geometrie des Gitter–<br />

rostelementes (Bild 6.6) bekannt.<br />

– 6 / 12 –


X 2<br />

1<br />

α<br />

3<br />

2<br />

ϕ n<br />

Bild 6.6 : Stabwinkel im Gitterrostelement<br />

und<br />

n–ter Gitterroststab<br />

ϕ 1 � 90° , (6.11.1)<br />

ϕ 2 � 0° (6.11.2)<br />

ϕ 3 � 90° � � (6.11.3)<br />

Gl. (6.11.1 bis 6.11.3) <strong>der</strong> Reihe nach in Gl. (6.10) eingesetzt, führt auf die Stabkräfte<br />

und<br />

N 1 � EA 1 � K , (6.12.1)<br />

N 2 � EA 2 � K (6.12.2)<br />

N 3 � EA 3 �� K 11 sin2 α � � K 22 cos2 α � � K 12 sinαcosα� , (6.12.3)<br />

die in Gl. (6.9.1 und 6.9.2) eingesetzt werden, um die Bestimmungsgleichung für die<br />

Stabflächen A 1, A 2 und A 3 zu erhalten. Gl. (6.12.1, 6.12.3 und 6.7.7) in Gl. (6.9.1)<br />

eingesetzt, ergibt<br />

A2�K 11 � A3��K 11sin2α � �K 22cos2α � �K 12sinαcosα�sinα �<br />

� at<br />

2�1 � �2�����K 11 � ��K 22� (1 � �)<br />

� tan�� ��<br />

2 K 12�<br />

und Gl. (6.12.1, 6.12.3 und 6.7.7) in Gl. (6.9.2) eingesetzt, ergibt<br />

A1�K 22 � A3��K 11sin2α � �K 22cos2α � �K 12sinαcosα�cosα �<br />

� at<br />

2�1 � �2���tan� ��K 22 � ��K 11� (1 � �)<br />

�� ��<br />

2 K 12� .<br />

– 6 / 13 –<br />

X 1<br />

(6.13.1)<br />

(6.13.2)


Die eingeprägten Einheitsverformungen �K 11 , �K 22 und �K 12 sind linear unabhängig<br />

und müssen daher jeweils für sich erfüllt sein. Durch einen Koeffizientenvergleich ergeben<br />

sich damit aus Gl. (6.13.1 und 6.13.2) zwei mal drei Gleichungen, um die Stabquerschnittsflächen<br />

A1, A2 und A3 zu bestimmen.<br />

Einheitsverformungszustand � K 11 :<br />

Aus Gl. (6.13.1) folgt<br />

A 2 � A 3 sin 3 � �� at<br />

2�1 � � 2��<br />

und aus Gl. (6.13.2)<br />

A 3 sin 2 �cos� ��<br />

Einheitsverformungszustand � K 22 :<br />

Aus Gl. (6.13.1) folgt<br />

A 3 cos 2 �sin� ��<br />

und aus Gl. (6.13.2)<br />

A 1 � A 3 cos 3 � ��<br />

– 6 / 14 –<br />

(6.14.1)<br />

at tan��<br />

2�1 � �2�� . (6.14.2)<br />

at �<br />

2�1 � �2�� at tan�<br />

2�1 � �2�� .<br />

Einheitsverformungszustand � K 12 :<br />

Aus Gl. (6.13.1) folgt<br />

A 3 sin 2 �cos� ��<br />

at tan�<br />

4(1 � �) �<br />

und aus Gl. (6.13.2)<br />

A3 sin �cos2� �� at � .<br />

4(1 � �)<br />

(6.14.3)<br />

(6.14.4)<br />

(6.14.5)<br />

(6.14.6)


Da sechs Gleichungen für drei Unbekannte vorliegen, ist das Gleichungssystem überbestimmt.<br />

Eine wi<strong>der</strong>spruchsfreie Lösung ist daher nur unter einschränkenden Bedingungen<br />

möglich. Die Gl. (6.14.2, 6.14.3, 6.14.5 und 6.14.6) sind Bestimmungs–<br />

gleichungen für die Querschnittsfläche A 3 <strong>der</strong> Diagonalstäbe, wobei die Koeffizienten<br />

von Gl. (6.14.2 und 6.14.5) und von Gl. (6.14.3 und 6.14.6) übereinstimmen. Aus <strong>der</strong><br />

Gleichheit <strong>der</strong> flächenfreien Koeffizienten folgt dann zwangsläufig, daß eine vollständige<br />

statische und geometrische Äquivalenz zwischen elastischen Scheiben und elastischen<br />

Fachwerken nur dann zu verwirklichen ist, wenn die Querdehnzahl den Wert<br />

ν = 1/3 annimmt.<br />

Aus (Gl. 6.14.2 und 6.14.5) folgt:<br />

at tan��<br />

2(1 � � 2 �<br />

at tan�<br />

) 4(1 � �)<br />

und aus (Gl. 6.14.3 und 6.14.6)<br />

at�<br />

2(1 � � 2 ) �<br />

at<br />

4(1 � �)<br />

→ 2� � 1 � � → � � 1<br />

3<br />

→ 2� � 1 � � → � � 1<br />

3 .<br />

Von den vier Gleichungen darf also nur eine verwendet werden. Zusammen mit den<br />

Gl. (6.14.1 und 6.14.4) folgt mit ν = 1/3 das Gleichungssystem für die unbekannten<br />

Querschnittsflächen <strong>der</strong> Fachwerkstäbe A 1, A 2 und A 3 in Matrizenform zu<br />

A 1<br />

A 2<br />

0 1<br />

A 3<br />

sin 3 α<br />

1 0 cos 3 α<br />

0 0 sinα cos 2 α<br />

– 6 / 15 –<br />

Rechte Seite<br />

9<br />

16 at<br />

9<br />

at tanα<br />

16<br />

3<br />

16 at<br />

Die Auflösung von Gl. (6.14) führt auf die Bestimmungsgleichungen<br />

und<br />

A 1 � 3<br />

16 at (3tan� � cotα) � A 0 f 1 ,<br />

A 2 � 3<br />

16 at �3 � tan 2 α� � A 0 f 2<br />

A3 � 3<br />

16 at<br />

1<br />

sinαcos2 � � A0f3 .<br />

(Gl. 6.14.1)<br />

(Gl. 6.14.4)<br />

(Gl. 6.14.3)<br />

(6.15.1)<br />

(6.15.2)<br />

(6.15.3)


Die Grundfläche aller Stäbe beträgt<br />

A0 � 3<br />

at ,<br />

16<br />

die sich in Abhängigkeit <strong>der</strong> Neigung <strong>der</strong> Diagonalstäbe durch die Faktoren<br />

und<br />

f 1 � 3tan� � cot� ,<br />

f 2 � 3 � tan 2 �<br />

f 3 �<br />

1<br />

sin�cos 2 �<br />

– 6 / 16 –<br />

(6.16.1)<br />

(6.16.2)<br />

(6.16.3)<br />

(6.16.4)<br />

verän<strong>der</strong>t, um das scheibenförmige Tragverhalten im äquivalenten Fachwerkmodell<br />

optimal zu erfassen.<br />

Der Wertebereich <strong>der</strong> Bestimmungsgleichungen (6.15 bzw. 6.16) ist im (Bild 6.7) veranschaulicht.<br />

Die Neigung <strong>der</strong> Diagonalstäbe soll die Grenzwinkel<br />

30° ≤ α ≤ 60°,<br />

(6.17.1)<br />

nicht unter– bzw. überschreiten, da sich sonst negative Flächen einstellen, die zwar aus<br />

mathematischer Sicht gewährleisten, daß die statische und geometrische Äquivalenz<br />

zwischen elastischen Scheiben und elastischen Fachwerken erfüllt ist, die aber physikalisch<br />

keinen Sinn ergeben und daher von <strong>der</strong> Konkurrenz ausgeschlossen werden<br />

müssen.<br />

Bei α = 45° sind die Flächen <strong>der</strong> vertikalen und horizontalen Stäbe gleich und die<br />

<strong>der</strong> Diagonalstäbe um 2 � mal größer, was zu einer optimalen Flächenbelegung führt,<br />

vgl. (Bild 6.7a). Bei 30° (Bild 6.7b) fallen die vertikalen und bei 60° die horizontalen<br />

Stäbe aus, so daß <strong>der</strong> Kräftefluß hauptsächlich entlang <strong>der</strong> Diagnonalen verläuft. Die<br />

anschauliche Deutung <strong>der</strong> 30°– und 60°–Systeme zeigt, daß die Gitterroste im Grenzzustand<br />

zusätzlich durch äußere Lagerbedingungen stabilisiert werden müssen, um<br />

kinematische Ketten zu vermeiden. Bei praktischen Problemen ist daher zu gewähr–<br />

leisten, daß die zusätzlich erfor<strong>der</strong>lichen Aussteifungselemente in Form benachbarter<br />

Gitterroste vorliegen. Noch besser ist es, kinematische Gitterroste von vornherein zu<br />

vermeiden. Dies gelingt, wenn <strong>der</strong> Diagnonalwinkel im Bereich<br />

40° � � � 50°<br />

gehalten wird, was sich ohne Schwierigkeiten immer verwirklichen läßt.<br />

(6.17.2)


6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

–1<br />

–2<br />

–3<br />

–4<br />

–5<br />

–6<br />

f<br />

f 3<br />

unzulässig<br />

zulässiger Bereich<br />

empfohlener Bereich<br />

– 6 / 17 –<br />

unzulässig<br />

a) Abhängigkeit <strong>der</strong> Querschnittsflächen vom Winkel α<br />

1<br />

0 0<br />

α<br />

b) α = 30°–Gitterrost<br />

2<br />

3<br />

40°<br />

50°<br />

15° 30° 45° 60° 75° 90°<br />

f 2<br />

f 1<br />

f 1<br />

Zusätzliche Aussteifung<br />

Bild 6.7 : Querschnittsflächen im Scheiben–Gitterrost<br />

α<br />

1<br />

c) α = 60°–Gitterrost<br />

2<br />

3<br />

Lagerung<br />

0<br />

0<br />

α<br />

f 3<br />

f 3<br />

f 2<br />

f 2<br />

α<br />

A0 � 3<br />

at ,<br />

16<br />

A 1 � f 1 A 0 ,<br />

A 2 � f 2 A 0 ,<br />

A 3 � f 3 A 0 .<br />

f 1<br />

t<br />

a


6.2.3 Scheibenbeispiel Kragarm: Verschiebungen<br />

Die vorgestellte Möglichkeit, Scheibenprobleme mit Hilfe <strong>der</strong> Fachwerkanalogie zu<br />

lösen, soll nun an einem einfachen Beispiel erprobt werden. Es handelt sich um ein<br />

Kragarm–Beispiel, so daß bei einem analytischen Lösungsversuch die Erfüllung <strong>der</strong><br />

geometrischen Randbedingungen erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Das System<br />

und die Unterteilung in Fachwerkstäbe sind im (Bild 6.8) dargestellt.<br />

L 2 = 10.<br />

a) System und Belastung<br />

5.<br />

a<br />

a<br />

a<br />

X 2 , u 2<br />

Eingespannter Rand:<br />

X 1 , u 1<br />

Freier Rand<br />

Fall 1 mit u1(X 1 = 0, X 2 ) = 0<br />

und u2(X 1 = 0, X 2 = 0) = 0.<br />

Fall 2 mit u1(X 1 = 0, X 2 ) = 0<br />

und u2(X 1 = 0, X 2 ) = 0.<br />

E = 3⋅10 7 , ν = 0.33, t = 0.20<br />

Freier Rand<br />

L 1 = 10.<br />

b b b b b b<br />

10.<br />

– 6 / 18 –<br />

Q = 1000.<br />

a � b � 10<br />

6<br />

α = 45°<br />

� 1.666<br />

Symmetrielinie X 2 = 0.<br />

b) Unterteilung des halben Systems in 18 Gitterrostelemente mit 81 Fachwerkstäben<br />

Bild 6.8 : Berechnungsbeispiel Kragarm<br />

Aus Symmetriegründen reicht es aus, nur das halbe System zu betrachten. Die Untersuchung<br />

wird mit 21 vertikalen, 24 horizontalen und 36 diagonalen Stäben und zwei<br />

unterschiedlichen Randbedingungen für den eingespannten Rand duchgeführt:<br />

– Im ersten Fall ist <strong>der</strong> Rand zwängungsfrei in Richtung <strong>der</strong> X 2 –Koordinate gelagert,<br />

so daß sich auch in <strong>der</strong> Lagerung eine ungestörte parabolische Spannungsverteilung<br />

<strong>der</strong> Schubkräfte einstellen kann.


– Im zweiten Fall ist <strong>der</strong> Rand vollständig eingespannt, so daß es durch die Zwängung<br />

zu einer Störung in <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Schubspannungen kommt.<br />

Die Neigung <strong>der</strong> Diagonalen beträgt α = 45°. Für ein Gitterrost ergeben sich damit die<br />

Querschnittsflächen<br />

A 0 � 0.0625 ,<br />

A 1 � A 0 ⋅f 1 � 0.0625⋅2.0 � 0.125 ,<br />

A 2 � A 0 ⋅f 2 � 0.0625⋅2.0 � 0.125 ,<br />

A3 � A0⋅f3 � 0.0625⋅2.0⋅ 2 � � 0.17677670 .<br />

Im Fachwerkmodell sind die Stabflächen <strong>der</strong> vertikalen und horizontalen Kontaktstäbe<br />

unmittelbar benachbarter Gitterrostelemente zu addieren.<br />

Die resultierende Einwirkung Q wird parabolisch über die Höhe verteilt und danach zu<br />

resultierenden Knotenlasten zusammengefaßt, um sie den Fachwerkknoten anteilig<br />

einprägen zu können.<br />

Die Berechnung wird mit dem FEMAS–Programm des <strong>Fachgebiet</strong>s <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> Bau–<br />

konstruktionen durchgeführt, das auf <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> Stabsteifigkeiten beruht /12/. Im<br />

(Bild 6.9) sind die Elemente und Knoten dargestellt und im (Bild 6.10) die resultierenden<br />

Verschiebungen für Fall 1 und Fall 2.<br />

Der Fall 1 mit ungezwängtem Rand sollte zumindest hinsichtlich <strong>der</strong> Lagerung mit <strong>der</strong><br />

Balkentheorie vergleichbar sein, da die Krafteinleitung wie am freien Ende ebenfalls zu<br />

einer quadratischen Verteilung führen muß, da keine Behin<strong>der</strong>ung vorliegt. Für den<br />

schubstarren Biegebalken errechnet sich die Durchbiegung am Kragarmende zu<br />

f Biegung � Q(L 1 )3<br />

3EI<br />

1000⋅103<br />

�<br />

3⋅3⋅107 0.20⋅103 �<br />

12<br />

20<br />

3 ⋅10�4 � 0.666⋅10�4 .<br />

Wird zusätzlich <strong>der</strong> Einfluß <strong>der</strong> Schubverformung berücksichtigt, erhöht sich die Durchbiegung<br />

um den Wert<br />

Q⋅L1 fSchub � �Q GA<br />

� 1.2<br />

1000⋅10<br />

3⋅10 7<br />

2�1�0.33� 0.20⋅10 � 2⋅2.6⋅10�4 � 5.2⋅10 �4 .<br />

Die maximale Durchbiegung nach <strong>der</strong> Balkentheorie errechnet sich demnach zu<br />

fmax � f Biegung � f Schub � 1.18666⋅10 �3 .<br />

Nach (Bild 6.10a) ergibt sich <strong>der</strong> Vergleichswert <strong>der</strong> Scheibenlösung zu<br />

fmax � 1.301⋅10 �3 .<br />

– 6 / 19 –


Die Scheibe verhält sich also um 8.8 % nachgiebiger als <strong>der</strong> Balken, wenn keine Randzwängung<br />

vorliegt (Bild 6.8, Fall 1).<br />

Im Fall 2 wird die Scheibe durch den gezwängten Rand steifer. Die Durchbiegung<br />

nimmt ab und erreicht nach (Bild 6.10b) den Wert<br />

fmax � 1.119⋅10 �3 .<br />

Die Abweichung zur Balkenlösung beträgt 5.7 %. Um dieses Maß ist die Scheibe steifer<br />

als <strong>der</strong> Balken, wenn eine Randzwängung vorliegt (Bild 6.8, Fall 2).<br />

Der Verformungsvergleich zeigt, daß zwischen <strong>der</strong> Scheiben– und Balkenlösung nur<br />

geringe Unterschiede bestehen, wenn die Balkentheorie zusätzlich den Schubeinfluß<br />

enthält. Dieses Ergebnis darf aber nicht überbewertet werden, da es nicht immer so sein<br />

muß. Das Verformungsverhalten von Scheiben hängt neben <strong>der</strong> Systemgeometrie und<br />

Belastung vor allem von den vorliegenden Randbedingungen ab, die im Fall des<br />

Kragarmbeispiels bereits optimal von <strong>der</strong> Balkentheorie erfaßt werden. Bei an<strong>der</strong>en<br />

Verhältnissen ist daher durchaus mit größeren Abweichungen zwischen Scheiben– und<br />

Balkenlösungen zu rechnen.<br />

X 2<br />

a) Elemente<br />

X 2<br />

19 20 21 22 23 24<br />

76 77 78 79 80 81<br />

39<br />

58<br />

13<br />

40<br />

59<br />

14<br />

41<br />

60<br />

15<br />

42<br />

61<br />

16<br />

43<br />

62<br />

44<br />

63<br />

17 18<br />

70 71 72 73 74 75<br />

32<br />

52<br />

33<br />

53<br />

34<br />

54<br />

35<br />

55<br />

36<br />

56<br />

37<br />

57<br />

7 8 9 10 11 12<br />

64 65 66 67 68 69<br />

25<br />

46<br />

26<br />

47<br />

27<br />

48<br />

28<br />

49<br />

29<br />

50<br />

30<br />

51<br />

X1 1 2 3 4 5 6<br />

Elementnummern<br />

22 23 24 25 26 27 28<br />

15 16 17 18 19 20 21<br />

8 9 10 11 12 13 14<br />

1 2 3 4 5 6 7<br />

X 1<br />

b) Knoten<br />

Bild 6.9 : Scheibenbeispiel Kragarm<br />

Knotennummern<br />

– 6 / 20 –<br />

45<br />

38<br />

31


a) Fall 1 : Ohne Randzwängung<br />

b) Fall 2 : Mit Randzwängung<br />

Bild 6.10 : Scheibenbeispiel Kragarm. Verschiebungsfigur<br />

– 6 / 21 –


6.2.4 Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenkräfte<br />

Ein unmittelbarer Vergleich zwischen den Stabkräften des Fachwerks und den Längs–<br />

und Schubkräften <strong>der</strong> Scheibe ist nicht möglich, da es sich bei den Stabkräften um<br />

punktbezogene und bei den Scheibenkräften um längenbezogene Größen handelt. Vor<br />

dem Vergleich ist also eine zusätzliche Umrechnung erfor<strong>der</strong>lich. Es stellt sich daher<br />

die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, die Bemessung <strong>der</strong> Scheibe direkt mit den Stabkräften<br />

des Fachwerks vorzunehmen, wenn zuvor die Einflußlängen <strong>der</strong> Stabkräfte abgeschätzt<br />

werden. Um dies entscheiden zu können, müssen die Umrechnungsbeziehungen<br />

zwischen Scheiben– und Fachwerkskräften bekannt sein. Dazu sind lediglich die<br />

Gl. (6.7, 6.10 und 6.15) nach den Scheibenkräften aufzulösen. Wird Gl. (6.7 und 6.15)<br />

in Gl. (6.10) eingesetzt und die Zwangsbedingung ν = 1/3 beachtet, folgt die Bestimmungsgleichung<br />

<strong>der</strong> Scheibenkräfte zu<br />

�4cos 2 ϕn � 1�n 11<br />

� �4sin 2 ϕn � 1�n 22<br />

� (8sinϕncosϕn )n12 � 16<br />

�Nn a�<br />

f<br />

mit n � 1, 2, 3 .<br />

– 6 / 22 –<br />

(6.18)<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Verträglichkeitsbeziehung (6.18) ist knotenweise durchzuführen.<br />

Die Zuordnung zwischen Scheiben– und Stabkräften ist (Bild 6.11) zu entnehmen.<br />

n 11<br />

D<br />

A<br />

n 12<br />

Bild 6.11 : Scheiben– und Stabkräfte<br />

�<br />

�<br />

N 3<br />

N 1<br />

2<br />

α α<br />

ϕ<br />

1 1<br />

N1 N3 N 2<br />

N 2<br />

n 22<br />

n 21 = n 12<br />

3 3<br />

n 21 = n 12<br />

2 N 2<br />

n 22<br />

b = a tanα<br />

N 2<br />

N 3<br />

N 1<br />

N 1<br />

N 3<br />

�<br />

�<br />

n 12<br />

C<br />

B<br />

n 11<br />

a


Die Neigungswinkel <strong>der</strong> Stäbe im Gitterrost betragen an den Knoten A und C<br />

ϕ1 � 90°, ϕ2 � 0° und ϕ3�90° � �<br />

und an den Knoten B und D<br />

ϕ1 � 90°, ϕ2 � 0° und ϕ3�90° � � .<br />

Damit sind die Vorfaktoren von n 11 und n 22 für alle Knoten gleich, während sie sich<br />

bei n 12 durch den Richtungswechsel <strong>der</strong> Diagonalen unterscheiden.<br />

sin� � cos(90° � �) ��cos(90° � �) ,<br />

cos� � sin(90° � �) � sin(90° � �) .<br />

Winkel Diagonale AC<br />

Winkel Diagonale BD<br />

Die explizite Form von Gl. (6.18) ergibt sich damit zu<br />

mit<br />

und<br />

n 11 n 22 n 12 Rechte Seite<br />

–1 3<br />

4sin 2 � � 1<br />

– 6 / 23 –<br />

16<br />

3 –1<br />

16<br />

f 1 � 3tan� � cot� ,<br />

f 2 � 3 � tan 2 �<br />

f 3 �<br />

1<br />

sin�cos 2 �<br />

4cos 2 � � 1 � 8sin� cos�<br />

16<br />

�N1 a�<br />

als Einflußfaktoren <strong>der</strong> Stabflächen, vgl. Gl. (6.16.2 bis 6.16.4).<br />

f 1<br />

� N 2<br />

a�<br />

f 2<br />

� N 3<br />

a�<br />

f 3<br />

(6.19.1)<br />

(6.19.2)<br />

(6.19.3)


Die Auflösung von Gl. (6.19) nach den Scheibenkräften ergibt:<br />

und<br />

mit<br />

n 11 �<br />

n 22 �<br />

3� N 2<br />

L �<br />

f 2<br />

3� N 1<br />

L �<br />

f 1<br />

�<br />

�<br />

� N 1<br />

L �<br />

f 1<br />

� N 2<br />

L �<br />

f 2<br />

n12 ���cos��N3� �<br />

1<br />

L<br />

L � a<br />

2<br />

,<br />

8 �3<br />

f2 f1tan� � 1��N 1<br />

L<br />

– 6 / 24 –<br />

(6.20.1)<br />

(6.20.2)<br />

� �<br />

1<br />

8�3 f1 � 1<br />

tan���N2�� (6.20.3)<br />

L<br />

. (6.20.4)<br />

Anmerkung zur Bestimmung von n 12 :<br />

Es ist<br />

und<br />

4sin2� � 1<br />

8sin�cos� � 3sin2� � cos2� 8sin�cos�<br />

4cos2� � 1<br />

8sin�cos� � 3cos2� � sin2� 8sin�cos�<br />

1<br />

�<br />

8sin�cos� f3 sin�cos2� 8sin�cos�<br />

�<br />

1�<br />

sin�<br />

8 cos�<br />

�<br />

cos�<br />

sin�� � �1 8 3tan� � cot�� � 1<br />

8 f1 ,<br />

� 1<br />

8<br />

�<br />

1<br />

cos� .<br />

8<br />

�3 cos�<br />

sin�<br />

Damit wird n12 ��� N3�cos� �<br />

1<br />

L 8 f1n11 � 1<br />

8 f2 f 2<br />

�<br />

sin��<br />

cos�<br />

�<br />

1<br />

8 �3 � tan2�� 1<br />

�<br />

1<br />

tan� 8 f2 1<br />

tan�<br />

1<br />

tan� n22 usw.<br />

Bei <strong>der</strong> Auflösung von Gl. (6.19.3) ist die Vorzeichenregel von n 12 zu beachten. Für<br />

die Knoten A und C ist n 12 positiv und für die Knoten B und D negativ. Mit Gl. (6.20)<br />

sind die Längs– und Schubkräfte <strong>der</strong> Scheibe für ein Gitterrost eindeutig bestimmt. Bei<br />

rechteckigen Gitterrosten treffen maximal vier Gitterrostelemente in einem Knoten zu–<br />

sammen. Die Scheibenkräfte nach Gl. (6.20) werden zunächst für die einzelnen<br />

Elemente getrennt berechnet. In <strong>der</strong> Regel fallen diese Werte unterschiedlich aus,<br />

da es sich um ein Näherungsverfahren handelt. Es ist daher sinnvoll, die endgültigen


Knotenwerte durch eine arithmetische Mittlung <strong>der</strong> Einzelbeiträge zu bestimmen. Dies<br />

ist im (Bild 6.12) veranschaulicht.<br />

Element<br />

Element<br />

2<br />

3<br />

α 2<br />

α 3<br />

b1 = tanα2a1 = tanα3a2<br />

Bild 6.12 : Mittlung <strong>der</strong> Scheibenkräfte<br />

B<br />

C<br />

(SK)<br />

– 6 / 25 –<br />

�<br />

A<br />

D<br />

α 1<br />

Element<br />

α 4<br />

Element<br />

b2 = tanα1a1 = tanα4a2<br />

Im betrachteten Systemknoten (SK) treffen die Knoten A des ersten, B des zweiten,<br />

C des dritten und D des vierten Elements zusammen. Die resultierenden Kräfte in den<br />

Kontaktstäben unmittelbar benachbarter Elemente müssen zunächst im Verhältnis <strong>der</strong><br />

Anteile <strong>der</strong> Stabflächen auf die einzelnen Elemente verteilt werden. Zwischen den Elementen<br />

1 und 2 gilt z.B.<br />

Element 2<br />

Element<br />

2<br />

N1 N 1<br />

� � �<br />

B (SK) A<br />

1 2<br />

A1 � A1 � A1 1<br />

N1 1<br />

1<br />

4<br />

1<br />

N1 und<br />

2<br />

N1 � N 1<br />

1<br />

A1 A1 2<br />

A1 � N1 A1 a 1<br />

a 2


Die Fläche A 1 ist die Summe <strong>der</strong> Querschnittsflächen aller beteiligten Elemente und<br />

N 1 die daraus resultierende Stabkraft, die aus <strong>der</strong> Fachwerkberechnung folgt. Sind alle<br />

Stabkräfte in den Elementen bekannt, können mit Gl. (6.20) die zugehörigen Scheibenkräfte<br />

berechnet und anschließend die knotenweise Mittlung vorgenommen werden.<br />

Für n 11 gilt z.B.<br />

n11 n<br />

2<br />

11<br />

,B 1 ,A<br />

n 11<br />

3<br />

�<br />

B<br />

(SK) �<br />

�<br />

A<br />

C D<br />

� �<br />

n 11<br />

n11 ,C 4 ,D<br />

– 6 / 26 –<br />

(SK) � n11 ,A � n11 ,B � n11 ,C � n11 1 2 3 4 ,D<br />

.<br />

4<br />

Um nun die eingangs gestellte Frage zu beantworten, ob die Bemessung <strong>der</strong> Stäbe direkt<br />

mit den Stabgrößen des Fachwerks erfolgen kann, werden für die Stabkräfte Einflußlängen<br />

definiert, die sich unmittelbar aus Gl. (6.20) ergeben. Es gilt:<br />

mit<br />

n11 � N1 �<br />

L11,1 N2 L11,2 n22 � N1 �<br />

L22,1 N2 L22,2 n12 � N1 �<br />

L12,1 N2 �<br />

L12,2 N3 L12,3 , (6.21.1)<br />

, (6.21.2)<br />

(6.21.3)<br />

L11,1 � f1L, L11,2 � (6.22.1)<br />

1<br />

3 f2L, L22,1 � 1<br />

3 f1L, (6.22.2)<br />

L22,2 � f2L, L 12,1 ��<br />

�3 f 2<br />

f 1 tan�<br />

8L<br />

, (6.22.3)<br />

� 1� L12,2 ��<br />

8L<br />

�3 f1 � 1<br />

tan�� , L12,3 �<br />

1<br />

cos� L.<br />

f 2


Die Zusammenhänge zwischen den Einflußlängen und den Scheibenkräften lassen<br />

sich in einfacher Weise anhand eines quadratischen Gitterrostes mit α = 45° diskutieren.<br />

Es ist f1 � f2 � 2, cos� � 2 � �2 und tan� � 1, so daß sich die Einflußlängen<br />

aus Gl. (6.20.4 und 6.22) zu<br />

und<br />

L 11,1 � a, L 11,2 � a<br />

3 ,<br />

L22,1 � a<br />

3 , L22,2 � a,<br />

L 12,1 ��a, L 12,2 ��a<br />

L12,3 � 2 � �a 2 �<br />

errechnen. Mit Gl. (6.22) sind dann auch die Scheibenkräfte bekannt, die sich aus<br />

und<br />

n11 � N1 a � N2 a<br />

3<br />

n 12 ��� �<br />

� � N 1<br />

a � N 2<br />

,n 22 � N 1<br />

a<br />

3<br />

a � N3 2<br />

� N 2<br />

a<br />

� �a 2��� � �� � N1 � N2 a<br />

– 6 / 27 –<br />

� 2 � N3 ergeben. Bei n 11 ist die erste und bei n 22 <strong>der</strong> zweite Term auf den Einfluß von ν = 1/3<br />

zurückzuführen, da L 11,1 das Dreifache von L 11,2 bzw. L 22,2 von L 22,1 ist. Dies<br />

ist im (Bild 6.13) veranschaulicht. Die quer zur Scheibenlängskraft n 11 verlaufende<br />

Stabkraft N 1 liefert gerade den ν–fachen Anteil von N 1 (Bild 6.13a) und die quer<br />

zur Scheibenlängskraft n 22 verlaufende Stabkraft N 2 gerade den ν–fachen Anteil<br />

von N 2 (Bild 6.13b) als Beitrag zu den Scheibenkräften.


N 1<br />

N 1<br />

a) Längskraft n 11<br />

N 2<br />

N 2<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

n 11<br />

b) Längskraft n 22<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

n22 � 1<br />

3<br />

n 22<br />

Bild 6.13 : Einfluß <strong>der</strong> Querdehnzahl<br />

N 1<br />

N 1<br />

N 2<br />

n11 � 1<br />

3<br />

�a 3� � N2 a<br />

– 6 / 28 –<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

Der Querzug aus <strong>der</strong> Stabkraft N 1<br />

erzeugt eine Scheibenlängskraft n 11 ,<br />

da ν = 1/3 gilt !<br />

N 1<br />

�a 3� � N1 a<br />

N 2<br />

N 2<br />

Der Querzug aus <strong>der</strong><br />

Stabkraft N 2 erzeugt<br />

eine Scheibenlängs–<br />

kraft n 22 , da ν = 1/3 gilt !<br />

Die Hauptanteile <strong>der</strong> Scheibenkräfte n 11 und n 22 ergeben sich durch die Verteilung<br />

von N 2 und N 1 auf die Einflußlängen L 11,2 = L 22,1 = a/3. Dies ist im (Bild 6.14) ver–<br />

anschaulicht. Für n 11 gilt das Verteilungsschema (Bild 6.14a) und für n 22 das Verteilungsschema<br />

(Bild 6.14b).


n 11<br />

a<br />

3<br />

a) Scheibenlängskraft n 11<br />

b) Scheibenlängskraft n 22<br />

a<br />

3 N2 A B<br />

b = a<br />

a<br />

D<br />

D<br />

Bild 6.14 : Verteilung <strong>der</strong> Stabkräfte in Längsrichtung<br />

a<br />

3<br />

N 1<br />

N 2<br />

n 22 � N 1<br />

� a<br />

3 �<br />

a<br />

3<br />

N 1<br />

C<br />

A a a B<br />

3 3<br />

n 22<br />

C<br />

– 6 / 29 –<br />

a<br />

3<br />

a<br />

3<br />

n 11 � N 2<br />

� a<br />

3 �<br />

Die Verteilungslänge von a/3 resultiert aus <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach statischer und geo–<br />

metrischer Äquivalenz, die von einer gleichwertigen Erfüllung von Gleichgewicht und<br />

Verträglichkeit im Scheiben– und Fachwerkmodell ausgeht. Wird auf die Erfüllung <strong>der</strong><br />

elastischen Verträglichkeit verzichtet, können die Scheibenkräfte unmittelbar aus den<br />

globalen und lokalen Gleichgewichtsbedingungen Gl. (6.1 und 6.2) ermittelt werden,<br />

wenn die Aufteilung zwischen Längs– und Schubkräften in einem bestimmten Verhält-


nis folgt, d.h., wenn z.B. die Längskräfte den horizontalen und vertikalen Fachwerk–<br />

stäben und die Schubkräfte den Diagonalen zugeordnet werden. Im Knoten A gilt z.B.<br />

und<br />

Dann ist<br />

und<br />

Gl. (6.1) Gl. (6.2)<br />

1<br />

2 a�n 11 � tan�n 12� � N 2 � N 3 sin�<br />

1<br />

2 a�tan�n 22 � n 12� � N 1 � N 3 cos�<br />

– 6 / 30 –<br />

� N 1 A<br />

� N 2 A<br />

Global: Scheibe Lokal: Fachwerk Knotenkräfte<br />

n 11 � tan�n 12 � 2 �N 2 � N 3 sin��<br />

a<br />

tan�n 22 � n 12 � 2 �N 1 � N 3 cos��<br />

a<br />

(6.23.1)<br />

. (6.23.2)<br />

Die gleichwertige Aufteilung auf Längs– und Schubkräfte führt mit α = 45° auf die<br />

Längskräfte<br />

n 11 � N 2<br />

� a<br />

2 �<br />

und n22 � N1 .<br />

�<br />

� a<br />

2<br />

Demnach fehlt bei dieser speziellen Gleichgewichtsverteilung <strong>der</strong> Einfluß <strong>der</strong> Querdehnzahl.<br />

Zusätzlich wachsen auch die Verteilungslängen um 50% an. Daher fallen<br />

die Maximalwerte <strong>der</strong> Scheibenlängskräfte insgesamt kleiner als bei einer elastisch verträglichen<br />

Verteilung aus, ein Ergebnis, das mit <strong>der</strong> Erfahrung im Einklang steht.<br />

Bei <strong>der</strong> Schubkraft sind die Verhältnisse nicht ganz so einfach zu übersehen. Bei vollständiger<br />

Äquivalenz zwischen Scheiben– und Fachwerkmodell verteilen sich die<br />

Diagonalkräfte auf die halbe Diagonallänge und die abmin<strong>der</strong>nd wirkenden horizontalen<br />

und vertikalen Stabkräfte auf die volle Seitenlänge. Das Verteilungsschema ist im<br />

(Bild 6.15) dargestellt.


a<br />

�2 a<br />

2<br />

�2 a<br />

2<br />

D<br />

N 1<br />

N 1<br />

N 3<br />

N 2<br />

n 21 = n 12<br />

A n B<br />

21 = n12 Bild 6.15 : Ermittlung <strong>der</strong> Schubkräfte n 12 und n 21 , α = 45°<br />

a<br />

�<br />

– 6 / 31 –<br />

N 2<br />

n 12 n 12<br />

N 3<br />

N 2<br />

a<br />

N 3<br />

N 3<br />

N 2<br />

C<br />

N 1<br />

N 1<br />

�2 a<br />

2<br />

�2 a<br />

2<br />

Die Begrenzung <strong>der</strong> Breite zur Verteilung <strong>der</strong> Diagonalkräfte steht mit <strong>der</strong> Erfahrung<br />

im Einklang. Für die Kraft zwischen A und C sind die Ecken B und D und für die<br />

Kraft zwischen B und D die Ecken A und C ’tote’ Spannungsecken, da sich <strong>der</strong> Spannungsfluß<br />

vor allem in Richtung <strong>der</strong> Diagonalen ausbreitet und die abgelegenen Ecken<br />

nicht erreicht. Die Umformung von<br />

in<br />

n 12 ��� �<br />

� � N 1<br />

a � N 2<br />

n 12 �� � �<br />

a � N3 2<br />

� 1 a�� N 1 � 2<br />

�<br />

� �a 2��� �<br />

2 N3� � 1 a�� N2 � 2 �<br />

2 N3�� �<br />

�<br />

a


zeigt, daß keine Schubkräfte auftreten, wenn die Ausdrücke in runden Klammern identisch<br />

verschwinden. Dann gilt z.B. im Knoten A<br />

n 12<br />

N 1<br />

�<br />

�2<br />

2 N3 �2<br />

2 N3 N 2<br />

N 3<br />

� N1 � 2 �<br />

2 N3 � 0<br />

und<br />

� N2 � 2 �<br />

2 N3 � 0.<br />

Die vertikalen und horizontalen Komponenten <strong>der</strong> Diagonalkräfte und die Kräfte <strong>der</strong> vertikalen<br />

und horizontalen Stäbe heben sich gegenseitig auf, so daß es nicht zu einer<br />

Schiefstellung des Gitterrostelements kommen kann und im äquivalenten Scheiben–<br />

modell keine Schubdehnungen und damit auch keine Schubkräfte auftreten.<br />

Die spezielle Gleichgewichtsverteilung mit gleichwertiger Behandlung <strong>der</strong> Längs– und<br />

Schubkräfte führt dagegen auf die Schubkräfte<br />

n12 �� N3 �2 �a .<br />

�<br />

2<br />

Die Verteilungslängen <strong>der</strong> dominanten Diagonalkräfte sind also gleich, während <strong>der</strong> abmin<strong>der</strong>nde<br />

Einfluß <strong>der</strong> horizontalen und vertikalen Stabkräfte vollständig entfällt. Bei<br />

diesem Gleichgewichtsmodell sind die Schubkräfte demnach größer als beim Verträglichkeitsmodell<br />

und kompensieren damit den Abfall <strong>der</strong> Längskräfte.<br />

Da die Wertigkeit von Längs– und Schubkräften in Gleichgewichtsmodellen von außen<br />

vorgegeben wird, sind weitere Varianten denkbar. Ein gängiges Modell ist z.B. die Aufteilung<br />

über die Knotenkräfte nach Gl. (6.1). Im Knoten A (Bild 6.16) gilt z.B.<br />

und<br />

1<br />

2 a�n 11 � tan�n 12� � N 1<br />

A<br />

1<br />

2 a�tan�n 22 � n 12� � N 2<br />

A .<br />

– 6 / 32 –


n 11<br />

N 1 A<br />

n 12<br />

A<br />

N 2 A<br />

�<br />

1<br />

b �<br />

1<br />

2 2 atan�<br />

α<br />

n 12<br />

n 22<br />

1<br />

2 a<br />

1<br />

2 a<br />

Bild 6.16 : Alternative Verteilung <strong>der</strong> Stabkräfte im Knoten A<br />

Die Verteilung auf die anliegenden Seitenlängen führt auf die Längs– und Schubkräfte<br />

und<br />

n11 � N1 A<br />

, (6.24.1)<br />

�<br />

� a<br />

2<br />

n 22 � N2 A<br />

�tan� a<br />

2 �<br />

n 12 �<br />

N 2<br />

A<br />

� a<br />

2<br />

N1<br />

A<br />

�<br />

�<br />

– 6 / 33 –<br />

(6.24.2)<br />

�tan� a<br />

2� . (6.24.3)<br />

2<br />

Die Knotenkräfte mit Hilfe von Gl. (6.2) durch die Stabkräfte ausgedrückt, ergibt<br />

und<br />

n11 � N2 �a 2� � sin� N3 �a 2<br />

n 22 � N 1<br />

tan�� a<br />

n 12 �<br />

� ,<br />

2� � cos� N3 tan��a 2� N1 �a 2� � N2 tan��a 2� � 2cos� N3 �a 2� 2<br />

.


Mit α = 45° folgt daraus<br />

und<br />

n 11 � N 2<br />

n 22 � N 1<br />

n 12 �<br />

2<br />

� �<br />

2 N3 �a 2� 2<br />

� �<br />

2 N3 �a 2� N1 2 � N2 2<br />

,<br />

2<br />

� �<br />

2 N3 � a<br />

2 �<br />

,<br />

also eine Verteilung, die von <strong>der</strong> elastisch verträglichen Verteilung nach Gl. (6.20 bzw.<br />

6.21) nicht unerheblich abweicht und die sich auch deutlich vom ersten Gleichgewichtsmodell<br />

unterscheidet, das auf einer gleichwertigen Aufteilung <strong>der</strong> Längs– und Schubkräfte<br />

in Gl. (6.23) beruht.<br />

Trotz <strong>der</strong> Unverträglichkeiten, die aus <strong>der</strong> Verletzung <strong>der</strong> elastischen Verträglichkeit<br />

folgen, ist die reine Gleichgewichtsverteilung <strong>der</strong> Stabkräfte im Hinblick auf die praktische<br />

Anwendung beson<strong>der</strong>s attraktiv. Sie erlaubt nämlich die unmittelbare Bemessung<br />

<strong>der</strong> Scheibe mit den Stabkräften des Fachwerks, wenn man dabei das erste <strong>der</strong> diskutierten<br />

Gleichgewichtsmodelle in vereinfachter Form einsetzt.<br />

Am Fachwerk, das aus zusammengesetzten Gitterrosten besteht, kann z.B. nach dem<br />

Schema in den (Bil<strong>der</strong>n 6.17 bis 6.19) verfahren werden, um die Scheibenkräfte zu<br />

ermitteln. Im (Bild 6.17) ist die vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenkräfte n 11 veranschaulicht,<br />

im (Bild 6.18) die vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenlängskraft n 22 und<br />

im (Bild 6.19) die vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenschubkräfte n 12 = n 21 .<br />

– 6 / 34 –


a 1<br />

a 2<br />

X 2<br />

Gitterrost<br />

� �<br />

N h<br />

� �<br />

Gitterrost<br />

1<br />

2<br />

L h<br />

X 1<br />

– 6 / 35 –<br />

N h = Resultierende Kraft<br />

<strong>der</strong> horizontalen Stäbe.<br />

L h =<br />

n 11 � N h<br />

L h<br />

Bild 6.17 : Vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenlängskraft n 11<br />

�a 1 � a 2 �<br />

.<br />

3<br />

Zugehörige horizontale<br />

Verteilungslänge.<br />

(6.25.1)<br />

Im (Bild 6.17) ist N h die resultierende Kraft <strong>der</strong> horizontalen Stäbe. Sie ist unmittelbar<br />

durch die Fachwerkberechnung bekannt. Für quadratische Gitterroste mit α = 45° gilt<br />

für die Gitterroste 1 und 2<br />

und<br />

1<br />

N 2 � N h<br />

1<br />

2<br />

N 2<br />

1<br />

A 2 +<br />

N 2 � � N h .<br />

1<br />

A 2<br />

2<br />

A 2<br />

und<br />

2<br />

N 2 � N h<br />

1<br />

A 2 +<br />

2<br />

A 2<br />

2<br />

A 2<br />

Die zugehörige horizontale Verteilungslänge wird aus dem Verträglichkeitsmodell übernommen<br />

und berechnet sich zu<br />

L h � �a 1 � a 2 �<br />

3<br />

.<br />

In gleicher Weise ist in den (Bil<strong>der</strong>n 6.18 und 6.19) zu verfahren.


�<br />

�<br />

X 2<br />

Gitterrost<br />

b 1<br />

Nv<br />

1<br />

L v<br />

n 22 � Nv<br />

Lv<br />

�<br />

�<br />

Gitterrost<br />

b 2<br />

2<br />

– 6 / 36 –<br />

N v = Resultierende Kraft<br />

<strong>der</strong> vertikalen Stäbe.<br />

L v =<br />

X 1<br />

�b 1 � b 2 �<br />

Bild 6.18 : Vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenlängskraft n 22<br />

X 2<br />

a<br />

n 12 � � N d<br />

L d<br />

N d<br />

L d<br />

=<br />

=<br />

L d Ld<br />

�<br />

�<br />

�2 a<br />

2 .<br />

N d<br />

Kraft <strong>der</strong> Diagonalstäbe.<br />

�<br />

�<br />

.<br />

3<br />

Zugehörige vertikale<br />

Verteilungslänge.<br />

n 12 � N d<br />

L d<br />

Bild 6.19 : Vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenschubkräfte n 12 = n 21<br />

X 1<br />

Zugehörige diagonale Verteilungslänge.<br />

(6.25.1)<br />

(6.25.3)


6.2.5 Scheibenbeispiel Kragarm: Spannungen<br />

Am Beispiel des bereits unter Pkt. 6.2.3 behandelten Kragarms sollen die unter<br />

Pkt. 6.2.4 diskutierten Möglichkeiten <strong>der</strong> Spannungsauswertung erprobt werden. Da<br />

die Spannungen und Kräfte <strong>der</strong> Scheibe nur über die Dicke zusammenhängen, reicht<br />

es aus, die Längs– und Schubkräfte zu bestimmen. Die Auswertung erfolgt in den<br />

Schnitten X 1 = 0.0, X 1 = 5.0 und X 1 = 10.0, also in <strong>der</strong> Einspannung, <strong>der</strong> Mitte und am<br />

freien Rand, vgl. (Bild 6.8). Für die Kräfteauswertung wird lediglich <strong>der</strong> Fall 2 mit voller<br />

Einspannung betrachtet, da dieser Fall die wirklichen Randbedingungen <strong>der</strong> Kragscheibe<br />

realistischer als <strong>der</strong> Fall 1 erfaßt. Die zwangsfreie Lagerung in X 2 –Richtung<br />

ist dagegen von Interesse, wenn es darum geht, das Durchbiegeverhalten <strong>der</strong> Scheibe<br />

mit Mitteln <strong>der</strong> Balkenstatik zu überprüfen. Es wird zusätzlich eine numerische Scheibenlösung<br />

als Vergleichslösung herangezogen, um die Lösung nach <strong>der</strong> Fachwerkanalogie<br />

bewerten zu können. Sie wird mit dem FE–Programm HYDAS des <strong>Fachgebiet</strong>s<br />

<strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong> ermittelt, in dem ausschließlich Weggrößenelemente implementiert<br />

sind /13/. Teilergebnisse sind zahlenmäßig in (Tabelle 6.1) angegeben und<br />

grafisch im (Bild 6.24) dargestellt.<br />

Die Durchführung <strong>der</strong> Berechnung nach dem Verträglichkeitsmodell Gl. (6.20) wird<br />

exemplarisch im Schnitt X 1 = 5.0 am Knotenpunkt X 2 = 3.3333 erläutert (Bild 6.21).<br />

An dieser Stelle stoßen vier Gitterrostelemente zusammen. Die Längs– und Schubkräfte<br />

n 11 und n 12 sind zunächst für die einzelnen Elemente zu bestimmen und danach<br />

am Knotenpunkt zu mitteln, <strong>der</strong> im (Bild 6.9b) die Nummer 18 erhalten hat.<br />

Gitterrostelement 2<br />

281.6<br />

2<br />

281.6<br />

2<br />

139.7<br />

N 2<br />

N 2<br />

–80.5<br />

� 100<br />

2<br />

N 3<br />

n 12<br />

N 1<br />

n 12<br />

n 12<br />

Gitterrostelement 3<br />

n 11<br />

Bild 6.21 : Knotenpunkt im Fachwerk<br />

B<br />

18<br />

– 6 / 37 –<br />

Gitterrostelement 1<br />

n 11<br />

� 100<br />

2<br />

N 1<br />

n 12<br />

A<br />

N 3<br />

n 12<br />

n12 n12 C D<br />

N 3<br />

N 1<br />

� 58.5<br />

2<br />

n 11<br />

n 11<br />

n 12<br />

N 1<br />

� 58.5<br />

2<br />

N 3<br />

5.3<br />

N 2<br />

N 2<br />

201.6<br />

2<br />

X 2 = 3.333<br />

201.6<br />

2<br />

167.0<br />

Gitterrostelement 4


Aus <strong>der</strong> Fachwerkberechnung sind die Stabkräfte bekannt, die sich entsprechend den<br />

Flächenanteilen auf die einzelnen Gitterrostelemente verteilen (Bild 6.21). Für die vertikalen<br />

und horizontalen Stäbe beträgt <strong>der</strong> Verteilungsfaktor Zwei und für die Diagonalstäbe<br />

Eins. Für ein Gitterrostelement gilt<br />

und<br />

Mit 1 a � 1 10<br />

6<br />

n 11 � 1 a �N 1 � 3N 2 �<br />

n12 �� 1 a�� N1 � N2 � 2 � N � 3<br />

� 6<br />

� 0.6 folgt daraus<br />

10<br />

im 1. Gitterrostelement<br />

n11 � �� 100<br />

� 3<br />

201.6<br />

2 2 �0.6 � 151.4 ,<br />

n 12 � � 100<br />

2<br />

� 201.6<br />

2<br />

im 2. Gitterrostelement<br />

– 6 / 38 –<br />

+ für AC<br />

– für DB<br />

� 2 � ⋅5.3�0.6 ��26.0 ,<br />

n11 � �� 100<br />

� 3<br />

281.6<br />

2 2 �0.6 � 223.4 ,<br />

n 12 ��� 100<br />

2<br />

im 3. Gitterrostelement<br />

n11 � �� 58.5<br />

2<br />

n 12 � � 58.5<br />

2<br />

� 281.6<br />

2<br />

� 2 � ⋅139.7�0.6 ��64.1 ,<br />

� 3<br />

281.6<br />

2 �0.6 � 235.9 ,<br />

� 281.6<br />

2<br />

und im 4. Gitterrostelement<br />

n11 � �� 58.5<br />

2<br />

n 12 ��� 58.5<br />

2<br />

� 2 � ⋅80.5�0.6 ��135.2 ,<br />

� 3<br />

201.6<br />

2 �0.6 � 163.9 ,<br />

� 201.6<br />

2<br />

� 2 � ⋅167.�0.6 ��98.8 .<br />

Die arithmetische Mittlung <strong>der</strong> Einzelergebnisse führt mit<br />

n11 � �151.4 � 223.4 � 235.9 � 163.9�<br />

� 193.7<br />

4<br />

.


und<br />

n12 ���26.0 � 64.1 � 135.2 � 98.8�<br />

��81.0<br />

4<br />

auf Werte, die nur wenig von den Vergleichswerten <strong>der</strong> Finite–Element–Berechnung<br />

abweichen, vgl. (Tabelle 6.1).<br />

Die direkte Verteilung <strong>der</strong> Stabkräfte des Fachwerks nach Gl. (6.25) ist für die Scheibenlängskraft<br />

n 11 im (Bild 6.22) dargestellt.<br />

18<br />

281.6 201.6 2a<br />

�<br />

1<br />

3 0.9<br />

n11 � 1 (281.6 � 201.6)0.9 � 217.4<br />

2<br />

Bild 6.22 : Vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Scheibenlängskräfte n 11<br />

Die direkte Verteilung <strong>der</strong> Schubkraft n 12 = n 21 ist (Bild 6.23) zu entnehmen.<br />

–<br />

�2 ⋅<br />

a<br />

2<br />

n<br />

–<br />

12 �� 2 � �<br />

n<br />

+<br />

12 � 2 � �<br />

n 12 � – n +<br />

12 � n 12<br />

2<br />

139.7 5.3<br />

Bild 6.23 : Vereinfachte Ermittlung <strong>der</strong> Schublängskraft n 12 = n 21<br />

18<br />

�<br />

–80.5 167.<br />

– 6 / 39 –<br />

�2 ⋅<br />

a<br />

2<br />

�<br />

1<br />

0.6 2 �<br />

139.7 � 167. �0.6 ��130.1<br />

2<br />

5.3 � 80.5�0.6<br />

��31.9<br />

2<br />

��81.0<br />

n 11<br />

+<br />

n 12


Die Werte von Gl. (6.25) liegen ebenfalls in <strong>der</strong> Größenordnung <strong>der</strong> Finite–Element–<br />

Lösung. Dies trifft i.a. auch für die Gleichgewichtsmodelle nach Gl. (6.23 und 6.24) zu.<br />

Für die praktische Anwendung <strong>der</strong> Gitterrostmethode zur Lösung von Scheibenauf–<br />

gaben ist es daher am einfachsten und völlig ausreichend, die Verteilungslängen <strong>der</strong><br />

Stabkräfte abzuschätzen und die Scheibenkräfte unmittelbar am Fachwerkmodell zu<br />

bestimmen.<br />

Der im (Bild 6.24) dargestellte Verlauf <strong>der</strong> Längs– und Schubkräfte zeigt einen deut–<br />

lichen Scheibeneffekt, <strong>der</strong> sich beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Einspannung X 1 = 0 bemerkbar<br />

macht. Erst wenn die L 2–Länge im Verhältnis zur L 1–Länge stark abnimmt, wird sich<br />

eine gradlinige Verteilung <strong>der</strong> Spannungswerte in X 2 –Richtung einstellen und die Balkenlösung<br />

dominieren.<br />

Koor–<br />

dina–<br />

te<br />

X 2<br />

0.<br />

X 1<br />

0.<br />

n 11<br />

1.666 139.3<br />

3.333<br />

5.000<br />

Koor–<br />

dina–<br />

te<br />

X 2<br />

0.<br />

X 1<br />

1.666<br />

3.333<br />

5.000<br />

0.0<br />

317.3<br />

667.1<br />

0.<br />

n 11<br />

Tabelle 6.1 :<br />

Verträglichkeits<br />

modell Gl. (6.20)<br />

n 11 n 12 n 12<br />

–5.6 –144.2 –143.1 0.0 –145.0 –76.0 –147.2<br />

83.4 –129.0 92.8 –127.9 137.9 –129.4<br />

295.2<br />

217.4<br />

5. 10.<br />

5. 10.<br />

n 11 n 12 n 12<br />

0. 5. 10. 0. 5. 10.<br />

n 11 n 11 n 12 n 12<br />

–52.5 444.7<br />

–38.8 686.9 –25.0<br />

n11 n11 n12 n12 0.<br />

Vergleichslösung mit<br />

finiten Elementen<br />

5. 10.<br />

816.2<br />

Gleichgewichts–<br />

modell Gl. (6.23)<br />

– 6 / 40 –<br />

–141.0<br />

n 11 n 11 n 12 n 12<br />

193.6 –81.0 –82.1 –211.5 –79.8 315.8<br />

–77.2<br />

Direkte Verteilung<br />

am Fachwerk Gl. (6.25)<br />

–81.0<br />

0.0<br />

160.2<br />

290.2<br />

–3.1<br />

104.5<br />

191.4<br />

305.6<br />

–142.8<br />

–73.7<br />

–5.3<br />

Längs– und Schubkräfte einer Kragscheibe.<br />

Vergleich unterschiedlicher Lösungsmodelle<br />

–151.5<br />

–146.2<br />

–90.5<br />

–12.4<br />

Gleichgewichts–<br />

modell Gl. (6.24)


5.0<br />

3.333<br />

1.666<br />

X 2<br />

–100 0. 100 200 300 400 500 600 700 800 900<br />

a) Schnitt X 1 = 0. : Einspannung<br />

5.0<br />

3.333<br />

1.666<br />

X 2<br />

–100 0. 100 200 300<br />

b) Schnitt X 1 = 5.0 : Mitte<br />

n 11<br />

FE–Programm HYDAS /13/<br />

Gitterrost–Lösung<br />

Verträglichkeitsmodell<br />

Gitterrost–Lösung<br />

Direkte Verteilung am Fachwerk<br />

c) Schnitt X 1 = 10. : Freier Rand<br />

Bild 6.24 : Scheibenbeispiel Kragarm. Vergleich <strong>der</strong> Spannungswerte<br />

– 6 / 41 –<br />

–200<br />

–200<br />

X 2<br />

5.0<br />

3.333<br />

1.666<br />

n 22<br />

n 12<br />

–100 0. 100 200 300<br />

X 2<br />

5.0<br />

3.333<br />

1.666<br />

–100 0. 100 200 300<br />

n 11<br />

n 11<br />

n 12<br />

n 12


6.2.6 Stab– Querschnittsflächen für beliebige Querdehnzahlen<br />

Die Ersatzflächen <strong>der</strong> Gitterroststäbe Gl. (6.15) gelten nur für den Son<strong>der</strong>fall ν = 1/3.<br />

Weicht die Querdehnzahl eines realen Werkstoffs von diesem Wert ab, so ist die Analogie<br />

zwischen Scheibe und Fachwerk als mehr o<strong>der</strong> weniger gute Näherung anzusehen.<br />

Für Stahl z.B. beträgt die Querdehnzahl ν = 0.3. Die Abweichung zum Sollwert von<br />

Gl. (6.15) ist sehr gering, so daß immer mit Gl. (6.15) gerechnet werden darf, ohne einen<br />

größeren Fehler zu begehen. Bei Stahlbeton mit ν = 1/6 o<strong>der</strong> ggf. an<strong>der</strong>en Werkstoffen<br />

ist zwar mit einer größeren Abweichung zu rechnen. Für die praktische Anwendung ist<br />

aber Gl. (6.15) immer noch als ausreichend genau anzusehen.<br />

Trotzdem sollen nun noch die Stabflächen für verän<strong>der</strong>liche Querdehnzahlen ermittelt<br />

werden. Vor allem, um abschätzen zu können, wie stark sie den Wert <strong>der</strong> Stabflächen<br />

beeinflussen. Für das bislang betrachtete rechteckige Gitterrost ist dies in einfacher<br />

Weise möglich, wenn die Anzahl <strong>der</strong> Knoten im Gitterrost erhalten bleibt und lediglich<br />

die Anzahl <strong>der</strong> Stäbe zwischen den Knoten erhöht wird, um die Eindeutigkeit <strong>der</strong> Lösung<br />

zu gewährleisten.<br />

Es sind also zusätzlich Stäbe im Gitterrost anzuordnen, damit keine Überbestimmung<br />

in Gl. (6.14) für ν ≠ 1/3 auftritt. Eine eindeutige Zuordnung ergibt sich, wenn man die<br />

Einheitsverformungszustände �K �� <strong>der</strong> Scheibendehnung und Scheibengleitung im<br />

(Bild 6.25) getrennt betrachtet.<br />

A 2<br />

A 3<br />

a) Scheibendehnung � K 11<br />

A 3<br />

α<br />

n 21<br />

c) Scheibengleitung � K 12<br />

n 12<br />

n 11<br />

Bild 6.25 : Einheitsverformungszustände<br />

– 6 / 42 –<br />

t<br />

A 3<br />

X 2<br />

n 22<br />

A 1<br />

b) Scheibendehnung � K 22<br />

a<br />

X 1


Die Einheitszustände �K 11 , �K 22 und �K 12 sollen <strong>der</strong> Reihe nach sowohl am Scheibenkontinuum<br />

als auch am Gitterrost wirken. Die Analogie zwischen Fachwerk und Scheibe<br />

führte für �K 11<br />

und für � K 22<br />

auf Gl. (6.14.1)<br />

A 2 � A 3 sin 3 � �<br />

Fachwerk und Gl. (6.14.2)<br />

A 3 sin 2 �cos� �<br />

auf Gl. (6.14.3)<br />

A 3 cos 2 �sin� �<br />

Fachwerk und Gl. (6.14.4)<br />

A 1 � A 3 cos 3 � �<br />

at<br />

2�1 � � 2�<br />

at tan��<br />

2�1 � � 2�<br />

at�<br />

2�1 � � 2�<br />

at tan�<br />

2�1 � � 2�<br />

– 6 / 43 –<br />

Scheibe<br />

Scheibe<br />

Die Gleichungen geben jeweils den verträglichen Gleichgewichtszustand in X1 – und<br />

X2 –Richtung des Fachwerks und <strong>der</strong> Scheibe an, vgl. (Bild 6.1). Mit tanα = sinα / cosα<br />

folgt, daß Gl. (6.14.2) und Gl. (6.14.3) identisch sind, die Wirkung von �K 11 in X2 –Richtung<br />

also übereinstimmt mit <strong>der</strong> Wirkung von �K 22 in X1 –Richtung, was als indirekte<br />

Bestätigung des Symmetriesatzes von Maxwell–Betti gedeutet werden kann. Aus dem<br />

Einwirken <strong>der</strong> symmetrischen (s) Scheibendehnungen ergeben sich daher drei unabhängige<br />

Bestimmungsgleichungen, um drei Stabflächen in eindeutiger Weise zu ermitteln.<br />

Es ist<br />

A s 1 � A 0 fs 1 ,<br />

A s 2 � A 0 fs 2 ,<br />

A s 3 � A 0 fs 3 .<br />

Die Grundfläche aller Stäbe beträgt nach Gl. (6.16.1) wie<strong>der</strong>um<br />

A0 � 3<br />

at ,<br />

16<br />

(6.26.1)<br />

(6.26.2)<br />

(6.26.3)<br />

während die Faktoren nun zusätzlich von <strong>der</strong> Querdehnzahl ν abhängen. Im Einzelnen<br />

ergeben sich als neue Werte nach Gl. (6.26.1 bis 6.26.3) folgende Faktoren:<br />

fs �<br />

8<br />

1 3<br />

1 (tan� � �cot�) ,<br />

�1 � �2� (6.27.1)


fs �<br />

8<br />

2 3<br />

fs �<br />

8<br />

3 3<br />

1<br />

�1 � � 2� �1 � �tan 2 �� ,<br />

1<br />

�1 � � 2�<br />

�<br />

sin�cos 2 � .<br />

– 6 / 44 –<br />

(6.27.2)<br />

(6.27.3)<br />

Aus <strong>der</strong> Einwirkung <strong>der</strong> antimetrischen (a) Scheibengleitung � K 12 � �� K 12 � �K 21 � er–<br />

geben sich zwei weitere Gleichungen, nämlich Gl. (6.14.5)<br />

A3sin2�cos� �<br />

at tan�<br />

Fachwerk Scheibe<br />

4(1 � �)<br />

und Gl. (6.14.6)<br />

A3sin�cos2� �<br />

at<br />

Fachwerk Scheibe<br />

4(1 � �) .<br />

Mit tanα = sinα / cosα erkennt man, daß auch sie übereinstimmen. Damit ist eine weitere<br />

unabhängige Stabfläche für die Diagonalen bekannt, die sich mit dem Faktor<br />

zu<br />

fa �<br />

4<br />

3 3<br />

A a 3 � A 0 fa 3<br />

1<br />

(1 � �)<br />

1<br />

sin�cos 2 �<br />

(6.28.1)<br />

(6.28.2)<br />

errechnet. In <strong>der</strong> vorliegenden Form können die Stabflächen Gl. (6.27) bis Gl. (6.28)<br />

noch nicht in einem Gitterrost verwendet werden. Man erkennt dies daran, daß für den<br />

Son<strong>der</strong>fall ν = 1/3 sowohl Gl. (6.27.3) als auch Gl. (6.28.1) auf den Wert von Gl. (6.16.4)<br />

führen. Für ν ≠ 1/3 würde sich also für die Diagonalen eine doppelte Stabfläche ergeben,<br />

wenn die Stabflächen As 3 und Aa 3 gleichwertig in die Analogie zwischen Scheibe<br />

und Fachwerk eingehen. Eine eindeutige Zuordnung ergibt sich dagegen, wenn die<br />

Stabflächen <strong>der</strong> Diagonalen in einen Grund– und in einen Korrekturwert aufgespalten<br />

werden, die im Son<strong>der</strong>fall ν = 1/3 mit einem Wert von Gl. (6.16.4) übereinstimmen müssen.<br />

As 3 folgt aus einer reinen Längsbesanspruchung, ist also einer symmetrischen Stabdehnung<br />

�s 3 zuzuordnen. Aa 3 folgt dagegen aus einer reinen Schubbeanspruchung.<br />

Sie führt zu einer reinen Schiefstellung des Gitterrostes, so daß eine antimetrische<br />

Stabdehnung �a 3 in den Diagonalen auftritt. Für die Stabkraft N3, z.B. <strong>der</strong> AC–Diagonalen<br />

gilt somit ganz allgemein<br />

N 3,AC � EA 3,AC � 3,AC � E�A s 3 �s 3 � Aa 3 �a 3 � AC .<br />

(6.29)


Der symmetrische Anteil <strong>der</strong> diagonalen Dehnung ε3,AC ist durch<br />

�s �<br />

1<br />

3,AC 2 ��3,AC � � � 3,BD<br />

bestimmt und <strong>der</strong> antimetrische Anteil durch<br />

�a �<br />

1<br />

3,AC 2 ��3,AC � � � 3,BD .<br />

Sie sind im (Bild 6.26a und b) dargestellt.<br />

D’<br />

D<br />

N 3<br />

A’ B’<br />

A B<br />

a) Symmetrischer Anteil ε3,AC Bild 6.26 : Stabdehnungen <strong>der</strong> Diagonalen<br />

Wird nun Gl. (6.30) in Gl. (6.29) eingesetzt, folgt<br />

C<br />

C’<br />

N 3,AC � E� 1<br />

2 �A s 3 � Aa 3 �� 3,AC � 1<br />

2 �A s 3 � Aa 3 �� 3,BD� .<br />

– 6 / 45 –<br />

A’<br />

D<br />

D’<br />

N 3<br />

A B<br />

C<br />

B’<br />

C’<br />

b) Antimetrischer Anteil ε 3,AC<br />

(6.30.1)<br />

(6.30.2)<br />

(6.31)<br />

Gl. (6.31) zeigt, daß sich für ν ≠ 1/3 die Diagonalen in einem rechteckigen Gitterrost<br />

gegenseitig beeinflussen. Der Grundwert <strong>der</strong> Stabfläche <strong>der</strong> AC–Diagonalen korrespondiert<br />

mit <strong>der</strong> Dehnung <strong>der</strong> AC–Diagonalen ε 3,AC. Er ist durch Gl. (6.31) bekannt und<br />

wird als dritte Stabfläche im Gitterrost eingeführt.<br />

A3 � 1�A<br />

s � Aa<br />

2 3 3� � A0f3 .<br />

(6.32.1)<br />

Der Korrekturwert ist mit <strong>der</strong> Dehnung <strong>der</strong> BD–Nebendiagonalen verknüpft. Er ist durch<br />

Gl. (6.31) ebenfalls bekannt und wird als vierte Stabfläche im Gitterrost eingeführt.<br />

A4 � 1�A<br />

s � Aa<br />

2 3 3� � A0f4 .<br />

(6.32.2)<br />

Die Faktoren <strong>der</strong> Grund– und Korrekturwerte errechnen sich aus Gl. (6.27.3) und<br />

Gl. (6.28.1) zu<br />

und<br />

f3 � 1�f<br />

s � fa<br />

2 3 3� � 2<br />

3<br />

f4 � 1�f<br />

s � fa<br />

2 3 3� � 2<br />

3<br />

1 � �<br />

�1 � � 2�<br />

3� � 1<br />

�1 � � 2�<br />

1<br />

sin�cos 2 �<br />

1<br />

sin�cos 2 � .<br />

(6.33.1)<br />

(6.33.2)


Für den Son<strong>der</strong>fall ν = 1/3 folgt aus Gl. (6.33.1)<br />

und<br />

f 3 �<br />

f 4 � 0.<br />

1<br />

sin�cos 2 � � f 3<br />

� Gl. (6.16.4)<br />

Das einfache (ν = 1/3) und das verallgemeinerte Modell (ν beliebig) stimmen also<br />

für den Son<strong>der</strong>fall ν = 1/3 überein. Sie sind damit konsistent. Das verallgemeinerte<br />

Modell ist natürlich aufwendiger, da es pro Diagonale zwei unabhängige Stäbe benötigt,<br />

um den Einfluß einer Querdehnzahl ν ≠ 1/3 zu erfassen. Es sollte daher nur dann zur<br />

Anwendung kommen, wenn die aktuelle Querdehnzahl beson<strong>der</strong>s stark vom Sollwert<br />

ν = 1/3 des einfachen Modells abweicht, das den Standardfall <strong>der</strong> Gitterrostmethode<br />

für viereckig begrenzte Wandscheiben darstellt. Ein direkter Vergleich zwischen dem<br />

einfachen und dem verbesserten Modell ist (Bild 6.27) zu entnehmen.<br />

Einfaches Modell ν = 1/3 :<br />

Standardfall <strong>der</strong> Anwendung<br />

A 1<br />

α<br />

A0 � 3<br />

at ,<br />

16<br />

A 2<br />

A 2<br />

An � A 0 fn , n � 1, 2, 3<br />

mit<br />

f 1 � (3tan� � cot�) ,<br />

f 2 � �3 � tan 2 �� ,<br />

f 3 �<br />

1<br />

sin�cos 2 � .<br />

A 3<br />

A 1<br />

(6.16.1)<br />

(6.16.2)<br />

(6.16.3)<br />

(6.16.4)<br />

Bild 6.27 : Einfaches und verallgemeinertes Scheiben–Gitterrostmodell<br />

A 1<br />

A 3<br />

– 6 / 46 –<br />

Verallgemeinertes Modell ν = beliebig :<br />

Nur in Ausnahmefällen anwenden<br />

A 2<br />

A 2<br />

A 4<br />

A 1<br />

A0 � 3<br />

at , (6.16.1)<br />

16<br />

An � A 0 fn , n � 1, 2, 3, 4<br />

mit<br />

f1 � 8 1 (tan� � �cot�) ,<br />

3 �1 � �2� (6.34.1)<br />

f2 � 8 1<br />

3 �1 � �2� �1 � �tan2�� , (6.34.2)<br />

f3 � 2 1 � �<br />

3 �1 � �2� 1<br />

sin�cos2 ,<br />

�<br />

(6.34.3)<br />

f4 � 2 3� � 1<br />

3 �1 � �2� 1<br />

sin�cos2 .<br />

�<br />

(6.34.4)<br />

t<br />

a


4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

–1.0<br />

–2.0<br />

0.<br />

Bild 6.28 :<br />

f n, n = 1,2,3,4<br />

f 1<br />

f 3<br />

f 2<br />

f 2<br />

f 1<br />

f 4<br />

1/4<br />

Verallgemeinertes<br />

Modell<br />

– 6 / 47 –<br />

1/3<br />

Einfaches<br />

Modell<br />

f 4<br />

f 3<br />

f 1 = f 2<br />

f 2 = f 1<br />

Verallgemeinertes<br />

Modell<br />

Abhängigkeit <strong>der</strong> Querschnittsflächen von <strong>der</strong> Querdehnzahl<br />

für ein quadratisches Gitterrost (α = 45°)<br />

1/2<br />

Querdehn–<br />

zahl<br />

Die grafische Auswertung <strong>der</strong> Flächenfaktoren im (Bild 6.28) zeigt, daß die Abtragung<br />

<strong>der</strong> Lasten im Gitterrost und damit auch in <strong>der</strong> Scheibe mit zunehmendem ν stärker<br />

über die Diagonalen erfolgt und mit abnehmendem ν stärker über die Seitenstäbe. Die<br />

Stabfläche <strong>der</strong> zusätzlichen Diagonalen f 4 nimmt im Bereich zwischen ν = 0 und<br />

ν = 0.333 negative Werte an, vgl. (Bild 6.28). Aus mathematischer Sicht ist damit zwar<br />

die Gleichheit zwischen den statischen Modellen Scheibe und ebenes Fachwerk gewährleistet,<br />

aus ingenieurmäßiger und auch aus numerischer Sicht sind aber negative<br />

Stabflächen nicht als sinnvoll anzusehen. Auch aus dieser Sicht spricht daher alles für<br />

die Anwendung <strong>der</strong> einfachen Modelle mit dem Festwert ν = 1/3.<br />

ν


6.3 Platte und Rahmenwerk<br />

6.3.1 Einleitung<br />

Analytische Lösungen <strong>der</strong> Plattengleichung ∆∆u 3 = p 3 / B für technisch interessante<br />

Anwendungen sind nur im beschränkten Umfang bekannt, vgl. Teil 4: Plattentheorie.<br />

Es ist daher sinnvoll, auch im Fall <strong>der</strong> Platten Überlegungen darüber anzustellen, welche<br />

baustatisch orientierte Vorgehensweisen sich anbieten, um zumindest Näherungen<br />

von Plattenlösungen ermitteln zu können.<br />

Sehr beliebt ist z.B. in <strong>der</strong> Praxis das sehr einfache Modell von gekreuzten Balken. Die<br />

Verteilung <strong>der</strong> Flächenlast auf die beteiligten Balken folgt dabei aus dem Vergleich<br />

<strong>der</strong> größten Duchbiegung in Plattenmitte. Das Verfahren hat u.a. auch Eingang in die<br />

DIN 1045 gefunden. Erhöht man die Anzahl <strong>der</strong> gekreuzten Balken, entsteht ein Trägerrost,<br />

das aus statischer Sicht einem liegenden Rahmen dargestellt. Als Varianten sind<br />

vereinfachte und verbesserte Trägerroste bekannt, die sich hinsichtlich <strong>der</strong> Genauigkeit<br />

erheblich voneinan<strong>der</strong> unterscheiden.<br />

Gekreuzte Balken und vereinfachte Trägerroste beruhen auf anschaulichen Gleichgewichtsbetrachtungen<br />

und verletzen in <strong>der</strong> Regel die Verträglichkeitsbedingungen. Plattentragwerke,<br />

<strong>der</strong>en Bemessung auf solchen Näherungssätzen beruhen, sind daher<br />

zusätzlich durch konstruktive Maßnahmen zu ertüchtigen, um im Berechnungsansatz<br />

nicht erfaßte Tragwirkungen abzudecken. Dies gilt beson<strong>der</strong>s für die Torsionsbewehrung<br />

in den Plattenecken, die von gekreuzten Balken gar nicht und von vereinfachten<br />

Trägerrosten nur unzureichend erfaßt wird. Für viele Problemstellungen aus <strong>der</strong> Praxis<br />

ist dies aber trotzdem eine durchaus plausible Vorgehensweise. Sie hat nur dort ihre<br />

Grenzen, wo die Flächenwirkung von Platten eindeutig domoniert. Zur Erfassung <strong>der</strong><br />

Plattenwirkung mit baustatischen Methoden bietet sich wie schon bei den Scheiben wie<strong>der</strong>um<br />

die Gitterrostmethode an. Der Mehraufwand von Gitterrosten– bzw. verbesserten<br />

Trägerrostmodellen ist im Vergleich zu vereinfachten Trägerrostmodellen gering,<br />

<strong>der</strong> zusätzliche Gewinn an Genauigkeit aber sehr groß.<br />

Am Beispiel einer massiven Brückenplatte im (Bild 6.29) ist dargestellt, wir die Mo–<br />

dellanalogie zwischen Plattenkonstruktion und Rahmenwerk aussehen könnte.<br />

(Bild 6.29a) zeigt das statische System <strong>der</strong> Brückenplatte als Kontinuum nach <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

und (Bild 6.29b) als Rahmenwerk nach <strong>der</strong> Gitterrosttheorie. Die Zustandsgrößen<br />

von Stahlbetonplatten in Brückenbauwerken sind nach DIN 1075 mit Hilfe <strong>der</strong><br />

Plattentheorie zu bestimmen. Eine Idealisierung <strong>der</strong> Platte als vereinfachtes Trägerrost<br />

reicht daher nicht aus, um dieser For<strong>der</strong>ung gerecht zu werden. Die Trägheitsmomente<br />

in den Querschnitten <strong>der</strong> Trägerroststäbe sind vielmehr auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Gitterrosttheorie<br />

zu ermitteln, um die Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Lösungen zwischen Platte und liegendem<br />

Rahmenwerk bzw. Trägerrost zu gewährleisten.<br />

– 6 / 48 –


h<br />

Freier Rand<br />

a<br />

t<br />

L 1<br />

Bild 6.29 : Statische Systeme einer Brückenplatte aus Stahlbeton<br />

R<br />

X3<br />

X 2<br />

SLW 60<br />

R = 600 kN<br />

Elastomere Auflager mit<br />

E–Modul EL a) Kontinuum: Modell nach <strong>der</strong> Plattentheorie<br />

R<br />

4<br />

– 6 / 49 –<br />

Stahlbetonplatte<br />

mit E, ν<br />

b) Rahmenwerk bzw. Trägerrost: Modell nach <strong>der</strong> Gitterrosttheorie<br />

R<br />

4<br />

R<br />

4<br />

R<br />

4<br />

C 33 � E L ab<br />

h<br />

L 2<br />

Wi<strong>der</strong>lager<br />

Plattenmittelfläche<br />

X 1<br />

In : Trägheitsmomente<br />

des n–ten Stabes<br />

im Träger– bzw.<br />

Gitterrost.


6.3.2 Trägheitsmomente <strong>der</strong> Gitterroststäbe<br />

Durch die Analogie zwischen Scheibe und Fachwerk ist die Querschnittsfläche <strong>der</strong> Gitterroststäbe<br />

bekannt. Eine Aussage über den geometrischen Aufbau <strong>der</strong> Stabquerschnitte<br />

ist damit allerdings nicht verbunden. Sie ist auch nicht erfor<strong>der</strong>lich, da für die<br />

Berechnung nur <strong>der</strong> reine Zahlenwert interessiert. Ohne Verlust an Information kann<br />

man daher von einem Rechteck als Ersatzquerschnitt ausgehen, wie er ja auch bei<br />

Scheiben und Platten wirklich auftritt. Dann besteht zwischen den Stabflächen A n im<br />

Scheibengitterrost (Bild 6.1) und den Trägheitsmomenten I n im Plattengitterrost<br />

(Bild 6.29) <strong>der</strong> einfache Zusammenhang<br />

mit<br />

In � An t2<br />

12 � I 0 fn , n � 1, 2, 3, (4) (6.35.1)<br />

t 2<br />

I0 � A0 12<br />

� at3<br />

64<br />

. (6.35.2)<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung von ebenen Stabwerksprogrammen ist die Zuordnung <strong>der</strong> Trägheitsmomente<br />

im Träger– bzw. Gitterrost eindeutig und bedarf keiner weiteren Über–<br />

legung. Es ist aber darauf zu achten, daß die Vorgabe <strong>der</strong> Querschnitts– und Last–<br />

werte mit <strong>der</strong> Position eines liegenden Rahmenwerks in einer horizontalen Ebene korrespondiert,<br />

vgl. (Bild 6.29). Da dies vielfach nicht möglich ist, sind in <strong>der</strong> Regel räum–<br />

liche Stabwerksprogramme anzuwenden.<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung eines räumlichen Stabwerksprogramms ist sehr genau darauf zu<br />

achten, in welcher Beanspruchungsebene <strong>der</strong> Stabelemente die zu untersuchende<br />

Platte mit ihrer Mittelfläche liegt. Dies ist von Programm zu Programm verschieden. In<br />

<strong>der</strong> Regel ist davon auszugehen, daß eine Zuordnung zwischen <strong>der</strong> Plattenmittel–<br />

fläche und <strong>der</strong> globalen (X 1 – X 2 )–Beanspruchungsebene vorliegt. Diese Situation ist im<br />

(Bild 6.30) dargestellt. Die Angabe <strong>der</strong> lokalen Querschnittswerte hat in Richtung <strong>der</strong><br />

Hauptachsen (u, v, w) zu erfolgen. Die Verschiebung u zeigt in Richtung <strong>der</strong> Stabachse.<br />

Die Verschiebungen v und w sind um 90° versetzt senkrecht dazu angeordnet. Die<br />

Trägheitsmomente drehen um die Hauptachsen.<br />

Das Trägheitsmoment I u <strong>der</strong> Torsionssteifigkeit und das Trägheitsmoment <strong>der</strong> Steifigkeit<br />

von einer Richtung <strong>der</strong> Doppelbiegung – hier I w – sind vakant, da sie beim Gitter–<br />

rostelement nicht auftreten. Im Rahmen <strong>der</strong> numerischen Berechnung sind sie daher<br />

durch das Setzen kleiner fiktiver Zahlen zu unterdrücken. Bei einer Anordnung <strong>der</strong> Plattenmittelfläche<br />

in <strong>der</strong> (X 1 – X 3 )– o<strong>der</strong> (X 2 – X 3 )–Ebene ist entsprechend zu verfahren.<br />

Die Ermittlung <strong>der</strong> Plattenmomente kann in gleicher Weise erfolgen wie die Ermitt–<br />

lung <strong>der</strong> Scheibenkräfte. Dazu ist in <strong>der</strong> Verträglichkeitsbedingung Gl. (6.18) lediglich<br />

(n 11 , n 22 , n 12 = n 21 ) durch (m 11 , m 22 , m 12 = m 21 ) und N n durch M n zu ersetzen. Der<br />

formale Austausch <strong>der</strong> Scheibengrößen durch die entsprechenden Plattengrößen gilt<br />

auch für die vereinfachten Gleichgewichtsmodelle Gl. (6.23 bis 6.24), da sich die Verteilungslängen<br />

<strong>der</strong> Stabkräfte und Stabmomente nicht verän<strong>der</strong>n.<br />

– 6 / 50 –


2<br />

1<br />

X 3<br />

a) Seitenstäbe 1 und<br />

X 3<br />

b) Diagonalstäbe<br />

I u<br />

I w<br />

3<br />

w<br />

v<br />

w<br />

u v<br />

I v = I 1<br />

v<br />

u<br />

2<br />

w<br />

I w<br />

3<br />

I u<br />

I v = I 3<br />

u<br />

I v = I 2<br />

Bild 6.30 : Zusammenhang zwischen Plattenmittelfläche und globaler<br />

Beanspruchungsebene<br />

I u<br />

I w<br />

u<br />

v<br />

I u<br />

– 6 / 51 –<br />

X 2<br />

I w<br />

I v = I 2<br />

w<br />

v<br />

X 2<br />

I v = I 3<br />

w<br />

I v = I 1<br />

u<br />

I w<br />

I w<br />

u<br />

I u<br />

v<br />

w<br />

I u<br />

(I u, I w) = 0 → (1.E –10 )<br />

3<br />

X 1<br />

Plattenmittelfläche in <strong>der</strong><br />

globalen (X1 – X2 )–Bean–<br />

spruchungsebene<br />

(I u, I w) = 0 → (1.E –10 )<br />

1<br />

2<br />

X 1


6.3.3 Beispiel: Konvergenzverhalten von Platten–Gitterrostelementen<br />

6.3.3.1 Quadratische Platte<br />

Eine quadratische Platte – L = L 1 = L 2 – mit einer nach unten gerichteten Flächenbe–<br />

lastung p 3 = konst. soll mit unterschiedlichen Gitterrostunterteilungen untersucht werden,<br />

um die Lösungsqualität <strong>der</strong> Methode abschätzen zu können. Als Unterteilung sind<br />

quadratische Raster mit 2×2, 4×4, 6×6, 8×8 und 10×10 Gitterrostelementen mit fester<br />

Querdehnzahl ν = 1/3 vorgesehen. Die Berechnungen erfolgen für die Randbedingungen<br />

’Gelenkige Lagerung’ und ’Feste Einspannung’ aller Plattenrän<strong>der</strong>. Das statische<br />

System <strong>der</strong> Quadratplatte ist im (Bild 6.31) dargestellt.<br />

Die Durchbiegung und die Biegemomente in Plattenmitte sind in normierter Form<br />

in Abhängigkeit vom Raster ausgewertet und als Konvergenzkurven dargestellt. Im<br />

(Bild 6.32) sind die Werte <strong>der</strong> Lösung bei gelenkig gelagerten Plattenrän<strong>der</strong>n veranschaulicht<br />

und im (Bild 6.33) bei fester Einspannung. Zusätzlich sind in den (Bil<strong>der</strong>n 6.32<br />

und 6.33) weitere Lösungen eingetragen, um die Gitterrostlösung zu kontrollieren und<br />

zwar eine analythische Plattenlösung nach Czerny /20/ für die Querdehnzahl ν = 0, eine<br />

numerische Plattenlösung mit dem FE–Programm HYDAS /13/ für die Querdehnzahl<br />

ν = 1/3 sowie eine Näherungslösung nach Stiglat/Wippel /21/, die auf <strong>der</strong> Annahme<br />

einer drillweichen Platte beruht, also im wesentlichen dem Modell von zwei gekreuzten<br />

Balken entspricht. In beiden Fällen konvergiert die Gitterrostlösung zur HYDAS–<br />

Lösung, die hier als Vergleichslösung dient, da sie voll mit <strong>der</strong> schubstarren Plattentheorie<br />

übereinstimmt. Die analytischen Lösungen beruhen ebenfalls auf <strong>der</strong> schubstarren<br />

Plattentheorie. Die Abweichungen zur Gitterrost– bzw. HYDAS–Lösung sind eine<br />

Folge <strong>der</strong> unterschiedlichen Querdehnzahlen.<br />

Die Näherungslösung liegt dagegen nicht mehr im Geltungsbereich <strong>der</strong> Plattentheorie.<br />

Platten tragen Lasten über Biege– und Torsionswirkung ab. Verwindungen <strong>der</strong> Platte<br />

sind vor allem in Richtung <strong>der</strong> Diagonalen zu erwarten. Dies gilt beson<strong>der</strong>s für die Eckbereiche<br />

gelenkig gelagerter Platten (Bild 6.34). Kann die Platte hier frei abheben, können<br />

sich keine Torsionsmomente einstellen, da kein Zwang vorliegt (Bild 6.34a). Verhin<strong>der</strong>n<br />

dagegen geeignete konstruktive Maßnahmen ein Abheben <strong>der</strong> Ecken, treten als<br />

Reaktionen Torsionsmomente und Auflagerkräfte auf, wobei die Torsionsmomente in<br />

Richtung <strong>der</strong> Diagonalen als Biegung wirken (Bild 6.34b).<br />

Wird die Torsionssteifigkeit vernachlässigt, kann sich kein Biegezustand entlang <strong>der</strong><br />

Diagonalen einstellen. Der Lastabtrag erfolgt ausschließlich über Biegemomente, so<br />

daß diese Werte zwangsläufig erheblich größer ausfallen, da sie den Traganteil <strong>der</strong> vernachlässigten<br />

Torsionswirkung indirekt mit übernehmen müssen. Beson<strong>der</strong>s deutlich<br />

ist dieses Verhalten im Fall <strong>der</strong> eingespannten Platte (Bild 6.33) zu erkennen. Durch die<br />

Volleinspannung kann sich im Eckbereich von vornherein keine Verwindung und damit<br />

auch kein Torsionsmoment einstellen. Der Lastabtrag über die Biegemomente dominiert<br />

und folgerichtig weichen nun auch die Momente <strong>der</strong> torsionsweichen und torsionssteifen<br />

Lösung kaum voneinan<strong>der</strong> ab. Bei den Durchbiegungen bleibt die Differenz zwischen<br />

den unterschiedlichen Lösungsansätzen dagegen bestehen, da sich hier nach<br />

– 6 / 52 –


wie vor <strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong> Torsionssteifigkeit auswirken muß, <strong>der</strong> im Vergleich zu torsionssteifen<br />

Platten zu erheblich größeren Durchbiegungen führt, vgl. (Bil<strong>der</strong> 6.32 und<br />

6.33).<br />

L 2 = L<br />

Randbedingung:<br />

Gelenkige Lagerung.<br />

X 2<br />

L 1 = L<br />

a) Platten–Gitterrostelement (hier: 4×4 Raster<br />

1<br />

3<br />

I 1<br />

2<br />

ϕ 2, m 2<br />

b) Trägheitsmomente <strong>der</strong> Stäbe<br />

in einem Gitterrost<br />

I 3<br />

– 6 / 53 –<br />

Randbedingung:<br />

Feste Einspannung.<br />

u3 = 0 ,<br />

m1 = 0 . u3 = 0 ,<br />

ϕ2 = 0 .<br />

I 2<br />

u3 = 0 ,<br />

m2 = 0 .<br />

Bild 6.31 : Statisches System einer Quadratplatte<br />

I 2<br />

I 3<br />

1<br />

I 1<br />

2<br />

3<br />

u3 = 0 ,<br />

ϕ2 = 0 .<br />

a<br />

Knoten<br />

E, t<br />

ν = 1/3<br />

α<br />

X 1<br />

atanα<br />

ϕ 1, m 2<br />

�p3a2tan�� 4<br />

b) Resultierende Lasten in den Knoten<br />

eines Gitterrostes<br />

(in negativer X 3 –Richtung wirkend)


98.4<br />

55.0<br />

50.0<br />

45.0<br />

40.0<br />

35.0<br />

30.0<br />

Bild 6.32 :<br />

� u3 �<br />

L<br />

0.076<br />

0.055<br />

0.050<br />

0.045<br />

0.040<br />

0.035<br />

0.030<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L<br />

2� = �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2� = �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2<br />

4<br />

� u3 �<br />

L<br />

Max. Momente und max. Durchbiegung in Plattenmitte einer allseitig<br />

frei drehbar gelagerten Quadratplatte<br />

– 6 / 54 –<br />

N<br />

A<br />

H<br />

X 3 ,u3<br />

6<br />

p 3<br />

8<br />

: Gitterrost<br />

X 2<br />

m 22<br />

m 11<br />

X 1<br />

10<br />

N<br />

N<br />

H<br />

A<br />

H<br />

A<br />

Anzahl <strong>der</strong> Elemente<br />

: Näherungslösung /21/<br />

: Analytische Lösung /20/<br />

: FE–Programm HYDAS /13/


21.6<br />

14.0<br />

13.5<br />

13.0<br />

Bild 6.33 :<br />

� u3 �<br />

L<br />

18.0 0.060<br />

17.5 0.055<br />

17.0 0.050<br />

16.5 0.045<br />

16.0 0.040<br />

15.5 0.035<br />

15.0 0.030<br />

14.5 0.025<br />

0.020<br />

0.015<br />

0.010<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L<br />

2� = �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2� = �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2<br />

4<br />

� u3 �<br />

L<br />

Max. Momente und max. Durchbiegung in Plattenmitte einer allseitig<br />

fest eingespannten Quadratplatte<br />

– 6 / 55 –<br />

N<br />

A<br />

H<br />

X 3 ,u3<br />

6<br />

p 3<br />

8<br />

: Gitterrost<br />

X 2<br />

m 22<br />

m 11<br />

X 1<br />

10<br />

N<br />

A<br />

N<br />

H<br />

A<br />

H<br />

Anzahl <strong>der</strong> Elemente<br />

: Näherungslösung /21/<br />

: Analytische Lösung /20/<br />

: FE–Programm HYDAS /13/


X 3 ,u 3<br />

a) Platte mit frei abhebenden Ecken<br />

X 3 ,u 3<br />

p 3 = konst.<br />

p 3 = konst.<br />

A = 2m 12<br />

X 2<br />

X 2<br />

X 1<br />

A A<br />

b) Platte mit gehaltenen Ecken<br />

A<br />

X 1<br />

m 21<br />

– 6 / 56 –<br />

m 12<br />

–m 21<br />

m 21 = m 12 = 0<br />

–m 12<br />

–m 21<br />

m 12 = 0<br />

–m 12 m 12<br />

Bild 6.34 : Durchbiegung und Torsionsmomente gelenkig gelagerter Platten<br />

m 21


6.3.3.2 Rechteckige Platte<br />

Quadratische Platten sind hinsichtlich ihres Tragverhaltens als optimal einzuschätzen.<br />

Dies drückt sich auch in <strong>der</strong> Steifigkeitsbelegung <strong>der</strong> Gitterroststäbe aus. Das Verhältnis<br />

<strong>der</strong> Trägheitsmomente zwischen Seiten– und Diagonalstäben ist für α = 45° ebenfalls<br />

als optimal anzusehen. Um abschätzen zu können, wie sich Gitterroste mit α ≠ 45° verhalten,<br />

soll zusätzlich eine rechteckige Platte untersucht werden. Dazu wird unter sonst<br />

gleichen Voraussetzungen lediglich die L 2–Länge <strong>der</strong> quadratischen Platte (Bild 6.31)<br />

verdoppelt.<br />

Das statische System <strong>der</strong> Rechteckplatte ist im (Bild 6.35) dargestellt. Als Unterteilung<br />

sind sowohl rechteckige (Bild 6.35a) als auch quadratische Raster (Bild 6.35b) vorgesehen.<br />

Die untersuchten Varianten enthalten beim Rechteckraster 2×2, 4×4, 6×6 und 8×8<br />

Gitterroste. Das Quadratraster weist mit 2×4, 4×8. 6×12 und 8×16 Gitterrosten in<br />

X 2 –Richtung eine doppelt so feine Teilung auf wie das Rechteckraster. Beim Rechteckraster<br />

wird mit α = 26.57° <strong>der</strong> untere Grenzwinkel von α = 30° unterschritten, so daß<br />

die I 1–Trägheitsmomente (Bild 6.30a) negative Werte annehmen. Beim Quadratraster<br />

mit α = 45° ist dagegen ein Optimum <strong>der</strong> I–Verteilung erreicht.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchungen sind für die maximalen Werte in Plattenmitte ausgewertet<br />

und in den (Bil<strong>der</strong>n 6.36 und 6.37) dargestellt. Die Vergleichsergebnisse mit<br />

HYDAS /13/ sowie nach <strong>der</strong> analytischen /20/ und genäherten Lösung /21/ sind ebenfalls<br />

eingetragen. Beide Gitterrost–Lösungen konvergieren für die untersuchten Randbedingungen<br />

’Gelenkige Lagerung’ (Bild 6.36) und ’Feste Einspannung’ (Bild 6.37) zu<br />

den HYDAS–Lösungen, die auf <strong>der</strong> schubstarren Plattentheorie beruhen. Im Konvergenzverhalten<br />

zeigen sie aber deutliche Unterschiede. Die Lösungen mit quadratischen<br />

Gitterrosten (Bil<strong>der</strong> 6.36b und 6.37b), die eine reguläre Steifigkeitsbelegung aufweisen,<br />

konvergieren monoton. Bei den Rastern mit rechteckigen Gitterrosten (Bil<strong>der</strong><br />

6.36a und 6.37a) treten dagegen Störungen auf. Die Konvergenz erfolgt nicht mehr<br />

monoton. Sie weist zwischen den Rastern einen unstetigen Verlauf auf, <strong>der</strong> erst mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Rasterteilung abnimmt. Dies ist eindeutig auf die irreguläre Steifigkeitsbelegung<br />

<strong>der</strong> rechteckigen Gitterroste zurückzuführen. Die negativen I 1–Werte ergeben im<br />

Gesamtsystem negative Steifigkeiten auf <strong>der</strong> Hauptdiagonalen <strong>der</strong> Gleichungsmatrix,<br />

die aus <strong>der</strong> Anwendung des Verfahrens <strong>der</strong> Stabsteifigkeiten resultiert. Die Numerik<br />

muß dann mit nicht positiv definierten Gleichungsmatrizen durchgeführt werden. Eine<br />

monotone Konvergenz ist daher nicht zu erwarten. Vielmehr kann sich sogar eine falsche<br />

Konvergenz einstellen, die Lösung also zu falschen Grenzwerten konvergieren.<br />

Um solches Verhalten von vornherein auszuschließen, ist bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Gitterrostmethode<br />

immer darauf zu achten, daß die Winkelbegrenzung<br />

30° ≤ α ≤ 60°<br />

in jedem Gitterrost eingehalten wird.<br />

– 6 / 57 –


L 2<br />

α<br />

X 2<br />

L 1<br />

a) Rasterteilung mit rechteckigen Gitterrosten (hier: 4×4 Teilung<br />

und α = 26.57° < 30°<br />

L 2<br />

α<br />

L 1<br />

b) Rasterteilung mit quadratischen Gitterrosten (hier: 4×8 Teilung<br />

und 30° ≤ α = 45° ≤ 60°<br />

Bild 6.35 : Statisches System einer Rechteckplatte mit L 2 = 2L 1<br />

– 6 / 58 –<br />

X 1


25.0<br />

20.0<br />

15.0<br />

10.0<br />

a)<br />

5.0<br />

� u3 �<br />

L<br />

0.150<br />

0.125<br />

0.100<br />

0.075<br />

0.050<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

�m 11�<br />

�p 3 ,<br />

⋅L2� �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2 4 6 8<br />

�m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

Max. Momente und max.<br />

Durchbiegung bei einem<br />

Seitenverhältnis <strong>der</strong><br />

Gitterrostelemente von<br />

α = 26.57°.<br />

Bild 6.36 : Allseitig frei drehbar gelagerte Rechteckplatte<br />

� u3 �<br />

L<br />

– 6 / 59 –<br />

b)<br />

X 3 ,u3<br />

N<br />

A<br />

H<br />

X 2<br />

p 3<br />

: Gitterrost<br />

m 22<br />

2 4 6 8<br />

m 11<br />

X 1<br />

: Näherungslösung /21/<br />

: Analytische Lösung /20/<br />

N<br />

N<br />

H<br />

A<br />

A<br />

H<br />

H<br />

N<br />

A<br />

Anzahl <strong>der</strong><br />

Elemente<br />

: FE–Programm HYDAS /13/<br />

Max. Momente und max.<br />

Durchbiegung bei einem<br />

Seitenverhältnis <strong>der</strong><br />

Gitterrostelemente von<br />

α = 45°.


4.50<br />

4.25<br />

3.75<br />

3.50<br />

3.25<br />

3.00<br />

Bild 6.37 :<br />

� u3 �<br />

L<br />

0.060<br />

4.00 0.050<br />

a)<br />

0.040<br />

0.030<br />

0.020<br />

0.010<br />

�m 11�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

�m 11�<br />

�p 3 ,<br />

⋅L2� �m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

2 4 6 8<br />

�m 22�<br />

�p 3 ⋅L 2�<br />

Max. Momente und max.<br />

Durchbiegung bei einem<br />

Seitenverhältnis <strong>der</strong><br />

Gitterrostelemente von<br />

α = 26.57°.<br />

� u3 �<br />

L<br />

– 6 / 60 –<br />

X 3 ,u3<br />

Allseitig fest eingespannte Rechteckplatte<br />

b)<br />

N<br />

A<br />

H<br />

X 2<br />

p 3<br />

: Gitterrost<br />

m 22<br />

2 4 6 8<br />

m 11<br />

X 1<br />

: Näherungslösung /21/<br />

: Analytische Lösung /20/<br />

N<br />

N<br />

H<br />

A<br />

A<br />

H<br />

H<br />

N<br />

A<br />

Anzahl <strong>der</strong><br />

Elemente<br />

: FE–Programm HYDAS /13/<br />

Max. Momente und max.<br />

Durchbiegung bei einem<br />

Seitenverhältnis <strong>der</strong><br />

Gitterrostelemente von<br />

α = 45°.


6.4 Hinweise zur Benutzung von Programmen<br />

6.4.1 Allgemeines<br />

Es sind die Querschnittsflächen und Trägheitsmomente <strong>der</strong> Gitterroststäbe zu ermitteln,<br />

um Scheiben– und Plattenprobleme einzeln o<strong>der</strong> in kombinierter Form mit Programmen<br />

für Stabtragwerke zu berechnen. Wie dies im einzelnen zu geschehen hat,<br />

ist im (Bild 6.38) zusammengestellt. Mit <strong>der</strong> dort angegebenen Vorgehensweise können<br />

z.B. Wandscheiben und Deckenplatten zwangslos in die Rahmenberechnung von Skelettbauten<br />

integriert werden. Dies ist beson<strong>der</strong>s interessant, wenn es darum geht, globale<br />

Aussteifungskonzepte zu entwickeln.<br />

Bei <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> Scheibenkräfte und Plattenmomente aus den Schnittgrößen<br />

<strong>der</strong> Gitterroststäbe kann in <strong>der</strong> Regel in einfacher Weise verfahren werden. Im<br />

(Bild 6.39) erfolgt die Verteilung <strong>der</strong> Stabkräfte und Stabmomente im Sinne eines<br />

Gleichgewichtsmodells. Die Verteilungslängen <strong>der</strong> Längskräfte und Biegemomente<br />

werden jeweils durch die Kreuzungspunkte benachbarter Diagonalen begrenzt und<br />

die Verteilungslängen <strong>der</strong> Schubkräfte und Torsionsmomente durch Projektionen<br />

senkrecht zu den Diagonalen mit <strong>der</strong> zusätzlichen Bedingung, daß sich die Projektionen<br />

auf dem Wirkungsrand <strong>der</strong> Flächengrößen schneiden.<br />

6.4.2 Genauigkeit<br />

Die Analogie zwischen den Modellen Scheibe o<strong>der</strong> Platte und Gitterrost beruht auf <strong>der</strong><br />

Annahme, daß sich ein endlich begrenzter Ausschnitt aus dem Flächentragwerk durch<br />

ein Gitterrost aus Stäben statisch und geometrisch gleichwertig ersetzen läßt. Dazu<br />

werden beiden Systemen Einheits–Verzerrungszustände eingeprägt und die Flächen–<br />

und Trägheitsmomente im Gitterrost aus <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung bestimmt, daß Gleichgewicht<br />

und Verträglichkeit in beiden Systemen übereinstimmen müssen.<br />

Das Einprägen <strong>der</strong> Verzerrungszustände erfolgt im Rahmen eines Koeffizientenvergleichs.<br />

Der Vergleich ist damit auf konstante Verzerrungen beschränkt. Die Übereinstimmung<br />

zwischen einem beliebigen Flächenausschnitt und einem zugeordneten Gitterrost<br />

gilt daher nur für konstante Spannungsverteilungen. In realen Konstruktionen<br />

des Bauwesens treten i.a. aber mehr o<strong>der</strong> weniger nicht konstant verteilte Spannungszustände<br />

auf. Es sind daher eine Vielzahl von Gitterrostelementen erfor<strong>der</strong>lich, um sie<br />

zu erfassen. Nur wenn es darum geht, den stabilisierenden Einfluß von Wand– und<br />

Deckenscheiben nachzuweisen, reicht eine grobe Gitterrosteinteilung aus. Wieviel<br />

Gitterrostelemente jeweils zu verwenden sind, hängt stark vom aktuellen Problem ab<br />

und ist vorab sorgfältig zu untersuchen, ggf. auch durch vergleichende Untersuchungen<br />

an stark vereinfachten Systemen.<br />

– 6 / 61 –


a<br />

a) Scheibenanteil für ν = 1/3<br />

a<br />

1<br />

α<br />

b) Plattenanteil für ν = 1/3<br />

1<br />

α<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

1<br />

1<br />

– 6 / 62 –<br />

Flächen <strong>der</strong> Gitterroststäbe:<br />

A 1 � A 0 �3tan� � cot�� � 0,<br />

A 2 � A 0 �3 � tan 2 �� � 0,<br />

A3 � A<br />

1<br />

0<br />

sin� � cos2 � 0,<br />

�<br />

A0 � 3<br />

at ,<br />

16<br />

t = Dicke <strong>der</strong> Scheibe.<br />

Trägheitsmomente <strong>der</strong><br />

Gitterroststäbe:<br />

I 1 � I 0 �3tan� � cot�� � 0,<br />

I 2 � I 0 �3 � tan 2 �� � 0,<br />

I3 � I<br />

1<br />

0<br />

sin� � cos2 � 0,<br />

�<br />

I 0 � 1<br />

64 at3 ,<br />

t = Dicke <strong>der</strong> Platte.<br />

Die Zuordnung zwischen den Flächen A <strong>der</strong> Gitterroststäbe und den lokalen Querschnittswerten<br />

<strong>der</strong> Stabelemente ist eindeutig und bedarf keines weiteren Hinweises.<br />

Bei <strong>der</strong> Zuordnung <strong>der</strong> Trägheitsmomente I ist dagegen die räumliche Lage <strong>der</strong> Gitterrostelemente<br />

zu beachten, von <strong>der</strong> es abhängt, ob die Biegung und Torsion <strong>der</strong> Platte<br />

mit I v um die lokale Querschnittsachse v o<strong>der</strong> mit I w um die lokale Querschnitts–<br />

achse w <strong>der</strong> Stabelemente erfolgt, vgl. (Bild 6.30). Der nicht besetzte Biegewert ist in<br />

<strong>der</strong> Datenvorgabe durch eine kleine Zahl anzunähern. Ebenso <strong>der</strong> Querschnitts–<br />

wert I u <strong>der</strong> Stabtorsion, <strong>der</strong> bei Gitterrostelementen ersatzlos entfällt.<br />

c) Zuordnung<br />

Bild 6.38 : Gitterrostelemente: Querschnittswerte


a) Schnittgrößen n 11 und m 11<br />

m 22<br />

M<br />

L 22<br />

Gitterroststab:<br />

n 22<br />

N (kN), M (kNm) .<br />

Scheibe:<br />

n 22 � N<br />

L 22<br />

Platte:<br />

m 22 � M<br />

L 22<br />

N<br />

N<br />

� kN m � .<br />

� kNm<br />

m � .<br />

M<br />

b) Schnittgrößen n 22 und m 22<br />

L 11<br />

Scheibe:<br />

n 12 � N<br />

L 12<br />

Platte:<br />

m 12 � M<br />

L 12<br />

– 6 / 63 –<br />

m 11<br />

Bild 6.39 : Gitterrostelemente: Scheiben– und Plattenschnittgrößen<br />

M<br />

N<br />

N<br />

Gitterroststab:<br />

N (kN), M (kNm) .<br />

Scheibe:<br />

n 12 �<br />

Platte:<br />

m 12 �<br />

� N<br />

L 12<br />

� M<br />

L 12<br />

M<br />

� kN m � .<br />

n 11<br />

� kNm<br />

m � .<br />

� kN m � .<br />

� kNm<br />

m � .<br />

c) Schnittgrößen n 12 und m 12<br />

M<br />

N<br />

N<br />

M<br />

Gitterroststab:<br />

N (kN), M (kNm) .<br />

Scheibe:<br />

n 11 � N<br />

L 11<br />

Platte:<br />

m 11 � M<br />

L 11<br />

L 12<br />

L 12<br />

� kN m �<br />

� kNm<br />

m �<br />

n 12<br />

m 12<br />

n 12<br />

m 12


6.4.3 Berechnung einer Aussteifungsscheibe<br />

Im (Bild 6.40) ist die Aussteifungsscheibe eines 20. m hohen Gebäudes dargestellt.<br />

Sie soll die resultierenden horizontalen Stockwerkseinwirkungen F1 bis F5 , die in<br />

unterschiedlichen Höhen angreifen, auf 12. m Gründungsbreite in den Baugrund ein–<br />

leiten. Die Scheibe ist durch sechs, 2×3 = 6 m2 große Öffnungen geschwächt, die in<br />

unterschiedlichen horizontalen und vertikalen Achsen liegen, vgl. (Bild 6.40). Der<br />

Verschwächungsgrad errechnet sich bei 12×20 = 240 m2 Gesamtfläche zu<br />

36<br />

100 � 15%.<br />

240<br />

Im Rahmen einer statischen Berechnung ist die Steifigkeit <strong>der</strong> geschwächten Scheibe<br />

abzuschätzen. Dies soll mit statischen Modellen von unterschiedlicher Genauigkeit erfolgen.<br />

Für das genaueste Modell ist die Verteilung <strong>der</strong> resultierenden Verschiebung<br />

und <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> Trajektorien <strong>der</strong> Hauptscheibenkräfte darzustellen.<br />

F1<br />

F2<br />

F3<br />

F4<br />

F5<br />

3.<br />

4.5<br />

1.5<br />

3.<br />

1.5<br />

3.<br />

4.5<br />

1.5<br />

4.5<br />

3.5<br />

3.<br />

1.5<br />

3.<br />

2.<br />

X 2 , u 2<br />

1.5 2. 1.5 1. 1. 1.5 2. 1.5<br />

6. 6.<br />

II II<br />

I I<br />

a) System<br />

X<br />

b) Systemwerte<br />

1 , u1 t = 0.30 m , E = 3.4⋅107 kN/m2 , ν = 0.2 .<br />

c) Lasten F1 = 1000. kN , F2 = F3 = F4 = 2000. kN , F5 = 1500. kN .<br />

Bild 6.40 : Durch Öffnungen geschwächte Aussteifungsscheibe<br />

– 6 / 64 –<br />

Symmetrielinie<br />

u1 = ?<br />

0.12 5<br />

6.37 5<br />

7.87 5<br />

20.


Wenn man den 15%–igen Verschwächungsgrad <strong>der</strong> Scheibe vernachlässigt, bietet sich<br />

als einfachstes statisches Modell ein Kragarm an, um eine Aussage über die Steifigkeit<br />

<strong>der</strong> Scheibe zu erhalten. Das Kragarmmodell ist im (Bild 6.41) dargestellt. Das Trägheitsmoment<br />

beträgt mit 0.3 m Dicke und 12. m Aufstandsfläche 0.30⋅123<br />

12<br />

� 43.2 m4 .<br />

Die Verschiebung u1 des Kragarmmodells (Bild 6.41) muß mit <strong>der</strong> horizontalen Verschiebung<br />

u1 in <strong>der</strong> oberen rechten Scheibenecke (Bild 6.40) übereinstimmen. Die Berechnung<br />

als biegesteifer, aber schubstarrer Kragarm ergibt u1 = 0.72 cm. Erfaßt man<br />

zusätzlich die Schubsteifigkeit des Kragarms GAQ mit G = E/(2(1+ν)) und AQ = (5/6)A,<br />

so erhält man den Wert u1 = 0.96 cm, <strong>der</strong> im Vergleich zur schubstarren Lösung um<br />

33.3% anwächst.<br />

Will man den Verschwächungszustand <strong>der</strong> Aussteifungsscheibe (Bild 6.40) dagegen<br />

genauer erfassen, so bietet sich als nächste Stufe eine flächige Modellierung mit <strong>der</strong><br />

GRM an, die von einer geometrisch genauen Abbildung <strong>der</strong> Öffnungen ausgeht. Die<br />

Elementierung ist im (Bild 6.42) dargestellt. Sie bezieht sich wegen <strong>der</strong> Symmetrie nur<br />

auf das halbe System. Die Einwirkung ist dagegen unsymmetrisch verteilt. Es sind da–<br />

20.<br />

3.<br />

4.5<br />

4.5<br />

4.5<br />

3.5<br />

F 5 = 1000. kN<br />

F 4 = 2000. kN<br />

F 3 = 2000. kN<br />

F 2 = 2000. kN<br />

F 1 = 1500. kN<br />

EI = 14.7⋅10 8 kNm 2<br />

GA Q = 0.43⋅10 8 kN<br />

Bild 6.41 : Kragarmmodell <strong>der</strong> Aussteifungsscheibe<br />

– 6 / 65 –<br />

X 2 , u 2<br />

X 1 , u 1<br />

a) System b) Verschiebung<br />

Ohne Schubsteifigkeit<br />

u1 = 0.72 cm<br />

u1 = 0.96 cm<br />

Mit Schubsteifigkeit


her zwei Berechnungen am halben System erfor<strong>der</strong>lich, um die Gesamtverschiebung<br />

zu erhalten. Die Lastaufteilung und die zugehörigen Randbedingungen sind ebenfalls<br />

(Bild 6.42) zu entnehmen. Im (Bild 6.42a) sind die Vorgabe des symmetrischen und im<br />

(Bild 6.42b) die Vorgaben des antimetrischen Lastfalls dargestellt. Die Überlagerung<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse us 1 aus <strong>der</strong> symmetrischen und ua 1 aus <strong>der</strong> antimetrischen Berechnung<br />

ergibt in <strong>der</strong> oberen rechten Scheibenecke die horizontale Verschiebung<br />

u1 � us 1 � ua 1 � 1.18 � 0.03 � 1.15 cm.<br />

a) Symmetrischer Lastfall b) Antimetrischer Lastfall<br />

Bild 6.42 : Gitterrostmodell <strong>der</strong> Aussteifungsscheibe<br />

– 6 / 66 –


Dieser Wert stimmt relativ gut mit dem Wert aus <strong>der</strong> einfachen Kragarmberechnung<br />

überein, die den Einfluß <strong>der</strong> Öffnungen vernachlässigt. Die Zunahme <strong>der</strong> Verschiebung<br />

und damit die Abnahme <strong>der</strong> Steifigkeit beträgt lediglich 19.8%. Die Hauptabtrags–<br />

richtung muß daher zwischen den Öffnungen verlaufen.<br />

Um diese Vermutung zu überprüfen, wird eine dritte Berechnung mit Hilfe <strong>der</strong> FEM<br />

durchgeführt. Sie muß von einer sehr feinen Elementierung des halben, o<strong>der</strong> wie hier,<br />

des ganzen Systems ausgehen. Die feine Elementierung ist erfor<strong>der</strong>lich, um die Singularität<br />

in den Ecken <strong>der</strong> Öffnungen zu erfassen. Sie entsteht vor allem in scharf einspringenden<br />

Ecken, da hier ein sprunghafter Wechsel <strong>der</strong> Scheibenkräfte auftritt. Für die<br />

Längskräfte n 11 und n 22 ist dieser Sachverhalt in (Bild 6.43) dargestellt. (Bild 6.43a)<br />

zeigt den Verlauf in scharf einspringenden und (Bild 6.43b) in ausgerundeten Ecken.<br />

∞<br />

n 22 � 0<br />

n r = n 22 = 0<br />

n r = n 11 = 0<br />

∞<br />

a a<br />

n 11 � 0<br />

n 22<br />

X 2 , u 2<br />

n11 n12 n21 Bild 6.43 : Verlauf <strong>der</strong> Scheibenlängskräfte in Ecken und Öffnungen<br />

– 6 / 67 –<br />

n r = 0<br />

n 11<br />

n 22<br />

n 22<br />

a) Scharf einspringende Ecken b) Ausgerundete Ecken<br />

X 1 , u 1<br />

n 11<br />

b<br />

b


Im Schnitt <strong>der</strong> Ecke X 1 = –a und X 2 = b ist n 22 links vom Schnitt ungleich Null,<br />

rechts davon wegen des freien Randes <strong>der</strong> Öffnung aber gleich Null, weil hier die statische<br />

Randbedingung n r = n 22 = 0 gilt. Im Schnitt <strong>der</strong> Ecke X 1 = –a und X 2 = –b stellt<br />

sich eine vergleichbare Situation für n 11 ein. Unterhalb des Schnitts ist n 11 ungleich<br />

Null, oberhalb des Schnitts wegen des freien Randes <strong>der</strong> Öffnung aber gleich Null, weil<br />

hier die statische Randbedingung n r = n 11 = 0 gilt. Aus physikalischen Gründen müssen<br />

die Kräfte links und rechts bzw. unten und oben vom Schnitt aber von gleicher Größe<br />

sein. Es müssen daher Zwängungskräfte auftreten, um diesen Zustand zu erreichen.<br />

Dies führt zu einer erheblichen Spannungskonzentration in <strong>der</strong> unmittelbaren Nähe <strong>der</strong><br />

Ecken und in den Ecken selbst zu unendlichen Werten, vgl. (Bild 6.43a).<br />

Werden die Ecken dagegen ausgerundet, ist ein kontinuierlicher Übergang <strong>der</strong> Scheibenkräfte<br />

n 11 und n 22 möglich, so daß sich wie<strong>der</strong> endliche Werte einstellen. Diese<br />

Situation ist in den Ecken X 1 = a und X 2 = ±b dargestellt, vgl. (Bild 6.43b). Es bleibt<br />

anzumerken, daß die Ecksingularität nur bei Annahme eines uneingeschränkt elastischen<br />

Materialverhaltens auftritt. In Wirklichkeit wird jedes Material im Bereich von<br />

Spannungskonzentrationen inelastisch reagieren, indem es plastisch wird o<strong>der</strong> reißt<br />

und dadurch die Spannungskonzentration nicht auftritt.<br />

Störzonen mit geometriebedingten Spannungskonzentrationen sind in <strong>der</strong> Regel sehr<br />

klein. Sie können daher die Ergebnisse in den ungestörten Bereichen kaum beeinflussen.<br />

Die GRM und die FEM sind Näherungsmethoden. Die GRM beruht auf einer<br />

Analogiebetrachtung zwischen Flächen– und Stabtragwerken. Sie ersetzt Scheiben<br />

durch Fachwerke und Platten durch Trägerroste. Singularitäten in Lösungen von<br />

Flächentragwerken kann sie daher kaum abbilden, so daß sie diese Störungen auch<br />

nicht übertragen kann. Die FEM kann dagegen sehr empfindlich auf Singularitäten reagieren,<br />

weil sie eine stetige Approximation <strong>der</strong> Lösungsfunktionen voraussetzt. Eine zu<br />

grobe Elementierung <strong>der</strong> Störzonen führt vielfach zu Oszillationen. Oszillationen können<br />

Singularitäten in ungestörte Bereiche übertragen und damit die Gesamtlösung<br />

stark verfälschen. Dies gilt für Scheiben und Platten.<br />

Die FE–Berechnung <strong>der</strong> durch Öffnungen geschwächten Scheibe wird mit dem FE–<br />

Programm GEMAS durchgeführt, weil sich gemischt–hybride Elemente als beson<strong>der</strong>s<br />

robust gegenüber Singularitäten erweisen /13/. Sie liefert in <strong>der</strong> oberen rechten Scheibenecke<br />

als horizontale Verschiebung den Wert u 1 = 1.26 cm , <strong>der</strong> die Größenordnung<br />

aus <strong>der</strong> Berechnung mit Gitterrosten bestätigt, da er nur um 9.6% von dieser abweicht.<br />

Der Verlauf <strong>der</strong> Verschiebungen ist im (Bild 6.44), <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> Trajektorien <strong>der</strong><br />

Hauptkräfte im (Bild 6.45) dargestellt. Der Verlauf <strong>der</strong> Druck– und Zugtrajektorien bestätigt<br />

die Vermutung, daß die Öffnungen den Lastabtrag nur geringfügig stören. Zwischen<br />

dem einwirkungsbehafteten und dem einwirkungsfreien Rand bilden sich entlang <strong>der</strong><br />

Öffnungen zwei Druckdiagonalen aus, die im Druckbereich <strong>der</strong> Einspannung enden.<br />

Das zugehörige Zugband verläuft parallel zum einwirkungsbehafteten Rand und endet<br />

unmittelbar im Zugbereich <strong>der</strong> Einspannung. Der innere Bereich <strong>der</strong> Einspannung ist<br />

weitgehend kräftefrei. Da die Öffnungen den Kräfteverlauf kaum behin<strong>der</strong>n, ist ihr Ein-<br />

– 6 / 68 –


fluß auf die Steifigkeit <strong>der</strong> Scheibe gering, so daß sich in allen Modellen, die auf unterschiedliche<br />

Näherungsstufen beruhen, Verschiebungswerte in gleicher Größenordnung<br />

einstellen. Es bleibt aber anzumerken, daß dies nicht immer so sein muß, son<strong>der</strong>n<br />

ausschließlich vom aktuellen Fall abhängt und sich daher von Fall zu Fall än<strong>der</strong>n kann.<br />

Bild 6.44 : FE–Modell Aussteifungsscheibe. Gesamtverschiebung<br />

– 6 / 69 –


Bild 6.45 : FE–Modell Aussteifungsscheibe. Trajektorien <strong>der</strong> Scheibenkräfte<br />

In <strong>der</strong> Aussteifungsscheibe (Bild 6.40) sind die horizontalen Schnitte I und II gekennzeichnet.<br />

Der Schnitt I liegt 0.12 5 m unterhalb des unteren Randes <strong>der</strong> ersten Dop–<br />

pelöffnung. Er verläuft damit zwar nicht direkt durch die Ecken <strong>der</strong> Öffnungen, befindet<br />

– 6 / 70 –


sich aber im unmittelbaren Einflußbereich <strong>der</strong> Singularitäten. Der Schnitt II liegt dagegen<br />

0.12 5 m unterhalb <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> ersten Doppelöffnung und damit außerhalb des<br />

Störbereichs. Die elementweise Verteilung <strong>der</strong> Scheibenkräfte in beiden Schnitten ist<br />

im (Bild 6.46) dargestellt. Die Auftragung beginnt in <strong>der</strong> Mitte des linken und endet in<br />

<strong>der</strong> Mitte des rechten Randelements.<br />

(Bild 6.46a) zeigt die Verteilung im Schnitt I. Im Eckbereich <strong>der</strong> Öffnungen ist <strong>der</strong> Einfluß<br />

<strong>der</strong> Singularität deutlich erkennbar. Die statischen Randbedingungen: n 11 = 0 am linken<br />

und rechten Scheibenrand und n 22 = 0 am unteren Rand <strong>der</strong> Öffnungen sind sehr gut<br />

angenähert. Eine Abschätzung <strong>der</strong> Größenordnung ist wegen <strong>der</strong> Öffnungen und <strong>der</strong><br />

sich daraus ergebenden Singularität kaum möglich.<br />

(Bild 6.46b) zeigt die Verteilung im Schnitt II. Am linken Scheibenrand ist die Lasteinleitung<br />

von F 4 erkennbar. Die Größenordnung kann man in einfacher Weise abschätzen.<br />

Die Zusammenhänge sind in <strong>der</strong> Skizze<br />

F 4 = 2000 kN<br />

Linker Scheibenrand<br />

+<br />

+<br />

0.12 5 0.12 5<br />

0.25<br />

n 11<br />

n 11<br />

– 6 / 71 –<br />

0.12 5<br />

0.12 5<br />

0.12 5<br />

0.12 5<br />

0.25<br />

0.25<br />

dargestellt. Die Last F 4 verteilt sich unter 45° je zur Hälfte auf die beiden anliegen–<br />

den Elemente. Als Einflußbreite von F 4/2 ist die Elementlänge anzunehmen.<br />

Sie beträgt 0.25 m. Damit errechnet sich die horizontale Längskraft zu<br />

n 11 = –1000 kN/0.25 m = –4000. kN/m, ein Wert, <strong>der</strong> mit dem Ergebnis <strong>der</strong> FE–Berechnung<br />

im (Bild 6.46b) übereinstimmt. Er fällt bis zum Öffnungsrand auf Null ab und erfüllt<br />

damit die statische Randbedingung. Zwischen den Öffnungen und zwischen <strong>der</strong> rechten<br />

Öffnung und dem rechten Scheibenrand verschwindet die horizontale Längskraft,<br />

so daß sich hier ein Zustand reiner Balkenbiegung einstellt.


4.50+03<br />

3.00+03<br />

1.50+03<br />

0.<br />

–1.50+03<br />

–3.00+03<br />

–4.50+03<br />

4.50+03<br />

3.00+03<br />

1.50+03<br />

0.<br />

–1.50+03<br />

–3.00+03<br />

–4.50+03<br />

(kN/m)<br />

0. 2.00+00 4.00+00 6.00+00 8.00+00 1.00+01 1.20+01<br />

a) Schnitt I : Unterhalb von zwei Öffnungen<br />

(kN/m)<br />

n 11<br />

n 22<br />

n 12<br />

0. 2.00+00 4.00+00 6.00+00 8.00+00 1.00+01 1.20+01<br />

b) Schnitt II : Durch zwei Öffnungen<br />

Bild 6.46 : FE–Modell Aussteifungsscheibe. Scheibenkräfte<br />

– 6 / 72 –


Die Gesamtverschiebung aus einer FE–Berechnung mit grober Elementierung, die mit<br />

<strong>der</strong> Netzteilung <strong>der</strong> GRM im (Bild 6.42) übereinstimmt, ist im (Bild 6.47) dargestellt. Der<br />

Wert <strong>der</strong> horizontalen Verschiebung in <strong>der</strong> oberen rechten Scheibenecke errechnet sich<br />

zu u 1 = 1.17 cm. Die Kontrollberechnung bestätigt den Wert u 1 = 1.15 cm aus <strong>der</strong> Gitterrostberechnung,<br />

die sich damit als durchaus konkurenzfähig zur FEM erweist.<br />

Bild 6.47 : Grobes FE–Modell <strong>der</strong> Aussteifungsscheibe<br />

– 6 / 73 –


Teil 7: Finite Elemente–Methode (FEM)<br />

7.1 Einführung<br />

Ziel von Teil 7 ist es, eine kurze Einführung in die Berechnung von Flächentragwerken<br />

mit finiten Elementen zu geben, um die grundsätzliche Vorgehensweise <strong>der</strong> Methode<br />

zu verdeutlichen. Eine ausführliche Darstellung <strong>der</strong> Methode ist Gegenstand des vertieften<br />

Fachstudiums. Eine Betrachtung aus baustatischer und baudynamischer Sicht<br />

erfolgt z.B. in <strong>der</strong> <strong>Lehrveranstaltung</strong> Vertiefung I: Finite Elemente–Methode in <strong>der</strong> Baustatik<br />

und Baudynamik des <strong>Fachgebiet</strong>s <strong>Statik</strong> <strong>der</strong> <strong>Baukonstruktionen</strong>, die sich vorrangig<br />

mit dem Elementverhalten auseinan<strong>der</strong>setzt /13/.<br />

Die FEM hat sich im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Verfahren z.B. <strong>der</strong> Gitterrostmethode wegen<br />

ihrer einheitlichen Vorgehensweise durchgesetzt. Sie erfaßt linien–, flächen– und vo–<br />

lumenförmige Bauteile in grundsätzlich gleicher Weise. Benutzerfreundliche FE– und<br />

Oberflächenprogramme sowie leistungsfähige Arbeitsplatzrechner stehen in großer<br />

Vielfalt zur Verfügung. Man kann daher ohne technische Probleme auch umfangreiche<br />

Aufgabenstellungen mit <strong>der</strong> FEM im Zusammenhang bearbeiten /22/.<br />

Neben den genannten technischen Voraussetzungen ist aber vor allem ingenieur–<br />

wissenschaftliches Grundwissen erfor<strong>der</strong>lich, um die FEM erfolgreich einsetzen zu<br />

können: Konstruktives Grundwissen ist erfor<strong>der</strong>lich, um Tragwerke mit finiten Elementen<br />

modellieren zu können; Grundwissen <strong>der</strong> Bauinformatik ist erfor<strong>der</strong>lich, um FE–Programme<br />

und Oberflächen hinreichend sicher benutzen zu können und baustatisches<br />

und baudynamisches Grundwissen ist erfor<strong>der</strong>lich, um die erzielten Ergebnisse ingenieurmäßig<br />

beurteilen zu können. Dieses Grundwissen ist aber in <strong>der</strong> Praxis bei weitem<br />

nicht in gleicher Weise verbreitet wie <strong>der</strong> Einsatz von Programmen. Tragwerksberechnungen<br />

mit <strong>der</strong> FEM, die ohne tiefere Kenntnisse <strong>der</strong> mathematisch–strukturmecha–<br />

nischen Hintergründe <strong>der</strong> Methode durchgeführt werden, sind mit einem erheblichen<br />

Sicherheitsrisiko behaftet, da die Übertragung <strong>der</strong> erzielten Ergebnisse in die Konstruktionsrealität<br />

dann zwangsläufig ohne kritische Bewertung erfolgt /23/.<br />

Die bereits deutlich erkennbare und noch zu nehmende Lücke zwischen Anwendung<br />

<strong>der</strong> FEM und erfor<strong>der</strong>lichem Theorieverständnis läßt sich nur schließen, wenn potentielle<br />

Benutzer von FE–Programmen neben <strong>der</strong> reinen Anwendungstechnik auch die<br />

theoretischen Grundlagen <strong>der</strong> FEM beherrschen. Konstruktives Wissen hängt neben<br />

Grundlagenwissen vor allem von <strong>der</strong> individuellen Erfahrung ab, die man vorrangig in<br />

<strong>der</strong> Praxis erwirbt. Die Einarbeitung in die Anwendungstechnik von speziellen FE– und<br />

Oberflächenprogrammen erfolgt in <strong>der</strong> Regel mit Hilfe von Benutzer–Handbüchern.<br />

Dies ist ein empirischer Vorgang, den man auf <strong>der</strong> Grundlage von elementaren Kenntnissen<br />

<strong>der</strong> Bauinformatik am einfachsten ebenfalls in <strong>der</strong> Praxis nachvollzieht. Die baustatischen<br />

und baudynamischen Kenntnisse sind dagegen Bestandteil des theoretischen<br />

Grundlagenwissens von Bauingenieuren, das man nur in <strong>der</strong> Universität, nicht<br />

aber in <strong>der</strong> Praxis erlernen kann.<br />

– 7 / 1 –


Im Rahmen <strong>der</strong> FEM manifestieren sich die baustatischen und baudynamischen<br />

Kenntnisse in <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Grundlagen und Eigenschaften von finiten Elementen.<br />

Nur mit diesen Kenntnissen kann man statische und dynamische Systeme in physikalisch<br />

zutreffen<strong>der</strong> Weise elementieren, so daß sie das Tragverhalten von Bauwerken<br />

optimal erfassen. Bei Flächentragwerken sind dies in erster Linie Scheiben– und Plat–<br />

tenelemente, die in räumlicher Anordnung als Faltwerkelemente und auf gekrümmten<br />

Flächen als Schalenelemente bezeichnet werden. Die Einführung beschränkt sich auf<br />

den statischen Fall. Es werden einfache Elementvarianten zur Berechnung von Scheiben<br />

und Platten vorgestellt, die auf einer Weggrößenformulierung mit dem PvW beruhen.<br />

Eine detailierte Betrachtung <strong>der</strong> FEM auf Systemebene ist nicht erfor<strong>der</strong>lich, da<br />

es zwischen Stab– und Flächenelemente keine Unterschiede gibt. Es wird in diesem<br />

Zusammenhang auf die Vorgehensweise beim VdS verwiesen /12/, die in gleicher<br />

Weise für Scheiben– und Plattenelemente gilt.<br />

7.2 Geometrische Definition von finiten Elementen auf Flächen<br />

Beim Ritz–Verfahren im Teil 4, Abschnitt 4.6.2 wurde bereits erwähnt, daß man anstelle<br />

von globalen Ansätzen, die z.B. über das gesamte Gebiet einer Platte verlaufen,<br />

auch lokale Ansätze verwenden kann, die sich nur über Teilflächen des Plattengebiets<br />

erstrecken. Allerdings müssen die lokalen Ansätze dann zwischen allen Teilflächen die<br />

geometrischen Randbedingungen einhalten, um als zulässige Ansätze die Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Ritz–Gleichung (4.64) bzw. (4.65) zu erfüllen. In gleicher Weise kann man<br />

natürlich auch bei Scheiben vorgehen.<br />

Die geometrische Auflösung von Platten und Scheiben in Teilflächen ist beliebig. Denkbar<br />

sind rechteckige, viereckige und dreieckige Teilflächen, die im Kontext <strong>der</strong> FEM<br />

als finite Elemente bezeichnet werden. Die unterschiedlichen Varianten sind im<br />

(Bild 7.1) dargestellt.<br />

X 2<br />

R 4<br />

D<br />

R 3<br />

C D<br />

R 2<br />

A<br />

A<br />

Rand R<br />

B<br />

A B<br />

1 Rand R1 B<br />

Rand R1 Bild 7.1 : Finite Flächenelemente<br />

– 7 / 2 –<br />

R 3<br />

C<br />

R 2<br />

R 4 R 3<br />

C<br />

R 2<br />

X 1


Die geometrische und baustatische Einbindung von finiten Elementen in die Gesamt–<br />

fläche von Platten und Scheiben erfolgt bei Recht– und Vierecken über die Rän<strong>der</strong> R 1<br />

bis R 4 und bei Dreiecken über die Rän<strong>der</strong> R 1 bis R 3. Dazu sind auf den Rän<strong>der</strong>n<br />

Knoten zu definieren, die als Informationsträger von geometrischen und baustatischen<br />

Daten dienen. Im Fall <strong>der</strong> Geometrie sind z.B. an den Knoten die aktuellen Werte <strong>der</strong><br />

X 1 – und X 2 –Koordinaten anzugeben: (X 1 , X 2 ) K , K = A, B, C und ggf. D. Geeignete<br />

baustatische Daten sind Stützwerte von Weggrößen: Bei Platten z.B. die Stützwerte<br />

(u 3, ϕ 1, ϕ 2) K , K = A, B, C und ggf. D von <strong>der</strong> Durchbiegung u 3 und den Verdrehungen<br />

ϕ 1 und ϕ 2, bei Scheiben z.B. die Stützwerte (u 1, u 2) K , K = A, B, C und ggf. D von<br />

den Verschiebungen u 1 und u 2.<br />

Bei geradliniger Begrenzung <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> reichen die vier Eckknoten A, B, C und D<br />

aus, um die Geometrie von rechteckigen o<strong>der</strong> viereckigen Teilflächen eindeutig festzulegen.<br />

Bei Dreiecken sind dazu lediglich drei Eckknoten erfor<strong>der</strong>lich, nämlich A, B und<br />

C, vgl. (Bild 7.1). Eine benutzerfreundliche Formulierung <strong>der</strong> FEM sollte immer an–<br />

streben, auch die baustatischen Eigenschaften <strong>der</strong> Elemente auf die Eckknoten abzubilden.<br />

Bei mo<strong>der</strong>nen finiten Elementen, die auf gemischt–hybriden Ansätzen beruhen,<br />

gelingt dies in <strong>der</strong> Regel /13/. Bei <strong>der</strong> klassischen Weggrößendarstellung /11/, /22/ und<br />

/23/, auf die sich auch diese Einführung beschränkt, sind vielfach zusätzliche Knoten<br />

auf den Rän<strong>der</strong>n und ggf. im Elementgebiet erfor<strong>der</strong>lich, um eine ausreichende Ge–<br />

nauigkeit <strong>der</strong> baustatischen Elementlösung zu erzielen.<br />

Die geometrische Beschreibung von Rechtecken ist beson<strong>der</strong>s einfach. Die baustatische<br />

Betrachtung wird daher auf diesen Son<strong>der</strong>fall beschränkt. Für die praktische Anwendung<br />

sind rechteckige Flächenelemente allerdings weniger geeignet. Die geometrische<br />

Beschreibung von beliebigen Flächenelementen wird u.a. in <strong>der</strong> LV Vertiefung I<br />

/13/ behandelt.<br />

7.3 Topologie von finiten Elementen auf Flächen<br />

Die topologische Systembeschreibung von finiten Stabelementen ist aus <strong>Statik</strong> III /12/<br />

bekannt. Sie läßt sich in einfacher Weise auf finite Flächenelemente erweitern. Im<br />

(Bild 7.2) sind z.B. die statischen Systeme von zwei Flächentragwerken dargestellt.<br />

(Bild 7.2a) zeigt eine Kragscheibe und (Bild 7.2b) eine allseitig gelenkig gelagerte Platte.<br />

Beide Systeme sind in rechteckige Teilflächen zerlegt. Der Vorgang <strong>der</strong> Elementierung<br />

ist zunächst noch völlig unabhängig von <strong>der</strong> speziellen baustatischen Beschreibung,<br />

die im Fall <strong>der</strong> Kragscheibe (Bild 7.2a) nach <strong>der</strong> Scheibentheorie und im Fall <strong>der</strong> allseitig<br />

gelenkig gelagerten Platte nach <strong>der</strong> Plattentheorie erfolgen muß.<br />

Die topologische Beschreibung erfaßt lediglich die Stellung <strong>der</strong> einzelnen Elemente<br />

im System. Dies geschieht mit Hilfe einer unabhängigen Element– und Knotennum–<br />

merierung, die durch eine Inzidenztafel miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden. Die Verknüpfung<br />

ist für jedes Element anzugeben. Dazu ist die allgemeingültige Elementknotenbezeichnung<br />

A, B, C und D im (Bild 7.1) mit den aktuellen Systemknoten im Bild (7.2) zu vergleichen<br />

und das Ergebnis des Vergleichs unter <strong>der</strong> jeweiligen Elementnummer in eine<br />

Tafel einzutragen.<br />

– 7 / 3 –


L 2<br />

a) Kragscheibe<br />

L 2<br />

1<br />

X 2<br />

21 22 23 24 25<br />

Bild 7.2 : Elementierte Flächentragwerke<br />

13<br />

14 15 16<br />

16 17 18 19 20<br />

9 10 11 12<br />

11 12 13 14 15<br />

5 6 7 8<br />

1<br />

6 7 8 9 10<br />

1 2 3 4<br />

13<br />

b) Allseitig gelenkig gelagerte Platte<br />

2 3 4 5<br />

L1 21 22 23 24 25<br />

14 15 16<br />

16 17 18 19 20<br />

9 10 11 12<br />

11 12 13 14 15<br />

5 6 7 8<br />

6 7 8 9 10<br />

1 2 3 4<br />

2 3 4 5<br />

L 1<br />

– 7 / 4 –<br />

X 2<br />

Knoten<br />

Elemente<br />

Knoten<br />

Elemente<br />

X 1<br />

X 1


Die Kragscheibe (Bild 7.2a) und die allseitig gelenkig gelagerte Platte (Bild 7.2b) sind<br />

in gleicher Weise elementiert, so daß sich für beide Systeme dieselbe Inzidenztafel ergibt,<br />

obwohl einmal ein Scheibentragwerk und das an<strong>der</strong>e Mal ein Plattentragwerk vorliegt.<br />

Elementnummer<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

Elementknoten<br />

A B C D<br />

1 2 7 6<br />

2 3 8 7<br />

3 4 9 8<br />

4 5 10 9<br />

6 7 12 11<br />

7 8 13 12<br />

8 9 14 13<br />

9 10 15 14<br />

11 12 17 16<br />

12 13 18 17<br />

13 14 19 18<br />

14 15 20 19<br />

16 17 22 21<br />

17 18 23 22<br />

18 19 24 23<br />

19 20 25 24<br />

– 7 / 5 –<br />

Aktuelle<br />

Systemknoten<br />

Die baustatischen Daten eines Flächenelements sind im Elementvektor v e enthalten.<br />

Der Index (e) gibt die Zählvariable <strong>der</strong> Elemente an. Komponenten von v e sind entwe<strong>der</strong><br />

die in allen Elementknoten definierten Stützwerte <strong>der</strong> Plattenweggrößen o<strong>der</strong> die<br />

in allen Elementknoten definierten Stützwerte <strong>der</strong> Scheibenweggrößen. Im Kontext <strong>der</strong><br />

FEM werden die unterschiedlichen Stützwerte einheitlich als Freiwerte bezeichnet.<br />

(7.1)


Im Systemvektor V sind die Freiwerte des elementierten Gesamtsystems zusammengestellt.<br />

Der Zusammenhang zwischen Element– und Systemvektor ist durch<br />

ve � BeV (7.2)<br />

gegeben. Die Verknüpfungsmatrix B e in Gl. (7.2) ist durch die topologische Information<br />

<strong>der</strong> Inzidenztafel Gl. (7.1) eindeutig bekannt, so daß Gl. (7.2) die baustatischen Infor–<br />

mationen <strong>der</strong> Einzelelemente in das Gesamtsystem überträgt. Dieser Vorgang ist un–<br />

abhängig davon, ob ein Platten– o<strong>der</strong> ein Scheibenproblem vorliegt.<br />

7.4 Finite Plattenelemente<br />

Aus <strong>der</strong> Vielzahl möglicher Plattenelemente soll lediglich ein schubstarres Rechteckelement<br />

mit vier Knoten in zwei Varianten vorgestellt werden, die sich in <strong>der</strong> baustatischen<br />

Formulierung voneinan<strong>der</strong> unterscheiden. Die Konfiguration des betrachteten Elements<br />

ist im (Bild 7.3) dargestellt.<br />

7.4.1 Geometrie und Ansätze<br />

Die rechteckige Elementfläche ist im (Bild 7.3a) in perspektivischer Form dargestellt.<br />

Die dimensionslosen Ansatzkoordinaten �1 � 2 X1<br />

s<br />

und �<br />

1<br />

2 � 2 X2<br />

s<br />

sind in <strong>der</strong> Mitte des<br />

2<br />

Elements definiert und durchlaufen jeweils den Wertebereich von +1 nach –1. s1 und<br />

s2 sind die Elementlängen in Richtung <strong>der</strong> X1 – bzw. X2 –Koordinate.<br />

Da es sich um ein Rechteckelement handelt, verlaufen alle Rän<strong>der</strong> orthogonal zueinan<strong>der</strong>.<br />

Die Ansatzfunktionen zur bereichsweisen Auswertung <strong>der</strong> Ritz–Gleichung (4.64)<br />

bzw. (4.65) lassen sich daher in einfacher Weise aus den Ansatzfunktionen des Biegestabs<br />

entwickeln, wenn man die Rän<strong>der</strong> R 1 bis R 4 des Plattenelements als Biegestäbe<br />

auffaßt. Die Biegestabansätze sind aus <strong>Statik</strong> III bekannt /12/. Entlang <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 1<br />

bis R 4 sind sie im (Bild 7.3a) dargestellt. Die analytische Darstellung <strong>der</strong> Verlaufsfunktionen<br />

ist (Bild 7.3b) zu entnehmen.<br />

Die Flächenansätze des Plattenelements sind auf die Weggrößenfreiwerte <strong>der</strong> Ele–<br />

menteckknoten zu beziehen. Dies sind jeweils die Stützwerte<br />

�u 3 , ϕ 1 ,ϕ 2 � K , K � A, B, C und D (7.3)<br />

<strong>der</strong> Durchbiegung u 3 und <strong>der</strong> Verdrehungen ϕ 1 = –u 3,1 und ϕ 2 = –u 3,2 , die sich bei<br />

schubstarren Platten aus den partiellen Ableitungen <strong>der</strong> Durchbiegung ergeben. Die<br />

Freiwerte <strong>der</strong> Eckknoten sind im (Bild 7.3a) dargestellt.<br />

– 7 / 6 –


1<br />

f 24<br />

f23 1<br />

f 22<br />

1<br />

Eckknoten<br />

D(–1,+1)<br />

1<br />

f 21<br />

Eckknoten<br />

A(–1,–1)<br />

f 12<br />

ϕ 2A<br />

1<br />

f11 s 1<br />

u 3D<br />

ϕ2D R4 u 3A<br />

ϕ 1A<br />

ϕ1D R3 u 3B<br />

a) Elementfläche, Biegestabansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong>, Freiwerte<br />

b) Verlaufsfunktionen <strong>der</strong> Biegestabansätze<br />

1<br />

ϕ 1B<br />

Bild 7.3 : Schubstarres Rechteckelement für Platten<br />

1<br />

1<br />

f11 R 1<br />

f j1 � 1<br />

4 �1 � � j� 2 �2 � � j�<br />

f j2 � s j<br />

8 �1 � � j� 2 �1 � � j�<br />

f j3 � 1<br />

4 �1 � � j� 2 �2 � � j�<br />

f 12<br />

1<br />

f13 f 14<br />

f j4 �� s j<br />

8 �1 � � j� 2 �1 � � j�<br />

1<br />

ξ 2<br />

– 7 / 7 –<br />

u 3C<br />

R2 ϕ2B ϕ 1C<br />

ξ1 ϕ2C 1<br />

f 21<br />

1<br />

1<br />

f 22<br />

Eckknoten<br />

B(+1,–1)<br />

f 13<br />

f 14<br />

Eckknoten<br />

C(+1,+1)<br />

1<br />

j = 1 → ξ 1 –Richtung<br />

j = 2 → ξ 2 –Richtung<br />

f23 1<br />

1<br />

f 24<br />

s 2


Die Flächenansätze zur Approximation <strong>der</strong> Durchbiegungsfunktion u 3 ergeben sich<br />

durch geeignete Kombinationen <strong>der</strong> Verlaufsfunktionen <strong>der</strong> Biegestabansätze<br />

(Bild 7.3b). Dazu sind im Knoten A die Ansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 1 und R 4, im Kno–<br />

ten B die Ansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 1 und R 2, im Knoten C die Ansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 2<br />

und R 3 und im Knoten D die Ansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 3 und R 4 miteinan<strong>der</strong> zu multiplizieren.<br />

Mit den Bezeichnungen von (Bild 7.3a) erhält man für u 3 den Ausdruck<br />

u 3 � u 3 �� 1 , � 2� (7.4)<br />

� f 11 �� 1�f 21 �� 2�u 3A � f 12 �� 1�f 21 �� 2�ϕ 1A � f 11 �� 1�f 22 �� 2�ϕ 2A � f 12 �� 1�f 22 �� 2�ϕ 12A<br />

� f 13 �� 1�f 21 �� 2�u 3B � f 14 �� 1�f 21 �� 2�ϕ 1B � f 13 �� 1�f 22 �� 2�ϕ 2B � f 14 �� 1�f 22 �� 2�ϕ 12B<br />

� f 13 �� 1�f 23 �� 2�u 3C � f 14 �� 1�f 23 �� 2�ϕ 1C � f 13 �� 1�f 24 �� 2�ϕ 2C � f 14 �� 1�f 24 �� 2�ϕ 12C<br />

� f 11 �� 1�f 23 �� 2�u 3D � f 12 �� 1�f 23 �� 2�ϕ 1D � f 11 �� 1�f 24 �� 2�ϕ 2D � f 12 �� 1�f 24 �� 2�ϕ 12D .<br />

Die vollständige Kombination <strong>der</strong> Stabansätze ergibt nach Gl. (7.4) 16 unabhängige<br />

Flächenansätze, für die nach Gl. (7.3) aber nur 12 physikalisch sinnvolle Weggrößenfreiwerte<br />

<strong>der</strong> Platte existieren. Es ist daher zu diskutieren, welche physikalische Bedeutung<br />

die Freiwerte<br />

�ϕ 12 � K , K � A, B, C und D (7.5)<br />

haben, die zusätzlich in Gl. (7.4) auftreten. Im einzelnen ist zu überprüfen, ob man sie<br />

im Rahmen einer FE–Formulierung berücksichtigen muß, und wenn nein, wie eine ersatzlose<br />

Vernachlässigung die Ergebnisse beeinflußt.<br />

Die Flächenansätze, die zu den Freiwerten Gl. (7.5) gehören, sind in Gl. (7.4)<br />

durch Unterstreichen gekennzeichnet. Sie entstehen durch Kombinationen <strong>der</strong><br />

ϕ 1– und ϕ 2–Randverläufe, die wegen <strong>der</strong> Schubstarrheit auf Ausdrücke <strong>der</strong> Form<br />

(–u 3,1) (–u 3,2) ≡ u 3,12 führen. Die zugehörigen Freiwerte sind daher als Stützwerte <strong>der</strong><br />

Verwindung <strong>der</strong> Plattenmittelfläche zu deuten, die keine unmittelbaren Weggrößenfreiwerte<br />

mehr darstellen. Diese Anteile sind aber ganz offensichtlich erfor<strong>der</strong>lich, um die<br />

geometrischen Randbedingungen zwischen benachbarten Elementen zu erfüllen, wie<br />

es die Ritz–Gleichung (4.64) bzw. (4.65) voraussetzt.<br />

Gl. (7.4) ist ein Ansatz, <strong>der</strong> im Elementgebiet bikubisch und auf den Elementrän<strong>der</strong>n<br />

jeweils kubisch verläuft. Auf jedem Elementrand sind die Durchbiegung u 3 und die Verdrehung<br />

radial zum Rand ϕ r stetig zu überführen. Wegen <strong>der</strong> rechteckigen Geometrie<br />

fallen auf den Rän<strong>der</strong>n R 1 und R 3 ϕ r und ϕ 2 = –u 3,2 und auf den Rän<strong>der</strong>n R 2 und<br />

R 4 ϕ r und ϕ 1 = –u 3,1 zusammen. Pro Rand werden zur kubischen Darstellung von<br />

u 3 vier Freiwerte benötigt, auf dem Rand R 3 z.B. die Freiwerte u 3C, u 3D, ϕ 1C und ϕ 1D,<br />

vgl. (Bild 7.3a). Die verbleibenden Freiwerte ϕ 2C und ϕ 2D können dann ϕ r = ϕ 2 = –u 3,2<br />

nur noch linear abbilden. Dies steht aber im direkten Wi<strong>der</strong>spruch zum bikubischen Ansatz<br />

Gl. (7.4). Auch wenn er in unvollständiger Form, d.h., ohne die unterstrichenen<br />

Terme vorliegt, enthält er auf dem Rand R 3 in Richtung des Randes kubische Anteile<br />

in ϕ r = ϕ 2 = –u 3,2 (Abhängigkeit von ξ 1 kubisch und von ξ 2 wegen u 3,2 quadratisch,<br />

auf dem Rand R 3 gilt speziell ξ 1 , ξ 2 = konstant).<br />

– 7 / 8 –


Ein Ansatz, <strong>der</strong> die unterstrichenen Terme in Gl. (7.4) vernachlässigt, führt daher zu einer<br />

Verletzung <strong>der</strong> C 1 –Kontinuität, weil er die ersten Ableitungen von u 3 normal zu den<br />

Plattenrän<strong>der</strong>n nicht stetig überführt. Aus baustatischer Sicht liegt damit ein unvollständiger<br />

Biegeanschluß zwischen den Elementen vor. Trotzdem liefert das nichtkonforme<br />

Plattenelement mit 12 Freiwerten nach Gl. (7.3) akzeptable Ergebnisse. Genauer und<br />

theoretisch abgesichert ist natürlich das Plattenelement mit 16 Freiwerten, das zusätzlich<br />

die Verwindungsfreiwerte Gl. (7.5) enthält. Es beruht auf dem vollständigen Ansatz<br />

Gl. (7.4) und erfüllt in strenger Weise die C 1 –Kontinuität, da es die Verdrehung normal<br />

zum Rand nun auch durch vier Freiwerte und somit kubisch abbildet, auf dem Rand R 3<br />

z.B. durch die Freiwerte ϕ 2C, ϕ 12C, ϕ 2D und ϕ 12D. Plattenelemente, die diese Voraussetzung<br />

erfüllen, konvergieren stetig zur analytischen Lösung des Problems. Sie werden<br />

als konforme Plattenelemente bezeichnet und verfügen über eine größere Anwendungssicherheit<br />

als nichtkonforme Elemente, die ggf. zu falschen Lösungen<br />

konvergieren können.<br />

Die stetige Approximation mit dem bikubischen Ansatz Gl. (7.4) über die Element–<br />

grenzen hinweg ist im (Bild 7.4) veranschaulicht. Am Beispiel des Elementver–<br />

bands 6 , 7 , 10 und 11 aus dem Plattenbeispiel (Bild 7.2b) sind für den<br />

Mittelknoten 13 die Verlaufsfunktionen <strong>der</strong> Freiwerte (u3, ϕ1, ϕ2, ϕ12) 13 perspektivisch<br />

dargestellt.<br />

Der Mittelknoten 13 wird von vier Elementknoten gebildet: Vom Eckknoten A des<br />

Elements 11 , vom Eckknoten B des Elements 10 , vom Eckknoten C des Elements<br />

6 und vom Eckknoten D des Elements 7 . Der biegesteife Zusammenbau <strong>der</strong> beteiligten<br />

Elemente erfolgt durch das Gleichsetzen <strong>der</strong> zugehörigen Knotenfreiwerte.<br />

11 10 6 7<br />

u3A � u3B � u3C � u3D 11 10 6 7<br />

� ϕ1B � ϕ1C � ϕ1D ϕ 1A<br />

11 10 6 7<br />

ϕ2A � ϕ2B � ϕ2C � ϕ2D und<br />

11 10 6 7<br />

ϕ12A � ϕ12B � ϕ12C � ϕ12D – 7 / 9 –<br />

� �u 3 � 13 ,<br />

� �ϕ 1 � 13 ,<br />

� �ϕ 2 � 13<br />

� �ϕ 12 � 13 .<br />

Der stetige Übergang <strong>der</strong> Durchbiegungsfunktion u 3 (ξ 1 , ξ 2 ) längs <strong>der</strong> gemeinsamen<br />

Elementrän<strong>der</strong> (12, 13, 14) und (8, 13, 17) ist dann durch die Verlaufsfunktionen <strong>der</strong><br />

Freiwerte (u 3) 13 (Bild 7.4a), (ϕ 1) 13 (Bild 7.4b) und (ϕ 2) 13 (Bild 7.4c) gegeben. Damit<br />

ist aber zunächst nur die C 0 –Kontinuität gesichert, die sich allein auf den Funktionswert<br />

von u 3 (ξ 1 , ξ 2 ) bezieht. Die volle C 1 –Kontinuität, die auch den stetigen Übergang <strong>der</strong><br />

ersten Ableitungen u 3,1 und u 3,2 von u 3 (ξ 1 , ξ 2 ) einschließt, kann dagegen nur erreicht<br />

werden, wenn man zusätzlich die Verlaufsfunktion des Verwindungsfreiwerts (ϕ 12) 13<br />

(Bild 7.4d) einbezieht, um damit die Än<strong>der</strong>ung von u 3,1 in X 2 –Richtung und von u 3,2<br />

in X 1 –Richtung zu erfassen.


a) Freiwert (u 3) 13 <strong>der</strong> Durchbiegung u 3<br />

b) Freiwert (ϕ 1) 13 <strong>der</strong> Verdrehung ϕ 1 = –u 3,1<br />

c) Freiwert (ϕ 2) 13 <strong>der</strong> Verdrehung ϕ 2 = –u 3,2<br />

d) Freiwert (ϕ 12) 13 <strong>der</strong> Verwindung u 3,12<br />

Bild 7.4 :<br />

f 13(ξ 1 ) f 21(ξ 2 )<br />

f 13(ξ 1 ) f 23(ξ 2 )<br />

12<br />

6<br />

7 8 9<br />

6 7<br />

7 8 9<br />

6<br />

7 8 9<br />

– 7 / 10 –<br />

X 2 ,ξ 2<br />

17 18 19<br />

(u<br />

10<br />

3) 13<br />

11<br />

1<br />

17 18 19<br />

17<br />

10<br />

18 19<br />

11<br />

13<br />

12 (ϕ2) 13 14<br />

1<br />

17 18 19<br />

10<br />

(ϕ 12) 13<br />

12 14<br />

13<br />

7<br />

Verlaufsfunktionen <strong>der</strong> Plattenfreiwerte im Elementverband<br />

13<br />

11<br />

X 1 ,ξ 1<br />

f14(ξ 10<br />

1<br />

(ϕ1) 13<br />

11<br />

14<br />

12<br />

6<br />

13 1<br />

7<br />

7 8 9<br />

1 ) f21(ξ2 )<br />

f12(ξ1 ) f21(ξ2 )<br />

f14(ξ1 ) f23(ξ2 )<br />

f12(ξ1 ) f23(ξ2 )<br />

f 13(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 13(ξ 1 ) f 24(ξ 2 )<br />

f 14(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 14(ξ 1 ) f 24(ξ 2 )<br />

1<br />

7<br />

14<br />

f 11(ξ 1 ) f 23(ξ 2 )<br />

f 11(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 11(ξ 1 ) f 21(ξ 2 )<br />

f 11(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 12(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 12(ξ 1 ) f 24(ξ 2 )


7.4.2 Diskretisierung auf Element– und Systemebene<br />

Beim klassischen Ritz–Verfahren <strong>der</strong> Plattentheorie mit Gesamtansätzen verwendet<br />

man in <strong>der</strong> Regel das Prinzip vom Minimum <strong>der</strong> potentiellen Energie Gl. (4.65), um die<br />

unbekannten Konstanten <strong>der</strong> Ansätze zu ermitteln. Im Rahmen <strong>der</strong> FEM ist es dagegen<br />

üblich, unmittelbar auf das PvW Gl. (4.64) zurückzugreifen.<br />

Das Ausschreiben von Gl. (4.64) unter Beachtung von Gl. (4.23.2) ergibt die analytische<br />

Matrizengleichung<br />

�W � � G<br />

�� G<br />

��u3,11 ,u3,22 ,2u � 3,12 0 1<br />

1<br />

– 7 / 11 –<br />

�<br />

0<br />

(B 0<br />

) dG<br />

0 0<br />

1 � �<br />

2<br />

u 3,11<br />

u 3,22<br />

2u 3,12<br />

�u 3 p 3 dG � 0 . (7.6)<br />

Die Diskretisierung von Gl. (7.6) ist ein rein technischer Vorgang. Zunächst ist <strong>der</strong> Ansatz<br />

Gl. (7.4) in Gl. (7.6) einzusetzen. Dabei sind die partiellen Ableitungen u 3,11 , u 3,22<br />

und u 3,12 unter Beachtung <strong>der</strong> Kettenregel zu entwickeln. Dann ist die Integration<br />

durchzuführen. Dies kann im vorliegenden Fall wegen <strong>der</strong> einfachen Elementgeometrie<br />

sogar noch in analytisch geschlossener Form erfolgen. Danach ist das Ergebnis in Form<br />

einer diskreten Matrizengleichung zu ordnen. Dazu wird <strong>der</strong> Elementvektor<br />

v e � {u 3A ϕ 1A ϕ 2A ϕ 12A | u 3B ϕ 1B ϕ 2B ϕ 12B |<br />

u 3C ϕ 1C ϕ 2C ϕ 12C | u 3D ϕ 1D ϕ 2D ϕ 12D }<br />

(7.7)<br />

eingeführt, <strong>der</strong> die unbekannten Elementfreiwerte Gl. (7.3) und Gl. (7.5) <strong>der</strong> konformen<br />

Elementvariante in <strong>der</strong> Reihenfolge <strong>der</strong> Eckknoten auflistet. Bei <strong>der</strong> nichtkonformen<br />

Elementvariante entfallen die Verwindungsfreiwerte ϕ 12A, ϕ 12B, ϕ 12C und ϕ 12D . Mit<br />

Gl. (7.7) erhält man für die Kurzform <strong>der</strong> diskreten Matrizengleichung den Ausdruck<br />

�W e � ��v T�kv � s 0�� e � 0 . (7.8)<br />

In Gl. (7.8) bezeichnet k e die Steifigkeitsmatrix und s 0 e die Einwirkungsmatrix des<br />

e–ten Plattenelements. Die Übertragung ins System geschieht mit Hilfe von Gl. (7.2).<br />

�We � �V T��B T kB� e V � �B T s 0� e � � 0. (7.9)<br />

Die Summe über alle Elemente ergibt die Systemgleichung des PvW für ein elementiertes<br />

Plattensystem.<br />

�W � � �We � �V T�KV � S 0� e � 0. (7.10)


In Gl. (7.10) bezeichnet<br />

K � ��B T kB� e<br />

die System–Steifigkeitsmatrix und<br />

S 0 � ��B T s 0� e<br />

– 7 / 12 –<br />

(7.10.1)<br />

(7.10.2)<br />

die System–Einwirkungsmatrix. Nach dem Einarbeiten <strong>der</strong> aktuellen geometrischen<br />

Randbedingungen sind durch die Lösung des Gleichungssystems<br />

KV� S 0 � V (7.11)<br />

alle Weggrößenfreiwerte <strong>der</strong> Systemknoten bekannt. Durch eine elementweise Nachlaufrechnung<br />

können dann die Momente und ggf. auch die Querkräfte und Verdrehungen<br />

ermittelt werden, so daß eine vollständige Lösung des Plattenproblems vorliegt.<br />

7.4.3 Überprüfung <strong>der</strong> Konvergenz<br />

Anhand <strong>der</strong> allseitig gelenkig gelagerten Quadratplatte L 1 = L 2 = a (Bild 4.9) und einer<br />

Elementierung gemäß (Bild 7.2b) soll das Konvergenzverhalten des schubstarren Plattenelements<br />

(Bild 7.3) für die Lastfälle LF1: Vollast p 3 = konstant und LF2: Einzel–<br />

last F in Plattenmitte überprüft werden. Wegen <strong>der</strong> Symmetrie kann sich die Elementierung<br />

auf ein Viertel <strong>der</strong> Plattenfläche beschränken. Für die spezielle Netzteilung n = 2×2<br />

ist sie im (Bild 7.5) dargestellt.<br />

a/2<br />

u 3 = 0<br />

1<br />

ϕ 2 = 0<br />

7 8 9<br />

3 4<br />

4 5 6<br />

1 2<br />

u3 = 0<br />

a/2<br />

2 3<br />

Bild 7.5 : Netzteilung einer Quadratplatte<br />

X 2<br />

X 1<br />

ϕ 1 = 0<br />

Die Freiwerte <strong>der</strong> Durchbiegung u 3 sind in den Randknoten auf Null zu setzen, um die<br />

geometrischen Randbedingungen <strong>der</strong> gelenkig gelagerten Platte zu erfüllen. In den


Knoten auf <strong>der</strong> Symmetrielinie (X 1 = 0, X 2 ) sind die Freiwerte <strong>der</strong> Verdrehung ϕ 1 und<br />

in den Knoten auf <strong>der</strong> Symmetrielinie (X 1 , X 2 = 0) sind die Freiwerte <strong>der</strong> Verdrehung<br />

ϕ 2 auf Null zu setzen, um die Symmetriebedingungen in Plattenmitte zu erfassen.<br />

Die Berechnungen werden mit <strong>der</strong> nichtkonformen (12 Freiwerte) und <strong>der</strong> konformen<br />

Elementvariante (16 Freiwerte) durchgeführt. Einflußparameter ist die Netzteilung<br />

n = 1×1, n = 2×2, n = 4×4 und n = 8×8. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Mittendurchbiegung sind<br />

im (Bild 7.6) in Form von Konvergenzkurven dargestellt.<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0<br />

–5%<br />

–10%<br />

–15%<br />

Ç<br />

Ç<br />

Ç<br />

–20%<br />

1×1<br />

Bild 7.6 :<br />

Fehler f �� �<br />

�<br />

uFEM � uAnalytisch<br />

3M 3M<br />

aAnalytisch 3M<br />

ÇÇ<br />

ÇÇ<br />

Ç<br />

Ç<br />

�<br />

�<br />

� 100%<br />

ÇÇ<br />

ÇÇ<br />

Ç<br />

Ç<br />

– 7 / 13 –<br />

Ç<br />

Ç<br />

2×2 4×4 8×8<br />

Konformes Element mit 16 Freiwerten<br />

LF1 : Vollast p3 LF2 : Einzellast F in Plattenmitte<br />

Nichtkonformes Element mit 12 Freiwerten<br />

LF1 : Vollast p3 LF2 : Einzellast F in Plattenmitte<br />

Netzteilung<br />

Konvergenzkurven <strong>der</strong> Mittendurchbiegung einer allseitig<br />

gelenkig gelagerten Quadratplatte


Die analytische Lösung ist durch den minimalen Wert <strong>der</strong> potentiellen Gesamtenergie<br />

gekennzeichnet. Der zugehörige Steifigkeitszustand des Plattensystems stellt eine untere<br />

Grenze dar, die man nicht unterschreiten kann. Weggrößenelemente müssen daher<br />

von <strong>der</strong> steifen Seite konvergieren, so daß die Freiwerte mit zunehmen<strong>der</strong> Netz–<br />

teilung anwachsen. Diese Betrachtung gilt aber nur für konforme Elemente. Für den<br />

Lastfall 2: Einzellast F in Plattenmitte trifft sie auch zu, für den Lastfall 1: Vollast p 3<br />

dagegen nicht. Der Grund hierfür liegt in <strong>der</strong> Approximation <strong>der</strong> Flächenlast durch das<br />

Integral <strong>der</strong> äußeren Arbeit. Dadurch wird die Flächenlast in äquivalente Knotenlasten<br />

umgewandelt, die eine obere Grenze <strong>der</strong> Flächenlast darstellen, so daß im vorliegenden<br />

Fall wegen <strong>der</strong> überschätzten Einwirkung die Approximation von <strong>der</strong> zu weichen<br />

Seite aus erfolgt.<br />

Für das nichtkonforme Element kann man hinsichtlich des Konvergenzverhaltens keine<br />

eindeutige Aussage treffen. Beim Lastfall 1: Vollast p 3 erfolgt die Approximation von<br />

<strong>der</strong> steifen Seite, beim Lastfall 2: Einzellast F in Plattenmitte dagegen von <strong>der</strong> weichen<br />

Seite. Insgesamt ist aber festzustellen, daß beide Elementvarianten sehr gut konvergieren.<br />

7.4.4 Einfaches Anwendungsbeispiel<br />

Im (Bild 7.7) ist das statische System einer Rechteckplatte aus Stahlbeton dargestellt.<br />

Die freie Spannweite in Längsrichtung (X 1 –Koordinate) erstreckt sich über 16. m und<br />

in Querrichtung (X 2 –Koordinate) über 8. m. Die beiden Längsrän<strong>der</strong> sind fest einge–<br />

spannt und die beiden Querrän<strong>der</strong> gelenkig gelagert. Die Querdehnzahl beträgt ν = 0.2.<br />

Die Biegesteifigkeit und die Flächenlast für den Lastfall Vollast werden als Einheitswerte<br />

angegeben: B = 1. (kN/m 2) /m und p 3 = –1. (kN/m 2 ). Die Zustandsgrößen (u 3,<br />

m 11 und m 22 ) sind mit Hilfe einer FEM–Berechnung zu ermitteln und in Plattenmitte<br />

im Längs– und Querschnitt darzustellen.<br />

Wegen <strong>der</strong> Doppelsymmetrie ist nur ein Viertel des Systems zu elementieren. Auf den<br />

Symmetrielinien sind die Freiwerte <strong>der</strong> Verdrehungen zu sperren: Auf X 1 = 0 gilt<br />

ϕ 1 = 0 und auf X 2 = 0 gilt ϕ 2 = 0. Auf dem gelenkig gelagerten Rand sind die Frei–<br />

werte <strong>der</strong> Durchbiegung und auf dem eingespannten Rand sind die Freiwerte <strong>der</strong><br />

Durchbiegung und <strong>der</strong> Verdrehung radial zum Rand zu sperren: Auf X 1 = 8. m gilt<br />

u 3 = 0 und auf X 2 = 4. m gilt u 3 = 0 und ϕ r = ϕ 2 = 0. Eine analytische Lösung ist nicht<br />

bekannt. Die Vergleichslösung wird daher mit einer 16×8 Netzteilung <strong>der</strong> Längs– und<br />

Querrichtung ermittelt, die auf einer quadratischen 0.5×0.5 m 2 Elementierung mit dem<br />

konformen Rechteckelement beruht, das 16 Freiwerte enthält.<br />

– 7 / 14 –


X 3 ,u 3<br />

p 3<br />

8.<br />

4.<br />

4.<br />

Bild 7.7 : Anwendungsbeispiel<br />

ϕ 1 = 0<br />

ν = 0.2<br />

B = 1. (kN/m 2) /m<br />

p 3 = –1. (kN/m)<br />

– 7 / 15 –<br />

X 2<br />

8. 8.<br />

16. m<br />

X 3 ,u 3<br />

ϕ2 = 0 2×4<br />

u3 = 0<br />

Netzteilung<br />

ϕ 2 = 0<br />

p 3<br />

u 3 = 0<br />

Eine Berechnung mit einer 4×2 Netzteilung mit demselbem Element ergibt bereits eine<br />

sehr gute Übereinstimmung mit <strong>der</strong> Vergleichslösung. Die Lösung des nichtkonformen<br />

Elements, das nur 12 Freiwerte enthält, unterscheidet sich bei dieser Netzteilung nur<br />

geringfügig von <strong>der</strong> Lösung des höherwertigen konformen Elements.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Berechnungen sind in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Platte ausgewertet. Im (Bild 7.8)<br />

sind die Verläufe von (u 3, m 11 und m 22 ) im Längsschnitt und im (Bild 7.9) im Querschnitt<br />

dargestellt. Qualitativ stimmen sie mit den Verläufen überein, die man von den<br />

zugeordneten Biegebalken <strong>der</strong> Längs– und Querrichtung erwartet. Lediglich die Verteilung<br />

des m 11 –Moments des gelenkig gelagerten Längsbalkens im (Bild 7.8b) weicht<br />

von dieser Erwartung ab, weil sich durch den Platteneffekt <strong>der</strong> Maximalwert nicht wie<br />

beim Biegebalken in <strong>der</strong> Mitte son<strong>der</strong>n im Randbereich einstellt. Die Größenordnung<br />

<strong>der</strong> Zahlen kann man mit den Czerny–Tabellen /20/ überprüfen, die für den Son<strong>der</strong>fall<br />

ν = 0 gelten. Diese Werte sind zusätzlich in den (Bil<strong>der</strong>n 7.8 und 7.9) angegeben. In<br />

den eingespannten Längsrän<strong>der</strong>n muß sich wegen <strong>der</strong> dort geltenden kinematischen<br />

Bedingung � K 11 � 0 das Momentenverhältnis m11 = νm 22 einstellen. Ein Blick auf<br />

(Bild 7.9b und c) zeigt, daß die FE–Berechnungen diese Bedingung erfüllen.<br />

X 1


Mitte<br />

–10.2880<br />

–10.8380<br />

–10.7162<br />

–10.6837<br />

a) Durchbiegung u 3<br />

–0.6417<br />

–0.6780<br />

–0.7020<br />

b) Moment m 11<br />

–2.7073<br />

–3.0520<br />

–3.0120<br />

–2.6556<br />

c) Moment m 22<br />

u3<br />

� p 3<br />

� p 3<br />

� p 3<br />

–<br />

–<br />

m 22<br />

–<br />

m 11<br />

–8.9718<br />

–9.4745<br />

–9.2237<br />

–0.9647<br />

–1.0600<br />

–1.0305<br />

–2.3842<br />

–2.6700<br />

–2.6012<br />

Bild 7.8 : Zustandsgrößen im Längsschnitt <strong>der</strong> Plattenmitte (X 1 ,X 2 = 0), vgl. (Bild 7.7)<br />

– 7 / 16 –<br />

Bu 3 (kN/m 2 )<br />

Gelenkig<br />

gelagerter Rand<br />

Vergleichslösung<br />

2×4 12<br />

2×4 16<br />

Czerny /20/<br />

m 11 (kNm/m)<br />

m 22 (kNm/m)


Mitte<br />

–10.2880<br />

–10.8380<br />

–10.7162<br />

–10.6837<br />

Bu 3 (kN/m 2 )<br />

a) Durchbiegung u3 m11 (kNm/m)<br />

b) Moment m 11<br />

–0.6417<br />

–0.6780<br />

–0.7020<br />

–<br />

–<br />

m 22 (kNm/m)<br />

–<br />

–0.1926<br />

–0.2402<br />

–0.2581<br />

Vergleichslösung<br />

2×4 12<br />

2×6 12<br />

Czerny /20/<br />

Bild 7.9 : Zustandsgrößen im Querschnitt <strong>der</strong> Plattenmitte (X 1 = 0, X 2 ), vgl. (Bild 7.7)<br />

– 7 / 17 –<br />

Eingespannter<br />

Rand<br />

1.0757<br />

1.0200<br />

1.0140<br />

c) Moment m22 –2.7073<br />

–0.7157<br />

5.3786<br />

–3.0520<br />

–1.030<br />

5.0220<br />

–3.0120<br />

–1.026<br />

5.0710<br />

–2.6556 5.3339<br />

+<br />

+<br />

u3<br />

� p 3<br />

� p 3<br />

� p 3<br />

m 22<br />

m 11


7.5 Finite Scheibenelemente<br />

Aus <strong>der</strong> Vielzahl möglicher Scheibenelemente wird lediglich ein Rechteckelement mit<br />

vier Knoten vorgestellt. Die Konfiguration des betrachteten Elements ist (Bild 7.10) zu<br />

entnehmen. Grundlage <strong>der</strong> Elementbeschreibung ist die Differentialgleichung (3.34),<br />

die das Gleichgewicht von Scheiben durch eine Weggrößenformulierung ausdrückt.<br />

Die Ableitung <strong>der</strong> zugehörigen Arbeitsgleichung mit dem PvW ist in gleicher Weise wie<br />

beim Plattenproblem vorzunehmen, vgl. Teil 4, Abschnitt 4.6.2: Ritz–Verfahren. Als Ergebnis<br />

erhält man den Ausdruck<br />

�W � � �u �,� �DE �����u �,� dG �� �u�p � dG � 0. (7.12)<br />

Gl. (7.12) muß als Zwangsbedingungen die geometrischen Randbedingungen <strong>der</strong> Verschiebungen<br />

Gl. (3.32.1) erfüllen, <strong>der</strong>en Komponenten radial und tangential zu den Elementrän<strong>der</strong>n<br />

wirken. Die geometrischen Randbedingungen gelten auch für die virtuellen<br />

Verschiebungen. Die statischen Randbedingungen <strong>der</strong> radialen und tangentialen<br />

Randkräfte Gl. (3.32.2) unterliegen dagegen keinen Zwängen. Sie sind implizit als natürliche<br />

Bedingungen in Gl. (7.12) enthalten.<br />

7.5.1 Geometrie und Ansätze<br />

Die Geometrie des Scheibenelements (Bild 7.10) stimmt vollständig mit <strong>der</strong> Geometrie<br />

des Plattenelements (Bild 7.3) überein. In <strong>der</strong> baustatischen Beschreibung ergeben<br />

sich dagegen Unterschiede. Die Differentialgleichung des Scheibenproblems Gl. (3.34)<br />

ist von zweiter Ordnung, während mit <strong>der</strong> Plattengleichung (4.39) ein Problem von vierter<br />

Ordnung vorliegt. Deswegen treten in <strong>der</strong> zugehörigen schwachen Form des Scheibenproblems<br />

Gl. (7.12) nur erste Ableitungen auf. Ansätze zur Approximation <strong>der</strong> Verschiebungen<br />

u 1 und u 2 müssen daher nur die C°–Kontinuität erfüllen. Dies reicht<br />

bereits aus, um konforme Scheibenelemente zu erhalten, die sich stetig in die Umgebung<br />

einpassen.<br />

Faßt man die Elementrän<strong>der</strong> als Dehnstäbe auf, so kann man die Konstruktion von<br />

zulässigen Ansätzen in einfacher Weise mit den aus <strong>Statik</strong> III /12/ bekannten linea–<br />

ren Verlaufsfunktionen für Dehnstäbe durchführen. Entlang <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong> R 1 bis R 4 sind<br />

die Verlaufsfunktionen im (Bild 7.10a) dargestellt. Die analytische Darstellung ist<br />

(Bild 7.10b) zu entnehmen.<br />

– 7 / 18 –


f 12(ξ 1 ) f 21(ξ 2 )<br />

f 12(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f22 1<br />

1<br />

f 21<br />

Eckknoten<br />

A(–1,–1)<br />

Eckknoten<br />

D(–1,+1)<br />

u 1A<br />

1<br />

f11 a) Elementfläche, Dehnstabansätze <strong>der</strong> Rän<strong>der</strong>, Freiwerte<br />

f j1 � 1<br />

2 �1 � � j�<br />

f j2 � 1<br />

2 �1 � � j�<br />

b) Verlaufsfunktionen <strong>der</strong> Dehnstabansätze<br />

12<br />

u 1D<br />

R 4<br />

u 2A<br />

X2 ,ξ2 17 18 19<br />

10<br />

6<br />

1<br />

f11 u2D R3 1 (u 2) 13<br />

7 8 9<br />

c) Verlaufsfunktion <strong>der</strong> Scheibenfreiwerte im Elementverband<br />

R 1<br />

Bild 7.10 : Rechteckelement für Scheiben<br />

1<br />

f 12<br />

13<br />

ξ 2<br />

u 2B<br />

7<br />

– 7 / 19 –<br />

R2 u1B ξ1 u1C f 21<br />

1<br />

f12 j = 1 → ξ 1 –Richtung<br />

j = 2 → ξ 2 –Richtung<br />

(u 1) 13<br />

u 2C<br />

1<br />

Eckknoten<br />

B(+1,–1)<br />

14<br />

Eckknoten<br />

C(+1,+1)<br />

11<br />

f 22<br />

1<br />

f 11(ξ 1 ) f 22(ξ 2 )<br />

f 11(ξ 1 ) f 21(ξ 2 )<br />

X 1 ,ξ 1


Die Kombination <strong>der</strong> Stabansätze ergibt den Flächenansatz<br />

u� � u� �� 1 , � 2�<br />

� f 11 �� 1�f 21 �� 2�u �A � f 12 �� 1�f 21 �� 2�u �B � f 12 �� 1�f 22 �� 2�u �C � f 11 �� 1�f 22 �� 2�u �D ,<br />

– 7 / 20 –<br />

(7.13)<br />

<strong>der</strong> mit α = 1, 2 für beide Scheibenrichtungen gilt. Freiwerte des Ansatzes Gl. (7.13)<br />

sind die Stützwerte <strong>der</strong> Verschiebungen u 1 und u 2 in den Eckknoten.<br />

�u 1 ,u 2 � K , K � A, B, C und D . (7.14)<br />

Gl. (7.13) ist ein Ansatz, <strong>der</strong> im Elementgebiet bilinear und auf den Elementrän<strong>der</strong>n<br />

linear verläuft. Auf den Elementrän<strong>der</strong>n sind die radiale und tangentiale Verschiebung<br />

u r und u t stetig zu überführen. Dazu sind pro Rand und Verschiebungsrichtung jeweils<br />

zwei Freiwerte erfor<strong>der</strong>lich. Sie sind durch Gl. (7.14) eindeutig definiert, so daß mit<br />

Gl. (7.13) ein konformer Flächenansatz für Scheibenelemente vorliegt. Am Beispiel des<br />

Elementverbands 6 , 7 , 10 und 11 aus dem Scheibenbeispiel (Bild 7.2a) ist<br />

die stetige Approximation über die Elementgrenzen hinweg im (Bild 7.10c) veranschaulicht.<br />

7.5.2 Diskretisierung<br />

Das Ausschreiben von Gl. (7.12) unter Beachtung von Gl. (3.24.1) ergibt die analytische<br />

Matrizengleichung<br />

�W � � G<br />

�� G<br />

��u1,1 ,u2,2 ,u1,2 � u � 2,1 ν 1<br />

��u 1 u 2 �� p1<br />

1<br />

�<br />

0<br />

(D 0<br />

) dG<br />

0 0<br />

1 � �<br />

2<br />

u 1,1<br />

u 2,2<br />

u 1,2 + u 2,1<br />

p 2� dG � 0 . (7.15)<br />

Die Diskretisierung von Gl. (7.15) ist auch beim Scheibenelement ein rein technischer<br />

Vorgang. Dazu ist <strong>der</strong> Ansatz Gl. (7.13) in Gl. (7.15) einzusetzen und das Ergebnis in<br />

Form <strong>der</strong> diskreten Matrizengleichung (7.8) zu ordnen. Zum Aufbau von Gl. (7.8) ist <strong>der</strong><br />

Elementvektor<br />

v e � �u 1A u 2A | u 1B u 2B | u 1C u 2C | u 1D u 2D � . (7.16)<br />

einzuführen, <strong>der</strong> die unbekannten Freiwerte des Scheibenelements Gl. (7.14) in Reihenfolge<br />

<strong>der</strong> Eckknoten auflistet. Damit ist die Elementbeschreibung abgeschlossen.<br />

Die Beschreibung auf Systemebene erfolgt analog zur Vorgehensweise beim Platten–<br />

element. Weitere Ausführungen sind daher nicht erfor<strong>der</strong>lich.


7.5.3 Überprüfung <strong>der</strong> Konvergenz<br />

Das vorgestellte einfache Rechteckelement mit vier Eckknoten und jeweils zwei Verschiebungsfreiwerten<br />

in den Knoten konvergiert für Scheibenlösungen ohne Biegeanteil<br />

relativ gut. Ein solcher Fall liegt z.B. vor, wenn auf dem freien Rand X 1 = L 1 <strong>der</strong> Kragscheibe<br />

im (Bild 7.2a) Lasten in X 1 –Richtung einwirken. Verläuft die Wirkungslinie <strong>der</strong><br />

Randlasten dagegen in Richtung <strong>der</strong> X 2 –Koordinate, liegt ein Biegeproblem vor. In<br />

diesem Fall nimmt die Konvergenzgeschwindigkeit deutlich ab. Wegen des linearen<br />

Verschiebungsansatzes ist das Element nicht in <strong>der</strong> Lage, Biegeverformungen in<br />

vollständiger Form zu approximieren. Dieser Sachverhalt ist im (Bild 7.11) dargestellt.<br />

(Bild 7.11a) zeigt die Sollform <strong>der</strong> Biegung, die sich unter einer Momenteneinwirkung<br />

einstellt und (Bild 7.11b) die Approximation durch das finite Scheibenelement. Es sind<br />

keine u 2–Verschiebungen im Elementbereich aktiviert. Eine Biegung kann das Element<br />

daher nur unvollständig abbilden. In <strong>der</strong> Regel sind eine Vielzahl von Elementen vor<br />

allem in Längsrichtung <strong>der</strong> Biegung erfor<strong>der</strong>lich, um auf Systemebene brauchbare<br />

Ergebnisse zu erzielen.<br />

M<br />

a) Sollform b) Approximation<br />

Bild 7.11 : Biegeverformung bei einfachen Scheibenelementen<br />

– 7 / 21 –<br />

u 1A<br />

u 1D<br />

X 2 , u 2<br />

u 1C<br />

D C<br />

M M M<br />

A B<br />

u 1B<br />

X 1 , u 1<br />

Dies soll am Beispiel des statisch bestimmten Biegebalkens unter einer mittigen Einzellast<br />

verdeutlicht werden. Wegen <strong>der</strong> Symmetrie ist nur das halbe System zu elementieren.<br />

Die spezielle 1×5 Elementierung mit einem Element in Richtung <strong>der</strong> Balkenhöhe<br />

und fünf Elementen in Längsrichtung ist im (Bild 7.12) dargestellt.


2<br />

1<br />

X 2 , u 2<br />

Bild 7.12 : Biegebalken<br />

4<br />

– 7 / 22 –<br />

(u 1) 12 = 0<br />

1 2 3 4 5<br />

1.0<br />

3<br />

6 8<br />

10 12<br />

5 7<br />

(u2) 1 = 0<br />

1 1 1 1 1<br />

s/2 = 10/2 = 5 m<br />

9<br />

11<br />

F/2 = 1000/2 = 500 kN<br />

X 1 , u 1<br />

(u 1) 11 = 0<br />

E � 2.110 7 kN�m 2<br />

� � 0.2<br />

0.50<br />

Neben <strong>der</strong> 1×5 Elementierung kommen noch die Elementierungen 2×10 und 4×20<br />

zur Anwendung, um die Konvergenz <strong>der</strong> Mittendurchbiegung des Biegebalkens abzuschätzen.<br />

Die Scheibenelemente enthalten den Einfluß <strong>der</strong> Querkraftverformungen.<br />

Bei <strong>der</strong> analytischen Vergleichslösung des Biegebalkens ist dieser Einfluß daher zusätzlich<br />

zu berücksichtigen<br />

w A � 1<br />

48<br />

Fs 3<br />

EI<br />

� 1<br />

4<br />

Fs<br />

GA Q<br />

.<br />

Der Schubmodul ist durch G �<br />

E<br />

2(1 � �) und die Schubfläche durch AQ kannt. Die Zahlenberechnung ergibt den Vergleichswert<br />

w A � (2.38 � 0.07)10 �2 m � 2.45 cm .<br />

�<br />

5<br />

A be-<br />

6<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> FE–Berechnungen sind (Tabelle 7.1) zu entnehmen. Angegeben<br />

ist jeweils <strong>der</strong> Mittelwert<br />

w FEM � �� ��<br />

��<br />

�<br />

�<br />

�u � 2 � �u �<br />

12 2 11<br />

2<br />

<strong>der</strong> vertikalen Scheibenverschiebungen in Balkenmitte und <strong>der</strong> Fehler<br />

f � w A � w FEM<br />

w A<br />

in Bezug auf den analytisch ermittelten Vergleichswert.


Typ<br />

Weggrößen–<br />

Element<br />

Netz<br />

Gemischt–hybrides<br />

Element /13/<br />

1×5 2×10 4×20<br />

w FEM (cm) f (%) w FEM (cm) f (%) w FEM (cm) f (%)<br />

1.67<br />

2.41<br />

31.8<br />

1.6<br />

Tabelle 7.1 : Ergebnisse <strong>der</strong> Konvergenzuntersuchung für Scheibenelemente<br />

– 7 / 23 –<br />

2.18<br />

2.43<br />

11.0<br />

0.8<br />

2.37<br />

2.45<br />

Das Weggrößenelement konvergiert wie erwartet sehr langsam. Der Defekt in <strong>der</strong><br />

Biegeapproximation wirkt sich beson<strong>der</strong>s bei wenigen Elementen sehr stark aus. Das<br />

zusätzlich in den Vergleich einbezogene gemischt–hybride Scheibenelement, das auf<br />

Systemebene die gleiche Konfiguration wie das Weggrößenelement aufweist, nämlich<br />

vier Eckknoten mit jeweils zwei Verschiebungsfreiwerten, konvergiert dagegen deutlich<br />

schneller, weil die gemischt–hybride Formulierung in <strong>der</strong> Lage ist, den Defekt in <strong>der</strong> Biegeapproximation<br />

auf Elementebene durch den Ansatz von unabhängigen Kraftgrößen<br />

zu beheben. Eine detailierte Beschreibung von gemischt–hybriden Elementen wird in<br />

/13/ vorgestellt.<br />

7.5.4 Anwendungsbeispiel<br />

Wandscheiben aus Stahlbeton sind ein vielfach verwendetes Konstruktionselement im<br />

Ingenieurhochbau. Ein wichtiger Konstruktionsparameter, <strong>der</strong> das Tragverhalten stark<br />

beeinflußt, ist die Wandhöhe. Im Rahmen einer Fallstudie soll dieser Einfluß untersucht<br />

werden.<br />

Das statische System im (Bild 7.13) weist daher bei fester Spannweite L = 10. m eine<br />

variable Wandhöhe H i auf. Die FE–Berechnung erfolgt mit i = 1, 2, 3 speziellen Wandhöhen,<br />

die drei charakteristische Tragwerke darstellen:<br />

1. H 1 = 2.50 m → Biegebalken.<br />

2. H 2 = 10.00 m → Quadratscheibe.<br />

3. H 3 = 15.00 m → Rechteckscheibe.<br />

Die Genauigkeit des in Abschnitt 7.5.1 vorgestellten Weggrößenelements ist vor allem<br />

bei Biegeproblemen gering, vgl. (Tabelle 7.1). Die Berechnungen werden daher mit dem<br />

FE–Programm GEMAS /13/ durchgeführt, um die erhöhte Genauigkeit von gemischt–<br />

hybriden Scheibenelementen bei Anwendungen auf Biegeproblemen zu nutzen.<br />

3.3<br />

0.


X 2 , u 2<br />

E � 310 7 kN�m 2<br />

� � 0.2<br />

5. 5.<br />

L = 10. m<br />

F = 1000 kN<br />

Bild 7.13 : Statisches System einer Wandscheibe mit variabler Höhe<br />

– 7 / 24 –<br />

X 1 , u 1<br />

t = 0.40 m<br />

Die Elementierung mit variabler Wandhöhe beruht auf quadratischen Elementen mit<br />

fester Seitenlänge, die immer 0.5 m beträgt. Sie erfolgt wegen <strong>der</strong> unsymmetrischen<br />

Lagerung jeweils für das ganze System. Für die einzelnen Systeme ergeben sich unterschiedliche<br />

Längen × Höhen–Netzteilungen: Beim Biegebalken beträgt sie 20×5 , bei<br />

<strong>der</strong> Quadratscheibe 20×20 und bei <strong>der</strong> Rechteckscheibe 20×30. Die Einzellast wird<br />

anteilig auf drei benachbarte Knoten verteilt, die jeweils eine Elementlänge auseinan<strong>der</strong><br />

liegen.<br />

Die Ergebnisauswertung ist in den (Bil<strong>der</strong>n 7.14, 7.15 und 7.16) dargestellt. Den<br />

Lastabtrag in Scheiben kann man sehr gut aus dem Verlauf <strong>der</strong> Hauptkräfte erkennen.<br />

Sie sind als Druck– und Zugtrajektorien veranschaulicht. Zusätzlich sind die Verläufe<br />

<strong>der</strong> Längskräfte n 11 und n 22 im Vertikalschnitt in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Scheibe ausgewertet.<br />

Dies geschieht bei gemischt–hybriden Formulierungen in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Elemente. Die<br />

Schnitte beginnen daher in <strong>der</strong> Mitte des unteren Elements und enden in <strong>der</strong> Mitte des<br />

oberen Elements.<br />

Beim Biegebalken (Bild 7.14) ist die Ausbildung <strong>der</strong> Trajektorien in Druck– und Zug–<br />

bögen sehr gut zu erkennen (Bild 7.14a). Lediglich im Bereich <strong>der</strong> Lasteinleitung und<br />

<strong>der</strong> Auflager treten Störungen auf. Bei 2.50 m Balkenhöhe und 10.0 m Spannweite<br />

gilt L/H = 4. Die Voraussetzung <strong>der</strong> Bernoulli–Hypothese vom Ebenbleiben <strong>der</strong> Querschnitte<br />

ist erfüllt. Die Längskraft n 11 im (Bild 7.14b) ist daher geradlinig im Querschnitt<br />

verteilt. Die geringfügige Abweichung im oberen Bereich resultiert aus <strong>der</strong> Lastein–<br />

leitung. Eine Abschätzung <strong>der</strong> Größenordnung von n 11 ist in einfacher Weise möglich.<br />

Das Balkenmoment in <strong>der</strong> Mitte berechnet sich unter Betrachtung <strong>der</strong> Lastverteilung zu<br />

M = 500⋅5 – 250⋅0.5 = 2375. kNm. Das Trägheitsmoment <strong>der</strong> Querschnittshöhe beträgt<br />

H i


I = 2.5 3 /12 = 1.3 m 3 . Der betrachtete Punkt am unteren Rand liegt in Z = 2.50/2 – 0.25<br />

= 1.0 m Entfernung von <strong>der</strong> Stabachse. Die Auswertung n 11 = (M/I)⋅Z ergibt den Wert<br />

n 11 = (2375/1.3)⋅1 = 1824. kN/m, <strong>der</strong> mit den Zahlenangaben im (Bild 7.14b) übereinstimmt.<br />

a) Trajektorien<br />

2.10+03<br />

1.40+03<br />

7.00+02<br />

0.<br />

–7.00+02<br />

–1.40+03<br />

–2.10+03<br />

Bild 7.14 : Biegebalken<br />

0. 4.00–01 8.00–01 1.20+00 1.60+00 2.00+00 2.40+00<br />

b) Verteilung <strong>der</strong> Längskräfte in <strong>der</strong> Mitte<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> Trajektorien <strong>der</strong> Quadratscheibe (Bild 7.15) kann man sehr gut das statische<br />

System eines Dreiblocks erkennen (Bild 7.15a). Die Druckstreben verlaufen von<br />

<strong>der</strong> Last zum linken und rechten Auflager, während sich das Zugband zwischen den<br />

Auflagern parallel zum unteren Rand ausbildet. Bei 10.0 m Scheibenhöhe und 10.0 m<br />

Spannweite gilt L/H = 1. Für diese Abmessungen trifft die Bernoulli–Hypothese nicht<br />

mehr zu. Die Balkenlösung erfüllt zwar noch das Gleichgewicht, verletzt aber die<br />

Verträglichkeit <strong>der</strong> Scheibe. Der Verlauf <strong>der</strong> Längskraft n 11 im vertikalen Mittenschnitt<br />

(Bild 7.15b) weicht daher stark von <strong>der</strong> geradlinigen Verteilung <strong>der</strong> Balkentheorie ab.<br />

– 7 / 25 –<br />

n 11<br />

n 22


a) Trajektorien<br />

2.50+02<br />

0.<br />

–2.50+02<br />

–5.00+02<br />

–7.50+02<br />

–1.00+03<br />

–1.25+03<br />

Bild 7.15 : Quadratscheibe<br />

0. 2.00+00 4.00+00 6.00+00 8.00+00 1.00+01 1.20+01<br />

b) Verteilung <strong>der</strong> Längskräfte in <strong>der</strong> Mitte<br />

– 7 / 26 –<br />

n 11<br />

n 22


Bei <strong>der</strong> 15.0 m hohen Rechteckscheibe (Bild 7.16) gilt das Verhältnis L/H = 0.666.<br />

Der Verlauf <strong>der</strong> Trajektorien ist im (Bild 7.16a) und die Verteilung <strong>der</strong> Längskräfte im<br />

(Bild 7.16b) dargestellt. Im direkten Vergleich zur Quadratscheibe sind nur geringfügige<br />

Än<strong>der</strong>ungen zu erkennen.<br />

Bei <strong>der</strong> Quadrat– und Rechteckscheibe gelingt es nicht mehr, in einer ersten<br />

Näherung mit Hilfe <strong>der</strong> Balkentheorie die Größenordnung <strong>der</strong> Gleichgewichtskraft n 11<br />

abzuschätzen. Am oberen und unteren Rand erhält man aus n 11 = (M/I)⋅Z bei <strong>der</strong><br />

Quadratscheibe den Wert n 11 = �1350 kN/m und bei <strong>der</strong> Rechteckscheibe den Wert<br />

n 11 = �61. kN/m. Ein Vergleich mit den (Bil<strong>der</strong>n 7.15b und 7.16b) zeigt, daß die Kräfte,<br />

die sich aus <strong>der</strong> Scheibenberechnung ergeben, deutlich größer ausfallen. Sie erreichen<br />

am oberen Rand jeweils den Wert n 11 � –500. kN/m (Druck) und am unteren Rand jeweils<br />

den Wert n 11 � 200. kN/m (Zug). Eine Bemessung des Zugbereichs auf <strong>der</strong><br />

Grundlage <strong>der</strong> Balkentheorie muß daher zu einer unkontrollierten Rißbildung führen,<br />

die ggf. die Gebrauchstauglichkeit <strong>der</strong> Scheiben einschränken kann.<br />

– 7 / 27 –


a) Trajektorien<br />

2.50+02<br />

0.<br />

–2.50+02<br />

–5.00+02<br />

–7.50+02<br />

–1.00+03<br />

–1.25+03<br />

0. 2.50+00 5.00+00 7.50+00 1.00+01 1.25+01 1.50+01<br />

b) Verteilung <strong>der</strong> Längskräfte in <strong>der</strong> Mitte<br />

Bild 7.16 : Rechteckscheibe<br />

n 11<br />

n 22<br />

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