s'Positive Magazin 03.2017
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DOMINIQUE AEGERTER<br />
Von der<br />
Zwangsjacke<br />
befreit?<br />
Die Frage stellten sich nicht nur die<br />
Motorsport-Fans im Oberaargau:<br />
In welcher Verfassung ist Dominique<br />
Aegerter (26)? Die Antwort: Besser<br />
als es das Resultat (11.) beim Saisonstart<br />
vermuten liesse.<br />
TEXT: KLAUS ZAUGG, KATAR<br />
Dominique Aegerter steht vor einem<br />
Neubeginn. Erstmals in<br />
seiner GP-Karriere wird er nicht<br />
mehr von Olivier Métraux unterstützt.<br />
Er hat seinen Förderer<br />
im letzten Spätsommer im Krach verlassen<br />
und weiss, dass der Weg zurück nicht mehr<br />
möglich ist.<br />
Aber der Rohrbacher ist so gut, dass er<br />
eine neue Chance bekommen hat. Er fährt<br />
nun im Team der Gebrüder Jochen und Stefan<br />
Kiefer und ist aus der Zwangsjacke der<br />
Zweckgemeinschaft mit Tom Lüthi (30) nach<br />
zwei verlorenen Jahren befreit. Die Nähe<br />
seines einstigen Vorbildes hatte den charismatischen<br />
Rock ’n’ Roller gelähmt. Nach zwei<br />
5. WM-Schlussrängen stürzte er in der zweitwichtigsten<br />
Töff-WM an der Seite von Tom<br />
Lüthi auf die 17. (2015) und 12. Position<br />
(2016) ab. Zusätzlich bremsten ihn 2015<br />
schwere Stürze, und 2016 kam es schliesslich<br />
zum Eklat – das Team setzte ihn vier Rennen<br />
vor Schluss vor die Türe.<br />
Der Rennsport ist der Sport der Ausreden.<br />
Selbst in der Moto2-WM mit Einheitsmotoren<br />
und Einheitsreifen. Kein Fahrer gibt in<br />
dieser «Macht-Welt» zu, dass ihn «weiche»<br />
Faktoren wie Selbstvertrauen oder Angst<br />
bremsen. Auch Dominique Aegerter ist ein<br />
spektakuläres Beispiel dafür, wie sehr Rennsport<br />
im Kopf entschieden wird. Die vordergründigen<br />
Schwierigkeiten<br />
mit der Abstimmung der Maschine,<br />
die tatsächlich entscheidend<br />
sind und ihm in<br />
den letzten zwei Jahren so zu<br />
schaffen machten, hatten ihre<br />
Ursachen letztlich im fehlenden<br />
Selbstvertrauen. Im<br />
«Lüthi-Komplex». Vieles, was<br />
wir von aussen ehrfürchtig als High-Tech<br />
wahrnehmen, ist oft nichts anderes als «Voodoo».<br />
Wenn ein Fahrer im Training an die<br />
Box zurückkehrt und sagt, dies und das funktioniere<br />
nicht, er könne deshalb nicht schneller<br />
sein, verändern die Techniker manchmal<br />
«Ich fühle mich in meinem neuen<br />
Team sehr wohl. Die Suter hat<br />
grosses Potenzial.»<br />
gar nichts, sagen dem Fahrer aber, dies und<br />
das sei nun justiert – und auf einmal gelingen<br />
schnelle Rundenzeiten.<br />
Dominique Aegerter hat nun keine Ausreden<br />
mehr. Bei den Gebrüdern Kiefer ist die<br />
Teamsprache Deutsch (und nicht mehr, wie<br />
vorher, französisch oder englisch). Er hat<br />
keinen Teamkollegen, den er als übermächtig<br />
empfindet und er darf nach zwei Jahren<br />
auf Kalex wieder eine Suter fahren. Die Maschine,<br />
auf der er 2014 auf dem Sachsenring<br />
triumphierte. Gelingen ihm jetzt nicht regelmässige<br />
Klassierungen in den Top Ten, dann<br />
ist seine Karriere in grösster Gefahr.<br />
Foto: Carxpert-Racing.com<br />
28 s’Positive 3 / 2017