s'Positive Magazin 03.2017
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DOMINIQUE AEGERTER<br />
der Suche nach dem Limit bereits sieben Mal<br />
abgesattelt – sechsmal während der Tests<br />
und im ersten freien Training in Katar.<br />
Aber sind nicht die Resultate immer die<br />
letzte Wahrheit im Sport? Eigentlich ja. Aber<br />
es gibt eine Ausnahme von diesem ehernen<br />
Gesetz des Spitzensports. Katar 2017 ist diese<br />
Ausnahme. Die Klassierung von Dominique<br />
Aegerter ist mehr wert, als es der 11.<br />
Platz vermuten liesse.<br />
Vor einem Jahr hatte er hier beim Saisonstart<br />
Platz 5 geholt. In einem Rennen, in<br />
dem es drunter und drüber ging und mehrere<br />
Favoriten wegen Frühstarts weit zurückgeworfen<br />
wurden – der späterere Weltmeister<br />
Johann Zarco sogar auf Rang 12.<br />
Dominique Aegerter sagt: «Ich hatte auf<br />
Platz 5 vor einem Jahr fast so viel Rückstand<br />
auf den Sieger wie jetzt auf Rang 11.» Tatsächlich<br />
betrug letztes Jahr die Differenz<br />
zum Sieger 16,064 Sekunden. Jetzt sind es<br />
17,802. Und seinen neuen Teamkollegen<br />
Der 11. Platz am GP Katar reiht sich in die vergangegen Ränge zum Saisonstart ein.<br />
Dany Kent (13.) hat er im Rennen hinter sich<br />
gelassen. Er wird so oder so kein «Störfaktor»<br />
wie Tom Lüthi sein.<br />
Was sind nun also die Wahrheiten aus<br />
dem Saisonauftakt? Tom Lüthi (2. in Katar)<br />
ist Titelanwärter, Dominique Aegerter wird<br />
noch um Podestplätze fahren – und könnte<br />
in der zweiten Saisonhälfte zum Spielverderber,<br />
zum Zünglein an der Waage im Titelkampf<br />
werden. Wir dürfen uns auf allerbeste<br />
Unterhaltung, ja auf die dramatischste<br />
Saison seit dem Einstieg von Dominique<br />
Aegerter in den GP-Zirkus (Herbst 2006)<br />
freuen.<br />
ZUSATZINFOS<br />
Erweist sich der «Rausschmiss» als Glücksfall?<br />
Die Gefahr, dass das Team von<br />
Tom Lüthi und Jesko Raffin<br />
seinen wichtigsten Geldgeber<br />
aus politischen Gründen verlieren<br />
könnte, ist beunruhigend<br />
gross. So gesehen könnte<br />
sich der Rausschmiss aus diesem<br />
Team für Aegerter noch<br />
als Glücksfall erweisen.<br />
In Katar war helvetische Politik<br />
ein heisses Gesprächsthema.<br />
Das kommt so: Internet-<br />
Wetten sind «Big Business».<br />
Alleine die Firma Interwetten<br />
mit Sitz in Wien setzt im Jahr<br />
rund eine Milliarde um. Fast<br />
200 Millionen davon in der<br />
Schweiz. Interwetten ist seit<br />
2006 der wichtigste Sponsor<br />
von Tom Lüthi und auch des<br />
Teams, in dem der Weltmeister<br />
von 2005 (125 ccm) zusammen<br />
mit der grossen Nachwuchshoffnung<br />
Jesko Raffin<br />
(21) heute fährt. Die Zusammenarbeit<br />
ist langfristig ausgelegt.<br />
Es gibt bereits eine mit<br />
Interwetten abgestimmte, auf<br />
drei Jahre ausgelegte Strategie<br />
mit dem Endziel einer Schweizer<br />
Präsenz in allen drei Kategorien<br />
(MotoGP, Moto2, Moto3)<br />
in der Saison 2019. Tom Lüthi<br />
mit KTM in der Königsklasse<br />
MotoGP, Jesko Raffin in der<br />
Moto2-WM und Jason DuPasquier<br />
(jetzt in der Moto3-Junioren-WM)<br />
in der Moto3-WM.<br />
Aber diese Pläne sind Makulatur,<br />
wenn sich die Politik<br />
Tom Lüthi, Jesko Raffin, Dominique Aegerter.<br />
durchsetzt. Eine Gesetzesvorlage<br />
für das generelle Verbot<br />
von ausländischen Internetwetten<br />
in der Schweiz zum<br />
Schutze der Schweizerischen<br />
Lotteriegesellschaft von Swisslos<br />
hat bereits den Nationalrat<br />
passiert und wird auch im<br />
Ständerat keine Probleme haben.<br />
Ist das Gesetz in Kraft, wird es<br />
nicht mehr möglich sein, auf<br />
einem Computer in der<br />
Schweiz auf ausländischen<br />
Websites zu wetten. Für Interwetten<br />
gibt es dann keinen<br />
Grund mehr, fast eine Million<br />
in das Team von Tom Lüthi<br />
und in das persönliche Sponsoring<br />
des Fahrers zu investieren.<br />
Lüthis Manager Daniel<br />
Epp sagt: «Es wäre sehr<br />
schwierig einen Sponsor zu<br />
finden, der im gleichen Umfang<br />
wie Interwetten einsteigt.»<br />
Die alles entscheidende Frage<br />
ist nun, wann das neue Gesetz<br />
in Kraft tritt. «Das ist noch<br />
nicht ganz klar» sagt Epp. «Es<br />
ist möglich, dass die Ausarbeitung<br />
so lange dauert, dass das<br />
Gesetz erst ab 2020 greift.<br />
Aber es ist auch nicht ausgeschlossen,<br />
dass es schon ab<br />
dem 1. Januar 2018 in Kraft<br />
tritt.» Das wäre bereits das<br />
Aus für nächste Saison. «Selbst<br />
wenn das Gesetz erst ab 2020<br />
umgesetzt wird, ist die Rechtsunsicherheit<br />
bis dahin so<br />
gross, dass es schon vorher zu<br />
einem Ausstieg von Interwetten<br />
kommen könnte.»<br />
Daniel Epp ist nun daran, an<br />
einem Plan B zu arbeiten. Was<br />
ist vorzukehren, wenn Interwetten<br />
bereits Ende Saison<br />
aussteigt? Was ist zu tun, um<br />
Tom Lüthis Moto2-Karriere<br />
weiterhin finanzieren zu können?<br />
Steigt Interwetten aus,<br />
dann muss Epp über eine halbe<br />
Million auftreiben. Und das<br />
ist nur möglich, wenn er jetzt<br />
schon erste Kontakte knüpft.<br />
Aber Interwetten wird erst im<br />
Herbst entscheiden, ob der<br />
Vertrag um eine weitere Saison<br />
verlängert wird. Zu diesem<br />
Zeitpunkt sind die wichtigsten<br />
Sponsoring-Deals für 2018<br />
längst unter Dach und Fach.<br />
Dominique Aegerter ist im<br />
Team von Stefan und Jochen<br />
Kiefer von dieser Problematik<br />
nicht betroffen.<br />
Der wichtigste Sponsor dieses<br />
Rennstalls aus Deutschland ist<br />
der Recycling-Spezialist Air-<br />
Grinder mit Sitz in Schweden<br />
und in der Schweiz. Auch Dominique<br />
Aegerters persönliche<br />
Werbepartner (über die er den<br />
grössten Teil seines Einkommens<br />
erzielt) müssen sich<br />
nicht um Politik kümmern.<br />
Schliesslich kommen sie nicht<br />
aus dem Bereich der Internetwetten.<br />
32 s’Positive 3 / 2017