s'Positive Magazin 03.2017
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PIUS SCHWIZER<br />
brauchte ich mehr Platz und Armin Übelhard<br />
hat mir angeboten, auf seinen Hof an der Klus<br />
zu kommen. Ein Glücksfall für mich. Wir verstehen<br />
uns sehr gut, ein Wort ist ein Wort und<br />
wir mussten nicht einmal Verträge machen.<br />
Sie bestreiten Turniere in Asien, in Nordamerika,<br />
in Europa – wie sieht der Alltag<br />
eines Spitzenreiters aus?<br />
Das Training und der Alltag mit den Tieren<br />
bedeuten sehr viel Arbeit. Wir haben hier<br />
70 Pferde, darunter etwa 20 Hochleistungspferde,<br />
die von 15 Leuten betreut werden.<br />
Die Anforderungen an unser Team sind hoch,<br />
denn bei so viel Tieren ist an sieben Tagen<br />
in der Woche und während 24 Stunden pro<br />
Tag ständig etwas los. Pferde lassen sich<br />
nicht einfach für ein paar Tage zur Seite stellen<br />
wie ein Auto. Nach einem solchen Arbeitstag<br />
brauche ich kein zusätzliches Fitnesstraining<br />
mehr.<br />
Sie reiten Spitzenpferde. Die kosten über<br />
eine Million.<br />
Die Spitzenpferde gehören nicht alle mir.<br />
Einige gehören Sponsoren, bei anderen bin<br />
ich Mitbesitzer. Das bedeutet allerdings<br />
auch, dass ich nicht alleine entscheiden<br />
kann, ob ein Pferd verkauft wird oder nicht.<br />
Gehört das Pferd einem Sponsor, entscheidet<br />
er sogar allein über den Verkauf. Es ist eine<br />
Kunst, den richtigen Augenblick zum Verkauf<br />
zu erkennen. An einem Tag kann ein<br />
Pferd nach einer Spitzenleistung mehr als<br />
eine Million bringen – und am nächsten Tag<br />
kann es sich verletzen und hat keinen Wert<br />
mehr oder es bringt seine Leistungen nicht<br />
mehr und stagniert. Als Sportler möchte man<br />
ein Spitzenpferd natürlich behalten, als Geschäftsmann<br />
hingegen etwas verdienen und<br />
drängt auf einen Verkauf.<br />
Aber das beinhaltet das Risiko, dass ein<br />
Pferd im für Sie wahrsten Sinne des Wortes<br />
dümmsten Moment verkauft wird. Ist<br />
dies aus sportlicher Sicht nicht eine grosse<br />
Gefahr?<br />
Dies ist schon geschehen. Einmal wurde mir<br />
ein Pferd, mit dem ich an der Olympiade Medaillenchancen<br />
gehabt hätte, quasi unter dem<br />
Hintern weg verkauft. Das Pferd war dann<br />
nicht an Olympia, weder mit mir noch mit<br />
dem neuen Reiter. Der Sponsor bekam<br />
Schwierigkeiten mit seinem Kunsthandel und<br />
musste deshalb verkaufen. Doch alles lief<br />
korrekt und anständig ab. Aber ich verlor da-<br />
«Noch vor 20 Jahren konnte man<br />
mit Talent sehr weit kommen.<br />
Heute ist der Erfolg nur noch mit<br />
konsequenter Arbeit möglich.»<br />
Pius Schwizer<br />
mit Nobless M an<br />
den Olympischen<br />
Spielen 2008.<br />
durch nicht nur dieses eine Pferd, sondern<br />
noch vier weitere. Plötzlich stand ich fast<br />
ohne Spitzenpferde da. Der Reiter ist immer<br />
nur so gut wie seine Pferde. Bin ich bei einem<br />
Pferd Mitbesitzer, habe bei einem Verkauf<br />
auch ich selbst ein Wort mitzureden.<br />
Können Sie diese Pferde versichern?<br />
Nein, es ist nicht möglich, diese Risiken zu<br />
versichern – oder wenn,<br />
dann zu horrenden Prämien.<br />
Ich kaufe Pferde,<br />
bevor sie Spitzentiere<br />
sind, beispielsweise für<br />
12 000 Franken, und<br />
bilde sie aus. Wenn<br />
dann etwas passiert,<br />
hält sich der Schaden in<br />
Grenzen.<br />
Erlauben Sie uns als Pferdelaien eine ganz<br />
banale Frage: Kann ein Beinbruch bei einem<br />
Pferd heilen?<br />
Nein, ein Beinbruch bedeutet in den meisten<br />
Fällen das Ende des Pferdelebens, weil es das<br />
verletzte Bein nicht entlasten kann. Es ist<br />
schon alles versucht worden, beispielsweise,<br />
das behandelte Pferd mit Hilfe von Gurten<br />
und einem Flaschenzug so aufuzuhängen,<br />
dass der Bodenkontakt vermindert oder zum<br />
Teil auch gänzlich verhindert wird. Doch das<br />
ist eine Quälerei und führt bloss zu Verletzungen<br />
durch Aufscheuern der Haut.<br />
Sie bilden junge Pferde aus, die Sie später<br />
verkaufen – im Fussball oder im Eishockey<br />
wären Sie ein Ausbildungsklub.<br />
Ein guter Vergleich. Ich bilde nicht nur eigene<br />
Pferde aus, die mir gehören. Besitzer<br />
Fotos: wikimedia.org/Craig Maccubbi<br />
6 s’Positive 3 / 2017