Vom Umgang mit einer veränderlichen Natur - Stiftung Natur und ...
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der neuen Arten oder deren Beseitigung bzw. Zurückdrängen.<br />
Zum anderen ist zu beachten, dass der Mensch inzwischen<br />
sehr umfassend die ihn umgebende Landschaft<br />
zur Kulturlandschaft verwandelt hat. Zumindest für viele<br />
europäische Staaten <strong>mit</strong> hoher Bevölkerungsdichte gilt,<br />
dass es kaum noch unberührte Flächen gibt, teilweise<br />
gehen diese Änderungen in der Fauna <strong>und</strong> Flora aber<br />
bis in die Antike zurück. In <strong>einer</strong> Zeit des Erkennens <strong>und</strong><br />
Erforschens nicht-linearer Zusammenhänge erkennt der<br />
Mensch, dass auch kleine Änderungen ökosystemare<br />
Abläufe ins Wanken bringen. »Ozonloch« <strong>und</strong> »Klimawandel«<br />
sind solche Artefakte dieser neuen Welt- <strong>und</strong> <strong>Natur</strong>sicht.<br />
Wir wissen, dass <strong>Natur</strong> sich verändert <strong>und</strong> manche<br />
Schutzgebiete wären ohne menschlichen Schutz im Rahmen<br />
der Sukzession längst von Brombeeren überwuchert<br />
oder Borkenkäferkolonien <strong>und</strong> Engerlingen zum Opfer<br />
geworden.<br />
Moderner <strong>Natur</strong>schutz bedarf insoweit der gesellschaftlichen<br />
Diskussion über seine Ziele <strong>und</strong> die Definition, was<br />
der Mensch als erhaltens- <strong>und</strong> schützenswert ansieht.<br />
Dazu werden Informationen über ehemalige Zustände zur<br />
Biodiversität <strong>und</strong> Flora <strong>und</strong> Fauna ebenso benötigt, wie<br />
eine Konvention über das menschlich erwünschte Veränderte.<br />
Die Rückkehr <strong>und</strong> Aussiedelung von Luchsen, Wölfen<br />
<strong>und</strong> Bären sind Ausdruck dieser Debatte, die längst<br />
nicht beendet ist <strong>und</strong> einen Diskurs von Fachleuten <strong>und</strong><br />
Bevölkerung als Nutzer der Lebensareale bedingt. Auch<br />
die Flora-Fauna-Habitat Richtlinie tangiert diese Diskussion<br />
über den <strong>Natur</strong>schutz in Deutschland. Diese Auffassung<br />
mündet in einem anthropozentrischen Bild des<br />
<strong>Natur</strong>schutzes. Der <strong>Natur</strong>schutz <strong>und</strong> seine Verbände fungieren<br />
hier als gleichberechtigter Diskursteilnehmer im<br />
Experten- <strong>und</strong> Laiendiskurs, nicht aber als »Setzer« der<br />
Konventionen bzw. als Gralshüter der eigenen Wertvor -<br />
stellungen.<br />
Dieser Diskursansatz eröffnet aber gerade bildungsre -<br />
levante Bezüge des <strong>Natur</strong>schutzes. Die Einbeziehung der<br />
Bevölkerung bedeutet konkret auch Bildungsarbeit an<br />
Schulen zu Projekten des <strong>Natur</strong>schutzes, Aufklärung <strong>und</strong><br />
Information über die kommunalen <strong>und</strong> regionalen ökolo -<br />
gischen Entwicklungen <strong>und</strong> die Auseinandersetzung<br />
<strong>mit</strong> Politik <strong>und</strong> Wirtschaft über die Integration von <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen,<br />
wo durch deren Maßnahmen Pflanzen<br />
<strong>und</strong> Tiere bedroht sind. Zentrale <strong>und</strong> einander bedingende<br />
Begriffe dieses anthropozentrischen Verständnisses von<br />
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<strong>Natur</strong>schutz sind Biodiversität, Nachhaltigkeit <strong>und</strong><br />
Umweltverträglichkeit.<br />
2.3 Imageaspekte des <strong>Natur</strong>schutzes | Die Bereitschaft<br />
zum individuellen Engagement für den <strong>Natur</strong>schutz<br />
wird – so eine unserer zentralen Annahmen – maßgeblich<br />
von seinem öffentlichen Image abhängen. Drei Aspekte<br />
sehen wir diesbezüglich als relevant an.<br />
2.3.1 Pyrrhus Siege | Der <strong>Natur</strong>schutz war in seinem<br />
formalen biozentrischen Verständnis durchaus erfolgreich<br />
bezüglich s<strong>einer</strong> Etablierung im Rechtssystem <strong>und</strong> dem<br />
Aufbau guter Lobbyarbeit. Dies ist aber nur ein Teil s<strong>einer</strong><br />
gesellschaftlichen Legitimation.<br />
Die Vernachlässigung der Bildungskomponente lässt<br />
ihn heute mehr denn je als ein funktionales, administra -<br />
tives Gebilde erscheinen, dessen individuelle Akteure <strong>mit</strong><br />
ihrem Engagement vor Ort weitaus weniger bedeutsam<br />
erscheinen als der amtliche <strong>Natur</strong>schutz. Auch der zwi -<br />
schenzeitliche Aufschwung <strong>mit</strong> der Neugründung erfolgreicher<br />
Umweltorganisation wie BUND <strong>und</strong> BBU dürfen<br />
nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch sie in einen verbandlichen<br />
<strong>und</strong> organisierten <strong>Natur</strong>schutz mündeten <strong>und</strong><br />
ihn drüber hinaus im politischen System noch weiter etablierten<br />
<strong>und</strong> (ver)stärkten, namentlich durch die Partei der<br />
GRÜNEN, insgesamt aber auch durch die Übernahme<br />
s<strong>einer</strong> Ziele in fast alle Parteiprogramme.<br />
Dies sind unseres Erachtens Pyrrhussiege für den Na -<br />
turschutz, weil er <strong>einer</strong>seits als Alibifunktion angesehen<br />
werden kann <strong>und</strong> die »großen« Schlachten in Zielkonflikten<br />
<strong>mit</strong> Ökonomie <strong>und</strong> Landwirtschaft verloren gingen,<br />
vor allem aber weil er die Wahrnehmung vom <strong>Natur</strong>schutz<br />
als kollektives Gut verstärkte. Je höher diese Wahrnehmung<br />
ist, dass sich feste Strukturen um den <strong>Natur</strong>schutz<br />
»kümmern« <strong>und</strong> Verbände darüber wachen <strong>und</strong> sich einsetzen,<br />
umso geringer ist das individuelle Engagement für<br />
den <strong>Natur</strong>schutz.<br />
2.3.2 Mephisto Syndrom | Zugleich gilt, dass der<br />
amtliche <strong>Natur</strong>schutz wie auch der ehrenamtliche »Ableger«<br />
seines Engagements <strong>mit</strong> einem Fokus auf einem<br />
eher biozentrischen <strong>und</strong> formalen <strong>Natur</strong>schutz sich der<br />
Beteiligung der Bevölkerung weitgehend entziehen <strong>und</strong><br />
menschliche Eingriffe in die <strong>Natur</strong> generell ablehnen. Es<br />
sind die Geister, die stets verneinen, was aus anderen<br />
Perspektiven <strong>und</strong> Rationalitäten durchaus sinnhaft <strong>und</strong><br />
statthaft erscheint. Landschaften sind beständig Gegenstand<br />
von Überplanungen für menschliche Bedürfnisse,