Vom Umgang mit einer veränderlichen Natur - Stiftung Natur und ...
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Gilt die These, dass wir schützen was wir kennen, liegt<br />
es im wahrsten Sinn des Wortes nahe, möglichst viel an<br />
<strong>Natur</strong> zum gegenwärtigen Zeitpunkt ihrer Existenz zu ver<strong>mit</strong>teln.<br />
Weniger die Vergangenheitsbezüge, wie es früher<br />
einmal war, als vielmehr der gegenwärtige Zustand dieser<br />
Gebiete sollte Ausgangspunkt für Erfahrungen <strong>mit</strong> Fauna<br />
<strong>und</strong> Flora sein.<br />
Hinzu kommt die Möglichkeit, innerhalb der Wohnbebauungen<br />
ökologische Kleinreviere als Lebensräume für<br />
Tiere <strong>und</strong> Pflanzen zu bieten: Bienenbretter für Solitär -<br />
bienen, Vogelhäuschen, Kleinteiche für Amphibien, Ruheplätze<br />
für Fledermäuse, Wildwiesen, reduzierte Mäh -<br />
intervalle, Feldgehölze, standorttypische Bepflanzung,<br />
Steinmauern u.v.a. sind Möglichkeiten der konkreten Ausgestaltung<br />
im Wohnumfeld, die auch als Projektthema<br />
dienen können.<br />
Diese Projektarbeit erfordert jedoch auch eine adäquate<br />
Didaktik, nicht Belehrung <strong>und</strong> Aufklärung durch den<br />
fach- <strong>und</strong> sachk<strong>und</strong>igen <strong>Natur</strong>schutzexperten des BUND,<br />
DNR usw. sind die Wahl, sondern die Möglichkeit des<br />
selbstbestimmten Lernens in Teams unter sachgerechter<br />
Anleitung. Didaktiker kennen diesen Ansatz als das Konzept<br />
des informalen, instruierten Lernens.<br />
3.1 Intergeneratives Verständnis von <strong>Natur</strong>schutz:<br />
Bioismen, Biodiversität <strong>und</strong> Nachhaltigkeit | Sozio -<br />
logen haben Gr<strong>und</strong> zur Annahme, dass das <strong>Natur</strong>verständnis<br />
als gesellschaftliche Konvention generativen<br />
Sozialisations erfahrungen unterliegt. Provokant ließe sich<br />
von einem klassischen, tradierten Verständnis des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
sprechen <strong>und</strong> von einem modernen. Das klassische<br />
Verständnis sucht nach Referenzpunkten zur Definition,<br />
was <strong>Natur</strong> war <strong>und</strong> wieder sein sollte, das moderne<br />
erkennt den Status quo an <strong>und</strong> entwickelt gemeinsam von<br />
diesem Bezugspunkt Ziele <strong>und</strong> Anforderungen des jeweils<br />
aktuellen <strong>Natur</strong>schutzes. Dazu bedarf es jedoch eines<br />
gr<strong>und</strong> legenden Verständnisses über das Funktionieren<br />
<strong>und</strong> die biologischen »Mechanismen« (besser ließe sich<br />
von »Bioismen« sprechen) von Ökosystemen. Als Lernziele<br />
hierfür ließen sich aus Sicht des heutigen Kenntnisstandes<br />
formulieren:<br />
– Bedeutung des Begriffes Nachhaltigkeit im Sinne der<br />
Schaffung von Kreisläufen <strong>und</strong> der Vermeidung irreversibler<br />
Gegebenheiten;<br />
– Bedeutung <strong>und</strong> Erhaltung der Biodiversität <strong>einer</strong> Landschaft;<br />
– Minimierung der menschlichen Eingriffe in gegebene<br />
Kreisläufe;<br />
– Kompensation notwendiger Eingriffe;<br />
– Monitoring der Entwicklungen von Flora <strong>und</strong> Fauna in<br />
betroffenen Eingriffsgebieten <strong>mit</strong> der stetigen Option<br />
des menschlichen Eingreifens bei Gefährdung der Biodiversität<br />
<strong>und</strong> der Nachhaltigkeit;<br />
– Vernetzung von Biotopflächen innerhalb besiedelter<br />
Gebiete;<br />
– standorttypische Gestaltung von Flächen inklusive der<br />
Information über standorttypische Gewächse.<br />
Trifft die These eines intergenerativen Wandels im Verständnis<br />
des <strong>Natur</strong>schutzes zu, wäre ein gesellschaftlicher<br />
Diskurs zu den Aufgaben des amtlichen <strong>Natur</strong>schutzes<br />
ebenso nötig wie eine Neuausrichtung des verbandlichen<br />
<strong>Natur</strong>schutzes hin zu mehr partizipativen <strong>und</strong> diskursiven<br />
Verfahren zur Bestimmung der lokalen <strong>und</strong> regionalen Aufgaben<br />
des <strong>Natur</strong>schutzes. Wir sehen in dieser soziologischen<br />
Perspektive eine Chance für eine Neuorientierung<br />
des <strong>Natur</strong>schutzes, die bisher viele ungenutzte soziale<br />
Aspekte <strong>und</strong> räumliche Areale dem <strong>Natur</strong>schutz zugänglich<br />
macht. Ein witziges wie auch nachdenkenswertes Beispiel<br />
ist die Nutzung von innerstädtischen Grünflächen als<br />
zwischenzeitliche Weideflächen für Tiere, die zugleich<br />
unter Mitbenutzung <strong>einer</strong> Straße zur Verkehrsberuhigung<br />
beitragen. Ebenso wie die zunehmende Einführung von<br />
Oberflächenentwässerung in Siedlungsgebieten für die<br />
Schaffung amphibischer Lebensräume genutzt werden<br />
kann oder in Ausuferungszonen integriert wird.<br />
3.2 Wandel im ehrenamtlichen Engagement | Hinzu<br />
kommt ein seit längerem beobachteter Wandel im ehrenamtlichen<br />
Engagement. Zunehmend entfernen sich Bürger<br />
vom langfristig bindenden verbandlichen hin zum kurzfristigen<br />
projektbezogenen Engagement. Dies hat neben der<br />
Verengung des individuellen Zeitbudgets auch <strong>mit</strong> einem<br />
Wertewandel gegenüber der klassischen Verbandsarbeit<br />
<strong>und</strong> einem Wandel im politischen System zu tun. Im Sinne<br />
von Max Weber ließe sich von <strong>einer</strong> Entzauberung der<br />
Mythen, hier des <strong>Natur</strong>schutzes <strong>und</strong> der Politik sprechen,<br />
hin zu <strong>einer</strong> wertrationalen Haltung der Bürger, die inhaltliche<br />
<strong>mit</strong> formaler Partizipation verbindet.<br />
Die Anforderungen an das Ehrenamt werden minimiert,<br />
fokussieren auf Mitarbeit im Team <strong>und</strong> immer weniger auf<br />
Einzelaktivitäten von Aktivitäten in den jeweiligen Vereinen.<br />
Die Erosion der Verbandsarbeit wird durch den demo gra -<br />
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