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05/2017

Fritz + Fränzi

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che, man kann sie trainieren. «Emotionen-Coaching» nennt das ten Tag an Mitschüler und Lehrer<br />

«Das ist ein Potenzial wie Intelligenz,<br />

das man gezielt fördern oder<br />

brachliegen lassen kann», sagt Psychologe<br />

Andreas Schick. «Wenn<br />

man die Achtsamkeit trainiert, also<br />

die eigenen Körperempfindungen<br />

und Emotionen besser bemerken<br />

und einordnen kann, dann kann<br />

man auch achtsamer und offener auf<br />

andere reagieren», sagt Matthias<br />

Bolz, der unter der Leitung der Neurowissenschaftlerin<br />

Tania Singer am<br />

Leipziger Max-Planck-Institut für<br />

Kognitions- und Neurowissenschaften<br />

ein mentales Training für Er -<br />

wachsene durchgeführt hat. Kinder<br />

brauchen bei diesem Prozess die<br />

Begleitung durch Erwachsene.<br />

Andreas Schick. Der Therapeut hat<br />

die Programme «Faustlos» und<br />

«Fäustling» mitentwickelt, um die<br />

sozialen Kompetenzen von Kindergartenkindern<br />

und Grundschülern<br />

zu fördern – und auch das Gruppengefühl<br />

zu stärken. In diesen Trainings<br />

lernen die Kinder, sich in<br />

andere hineinzuversetzen, und üben,<br />

was dem anderen gut tun könnte. Sie<br />

durchleben spielerisch verschiedene<br />

Situationen und sprechen anschliessend<br />

mit Erwachsenen darüber, wie<br />

man sich in der anderen Rolle gefühlt<br />

hat.<br />

In der Schule meiner Tochter ist<br />

dieses Konzept aufgegangen. In ihre<br />

Klasse geht ein Junge, der vom erstyrannisierte.<br />

Die Mädchen nannte<br />

er «blöde Schlampen», etlichen Jungen<br />

hat Tom (der in Realität anders<br />

heisst) die Nase blutig geschlagen.<br />

Er bespuckte Erwachsene, zerstörte<br />

Tische und Stühle. Es verging monatelang<br />

kein Tag, an dem Fanny nicht<br />

mit einer neuen Horror-Story nach<br />

Hause kam – bis der Klassenlehrer<br />

mit seinen Schülern ein Empathie-<br />

Training absolvierte.<br />

In Abwesenheit von Tom erzählte<br />

er zunächst dessen Geschichte:<br />

Der Junge war vor der Einschulung<br />

zwei Jahre lang im Krankenhaus<br />

gewesen, weil er Krebs gehabt hatte.<br />

In dieser Zeit hatte er überhaupt keinen<br />

Kontakt zu anderen Kindern<br />

gehabt, «Wir haben gespielt, wie<br />

Tom sich wohl fühlt», erzählte meine<br />

Tochter. «Ich glaube, er ist vor<br />

Angst ganz ausser sich.»<br />

Mit unterschiedlichen Rollen<br />

probte die Klasse, was eigentlich<br />

passiert, wenn einer ausrastet,<br />

wochenlang, immer wieder. Auch<br />

Tom lernte die Perspektive des<br />

Kinder lernen sich noch selbst<br />

kennen. Das kann dazu führen,<br />

dass sie die Grenzen anderer<br />

deutlich überschreiten.<br />

76 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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