Bionik â Von der Natur gelernt - TÃÂV NORD Gruppe
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Systematisches Denken versperrt die Sicht<br />
Neben kontinuierlichen Verän<strong>der</strong>ungen des Gedächtnisses,<br />
wie etwa <strong>der</strong> allmählichen Zunahme des Langzeitgedächtnisses,<br />
gibt es zwei ganz entscheidende Verän<strong>der</strong>ungen,<br />
die konkreten Lebensaltern zugeordnet werden<br />
können. „Bis etwa zum sechsten Lebensjahr können<br />
Inhalte nur für knappe zwei Sekunden im Arbeitsgedächtnis,<br />
früher auch Kurzzeitgedächtnis genannt,<br />
behalten werden“, erklärt Professor Dr. Marcus Hasselhorn<br />
von <strong>der</strong> Universität Göttingen. „Dies geschieht mittels des<br />
so genannten subvokalen<br />
Rehearsals, eines innerlichen<br />
Nachsprechens. Ab dem<br />
sechsten Lebensjahr automatisiert<br />
sich dieser Prozess, so<br />
dass ein Inhalt jetzt deutlich<br />
länger im Gedächtnis behalten<br />
werden kann.“<br />
Eine weitere Verän<strong>der</strong>ung findet<br />
um das neunte o<strong>der</strong> zehnte<br />
Lebensjahr herum statt: Das<br />
Kind kann jetzt systematisch Oberbegriffe bilden. Es unterteilt<br />
beispielsweise die Produkte auf einer Einkaufsliste in<br />
„Milchprodukte“, „Obst und Gemüse“ und „Getränke“. Vor<br />
diesem Alter kann man Kin<strong>der</strong>n diese Strategie zwar anbieten,<br />
selbstständig nutzen können sie diese aber noch nicht.<br />
Vor diesem Alter scheint das Kind die Dinge in seiner<br />
Umwelt nach Ähnlichkeit zu klassifizieren. Die Psychologen<br />
Anna V. Fischer und Vladimir M. Sloutsky von <strong>der</strong> Ohio<br />
State University haben in einer aktuellen Studie Kin<strong>der</strong>n und<br />
Erwachsenen 30 Tierbil<strong>der</strong> gezeigt. In einer zweiten Phase<br />
des Experiments zeigten die Forscher den Versuchspersonen<br />
noch einmal Tierfotos; auf <strong>der</strong> Hälfte dieser Bil<strong>der</strong><br />
waren vorher nicht gezeigte Tiere, die an<strong>der</strong>e Hälfte<br />
bestand aus Tierbil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ersten Phase. Die Versuchs-<br />
10 - explore: 3/2005<br />
GLOBAL Goodbye Memory, hallo Gedächtnis!<br />
personen sollten angeben, welche <strong>der</strong> Tiere sie schon einmal<br />
gesehen hatten und welche nicht. Für Erwachsene, die<br />
in Ober- und Unterbegriffe sortieren, gehört die rostfarbene<br />
Katze mit dem buschigen Schwanz zur Klasse <strong>der</strong> rostfarbenen<br />
Katzen, von denen eine bereits gezeigt wurde. Sie<br />
sind sicher, diese Katze schon einmal gesehen zu haben.<br />
Für Kin<strong>der</strong> sind dagegen eine rostfarbene Katze mit buschigem<br />
Schwanz und eine rostfarbene Katze mit weißen<br />
Pfoten einan<strong>der</strong> unähnliche Katzen.<br />
Diese Denkweise wird den<br />
Erwachsenen beim Memory-<br />
Spiel zum Verhängnis. Tatsächlich<br />
gibt es dort mehrere<br />
Bil<strong>der</strong>paare, die zwar zur selben<br />
Gegenstandsklasse gehören,<br />
aber sich durch Details voneinan<strong>der</strong><br />
unterscheiden. So gibt es<br />
etwa zwei Kärtchenpaare,<br />
die jeweils einen Apfel zeigen.<br />
Bei dem einen Paar<br />
handelt es sich um einen<br />
Apfel mit Wurm, bei dem an<strong>der</strong>en um einen Apfel ohne<br />
Wurm. Für Erwachsene handelt es sich immer um ein<br />
Objekt <strong>der</strong> Klasse „Apfel“, für Kin<strong>der</strong> sind es unterschiedli-