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Frankfurt am Main - KOPS - Universität Konstanz

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Erkenntnis verwiesen, jene Instanz, die er wenig später im philosophischen System, und nach dem<br />

Ende des Weltkrieges schließlich im praktischen Vollzug einer Ontologie der Geschichte wähnen<br />

sollte.<br />

Balázs behauptet in seiner „Todesästhetik“ jedoch ein anderes Verhältnis von Kunst und Leben, an<br />

dem er Zeit seines Lebens eigensinnig fest halten wird, dabei in Kauf nehmend, sich von der Idee der<br />

Totalität praktisch verabschieden zu müssen, um von ihr romantisch ungestörter träumen zu<br />

können.<br />

Mit der Insel, deren Grenze und Form den Tod bedeuten bzw. durch den Tod konstituiert werden,<br />

meinte Balázs durchaus das empirische Leben selbst und lässt einen radikalen Dualismus von Kunst<br />

und Leben dadurch gar nicht zu. „Ich muss mich an den äußersten Uferstreifen der Lebensinsel<br />

stellen, schon umspülen die Wellen meine Fersen, nur so kann ich das alles als Eins, als Insel<br />

spüren.“ 34 Anstatt sie dem Leben gegenüberzustellen oder gar als bloße Stufe innerhalb einer<br />

Hierarchie der Erlösung als bloße Stufe zu verorten, setzt Balázs die Kunst an eine existenzielle,<br />

unaufhebbare Schwelle zwischen Leben und Tod. Freilich noch dem Leben zugehörig, doch dem<br />

„anderen“ schon halb zugewandt. Offen bleibt in Balázs’ Metaphorik, ob der Blick, den Tod<br />

konfrontierend, wie in einem Spiegel das hinter sich liegende, die Lebensinsel, als Ganzes erkennt,<br />

oder mit dem Rücken zum Jenseits, dessen Wellen an den „Fersen“ spürend, auf das Leben<br />

zurückblickt. Gleichwie:<br />

„Bewusstsein vom Leben ist nur durch den Tod möglich. Er macht es möglich, dass wir es als<br />

wunderbares Ereignis erkennen. [...] Sehen können wir nur das, was Grenzen hat.“ 35 „Des<br />

Lebensbewusstseins Voraussetzung ist der Tod, das heißt, der Tod ist die Voraussetzung der Kunst.<br />

Der Tod ist des Lebens Gestalt.“ 36<br />

Seine Todesästhetik behauptet also durchaus nicht eine Ästhetisierung des Todes, sondern das<br />

Todeshafte jeder Ästhetik UND des Lebens selbst: „Wir sterben von unserer Geburt an und wir<br />

werden bis zu unserem Tod geboren, die Ufer des Todes sind keine fernen Gestade, sie halten<br />

unsere ganze Gegenwart fest in den Armen. Rembrandt!“ 37 Und wie das Leben, so bedeutet auch<br />

34<br />

Balázs, „Halálesztétika“, S. 296.<br />

35<br />

Ebd., S. 293.<br />

36<br />

Ebd., S. 294.<br />

37<br />

Ebd., S. 296. Zehn Jahre später schreibt Georg Simmel in seinem Buch über Rembrandt, „daß der Tod von<br />

vornherein dem Leben einwohnt. [...] das Leben würde von der Geburt an und in jedem seiner Momente und<br />

Querschnitte ein anderes sein, wenn wir nicht stürben. Nicht wie eine Möglichkeit, die irgendwann einmal<br />

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