WISSENSCHAFTS JOURNAL
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scientia halensis 4/2001<br />
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Fachbereich Musik-, Sport- und Sprechwissenschaft<br />
ERREICHEN ERWACHSENE MIT EINER GEISTIGEN<br />
BEHINDERUNG »SPIELEND« MEHR HANDLUNGSKOMPETENZ?<br />
Cornelia Demuth und Ivonne Schmid<br />
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In Zusammenarbeit mit dem Institut für Rehabilitationspädagogik der halleschen Univer-<br />
16 sität wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts am Institut für Sportwissenschaft der<br />
Fragestellung nachgegangen, ob und (wenn ja) welchen Beitrag Sport- und Bewegungsangebote<br />
zur Kompetenzförderung bei geistig behinderten Erwachsenen verschiedener<br />
Schweregrade leisten können. Ausdruck einer modernen sozial begleitenden Arbeit in Beruf<br />
und Freizeit dieser Menschen ist die Schaffung vielfältiger Handlungsspielräume zur<br />
Nutzung und Weiterentwicklung motorischer, lebenspraktischer, kognitiver und sozialer<br />
Dimensionen ihrer generellen Alltagskompetenz.<br />
Das dazu eingereichte Forschungsprojekt<br />
wurde durch das Kultusministerium des<br />
Landes Sachsen-Anhalt als Drittmittelprojekt<br />
bewilligt und finanziell begleitet.<br />
Theoretischer Hintergrund und<br />
Forschungsfragen<br />
In der behindertenpädagogischen Arbeit<br />
auch mit Erwachsenen ist mit den theoretischen<br />
Ansätzen von Bach (1987), Speck<br />
(1993) und Theunissen (1994) im deutschsprachigen<br />
Raum in den letzten Jahren ein<br />
deutlicher Paradigmenwechsel eingeleitet<br />
worden. Es wird davon ausgegangen, dass<br />
die Lebenszufriedenheit der Menschen<br />
noch stärker als bei Nichtbehinderten in<br />
enger Wechselwirkung zu den passfähigen<br />
Arbeits- und Lebensbedingungen steht.<br />
Wir gehen davon aus, dass diese Ressource<br />
des menschlichen Seins durch den Erhalt<br />
und die Erweiterung von Handlungskompetenz<br />
gestärkt wird. Diese generelle<br />
Kompetenz findet jedoch nicht nur in ihrer<br />
Arbeitswelt und in den »Activities of daily<br />
lives« ihren Ausdruck, sondern auch in<br />
arbeitsbegleitenden und freizeitorientierten<br />
Angeboten. Diese bieten die Möglichkeit,<br />
die eigene Kompetenz in psychischer,<br />
physischer und sozialer Hinsicht einzusetzen<br />
und damit zu erleben.<br />
In den Modellen von Greenspan und Granfield<br />
(1992), Holtz (1994) und Sternberg<br />
Anzeige<br />
(1986) und Baltes (1993) und besonders<br />
von Baltes und Wilms (1995) wird »Kompetenz«<br />
nicht nur als Verfügbarkeit von<br />
Mitteln oder Fertigkeiten verstanden, sondern<br />
auch als Handlungs- und Verhaltenseffektivität<br />
definiert. Kern dieser Ansätze<br />
ist die Güte der adaptiven Passung in einer<br />
kontinuierlichen Auseinandersetzung zwischen<br />
dem Individuum und seiner materialen<br />
oder sozialen Umwelt. Eine verstehende<br />
Diagnostik, wie sie von Jantzen (1995)<br />
vertreten wird, konzentriert sich demzufolge<br />
in ihrer Definition auch stärker auf vorhandene<br />
Kompetenzen als auf Schäden<br />
und Beeinträchtigungen.<br />
Dass dieser Ansatz seine gesundheitspolitische<br />
Umsetzung auch weltweit zunehmend<br />
erfährt, wird nicht zuletzt in der<br />
2000 vorgelegten überarbeiteten Fassung<br />
der Definition von »Behinderung« durch<br />
die Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />
deutlich, in der zwar von den funktionellorganischen<br />
Schäden (impairment) ausgegangen<br />
wird, aber zur näheren Beschreibung<br />
die Handlungsfähigkeit (activities)<br />
und die Teilnahmemöglichkeiten in ihrer