12.12.2012 Aufrufe

WISSENSCHAFTS JOURNAL

WISSENSCHAFTS JOURNAL

WISSENSCHAFTS JOURNAL

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

scientia halensis 4/2001<br />

...............................................................................<br />

Fachbereich Musik-, Sport- und Sprechwissenschaft<br />

DIE EFFEKTIVITÄT VON SPORTLICHER AKTIVITÄT<br />

ZUR VERBESSERUNG DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT<br />

Oliver Stoll<br />

................................................................................<br />

In den vergangenen zehn Jahren wurde eine Fülle verschiedener Untersuchungsergebnis-<br />

24 se bezüglich psycho-sozialer Effekte von primärpräventiver, moderater, körperlicher Aktivität<br />

publiziert. Die ersten Zusammenfassungen vorliegender Studien erfolgten in Form<br />

von narrativen Reviews. Der generelle Tenor dieser Reviews war, dass Sport bzw. körperliche<br />

Aktivität einen positiven Effekt auf Variablen der psychischen Gesundheit aufweist.<br />

Diese Erkenntnis deckte sich durchaus mit dem, was an Universitäten gelehrt wird<br />

und vielfach auch als Alltagswissen gilt. Aus dem eigenen Erleben erfahren die meisten<br />

Menschen, dass Sporttreiben – zumindest wenn es nicht übertrieben wird – der Gesundheit<br />

dient und zum Wohlbefinden beiträgt.<br />

Schaut man sich die Ergebnisse wissenschaftlicher<br />

Studien der vergangenen<br />

zwanzig Jahre an, so muss dieses Bild relativiert<br />

werden. Erste narrative Reviews<br />

kommen zunächst zu einer recht optimistischen<br />

Einschätzung der Auswirkungen<br />

von körperlichen Aktivitäten auf die Gesundheit<br />

im Allgemeinen und der psychischen<br />

Gesundheit im Speziellen. Vorliegende<br />

Meta-Analysen jüngeren Datums<br />

widersprechen eher dieser Einschätzung.<br />

Betrachtet man die wichtigsten Ergebnisse<br />

der Reviews, Meta-Analysen und Einzelstudien,<br />

so ist eine positive Auswirkung<br />

von sportlicher Aktivität auf Variablen der<br />

Gesundheit möglich. Diese positiven Auswirkungen<br />

finden sich in »körpernahen«<br />

Variablen, wie z. B. dem Körperkonzept,<br />

konsistent wieder, weniger jedoch in »körperferneren«<br />

Selbstkonzeptvariablen. Die<br />

Ergebnisse im Bereich der Ängstlichkeit,<br />

der Depressivität und der psychosomatischen<br />

Beschwerden sind eher inkonsistent.<br />

Es finden sich darüber hinaus stärkere Effekte<br />

in Studien mit nicht experimentellen<br />

Untersuchungsdesigns. Studien im Bereich<br />

der Rehabilitation zeigen ebenfalls stärkere,<br />

mitunter aber auch überraschende und<br />

nur schwer interpretierbare Ergebnisse. Es<br />

lässt sich außerdem feststellen, dass die<br />

Dauer der Intervention eine zentrale Rolle<br />

zu spielen scheint. Effekte sind überhaupt<br />

erst bei Sportprogrammen ab der 10. bis<br />

12. Woche zu erwarten. Je länger die Intervention<br />

andauert, desto deutlicher werden<br />

die Effekte. Um diesen Forschungsbereich<br />

weiter aufzuhellen, führte eine Leipziger<br />

Forschergruppe in den vergangenen<br />

zehn Jahren eine Reihe verschiedener Interventionsstudien<br />

durch, die die o. g. methodologischen<br />

Defizite berücksichtigen.<br />

Wirkungen sportlicher Aktivität bei<br />

»Wiedereinsteigerinnen«<br />

Insgesamt 21 Personen nahmen an dieser<br />

Studie (Stoll, 2000) teil, wobei zehn Personen<br />

der Treatment-, also der Sportgruppe<br />

(VG) zugeordnet wurden. Alle Personen<br />

waren weiblich und seit mindestens<br />

zwei Jahren sportabstinent. Zwecks Parallelisierung<br />

der beiden Gruppen wurden<br />

mehrere Frauen (n=50) gleichen Alters per<br />

Zufall in Leipzig (Fußgängerzone) angesprochen<br />

und elf Frauen aus dieser Stichprobe<br />

einer Kontrollgruppe zugeteilt, um<br />

die Fragebogen zum gleichen Zeitpunkt,<br />

wie die Sportgruppe auszufüllen. Die elf<br />

Frauen der Kontrollgruppe (KG) waren<br />

ebenfalls seit mindestens zwei Jahren keiner<br />

körperlichen Aktivität nachgegangen<br />

und beabsichtigten auch keine Sportteil-<br />

Beim sechsten Tanzfest, das vom Uni-Sportzentrum<br />

im Juni 2001 organisiert wurde<br />

Foto: Fisser<br />

nahme für den folgenden Untersuchungszeitraum<br />

von zwölf Wochen. Alle Teilnehmerinnen<br />

nahmen freiwillig an der Untersuchung<br />

teil und konnten die Intervention<br />

jederzeit abbrechen. Alle Personen, die rekrutiert<br />

wurden, nahmen an der Befragung<br />

zum Messzeitpunkt 1 und 2 teil. Im Hauptergebnis<br />

konnte lediglich ein univariater<br />

Interaktionseffekt für die Körperkonzeptdimension<br />

»Wahrgenommene Fitness«<br />

festgestellt werden. Dieser Interaktionseffekt<br />

basiert auf der Tatsache, dass sich<br />

die Probanden der VG in dieser Dimensionen<br />

verbessern, während sich die Probanden<br />

der KG in dieser Dimension nicht veränderten.<br />

Für die weiteren drei Körperkonzeptdimensionen<br />

(positives Körperbild,<br />

negatives Körperbild und Figursorgen)<br />

und für die Variablen der Ängstlichkeit,<br />

der psychosomatischen Beschwerden<br />

konnten keine Haupt- und Interaktionseffekte<br />

festgestellt werden.<br />

»Wiedereinsteiger« im Seniorenalter<br />

Das Untersuchungsdesign dieses Projekts<br />

(Stoll & Alfermann, in print) entspricht<br />

dem der vorangegangenen Studie. Zielgruppe<br />

waren jedoch nun Personen im hohen<br />

Erwachsenenalter (zwischen 55 und<br />

81 Jahre). Zusätzlich wurden neben einer<br />

KG ohne Intervention eine weitere Kontrollgruppe<br />

eingerichtet, deren Probanden<br />

einen Englischunterricht für Anfänger erhielten.<br />

Damit sollte ein möglicher »Aufmerksamkeitseffekt«<br />

auch als Placebo-<br />

Aufmerksamkeitseffekt bekannt, kontrolliert<br />

werden. In die spätere Analyse gingen<br />

insgesamt 66 Seniorinnen und Senioren<br />

ein, wobei jeweils 22 der Versuchs-, der<br />

Kontroll-, und der Placebo-Aufmerksamkeitsgruppe<br />

angehörten. Die Intervention<br />

(moderat-intensive sportliche Aktivität) erfolgte<br />

über sechs Monate. Als Hauptergebnis<br />

konnte das Ergebnis von Studie 1 repliziert<br />

werden. Bei weiterer Elimination<br />

von möglichen methodischen Artefakten<br />

(zu kleine Stichprobe, Kontrolle von<br />

Übungsleiteraufmerksamkeit, Verlängerung<br />

der Interventionsdauer, Kontrolle<br />

motorischer Effekte) verbleibt erneut<br />

ein Interaktionseffekt in der Körperkonzeptdimension<br />

»Wahrgenommene Fitness«,<br />

der auf eine Zunahme der Werte in<br />

der VG, bei unveränderten Werten in den<br />

beiden KG zurückgeht. Auch in dieser<br />

Studie konnten keine weiteren Effekte<br />

identifiziert werden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!