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Frankfurt - Strandgut

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Staatstheater Darmstadt: Johanna von Orleans, © Barbara Aumüller<br />

Death Metal für den<br />

Scharfkunstrichter<br />

Freies Schauspiel Ensemble:<br />

Der Menschenfeind<br />

So einen wie den Maler Alceste,<br />

radikal ehrlich und kompromißlos<br />

der Wahrheit verpflichtet, braucht<br />

wahrscheinlich niemand. Moliére<br />

hat den asozialen Typus des Lebenspuristen<br />

in eine Pariser Künstlergesellschaft<br />

versetzt, in deren Ränken<br />

sich der Streiter der Rechtschaffenheit<br />

denn auch bald juristisch<br />

verfängt. Daß er sich überhaupt mit<br />

diesem Karrieristenpack abgibt, hat<br />

einen triftigen Grund. Alceste ist bis<br />

zur Blind- und Blödheit Celimène,<br />

der Favoritin der Kulturblase, verfallen,<br />

und kriegt gar nicht mit, wie<br />

diese ihn nebst ihren anderen Verehrern<br />

vorführt.<br />

Das Freie Schauspiel Ensemble<br />

spielt diesen ewig jungen Konflikt<br />

um das richtige Leben im falschen<br />

in der kongenial modernen Reimfassung<br />

Hans-Magnus Enzensbergers<br />

aus dem Jahr 1979 mit drei<br />

Schauspielern. Schauplatz ist das<br />

Atelier des Malers, in dessen benachbarten<br />

Räumen Célimène eine<br />

Party steigen läßt. Dabei gelingt<br />

dem bulldoggig agierenden Axel<br />

Freies Schauspiel Ensemble: Der Menschenfeind, © Bettina Müller<br />

Gottschick ein Scharfkunstrichter<br />

Alceste, der sich mit nervenzerfetzendem<br />

Death Metal abreagiert,<br />

um emphatische Gefühle für seine<br />

Figur gar nicht erst aufkommen<br />

zu lassen. Bettina Kaminski und<br />

Jürgen Beck-Rebholz geben seine<br />

Sei-doch-vernünftig-Freunde Eliante<br />

und Philinte, schlüpfen aber<br />

auch in fast alle anderen Rollen,<br />

deren Auftritte Regisseur Reinhardt<br />

Hinzpeter gewitzt als Schauspiel im<br />

Schauspiel inszeniert.<br />

Der kleine Kniff erlaubt es dem<br />

Ensemble, die Schicki-Micki-Mischpoke<br />

problemlos zu überzeichnen<br />

und so eine mitreißende Groteske<br />

zu veranstalten, für die man freilich<br />

hellwach sein sollte – so schnell<br />

wechseln manchmal die Charaktere.<br />

Wenn Eliante, das It-Girl Célimène<br />

nachahmend, aufreizend im<br />

Fummel über den Farbtöpfen auf<br />

dem Malertisch tanzt, oder Philinte,<br />

die eifersüchtige Giftnudel Arsinoe<br />

imitierend, auf allen Vieren winselt,<br />

dann schäumt und schwappt es<br />

auch mal über im Titania. Manche<br />

mögen’s feucht.<br />

Termine: 18., 25. November<br />

jeweils 17 Uhr<br />

Winnie Geipert<br />

vom<br />

31. Oktober<br />

bis 25.<br />

November<br />

Theater<br />

variete_herbst2012_strandgut.indd 1 22.10.2012 11:50:45<br />

<strong>Strandgut</strong> 11/2012 | 17

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