Frankfurt - Strandgut
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Eßkultur<br />
Jovi meckert 55*<br />
Zum Kotzen<br />
Ja, das waren sie, die chinesischen Erdbeeren. »Bild«, immer vorne<br />
weg bei der Schaffung neuer Worte für die deutsche Volksempörung,<br />
hatte den Feind, falsch, den Verursacher schnell im Visier: der Chinese<br />
bringt uns die »Brechbeeren« frisch auf den Tisch. Also frisch nicht,<br />
sondern tiefgefroren und das unterlegt mit der farblich markierten<br />
Route um die halbe Welt, die die armen Kotzbeeren zurücklegen<br />
mußten, um unseren lieben Kleinen via Massenverpflegefirma Sodexo<br />
aufs Krankenlager zu werfen. Und die Mitarbeiter und -innen des<br />
Futtermittelbetriebs gleich mit. »Warum«, so fragt »Bild«, »werden<br />
überhaupt Erdbeeren aus China für Schulessen importiert?« Wohlgemerkt:<br />
nicht, warum werden überhaupt Erdbeeren für Schulessen<br />
importiert, sondern warum aus China. Weiß man doch, daß der<br />
Chinese es mit der Einhaltung des deutschen Reinheitsgebots noch<br />
nie sehr genau genommen hat. Überhaupt: erst bringt er, also der<br />
Chinese, den Spielzeughersteller Mattel, also einen Gutmenschen, in<br />
Schwierigkeiten, weil er ihm schadstoffbelastetes Qualitätsspielzeug<br />
a la Kim und Barbie unterjubelt, dann haut er Apple moralisch in die<br />
Pfanne, weil die chinesischen iWorker bei Foxconn das Hitech-Spielzeug<br />
unter Lowtech-Bedingungen zusammenbauen. Und nun das!<br />
Mit einem Schälchen leckerer Erdbeeren schmuggelt er, also der<br />
Chinese, sich durch die örtliche Lebensmittelkontrolle, behauptet,<br />
so gut und gesund seien alle Erdbeeren in den Tausenden Erdbeer-<br />
Containern, die das Früchtchen um die ganze Welt verteilen. Bei uns,<br />
so könnte man auf den Gedanken kommen, gibt es sowas nicht. Frostschutzmittel<br />
im Wein, Gammelfleisch, Dioxin in Futtermittel, Ehec-<br />
Erreger, Antibiotika und Hormone im Fleisch – all das waren keine<br />
chinesischen Erfindungen.<br />
Nein, übers Essen an sich sollte mal nachgedacht werden. Die Art der<br />
Lebensmittelproduktion, der Zwang, Essen immer am unteren Ende<br />
der Preisskala anzusiedeln, wird uns immer wieder mit solchen Lebensmittelskandalen<br />
beglücken. Warum muß ein Schulessen für unter<br />
3 Euro angeboten werden? Warum wird Schulessen nicht Teil von<br />
Unterrichtsprojekten, statt Teil einer Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />
eines Futtermittelveranstalters, der hunderte von Schulkantinen<br />
versorgt. Das Geld allein kann es nicht sein, wenn man mal mittags in<br />
der Umgebung <strong>Frankfurt</strong>er Schulen den Ansturm auf die diversen Döner-,<br />
Pizza- und Chinafood-(sic!)-Läden sieht, wo unter 3 Euro fuffzig<br />
kaum was weggeht. Es gibt auch in <strong>Frankfurt</strong> Schulen, in denen selbst<br />
gekocht wird. War ein harter Kampf, das gegen die Ausschreibungsbürokratie<br />
durchzukriegen, also jene Vorschriften, die jedes vernünftige<br />
Essen, das mit lokal erzeugten Lebensmitteln vor Ort zubereitet wurde,<br />
auf dem Altar europaweiter Ausschreibung für den Billigheimer<br />
opfert.<br />
Daß dann auch noch der Supermarktzwang - alles zu jeder Zeit immer<br />
verfügbar zu haben - auch in die Schulfuttertruhe Einzug hält,<br />
verschärft die Sache noch. Erdbeeren im Herbst? Die gehörten früher<br />
mal in eine andere Jahreszeit, nun aber sind Erdbeeren zeitlos, allgegenwärtig.<br />
Wie anderes Obst oder Gemüse auch. Gutes und schmackhaftes<br />
Essen kann auch in der Schulkantine kostengünstig angeboten<br />
werden, aber eben nicht billig. Statt in Betreuungsgeld kann man das<br />
auch in Zuschüsse für Lebensmittel an der Schule investieren. Da hätten<br />
alle mehr davon.<br />
BOCKENHEIMER WEINKONTOR<br />
Schloßstr. 92 HH, Tel.: 70 20 31, tägl. 19.00-1.00 Uhr +<br />
Fr/Sa 19.00-2.00 Uhr, www.bockenheimer-weinkontor.de<br />
42 | <strong>Strandgut</strong> 11/2012<br />
Jochen Vielhauer<br />
Sie haben enen Tip<br />
oder eine Kritik<br />
zur <strong>Frankfurt</strong>er Gastronomie?<br />
Dann mailen Sie uns an<br />
jmg@strandgut.de<br />
Es geht Weida<br />
Gaststätte Weida »Im Blauen Bock« wieder geöffnet<br />
Die hier seinerzeit besprochene<br />
Gaststätte Weida in Bornheim<br />
Saalburgstr. 36 ist seit Ende September<br />
wieder geöffnet. Nach<br />
knapp zwei Monaten Umbauzeit<br />
geht es in der seit 1912 existierenden<br />
Apfelweinwirtschaft weiter.<br />
Mit Spannung haben die zahlreichen<br />
meist älteren Stammgäste<br />
auf die Eröffnung gewartet. Da mit<br />
der »Eulenburg« eine alte Apfelweinwirtschaft<br />
im Juni geschlossen<br />
wurde, war die Sorge groß, daß<br />
mit der »Weida« Bornheim eine<br />
weitere traditionelle Gaststätte<br />
verliert.<br />
Nach einem Besuch der neuen<br />
Weida zeigt es sich: die Sorge ist<br />
unberechtigt. Was hat sich geändert,<br />
und was ist geblieben?<br />
Beginnen wir mit der Inneneinrichtung.<br />
Betritt man die Gastwirtschaft,<br />
so sieht man erst auf den<br />
zweiten Blick Veränderungen. Die<br />
Holztäfelungen, die Resopaltische,<br />
die Stühle und die Lampen sind<br />
geblieben. Augenfällig allerdings<br />
sind die Änderungen im ehemaligen<br />
Raucherraum. Hier wurde eine<br />
neue Decke installiert, der Raum<br />
behutsam neu beleuchtet und mit<br />
dem schon bekannten Mobiliar<br />
versehen. Durch die Beleuchtung<br />
mit alten Glaslampen ist es heller<br />
geworden.<br />
Wie uns gerade auch Stammgäste<br />
bestätigten, gefällt diese Veränderung.<br />
Darüber hinaus wurde eine<br />
neue Heizung installiert – wer die<br />
kalten Winter in der Weida kennengelernt<br />
hat, weiß dies sehr zu<br />
schätzen.<br />
Die Küche wurde vergrößert und<br />
auf den neuesten Stand gebracht.<br />
Neu ist auch die geöffnete Durchreiche<br />
zur Küche, die Kontakt<br />
zwischen Küche und Gastraum<br />
herstellt.<br />
Was ist mit Essen und Trinken?<br />
Der Apfelwein kommt noch immer<br />
von der Kelterei Herkert aus Geiselbach<br />
im Spessart. Der Schoppen<br />
von Herkert wird in <strong>Frankfurt</strong> in<br />
einigen Apfelweinwirtschaften<br />
ausgeschenkt und gehört – nach<br />
unserer Einschätzung – zur Zeit zu<br />
den besten Schoppen der Stadt.<br />
Neu ist das Schlappeseppel Bier.<br />
Die Gemeinde der Schlappeseppel-<br />
Fans wächst ständig, und es<br />
scheint uns auch ein prima Bier<br />
für eine Apfelweinwirtschaft zu<br />
sein. Wie man uns sagte, soll demnächst<br />
auch Schlappeseppel Dunkel<br />
ausgeschenkt werden.<br />
Neu auch die große Weinkarte<br />
– hier schmeckte uns der Grauburgunder<br />
vom Kaiserstuhl zu 3,50 €.<br />
Was hat sich in der Küche geändert?<br />
Zunächst wurde an vielen Lieferanten<br />
festgehalten. Es gibt weiterhin<br />
die beliebten fränkischen Bratwürste<br />
und das Rindersolber. Neu sind<br />
Gerichte wie Schnitzel mit Pfifferlingen<br />
und Bratkartoffeln (sehr<br />
lecker), Gerichte mit Knödeln.<br />
Für die Küche ist Matthias Limburg<br />
zuständig. Daß er unter anderem<br />
auch Küchenchef in einigen bekannten<br />
Odenwälder Restaurants<br />
war, zeigt sich an dem hausgemachten<br />
Kochkäs und dem Kochkässchnitzel.<br />
An zwei von uns besuchten Abenden<br />
in der Weida war die Wirtschaft<br />
voll, der Schoppen gut, das<br />
Essen lecker, die Atmosphäre angenehm:<br />
für den schwierigen ersten<br />
Monat ein ziemlich gutes Fazit.<br />
Ein Tip zum Schluß. Größere Gruppen<br />
sollten unbedingt reservieren.<br />
Gaststätte Weida<br />
Saalburgstr. 36, <strong>Frankfurt</strong><br />
Tel. 069/453 536<br />
tägl. 17–23 Uhr<br />
pw