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Grüne Kulturdenkmäler<br />
Die Sehnsucht nach Halt und Wurzeln spiegelt sich auch in der Verbundenheit<br />
zu alten Bäumen wider. Michael Scharfmüller<br />
Bild rechts: Die<br />
uralte Linde steht vor<br />
Oberösterreichs größter<br />
Burganlage, die ab Juli<br />
wieder täglich besichtigt<br />
werden kann.<br />
Das ist<br />
ideologische<br />
Verblendung<br />
und zeugt von<br />
wenig Fachwissen.<br />
Bilder unten: Markus<br />
Degner begutachtet<br />
die uralte Linde: Bis auf<br />
ein paar notwendige<br />
Pflegearbeiten ist der<br />
Baum in einem guten<br />
Zustand.<br />
Entlang eines verwilderten Burggrabens<br />
führt eine Stiege zum Eingang der Ruine<br />
Schaunburg. Hier steht seit Jahrhunderten<br />
eine Linde. Unter ihrer mächtigen Krone<br />
bin ich mit dem Baumexperten Markus Degner<br />
verabredet.<br />
Die Linde vor dem Tor der Burganlage zählt<br />
zu den ältesten Bäumen im Bezirk Eferding<br />
(OÖ). Auf einem Schild am Stamm des Baumes<br />
steht die Jahreszahl 1402. In diesem<br />
Jahr soll die Gerichtslinde gepflanzt worden<br />
sein. Markus Degner sieht sich den Baum genau<br />
an. Er glaubt nicht, dass die Linde bereits<br />
über 600 Jahre alt ist. In so einem Alter müsste<br />
man bereits deutliche Altersspuren an der<br />
Baumkrone erkennen. Bis auf ein paar Stahlseile,<br />
welche einzelne Äste vor dem Ausbrechen<br />
bei hohen Windlasten schützen, sieht<br />
die Krone jedoch sehr vital aus. Die Feinverästelung<br />
und das Blattwerk lassen den<br />
Experten darauf schließen, dass der Baum<br />
höchstens 400 Jahre alt sei.<br />
Wie alt diese Linde, die vermutlich als Gerichtslinde<br />
gepflanzt wurde, wirklich ist, sei<br />
nur sehr schwer festzustellen, meint Degner.<br />
Da Stämme von alten Linden innen meist<br />
hohl sind, kann man auch nach ihrer Fällung<br />
die Jahresringe nicht zählen. Auch die Radiokarbonmethode<br />
liefert bei der Altersbestimmung<br />
von Bäumen nicht immer valide Ergebnisse.<br />
Linden können nämlich aus einem<br />
eigentlichen abgestorbenen Baumstumpf<br />
wieder austreiben. Die Radiokarbonmethode<br />
liefere dann als Messergebnis das Alter<br />
des Ursprungbaumes, erklärt der Experte.<br />
Schwindel mit dem Alter<br />
„Generell werden alte Bäume gerne älter<br />
gemacht, als sie eigentlich sind“, weiß<br />
der Eferdinger Baumfreund.<br />
Den Grund<br />
darin sieht er in der<br />
Faszination der<br />
Menschen für<br />
alte Bäume.<br />
Die Vorstellung, was ein Baum, der hunderte<br />
Jahre alt sei, alles erlebt habe, erzeuge bei<br />
vielen Personen ein besonderes Gefühl. Neben<br />
einem solchen Naturdenkmal zu stehen,<br />
sei etwas ganz Besonderes.<br />
Das Pflanzdatum von Bäumen wird auch aus<br />
Prestigegründen zurückdatiert. Ein hohes<br />
Alter ist für einen Baum zudem auch eine<br />
Art Lebensversicherung. Erstens, weil alte<br />
Bäume ähnlich wie alte Gebäude gepflegt<br />
werden, um sie für die Nachwelt möglichst<br />
lange zu erhalten. Zweitens, weil die mutwillige<br />
Zerstörung eines solchen Riesen viel Geld<br />
kosten kann. Bei der Bestimmung des monetären<br />
Wertes eines Naturdenkmals wird nicht<br />
nur der Anschaffungswert eines neuen Baumes<br />
eingerechnet, sondern auch die Zeit, die<br />
vergeht, bis der Baum wieder eine ähnliche<br />
Wohlfühlwirkung entfalten kann, wie der alte.<br />
100.000 bis 150.000 Euro werden dabei von<br />
Gutachtern schnell einmal veranschlagt.<br />
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Baummythen<br />
Warum ausgerechnet die Linde eine große<br />
Rolle in der Kultur vieler europäischer Völker<br />
spielt, ist noch nicht restlos geklärt. Linden<br />
dienten unseren Vorfahren als Gerichtsbäume.<br />
Sie ist heute noch ein beliebter Baum<br />
an heiligen Stätten und dient auf manchen<br />
Dorfplätzen in der Bundesrepublik noch immer<br />
als Tanzlinde. Dass bei der Bepflanzung<br />
solcher Plätze häufig die Linde ausgewählt<br />
wurde, dürfte auch praktische Gründe gehabt<br />
haben. Linden wachsen rasch und haben<br />
eine hohe Schnittverträglichkeit, was es<br />
dem Menschen ermöglicht, ihre Krone fast<br />
nach Belieben zu leiten. Der honigsüße Duft,<br />
den Lindenblüten absondern, dürfte auch<br />
dazu beigetragen haben, dass man sich unter<br />
und in Linden zum Tanzen verabredet hat.<br />
Mit ein Grund, weshalb die Linde zum Baum<br />
der Muttergottes erkoren wurde, dürfte die<br />
heilende Wirkung ihrer Blüten sein. Ein Lindenbaum<br />
wurde Siegfried in der Nibelungensage<br />
zum Verhängnis. In Deutschland<br />
sind über 800 Ortsnamen auf die Linde zurückzuführen.<br />
Auch bei einigen<br />
slawischen Völkern hat die Linde<br />
einen besonderen Stellenwert.<br />
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Großes Sterben<br />
Obwohl die Tilia, so<br />
ihre wissenschaftliche<br />
Bezeichnung,<br />
in der europäischen<br />
Kultur eine<br />
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