Neue Szene Augsburg 2017-07 K
Stadtmagazin für Augsburg mit umfassendem Terminkalender
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Zoom<br />
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einem Sprinter kann man hier auch in den Hof fahren, aber es stimmt,<br />
der Nightliner passt nicht rein. Andererseits ist der Bahnhof nahe und der<br />
Königsplatz direkt vor unserer Nase.<br />
Und dann bildet ihr das neue Bermudadreieck: Hallo Werner, Kantine,<br />
City Club...<br />
Das sehe ich positiv. Der platte Spruch von der Konkurrenz, die das<br />
Geschäft belebt, hat schon was Wahres. Da sind bestimmt auch Kooperationen<br />
möglich, wir sind ja eh vernetzt. Ich glaube, das kann eine super<br />
Geschichte werden, auch für die Innenstadt. Normalerweise ist es so, dass<br />
Live-Clubs von kommerziellen Angeboten verdrängt werden, hier ist<br />
genau das Gegenteil der Fall, dass das kommerzielle Angebot abgewirtschaftet<br />
hat und wir es mit einem alternativen Konzept ablösen können.<br />
Das ist schon super.<br />
Vermutlich ist die Miete bisschen höher.<br />
Klar, aber marktüblich, würde ich sagen. Die<br />
Kosten drum herum werden indes sinken, die Kantine<br />
ist eine energetische Vollkatastrophe. Wir werden<br />
weniger Fläche bespielen und hoffen natürlich,<br />
mehr Gäste zu ziehen. Wenn wir daran nicht<br />
glauben würden, dürften wir’s eh nicht machen.<br />
Anwohnermäßig geht hier sowieso alles, oder?<br />
Laut Nachfrage beim Ordnungsamt gibt’s<br />
keine Beschwerden, weil’s in nächster Nähe keine<br />
Anwohner gibt und es eh ein sehr lautes Eck ist.<br />
„Normalerweise<br />
werden Live-Clubs von<br />
kommerziellen Angeboten<br />
verdrängt, hier ist das<br />
Gegenteil der Fall.“<br />
Oder hätte es den ganzen Terz eigentlich nicht gebraucht?<br />
Aus meiner Sicht hätte es das alles natürlich nicht gebraucht, aber die<br />
Stadt wollte es halt so machen und alle vor vollendete Tatsachen stellen.<br />
Da sollte alles im Geheímen ablaufen, wegen Ausschreibung und so. Am<br />
Ende hat sich mal wieder gezeigt, dass etwas, das formal richtig ist, in der<br />
Praxis saublöd sein kann, wenn die, die es betrifft, nichts davon wissen.<br />
Darüber haben sich viele Leute mächtig aufgeregt und jetzt haben wir in<br />
allen Punkten Änderungen zum Positiven erreicht. Wir zählen das schon<br />
als Erfolg, aber es ist auch ein Kompromiss.<br />
Habt ihr das Gefühl, von der Politik ernstgenommen zu werden?<br />
Ich habe nicht das Gefühl, dass man uns nicht ernstnimmt. Vielleicht<br />
trägt der Plakatstreit dazu bei, dass beim nächsten Mal über den Tellerrand<br />
geguckt wird.<br />
Du betonst oft, dass das Marktumfeld für<br />
Clubs immer schwieriger wird. Woran<br />
liegt’s?<br />
Studenten haben definitiv weniger Zeit.<br />
Zivildienst und Bundeswehr sind weggefallen,<br />
Phasen also, in denen die jungen Leute Zeit<br />
und Geld hatten. Dann kamen die Studiengebühren,<br />
die jetzt zwar wieder weg sind, und die<br />
Mieten sind deutlich gestiegen. Ich habe das<br />
Gefühl, dass ernsthafter studiert wird, man will<br />
keine Zeit verlieren. Da wird das Weggehen<br />
einfach weniger.<br />
Themenwechsel: Du hast vor zwei Jahren zusätzlich zu deiner Position<br />
in der Kantine die Clubs Beim weissen Lamm und Soho Stage<br />
übernommen. Wie sind deine Erfahrungen als Innenstadtwirt?<br />
Sehr positiv. Die Lage macht manche Inhalte und Konzepte möglich,<br />
die in der Kantine einfach nicht gehen und die Hoffnung haben wir für<br />
den neuen Standort natürlich auch.<br />
Außerdem habt ihr eine Bewerbung abgegeben für die Veranstaltungshalle<br />
im Gaswerk.<br />
Was in <strong>Augsburg</strong> fehlt, ist eine Halle für 1000 Zuschauer. Der Kongress<br />
hat rund 1500, die Messe ist noch größer. Diese Halle würde einen Zwischenschritt<br />
bilden zwischen Clubkonzerten und größeren Geschichten.<br />
Wir haben eine Bewerbung abgegeben bei den Stadtwerken für die Halle<br />
im Gaswerk und da wird’s demnächst Gespräche geben.<br />
Wobei die geforderte Innenausstattung mit Sanitäranlagen, Heizung,<br />
Lüftung etc. doch wohl eher Wunschtraum ist.<br />
Was in der Ausschreibung steht, ist unrealistisch und wird so vermutlich<br />
nicht kommen.<br />
Zurück zur Club- und Kulturkommission, bei der du im Vorstand<br />
sitzt: Was habt ihr im ersten Jahr eures Bestehens erreicht?<br />
Wir hatten jetzt Neuwahlen und alle Vorstände und Beisitzer wollten<br />
und können weitermachen, das ist schon mal ein gutes Zeichen. Wir<br />
haben vier neue Mitglieder mit Grandhotel, Provino, Kuki und Raumpflegekultur<br />
und das zeigt auch, dass wir es schaffen, kommerzielle und<br />
nichtkommerzielle Anbieter zusammenzubringen. Das Wichtigste ist der<br />
Austausch untereinander, wir müssen nicht alle drei Monate so ein Riesenthema<br />
haben wie die Plakatierung.<br />
Deswegen muss man Sachen wie „Beerpong“ veranstalten?<br />
Gute Frage. Es ist schon so, dass Spaß- und Quatsch-Konzepte mehr<br />
und beliebter werden. Das geht natürlich zu Lasten von anspruchsvollerem<br />
Programm. Es ist ein Balanceakt, nur von Nischenthemen können wir<br />
nicht leben.<br />
Obendrauf kommen die gestiegenen Künstlergagen, weil die Bands<br />
keine Tonträger mehr verkaufen?<br />
Das ist exorbitant. Bei den Gagen ist locker eine Verdoppelung zu<br />
beobachten, wenn nicht Verdreifachung. Die CD-Verkäufe gehen fast<br />
gegen null und von Spotify oder I-Tunes bekommen die Musiker lediglich<br />
Cent-Beträge. Dann kann ein Künstler sein Geld nur durch Konzerte<br />
verdienen.<br />
Ist das mit ein Grund für die stetig steigende Festivaldichte? Mittlerweile<br />
scheint jede Gemeinde ein Open Air zu veranstalten, dieses Jahr<br />
ist zum Beispiel Friedberg mit dem „Südufer“ dazugekommen.<br />
Das ist Wahnsinn und eigentlich wird dadurch der Markt überflutet.<br />
Teilweise steckt da auch Steuergeld drin - und ob das immer Aufgabe einer<br />
Kommune ist? So sehr ich verstehe, dass die Jugendlichen das wollen, für<br />
uns Clubs wird’s dadurch im Sommer immer noch schwieriger.<br />
Du bist seit 1996 in der Gastronomie. Allgemein heißt es, dass es im<br />
Nachtleben viel aggressiver zugeht als früher.<br />
Ich kann das für meine Gastronomien nicht bestätigen.<br />
Dann hoffen wir, dass es so bleibt – und viel Glück mit dem neuen<br />
Club!<br />
(flo)<br />
Den Ausgang des Plakatstreits könnt ihr doch als Erfolg verbuchen.