Neue Szene Augsburg 2017-07 K

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Gerilltes
BROKEN SOCIAL SCENE
HUG OF THUNDER
(City Slang/Cooperative)
Nach dem Intro folgt gleich der
Höhepunkt: „Halfway Home“, ein
fulminanter Song, der sich sofort unter
der Schädeldecke platziert! Besser kann
man nach siebenjähriger Abstinenz
sein Comeback nicht einläuten. Der
Musikexpress brachte es schon im März
auf den Punkt: „Hymnisch, bombastisch
und trotzdem Indie as fuck!“ In
den Nullerjahren waren Kevin Draw
und Brendan Canning Wegbereiter für
viele Kapellen, u.a. die großartigen Arcade
Fire. Die kanadische Supergroup
hat das Karohemd wieder ausgepackt
und serviert mit „Hug of Thunder“ ein
kraftvolles und episches Album, das ich
so nicht für möglich gehalten hätte.
Und jetzt wird’s Zeit für die neue von
Arcade Fire! (ws)
HHHHII
VARIOUS ARTISTS
TOO SLOW TO DISCO VOLUME 3
(City Slang/Cooperative)
Too Slow To Disco geht in die dritte
Runde. Wer’s nicht kennt: Diese Compilation-Reihe
steht für relaxten Sound,
der in den 70ern in Kaliforniern
produziert wurde. Verschollene und
vergessene Soul- und Funk-Bonbons,
gespielt von weißen Männern, die
gerne schwarz wären. Auf Volume 3
tummeln sich 18 Tracks von Künstlern
wie Lee Ritenour, Bob Welch, Cornelius
Bumpus, Larry Charlton und zu
meiner Überraschung auch Grateful
Dead. Die Psychedelic-Rock-Legende
steuert mit „Shakedown Street“ eine
feine Nummer bei, die den 68er-San-
Francisco-Spirit fast schon sexy repräsentiert.
Wer Oldtimer-Easy-Listening
mag, wird mit dieser Laid-Back-Pocket-
Disco bestens bedient. (ws)
HHHHHI
TOCOTRONIC
COMING HOME
(Stereo Deluxe/Warner)
Leude, Leude, da hätte es auch gereicht,
einen Newsletter zu veröffentlichen
und jeder googelt die erwähnten
Künstler für sich daheim. Für die
Reihe „Coming Home“ haben nun
auch Tocotronic in den Plattenkisten
gestöbert und ihre Alltime-Favourites
auf CD gepresst. Und der Hörer denkt
sich ganz begeistert: „Ja, mei.“ Wirkliche
Entdeckungen sind nicht darunter,
auch wenn der ein oder andere Titel
überrascht, und im Zusammenhang
funktioniert die Scheibe auch mehr
schlecht als recht. Vermutlich deswegen
gibt’s noch nen Tocotronic-Song
im Ada-Remix dazu. Hilft nix, der
Baggersee, an dem dieses Mixtape
ankommt, muss erst noch gebuddelt
werden... (flo)
HHIIII
ALT-J
RELAXER
(Infectious/Pias)
Das dritte Album der britischen Shootingstars
aus Leeds gibt mehr Rätsel
auf als so mancher Krimi. Eigentlich
keine schlechte Herangehensweise,
nur leider machen Joe Newman, Gus
Unger-Hamilton und Thom Green
denselben Fehler wie viele Krimiautoren:
die Spannung fehlt. War vielleicht
auch nicht geplant (siehe Titel), aber
ich kann mir nicht helfen, der Sound
der Apple-Folk-Generation ist allzu oft
ein allzu beliebiger Klangeintopf, bei
dem hin und wieder ein schönes Riff,
ein toller Sound, eine gute Melodie
rausspitzeln, doch kaum hat man die
Gabel gezückt, versinkt das Käsestückchen
schon wieder in der Tiefen des
Fondue-Urschleims. Blubb. (flo)
HHIIII
album des monats
Lieblings Musik
DIE LIGA DER
GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN
It`s OK to Love DLDGG
(Tapete Records)
Die Geschichte ist einfach zu schön. Als Liga-Spielführer Carsten Friedrichs noch mit seiner Kapelle Superpunk
unterwegs war, war er auch in Augsburg ein gerngesehener Gast, die Verbindung in die Hansestadt war
Anfang der 2000er äußerst fruchtbar. Gute zehn Jahre später leben die Kontakte wieder auf, nicht zuletzt dank
Carsten Friedrichs und Liga-Keyboarder Gunter Buskies, die im Brotjob für „Tapete Records“ verantwortlich
zeichnen und letztens mit Friedrich Sunlight und Zimt zwei Augsburger Bands unter Vertrag genommen
haben. Und wie es die Legende will, haben die Gentlemen ihr neues Album in dem Studio aufgenommen,
das sie bei einem Besuch bei Friedrich Sunlight entdeckten. Anders gesagt: Carsten und die Liga gehören zur
Familie und dazu passt der dritte Langspieler der Hamburger Northern-Soul-Veteranen wie Arsch auf Eimer.
Die Platte ist erneut eine Party mit alten Kumpels, auf der man eher nicht die kommende Liebe des Lebens
trifft, aber höchstwahrscheinlich die von vor 20 Jahren.
Und so hört und erzählt man mit Begeisterung die alten Geschichten und schlägt endlich mal wieder dem
Sonnenaufgang ein Schnippchen. Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen sind sowieso Schnippchenschläger
par excellence, der Zeitgeist freut sich über die wohlverdiente Auszeit und die Flaschenetiketten treiben
herrenlos in der Badewanne. Gleiches Bier für alle und ein Extrapunkt für die Gentlemen! (flo)
HHHHHI
VARIOUS ARTISTS
Too Slow To Disco
Vol. 3
Kalifornischer Easy
Listening aus den
70s. Erinnert mich
an US-TV-Serien aus
meiner Kindheit. Musik
aus einer heilen Welt.
Hach...!
Walter Sianos
BEACH FOSSILS
Somersault
Ein hervorragender
Soundtrack für laue
Sommerabende oder
verträumte Tage am
Strand.
Janina Kölbl
JOHN MORELAND
Big Bad Luv
Auch wenn er
manchmal bisschen
sehr nach Bruce
Springsteen klingt, der
schwergewichtige US-
Singersongwriter hat
alles, was es braucht:
Tragik, Ironie und ein
goldenes Händchen
für Melodien.
Florian Kapfer