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Neue Szene Augsburg 2017-07 K

Stadtmagazin für Augsburg mit umfassendem Terminkalender

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Zoom<br />

Die Ereigniserzeuger<br />

Das <strong>Augsburg</strong>er Theter Ensemble<br />

Theaterklassiker, Open Stage, Wahrsagerzelt, Farbravebox – beim Theter Ensemble verschwimmen die Grenzen<br />

zwischen Theater und Nachtclub, zwischen Genres und Gewerken. Dafür gab’s <strong>2017</strong> vollkommen zu Recht den Poppreis „Roy“.<br />

Ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter, Leif Eric Young. Von Florian Kapfer<br />

Das Theter Ensemble bei der Roy-Verleihung,<br />

ganz rechts: Leif Eric Young<br />

(Foto: Christian Menkel)<br />

Leif Eric Young ist der ideale Nachbar. Nicht, weil er brav seinen<br />

Müll trennt und die Kehrwoche einhält - das vielleicht auch -,<br />

doch hauptsächlich ist er eines: kaum daheim. Der 29-Jährige ist<br />

künstlerischer Leiter des „Theter Ensembles“, der Theatergruppe,<br />

die im Juni mit dem <strong>Augsburg</strong>er Poppreis „Roy“ ausgezeichnet<br />

wurde. Bei der Preisverleihung im Kongress bestätigte Leif seinen Ruf als<br />

vielbeschäftigter Theatermacher: Frisch zurückgekehrt aus Kopenhagen,<br />

wo er als Brecht auf der Bühne stand, galt es, die beiden Theter-Abende<br />

und das Wahrsagerzelt auf dem Modular vorzubereiten sowie die letzte<br />

Inszenierung der Spielzeit 2016/17 im heimischen City Club. „Ich bin<br />

wirklich nie zu Hause“, sagt er lachend, als wir uns Anfang Juni im City-<br />

Café treffen. Doch bevor wir uns gemeinsam Sorgen machen um seine<br />

Zimmerpflanzen, erzählt Leif erst mal von seinem Werdegang.<br />

Schon die Eltern haben sich im Theater <strong>Augsburg</strong> kennengelernt: Die<br />

Mutter war Primaballerina, der Vater, ein US-Amerikaner, Opernsänger,<br />

der Großvater Konzertpianist. Kein Wunder also, dass neben Leif auch die<br />

beiden Schwestern beim Theater gelandet sind. Bereits während seiner<br />

Schulzeit, die Leif nach eigener Aussage mit „mittlerer Reife und bisschen<br />

Quatsch dazu“ beendete, fand er seine wahre Passion beim „Jungen Team<br />

Theater“, dem Jugendclub des Theaters <strong>Augsburg</strong>. „Das war sehr intensiv,<br />

fast schon Vollzeit“, erzählt er und schwärmt vom damaligen Leiter Holger<br />

Seitz: „Er hat uns trotz unseres Alters als individuelle Persönlichkeiten und<br />

Künstler ernstgenommen.“<br />

Leif und einige Mitstreiter aus dem JTT gründeten nach Seitz’ Weggang<br />

20<strong>07</strong> ihre eigenen „Jugendclub ohne Erwachsene“, das Theter Ensemble.<br />

Aus den Anfangstagen sind noch Verena Gawert und Lukas Michael Ullmann<br />

als Vereinsvorsitzende sowie Iris Schmidt (Schauspiel und Regie)<br />

und Eva Ries (Dramaturgie) mit von der Partie. Wichtige Stützen sind<br />

außerdem Schauspielerin Julia Just, „unser kleines künstlerisches Betriebsbüro“<br />

(Leif), und Ines Flögel alias Fiza, seit 2010 ohne Unterbrechung<br />

dabei.<br />

Die Theter verknüpften von Anfang an ihre Aktivitäten mit der Nachtclubszene.<br />

„Ich habe da ein riesiges Potential und viele Überschneidungen<br />

gesehen, gerade mit der Technoszene, beides ist eine Flucht aus der<br />

Realität.“ Man kooperierte mit den Veranstaltern der „Manege“ und von<br />

„Bring Your Own Elephant“ und als 2012 der City Club am Kö eröffnete,<br />

war es ein logischer Schritt, hier Theater zu machen. Und nicht nur das,<br />

die im Herbst 2016 gestarteten regelmäßigen Abende mit den Formaten<br />

„Gute Witze schlecht erzählt“, einer „durchgeknallten Open Stage“, und<br />

dem Musiktheaterprogramm „Zeitwerz“ sind „immer voll“, berichtet Leif.<br />

Das Theter-Motto „Wir müssen die deutsche Sprache safen“ ist in der <strong>Szene</strong><br />

längst zum geflügelten Wort geworden.<br />

Der Name „Theter Ensemble“ entstand eher zufällig aus einem Logoversuch,<br />

bei dem das A in Theater als Lichtkegel dargestellt war: „So stand<br />

da nur Theter und wir fanden den Begriff cool, klingt irgendwie griechisch,<br />

knackig - und jeder fragt nach, was das sein soll“, erklärt Leif. Mittlerweile<br />

ist Theter ein gemeinnütziger Verein. Aus dem rund fünfzigköpfigen<br />

„Dunstkreis“ trifft sich etwa die Hälfte regelmäßig, um die Events, Vorstellungen<br />

und Workshops zu stemmen, die sich in der zu Ende gehenden<br />

Spielzeit auf gut 65 Veranstaltungen summiert haben. Wobei der Beitrag<br />

von jährlich 15 Euro für aktive Mitglieder laut Leif „gerade mal für das<br />

Klopapier in der Probebühne reicht“. Insofern ist er froh über die städtische<br />

Förderung, die ab Sommer <strong>2017</strong> mit tausend Euro monatlich immerhin<br />

die Miete für die Probebühne über dem City Club deckt.<br />

Dass die Ensemblemitglieder im Alter zwischen 18 und 30 Jahren<br />

nahezu deckungsgleich mit der Zielgruppe sind, passt natürlich bestens<br />

und die Herangehensweise kommt ebenfalls einem jungen Publikum entgegen:<br />

„Ich arbeite sehr popkulturell und aus dem Bauch heraus“, erklärt<br />

Leif. „Wenn ich Batman höre, denke ich an Faust, und wenn wir einen<br />

Klassiker machen und etwas Passendes sehen, das nicht drin steht, dann<br />

schreiben wir’s halt rein.“ Eine Hauptinspiration ist dabei Musik, den<br />

„Bahnwärter Thiel“ durchzog der Radiohead-Song „Exit music“ und die<br />

jüngste Inszenierung „Not really funny“ borgte ihren Titel von der US-<br />

Indieband Eels.

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