Neue Szene Augsburg 2017-07 K

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„Ich will Ereignisse erzeugen und nehme alles, was ich dafür brauche“,
so Leif, der keine Hemmungen hat, die Rosinen bei Rilke rauszupicken,
einen Wutausbruch von Klaus Kinski zu fleddern oder eine Rede
von Hillary Clinton. Nicht zu vergessen die eigenen Texte, die seine
Mitstreiter und er beisteuern. Theter-Vorstellungen dauern selten länger
als eine Stunde und zeichnen sich durch eine rasante Inszenierung aus.
Beeindruckend sind stets die trotz bescheidener Mittel überraschend wirkungsvollen
Regieeinfälle, die wie selbstverständlich Video- und Musikeinspielungen
nutzen, ohne Sklaven der Technik zu werden oder die
Schauspielerei zu vernachlässigen. „Mein Ziel ist immer, zu unterhalten,
und Unterhaltung bedeutet für mich ein Austausch zwischen Bühne und
Zuschauer“, erläutert Leif. Eines seiner großen Vorbilder ist nicht umsonst
Helge Schneider.
Leif selbst lebt seit zwei Jahren von seiner künstlerischen Arbeit, wobei
die Theter-Einnahmen eher wenig dazu beitragen, ganz im Gegenteil, bis
vor Kurzem musste er das Projekt noch aus eigener Tasche bezuschussen.
Mit verschiedenen Engagements vor und auf der Bühne hält er sich „halbwegs
über Wasser“. „Und doch fragt man sich jeden Monat: Soll ich zuerst
die Miete zahlen oder den Scheinwerfer kaufen, den ich so dringend brauche?“
Zuletzt übernahm er eine musikalische Leitung am Theater Hof und
spielte für die Kollegen von „Bluespots Productions“ den Bertolt Brecht in
der dänisch-deutschen Kooperation „Svendborger Gedichte“. Nicht zum
ersten Mal übrigens, Leif gleicht dem jungen Brecht nicht nur in Sachen
Theaterbegeisterung.
Das Theter Ensemble ist als Scharnier zwischen Jugendclub und
möglicher Schauspielausbildung ein wichtiges Angebot für Mitwirkende
genauso wie für das Publikum, in dem oftmals die Grenzen zwischen Partygängern
und Theaterfreunden verschwimmen. So auch bei der Inszenierung
„Not really funny“ zum „Diversity-Tag“ Ende Mai in der Kresslesmühle,
die mit drei städtischen Büros, dem Verein Tür an Tür, der Uni und
dem Integrationsbeirat gleich mehrere Auftraggeber hatte und ein dementsprechendes
Premierenpublikum. „Danach standen unglaublich viele
Leute unglaublich lange vor der Mühle ins Gespräch vertieft“, freut sich
Leif, der trotz der umfangreichen Themenstellung und des ungewohnten
Orts keine Nervosität empfand. „Ich habe mir immer soviel dabei gedacht,
dass ich auf Kritik stets antworten kann“, sagt der 29-Jährige selbstbewusst.
Dieses Selbstbewusstsein vermittelt er auch „seinen“ Schauspielern, die
teilweise zum ersten Mal auf der Bühne stehen. „Freischütteln und confidence“
sind zwei Maxime des jungen Theatermachers, der seine Arbeitsweise
als „autoritativ“ bezeichnet: „Bei uns kommt jeder immer zu Wort,
doch das letzte Urteil gehört dem Regisseur, schließlich hat er als einziger
den Außenblick. Die Autorität hängt also nicht am Menschen, sondern an
der Position.“ So war es für ihn auch selbstverständlich, nicht für den Vereinsvorstand
zu kandidieren, damit „keine Harakiri-Entscheidungen aus
künstlerischer Inbrunst“ getroffen werden.
Wie viel Inbrunst und Einfallsreichtum in dem jungen Ensemble
stecken, kann man Ende Juli wieder bei „Leonce und Lena“ von Georg
Büchner erleben. Das einzige Lustspiel des Vormärz-Dichters in der Inszenierung
des Theter Ensembles feiert Premiere am 22.07. im City Club und
ist danach noch am 23., 25. und 27.07. zu sehen. Außerdem mischen die
„Theter“ von Ende Juli bis Anfang August beim „Taubenschlag“, der Friedensfestzentrale
am Kö, mit. Und dann wird es wirklich höchste Zeit, dass
sich Leif mal wieder bei seinen Nachbarn meldet.
Info & Tickets: theter.de