Vom Verbot zur Gleichberechtigung - Hirschfeld-Eddy-Stiftung
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02 | Antidiskriminierung – Rechtsanspruch und Wirklichkeit 33<br />
ren Stellenausschreibungen denkbar, in denen es zum Beispiel hieß „Suche junge<br />
Sekretärin“ oder „Suchen Kassiererin, deutsche Muttersprache erwünscht“. Dass<br />
Ausschreibungen heutzutage in der Regel diskriminierungsfrei sind, ist dem Diskriminierungsverbot<br />
im AGG zu verdanken.<br />
Mit ihrem Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“ setzt die Antidiskriminierungsstelle<br />
selbst Impulse für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Beschäftigung.<br />
9 So kann etwa die Angabe des Personenstandes „eingetragene Lebens-<br />
partnerschaft“ bei Bewerbungsverfahren zu Diskriminierungen führen. Bei anonymisierten<br />
Bewerbungsverfahren steht dagegen die Qualifikation der Bewerbenden<br />
im Mittelpunkt. In der ersten Phase der Bewerbung wird auf ein Foto, den Namen,<br />
die Adresse, das Geburtsdatum oder Angaben zum Familienstand verzichtet. Erst<br />
wenn die Entscheidung über die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gefallen<br />
ist, erhalten die Personalverantwortlichen die kompletten Bewerbungsunterlagen.<br />
Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass durch die Anonymisierung tatsächlich gerade<br />
solche Personen, die häufig aufgrund ihrer Herkunft, des Geschlechts etc. benachteiligt<br />
worden sind, die gleichen Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch<br />
erhalten. Die Anonymisierung von Bewerbungen kann sicherlich keine<br />
gewollten und bewussten Diskriminierungen verhindern. Bewerberinnen und Bewerber,<br />
die Personalern zuerst vielleicht fremd erscheinen und deswegen vielfach<br />
gar nicht erst <strong>zur</strong> Vorstellung eingeladen werden, haben durch dieses Verfahren<br />
aber die Möglichkeit, in einem persönlichen Bewerbungsgespräch zu überzeugen.<br />
Das AGG bietet zudem die Möglichkeit, Benachteiligungen präventiv und pro-aktiv<br />
zu begegnen. Die Rede ist hier unter anderem von sogenannten positiven Maßnahmen,<br />
die in § 5 ausdrücklich erwähnt werden und die Bevorzugung bisher benachteiligter<br />
Gruppen unter den dort genannten Voraussetzungen ausdrücklich ermöglichen.<br />
So können beispielsweise Frauen bei gleicher Qualifikation aufgrund ein-<br />
zelfallbezogener Quotenregelungen bevorzugt eingestellt werden, wenn sie in der<br />
Belegschaft unterrepräsentiert sind. Es gibt hierzu bereits entsprechende gesetzli-<br />
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5 Baer, Susanne: „Komplizierte Effekte. Zur Wirkung von Recht“. In: Matthias Mahlmann (Hrsg.): Gesellschaft und<br />
Gerechtigkeit, Festschrift für Hubert Rottleuthner. Baden-Baden 1. Aufl. 2011. S. 245ff. | 6 Lehmann, Lukas: „Die Höhe<br />
des finanziellen Ausgleichs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung<br />
des EuGH“. In: Konstanzer Schriften <strong>zur</strong> Rechtswissenschaft. Bd. 247. Konstanz 1. Aufl. 2010. S. 172. | 7 Vgl. z. B. Art. 15,<br />
S. 2 der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG. | 8 Baer Anm. 5, S. 254. Raasch, Sybille/Rastetter, Daniela (Projektleitung):<br />
Die Anwendung des AGG in der betrieblichen Praxis. Projektbericht Universität Hamburg. März 2009. S. 36<br />
9 Näheres zu dem Projekt findet sich unter www.antidiskriminierungsstelle.de/anonymbewerben